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Archiv "Arbeitsbedingte Erkrankungen der Lungen und der Atemwege sowie Neoplasien" (10.10.2003)

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M

ehrere Studien kommen über- einstimmend zu dem Ergebnis, dass bei mindestens 4 bis 10 Pro- zent der internistisch behandelten Pati- enten – einschließlich jener mit Malig- nomen – arbeitsbedingte Einwirkungen den wesentlichen pathogenetischen Faktor darstellen (6, 10, 13, 31). Von ähnlichen Anteilen ist auch bei Patien- ten aus anderen klinischen Fächer aus- zugehen. So werden jedes Jahr mehr als 12 000 Verdachtsfälle berufsbedingter Lärmschwerhörigkeit angezeigt. Auf mehrere Hundert Arbeitsstoffe gehen die jährlich circa 20 000 Verdachtsmel- dungen berufsbedingter Hautkrankhei- ten zurück (8, 37). Circa 400 Allergene und Irritanzien wurden als Verursacher von Asthma und Rhinitis (18, 26), mehr als ein Dutzend Lösungsmittel als Aus- löser toxischer Polyneuropathien und Enzephalopathien (7, 16) identifiziert.

Etwa 30 Arbeitsnoxen können zum Teil gravierende Riechstörungen verursa- chen (20). Von der International Agen- cy for Research on Cancer (IARC) wurden 87 Arbeitsstoffe, Stoffgruppen oder Tätigkeiten als gesicherte und 63 als wahrscheinliche Kanzerogene ein- gestuft. Dabei lösen mehr als 20 malig-

ne Erkrankungen der Lunge und Atem- wege, der Pleura, der Nasenhaupt- und - nebenhöhlen aus (27, 30).

Im Folgenden werden aktuelle Stati- stiken der bestätigten Berufskrankhei- ten der Lunge und Atemwege sowie je- ne maligner Art wiedergegeben. Für die weltweit häufigste Einzeldiagnose, das Asthma bronchiale, erfolgt eine Litera- turauswertung und ein internationaler Vergleich, wobei insbesondere auf die identifizierten Krankheitsursachen und die betroffenen Berufsgruppen einge- gangen wird.

Berufskrankheitenstatistik 2001

Laut dem letzten Unfallverhütungsbe- richt 2000 des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (8) nehmen nach den Hautkrankheiten und der Lärmschwerhörigkeit Lungen- und

Pleuraerkrankungen (circa 10 000 An- zeigen) und Atemwegserkrankungen (insgesamt mehr als 7 000 Anzeigen) die dritte und vierte Position ein.

Eine detaillierte Aufschlüsselung der unfallversicherungsseitig bestätig- ten Fälle der letzteren Gruppe ergibt für das Jahr 2001 die Berufskrank- heitendokumentation (BK-DOK) des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften (9). Demnach traten 1 071 im Zuständigkeitsbereich der gewerblichen Berufsgenossen- schaften bestätigte Fälle einer allergi- schen obstruktiven Atemwegserkran- kung (BK 4301; Textkasten 1) auf.

Großteils waren hiervon Beschäftigte in der Backwarenherstellung (Bäcker- asthma) und im Gesundheitsdienst betroffen (Grafik 1). Als ursächliche Noxen wurden hauptsächlich Mehl- staub (n = 495), gefolgt von Nahrungs- und Futtermittelstäuben (n = 178), Naturlatex (n = 120), Obst, Gemüse, Pflanzen (n = 35), Haare, Borsten, Federn (n = 26) und eine Reihe weite- rer organischer Verbindungen identi- fiziert.

Eine chronische obstruktive Bron- chitis und/oder ein Emphysem von

Arbeitsbedingte Erkrankungen der Lungen und der Atemwege sowie Neoplasien

Zusammenfassung

Ein erheblicher Anteil der Erkrankungen, die aus nahezu allen medizinischen Fächer stammen, geht nach weltweiten Studien auf spezielle ar- beitsbedingte Belastungen zurück. Es werden aktuelle Berufskrankheitenstatistiken über die im Vordergrund stehenden benignen Lungen- und Atemwegserkrankungen sowie bösartigen Neubildungen dargestellt und in Zusammen- hang mit der internationalen Literatur diskutiert.

