A 2266 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 45|
9. November 2012BÖRSEBIUS
Dem deutschen Volke
K
ommt eine alte Frau zur Sparkasse, packt ein vergilb- tes Büchlein aus und sagt scheu:„Ich hätte gerne mein Guthaben ausbezahlt.“ Auf Heller und Pfen- nig zahlt der Kassierer 14 928 Euro aus. „Danke“, sagt die Frau und marschiert direkt zum Schalter ne- benan, um just den nämlichen Be- trag wieder einzuzahlen. Der ver- blüfften Belegschaft erklärt sie, sie habe nur wissen wollen, ob ihr Geld noch da sei und dass kein Schind - luder damit getrieben worden sei.
Diese Geschichte ist natürlich frei erfunden. Wahr ist aber, dass der Chef der Jungen Union sich ge- hörige Sorgen macht, wo eigentlich das Gold der Deutschen lagert und ob es da liegt, wo es zu liegen vor- gibt. Peter Mißfelder machte sich denn auch auf, mit seinem Kumpel Marco Wanderwitz die Lagerstätten der germanischen Goldreserven zu besichtigen, und sich das edle Me- tall „in Echt“ zeigen zu lassen. Na-
türlich kamen die verschiedenen Zerberusse (Paris, London, New York) dem Ansinnen nicht nach.
Könnte ja jeder kommen. Zudem scheitert eine solche Idee schon an praktischen Identifizierungsproble- men, sieht doch ein Goldbarren aus wie jeder andere.
Das ist natürlich alles nicht nur lustig, sondern eher bierernst oder bitterernst. Je nach Lage des Be- trachters spielt das Thema „Wo liegt eigentlich der deutsche Gold- schatz, und ist er dort überhaupt als solcher vorhanden, wenn ja, haben wir überhaupt Zugriff auf unser Edelmetall?“ eine große Rolle und wird durch die Medien ziemlich breit getreten. Ins Rollen gebracht wurde die Sache aber schon vor einem Jahr durch den Querdenker Peter Gauweiler (CSU), der in der
„Bild“ die Heimholung des deut- schen Goldes unter den „Geltungs- bereich des Grundgesetzes“ forder- te. Vor einigen Monaten legte der
parlamentarische Goldgräber Gau- weiler nach und forderte einen Nachweisbeleg. Die Antwort kam vom Bundesfinanzministerium. Sie war wenig erhellend und kaum überraschend: Alles sei in Ordnung.
In die Kerbe der Goldsucher hieb dann überraschend auch der Bun- desrechnungshof. Er forderte, dass die bei ausländischen Notenban - ken lagernden deutschen Bestände
„körperlich“ aufzunehmen seien.
Wenigstens sollten geeignete Stich- proben auf „Echtheit und Gewicht“
für Klarheit sorgen. Stichproben?
Also, entweder ich zähle alles oder nichts. Oder, ich mache es wie die alle Dame: alles holen, zählen und wieder zurückbringen. Es wird bei dieser absurden Diskussion auch noch völlig vergessen, dass die be- teiligten Notenbanken allerhöchste Bonität genießen.
In Köln sagt man über Eigentum, ob Mann, ob Frau „dat is dem“.
Wäre doch eine gute Lösung, so was in der Richtung auf unsere Goldbarren zu stempeln, etwa
„Dem deutschen Volke“. Den Erb- senzählern dieser Nation und sons- tigen Reichsbedenkenträgern wäre damit vielleicht Genüge getan.