Die Information:
Bericht und Meinung BRIEFE AN DIE REDAKTION
HEILERDE
Zu der Glosse in Heft 20/1983
„Blumenerde auf Kassen- schein":
Seit dem Altertum
Zu dieser Glosse fällt mir nur ein: „Si tacuisses ..."
Erstens ist Löß keine Blu- menerde, und zweitens handelt es sich bei den oberflächenaktiven Toner- den um durchaus wirksa- me Adsorbentien. Die Tat- sache, daß man heute che- misch definierte Aktivkie- selsäure als Adsorbens be- vorzugt, weil sie wirksamer ist, berechtigt keineswegs zu der Annahme, daß die seit dem Altertum verwen- deten „Heilerden", von de- nen es verschiedene Quali- täten gibt und die eine be- achtliche Literatur aufwei- sen, etwa keine ernst zu nehmenden Therapeutika darstellen. Auch die An- nahme, daß das Bundesge- sundheitsamt sozusagen alles registriert, erscheint mir abenteuerlich, weil ge- rade der Perfektionismus auf diesem Gebiete einer der bekanntesten Gründe für die Arzneimittelpreise ist.
Die aktiven Tonerden ge- hören seit dem Altertum zur Medizingeschichte und haben sich im Gegensatz zu fast allen alten Rezeptu- ren gehalten. Warum wohl? Es gibt sogar India- nerstämme, wo das „Erd- essen" als universelle The- rapie für Magen-Darm-Af- fektionen gilt. Man kennt ja immerhin noch die „bolus alba" auch bei uns, und vielleicht schaut der eine oder andere Interessent mal unter den Magen- und Darmmitteln in der Roten Liste nach, in wie vielen Präparaten er Aluminiumsi- likat oder Magnesium-Alu- miniumsilikate oder Ma- gnesium-Calciumsilikate oder kolloidales Silicium- dioxid findet. Alles anorga- nische Abkömmlinge von
„Blumenerde". Hierunter
Präparate, die von der Großzahl der Kollegen täg- lich verordnet werden.
Und wenn dies alles noch nicht Grund genug ist, eine Glosse über die weit ver- breitete Adsorptions-The- rapie zu entlarven, noch dies: Es gäbe heute keinen Nobelpreis, wenn Alfred Nobel nicht Nitroglycerin an aktive Kieselerde ge- bunden und damit das Dy- namit erfunden hätte.
Spätestens hier sollte ei- nem die Lust auf eine Glos- se vergehen.
Dr. Herbert Lemke Alte Heerstraße 76 5205 St. Augustin 2
Seit 65 Jahren
Der nicht genau informier- te Leser könnte dem Artikel entnehmen, daß Luvos- Heilerde erstmalig als Arz- neimittel vom Bundesge- sundheitsamt zugelassen wurde und somit auf Kas- senrezept bezogen werden kann. Luvos-Heilerde in Pulverform wird bereits seit 1918 und somit schon 65 Jahre in Apotheken, Droge-
rien und Reformhäusern als Naturheilmittel geführt.
Luvos-Heilerde ist selbst- verständlich beim BGA als freiverkäufliches Arznei- mittel registriert und unter- liegt damit den Bestim- mungen des AMG. Die Idee und die Möglichkeiten, daß ein Patient Heilerde zur Verwendung als Blumener- de auf Kassenrezept bezie- hen könnte, ist absurd, weil durch die Rezeptgebühr von 2 DM einige hundert Gramm Heilerde zu einer vielfach überteuerten Blu- menerde umgewandelt würden. Bei der zitierten Neuzulassung (Bundesan- zeiger Nr. 237/1982) han- delt es sich um Luvos-Heil- erde-Pulver in Hartgelati- ne-Kapseln, da viele Ver- braucher den Wunsch nach dieser einfachen und modernen Einnahmeform
geäußert haben. Der Inhalt einer Kapsel beträgt 0,9 g, und niemand käme des- halb wohl auf die Idee, sich für 2 DM Rezeptgebühr Kapseln zu beschaffen und diese zur Verwendung als Blumenerde auszupulen.
Das Heilerde-Rohmaterial — naturreiner Löß — wird in einem aufwendigen Ver- fahren getrocknet, gerei- nigt und zu einer Feinheit von 0,100 mm aufbereitet.
Deshalb bedeutet auch das Zitat „Dreck reinigt den Magen" eine diskriminie- rende Abwertung dieses altbewährten Hausmittels.
Dem Bundesgesundheits- amt wurde für die Zulas- sung der Luvos-Heilerde in Kapselform eine Vielzahl von Analysen, Untersu- chungsberichten und wis- senschaftlichen Unterla- gen vorgelegt. Diese wur- den — mit einer für ein harmloses Hausmittel uns übertrieben erscheinenden Genauigkeit — sorgfältigst überprüft. Deshalb besteht kein Anlaß, dem BGA auch den leisesten Vcrwurf einer Leichtfertigkeit bei der Zu- lassung von Luvos-Heiler- de in Kapseln anzulasten.
H. Birkner
Heilerde-Gesellschaft Luvos Just GmbH & Co.
Otto-Hahn-Straße 23 6382 Friedrichsdorf 2
KUBA
Zu dem Artikel von Dr. med. H.
Jäger „Fidel Castros Hand- schrift" (Heft 9/1983) :
Wertschätzung
Da erfahren wir in einem Beitrag über das Gesund- heitswesen in Kuba, daß dieses sozialistische Mo- dell vorbildlich hinsichtlich der Effektivität für die Län- der der Dritten Welt ist, daß Infektionskrankheiten aus- gerottet sind, daß Säug- lingssterblichkeit ähnlich wie in den Ländern der er- sten Welt ist und so weiter und so fort. Auf der Titel-
seite des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTS wird je- doch nicht dieser Tatbe- stand betont, sondern dar- auf hingewiesen, daß in diesem so effektiven Ge- sundheitswesen Ärzte und Schwestern weniger wert seien und die Hälfte aller kubanischen Ärzte nach der Revolution das Land verlassen hätten. Heißt dies, daß den Herausge- bern des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES die „Wert- schätzung" von Ärzten wichtiger ist als die Effekti- vität des Gesundheitswe- sens für die Bevölke- rung? .
Dr. Winfried Beck Wolframstraße 10 6050 Offenbach/Main
FAMILIENPOLITIK
Zu dem Artikel von Dr. F. Oeter
„Ein kleiner Schritt in Rich- tung Menschlichkeit" (Heft 12/
1983) :
Aufrichtiger Dank
Es gibt m. E. nur selten so gute, weil richtungweisen- de Ausführungen in unse- ren Zeitschriften wie der oben genannte Beitrag des Kollegen Oeter. Ihm sei hierfür aufrichtiger Dank gesagt! Man kann nur hof- fen, daß solche Gedanken und Anregungen nicht graue Theorie bleiben, son- dern unseren Politikern — vorab den Finanz- und Fa- milienministern — bekannt werden und auf fruchtba- ren Boden fallen. Könnte man zu diesem Zweck nicht den Abgeordneten al- ler Fraktionen Herrn Dr.
Oeters Ausführungen zu- kommen lassen? Eine Rea- lisierung der Anregungen wäre fürwahr kein kleiner Schritt in Richtung • Menschlichkeit, wie der Verfasser so bescheiden schreibt, sondern ein großer!
Dr. med. H. Roth Feuerdornweg 9 5090 Leverkusen 3
8 Heft 29 vom 22. Juli 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A