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Archiv "REGELN zum Erfolg. Ein Vorschlag zur Verbesserung der Fortbildungseffizienz" (01.05.1975)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin WISSENSCHAFT UND PRAXIS

Mit provozierender Schlagzeile fragte die internationale Wochen- zeitung „Medical Tribune" kürzlich in einem kritischen Artikel über Fortbildungskongresse und Didak- tik: „Genügen ein Professor, ein

Mikrofon, ein Saal?"

Die Antwort des Kommentators:

„Vom didaktischen Standpunkt aus ist die ärztliche Fortbildung oft di- lettantisch gemacht. Viele Ärzte ziehen daraus die Konsequenzen, indem sie Kongresse und andere Veranstaltungen einfach nicht be- suchen."

Derartige Kritik ist in letzter Zeit immer häufiger zu hören, zu lesen, zu sehen. Auch von renommierten und engagierten Fortbildungs-Ex- perten. So mahnt beispielsweise der Erlanger Ordinarius Professor Dr.

Ludwig Demling: „Lassen wir alles beim alten, dann ist der große Kon- greß eines Tages tot, und wir ha- ben ihn zu Grabe getragen, -ohne daß wir es wußten."

Je länger ich ärztliche Fortbil- dungskongresse — ich kenne von Berufs wegen mehr Kongresse als viele Ärzte — beobachte, de- sto deutlicher wird für mich, daß ein einfaches Rezept den kränkeln- den Kongreß heilen könnte. Das Rezept heißt kurz und bündig: Ver- bessern Sie Ihre Forbildung durch REGELN!

Doch zunächst zur Diagnose.

Auf einer Berliner Tagung über

„Neue Wege der ärztlichen Fortbil- dung" übte Dr. Hans Heinz Schrömbgens, Lehrbeauftragter für Allgemeinmedizin in Freiburg, har- te Kritik an der Praxisferne vieler von Klinikern geleisteten Fortbil- dungsbeiträge. Er monierte, daß oft nicht praxisnahe diagnostische und therapeutische Probleme behan-

delt werden und eine Überforde- rung der Zuhörer dadurch unver- meidlich ist.

Wer Hunderte von Fortbildungsvor- trägen miterlebt hat, wird diese Kritik als gerechtfertigt akzeptie- ren, hört sie immer wieder. Viele Vorträge sind didaktisch nicht ge- schickt genug aufgebaut. Das

„Berliner Ärzteblatt" schätzte vor Jahren, daß sich etwa „70 Prozent des wissenschaftlichen Kongreßin- haltes an einen ganz kleinen Kreis von Experten" wendet; nur 10 Pro- zent der Kongreßreferate seien für die praktizierenden Fachärzte in- teressant, 10 bis 15 Prozent viel- leicht noch für die Kliniker des Fachs. Und bei einem Fortbildungs- seminar kritisierte Dr. Lena Ohne- sorge wahllos gebotenen Stoff, mangelnde Didaktik, fehlende Ma- nuskripte oder Kurzreferate und unleserliche Tabellen.

Ein REGEL-Zwang für jeden Refe- renten würde hier Wunder wirken.

Der Zwang, grundsätzlich jeden Vortrag mit den wichtigsten Regeln oder Merksätzen, praktischen Schlußfolgerungen, Thesen oder Ergebnissen zu beschließen. Nicht mit einem allgemeinen „Editorial"

oder „Summary", sondern so kon- kret wie nur irgend möglich!

Vor dem Vortrag müßten die RE- GELN bereits dem Kongreßpräsi- denten mitgeteilt werden. Jeder Referent wäre dadurch von vorn- herein gezwungen, die praktischen Konsequenzen zu überlegen. Ge- schwätzige Phrasen würden sich nicht mehr hinter gelehrten Fremd- wortbarrieren verstecken. Derartige REGELN würden für viele Referen- ten zum heilsamen Zwang eines besser überlegten Vortrages wer- den. Der Kongreßpräsident würde dadurch in die Lage versetzt wer-

den, mit dem Referenten gegebe- nenfalls eine vorherige Sachdis- kussion über die eine oder andere These zu führen, während sich heute die Vorbereitung auf sehr all- gemeine Themenabsprachen und noch allgemeinere Übersichten be- schränkt.

