A-2392
S P E K T R U M
AKUT
(4) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 39
Leukämie-Netzwerk
Schnell verfügbare Fachkompetenz
U
m die Forschung und Behandlung der akuten
und chronischen Leukämien zu optimieren,
wird von der III. Medizinischen Klinik des
Universitätsklinikums Mannheim aus ein bundes-
weites „Kompetenz-Netzwerk“ koordiniert. Prof.
Rüdiger Hehlmann hatte Kollegen der anderen deut-
schen Leukämieforschungsschwerpunkte in Düssel-
dorf, München, Münster, Dresden, Hannover, Hei-
delberg und Frankfurt dazu ermuntert, bei einem
von der Bundesregierung ausgeschriebenen Wettbe-
werb über medizinische Netzwerkprojekte mitzuwir-
ken. Unter 160 Anträgen ist das so entstandene
Leukämie-Netzwerkkonzept jüngst prämiert wor-
den. Zu dieser Ehre kommt auch noch ein Geldse-
gen: Für die nächsten fünf Jahre sind Fördergelder
bis zu 20 Millionen DM in Aussicht gestellt.
S
chätzungsweise 11 000 Erwachsene erkran-
ken in der Bundesrepublik Deutschland jähr-
lich an Leukämien. Aufgrund ihrer Häufig-
keit und schlechten Prognose sowie hoher Therapie-
kosten sind diese Neoplasien für Hehlmann „eine ge-
sellschaftliche Herausforderung“. Schon seit einigen
Jahren forschen sechs Studiengruppen intensiv über
Ursachen, diagnostische und therapeutische Strate-
gien dieser Erkrankungen. Doch kämen ihre Ergeb-
nisse in den wenigsten Fällen den Patienten zugute,
weil der Draht zu den behandelnden Ärzten fehle,
bedauert der Mannheimer Arzt. So sind seinen An-
gaben zufolge nur 20 Prozent der Patienten mit einer
chronischen myeloischen Leukämie (CML) in Studi-
engruppen erfaßt. Ob die restlichen 80 Prozent rich-
tig diagnostiziert und behandelt würden, wisse man
also nicht. Für die anderen Leukämiearten sehe die
Situation nicht viel günstiger aus.
D
as soll sich durch das Leukämie-Netzwerk
ändern. Denn der neueste Forschungsstand
zur Diagnostik und Therapie soll über Inter-
net jedem Arzt zugänglich gemacht werden. Das
gelte, so Hehlmann, selbstverständlich auch für
die anderen Leukämiearten, wie die akuten Formen,
an welchen pro Jahr etwa 3 500 Menschen neu
erkranken, sowie die Myelodysplasien mit einer
Häufigkeit von vier neuen Fällen pro 100 000 Ein-
wohnern und je Jahr. Überdies erhofft man sich eine
engere Zusammenarbeit der Forschungsinstitutio-
nen und Kliniken und über die zentrale anonyme
Registrierung von Patientendaten eine schnellere
Umsetzung der wissenschaftlichen Konzepte. Das
schließt auch die Aufarbeitung der Prognose dieser
Patienten mit ein. Ingeborg Bördlein