Nach dem Vortrag sollten die RE- GELN möglichst schriftlich verteilt werden — am besten mit Literatur- hinweisen zu den einzelnen RE- GELN. Würde man sich auf ein ein- heitliches Format und eine ge- normte Systematik einigen, könnte man die REGELN sogar zum späte- ren Nachlesen sammeln. Jeder, der einen Vortrag wegen einer Paral- lelveranstaltung nicht besuchen konnte, erhält durch die REGELN auch die Möglichkeit, schnell zu überprüfen, ob er durch das er- wähnte Schrifttum sein Wissen auf- frischen oder ergänzen oder die

Fragwürdigkeit einer These über- prüfen sollte.

Zweifellos würden die REGELN auch die Diskussion fördern — zwi- schen Spezialisten untereinander genauso wie zwischen Experten und Praktikern. Das Ziel könnte ei- ne jährliche REGEL-Sammlung sein.

Wie stark die Nachfrage nach der- artigen Quintessenz-REGELN wäre, bestätigt die Nachfrage nach je- dem schriftlichen Informationsma- terial, das im Anschluß an Vorträge heute schon vereinzelt angeboten wird. Da bilden sich um die Refe- renten ganze Trauben interessier- ter Ärzte, recken sich viele Hände,

reißt man sich fast um Merkblätter und Broschüren.

Wie angenehm, wenn etwa Profes- sor Dr. G. Volkheimer während ei- ner Eidophor-Fortbildungssendung über gastroenterologische Krank- heitsverläufe ankündigt: „Sie brau- chen nicht mitzuschreiben, son- dern die wichtigsten Informationen stehen ab morgen früh 9 Uhr schriftlich zur Verfügung." Nota- bene: mit drei Merksätzen für die Praxis zur Rektumkarzinom- diagnostik. Der Nachteil: wenn ein derartiges Angebot erst für den nächsten Tag gilt, wird es nicht op-

REGELN zum Erfolg

Ein Vorschlag zur Verbesserung der Fortbildungseffizienz

Hans Mohl

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 18 vom 1. Mai 1975 1287

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

WISSENSCHAFT UND PRAXIS

Braucht der Allgemeinpraktiker mehr Patienten?

Bei der Auswertung einer einge- henden Befragung von 340 Patien- ten eines Allgemeinpraktikers in Nordengland sind Mitarbeiter der Universität Durham zu dem Ergeb- nis gekommen, daß die für Groß- britannien heute durchschnittliche Zahl von 2400 Einwohnern pro All- gemeinpraktiker bei einer gut or- ganisierten Praxis demnächst zu klein sein könnte. Eine gut organi- sierte Praxis wird in diesem Zu- sammenhang im Anschluß an eine frühere Veröffentlichung im „Bri- tish Medical Journal" definiert als eine Praxis, die versucht, die per- sönliche Arbeitsbelastung des Arz- tes möglichst zu verringern und zu rationalisieren. Dazu gehörten nach dieser Definition eine gewis- se Erziehung und Mitarbeit der Pa- tienten, die Bereitschaft des Arz- tes, bestimmte Aufgaben an ein Team von Hilfspersonal zu delegie- ren, und das Vorhandensein eines erfahrenen und gut aufeinander eingespielten Teams.

In einer nach der vorstehenden De- finition durchorganisierten Praxis gäbe es nur noch 2,3 Konsultatio- nen pro Patient im Jahr, und nur jede fünfte davon mache einen Hausbesuch erforderlich. Ein Teil der Erklärung dafür liegt darin, daß Hausbesuche von der Schwester oder einer Gesundheitsfürsorge- rin durchgeführt werden.

Die befragten Patienten erklärten, je nach ihrer sozialen Schicht, zu zwischen 85 und 95 Prozent, sie seien durchaus zufrieden mit der Zeit, die der Arzt ihnen jeweils wid- me. Über 90 Prozent begrüßten die Einrichtung eines Vorbestellsy- stems. Allerdings beklagten sich auch etwa 25 Prozent über lange Wartezeiten. Mit ähnlichen Mehr- heiten von 70 bis zu über 90 Pro- zent erklärten sich die befragten Patienten damit einverstanden, daß die Sprechstundenhelferin sie je- weils nach dem Grund für eine erbetene Konsultation befragt,

Rezepterneuerungen oder zum Beispiel Testergebnisse aushän- digt und daß eine Schwester dem Arzt Bagatellhausbesuche ab- nimmt und dabei auch einfache Behandlungen gleich selbst aus- führt.

Über 80 Prozent der Befragten er- klärten, sie zögen es vor, von ih- rem Hausarzt persönlich behandelt zu werden (es handelte sich um eine Gruppenpraxis). Als Begrün- dung wurde fast immer die persön- liche Kenntnis des Patienten und das persönliche Vertrauensverhält- nis angeführt. Die einzigen Aus- nahmen bei dieser hohen Mehrheit bildeten die 16- bis 19jährigen Pa- tienten und knapp 20 Prozent der weiblichen Patienten, die erklärten, sie würden immer oder gelegent- lich gern von einer Ärztin behan- delt werden.

Die Verfasser der Studie weisen abschließend im „British Medical Journal" darauf hin, daß man bei der Verallgemeinerung der Ergeb- nisse sehr vorsichtig sein müsse.

Es gebe noch zu wenige Ver- gleichsmöglichkeiten; man dürfe auch nicht außer acht lassen, daß eine Praxisrationalisierung zu- nächst einmal bei den Patienten abgelehnt werden könnte; und schließlich sei subjektive Zufrie- denheit der Patienten noch kein Beweis für die objektive Qualität ei- ner Praxis. Bei einer gut organi- sierten und scheinbar reibungslos funktionierenden Allgemeinpraxis entstehe außerdem die Gefahr, daß der Arzt sich nur mit dem Problem beschäftigt, daß manche Patienten sehr hohe Ansprüche stellen. Man dürfe die Möglichkeit nicht überse- hen, daß andere Patienten wieder- um zu niedrige Ansprüche stellen.

Vor allem ältere Patienten könnten sich manchmal mit einem Gesund- heitszustand zufriedengeben, der sich mit den heutigen Hilfsmitteln der Allgemeinpraxis ohne große Mühe verbessern ließe. gb timal genutzt. Und: 14 Seiten Infor-

mationen überfordern im allgemei- nen die Lesebereitschaft, zumal man ja nicht einen, sondern viele Vorträge besucht. So geraten viele derartiger Informationen in Gefahr, zwar mitgenommen, aber dann doch nicht mehr gelesen zu wer- den. Besser erscheint mir die be- wußt knapp konzentrierte Grund- REGEL. Es muß festgehalten wer- den, was man auf jeden Fall zu be- achten hat, welche Erkenntnis un- bedingt zu berücksichtigen ist, was man unter gar keinen Umständen vergessen darf.

> Heute werden derart praktische Konsequenzen durchaus in vielen Fortbildungsveranstaltungen gebo- ten, nur oft versteckt inmitten eines Vortrages, ohne die so nötige zu- sammenfassende Erinnerung. Die Bedeutung der einzelnen Kernsät- ze würde aber viel deutlicher, wür- de man sie am Ende noch einmal resümierend herausstellen.

> Ich bin fest davon überzeugt, daß dieses einfache REGEL-Konzept die Effizienz vieler Vorträge erheb- lich steigern könnte, zur Praxisnä- he zwingen würde und die Fortbil- dungswirkung nachhaltiger mach- te.

D Je konsequenter dieser Vor- schlag in die Tat umgesetzt würde, desto besser. Kein Referent muß aber darauf warten, bis die REGEL- Forderung von einem Kongreß er- hoben wird. Jeder kann schon mit seinem nächsten Vortrag dieses Rezept erproben. Jeder Kongreß aber wäre gut beraten, wenn er sich zur Regel machte: Kein Fort- bildungsvortrag darf mehr ohne Merksatz-REGELN beendet wer- den!

Dann genügten unter Umständen durchaus ein Professor, ein Mikro- fon, ein Saal.

Anschrift des Verfassers:

Hans Mohl

Leiter und Moderator des ZDF — Gesundheitsmagazins Praxis

65 Mainz 31 Fontanestraße 49

1288 Heft 18 vom 1. Mai 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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