Spitzenreiter unter den obstruktiven Atemwegs- erkrankungen ist das Bäckerasthma, wohinge- gen unter den Pleura-/Lungenparenchymerkran- kungen asbestbedingte Pleuraplaques, Bronchi- alkarzinome und Mesotheliome die ersten Posi- tionen einnehmen. Da diese Krankheitsbilder heute prinzipiell vermeidbar sind, gilt es, die dafür verantwortlichen arbeitsbedingten Expo-

sitionen zu beseitigen und krankheitsbegünsti- gende Faktoren zu minimieren. Da das Zigaret- tenrauchen zum Teil zu stark ausgeprägten addi- tiven und überadditiven Effekten führt, sollten Antitabakkampagnen unterstützt werden.

Schlüsselwörter: Bronchitis, Berufskrankheit, Atemwegserkrankung, asbestassoziierte Er- krankung, Lungenkrebs, Prävention

Summary

Occupational Lung and Airway Diseases and Neoplasms

According to investigations performed world- wide, a substantial proportion of diseases in nearly each medical discipline is caused by special occupational exposures. Current German

statistics on predominant occupational benign lung and airway diseases as well as on malig- nancies are presented and discussed together with the international literature. In Germany baker's asthma is the leading cause among obstructive airway diseases. Asbestos-related pleural plaques, bronchial carcinomas and mesotheliomas take up top positions among pleural and lung parenchymatous diseases. In principle these afflictions are avoidable nowa- days. Thus, the causative workplace-related exposures are to be eliminated and other disease promoting factors have to be minimized. Due to strong additive effects of cigarette smoking for some diseases, anti-smoking campaigns should be promoted.

Key words: bronchitis, occupational disease, air- way disease, asbestosis, lung cancer, prevention

1Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (Direk- tor: Prof. Dr. med. Xaver Baur), Universitätsklinikum Ham- burg-Eppendorf

2Zentrales Informationssystem der gesetzlichen Unfall- versicherung, Hauptverband der gewerblichen Berufsge- nossenschaften e.V. (HVBG) (Leiter: Dr. rer. nat. Martin Butz), Sankt Augustin

Xaver Baur1 Ute Latza1 Martin Butz2

(2)

Steinkohlenbergleuten (BK 4111, Textkasten 1), welche erst bei Neuer- krankungen ab dem 1. Januar 1997 (Rückwirkungsklausel) als Berufs- krankheit zur Geltung kommen, wur- de in 544 Fällen von den gewerblichen Berufsgenossenschaften bestätigt.

Durch chemisch irritativ oder to- xisch wirkende Stoffe verursachte ob- struktive Atemwegserkrankungen (BK 4302, Textkasten 1) wurden 242mal festgestellt, wobei in erster Li- nie Schweiß- und Brennschneider (n = 38) sowie Chemiebetriebswerker (n = 27) und Friseure (n = 15) betroffen wa- ren. Als Auslöser dominierten dem- entsprechend Schweiß- und Schneid- rauche (n = 43); es folgten Lacke/Far- ben (n = 15), Lösungs- und Verdün- nungsmittel (n = 14), Konservierungs- und Desinfektionsmittel (n = 10).

Isocyanate, die als Ausgangsstoffe für Schaum- und Kunststoffe, Härter für Klebstoffe, Lacke und dergleichen heute vielfältig industriell verwendet werden, wurden 62-mal als Erkran- kungsursache von den gewerblichen Berufsgenossenschaften bestätigt (BK 1315,Textkasten 1); überwiegend wa- ren Maler/Lackierer (n = 16), Chemie- betriebswerker (n = 7) und Tischler (n = 6) hiervon betroffen.

Asbeststaublungenerkrankung (As- bestose) oder durch Asbeststaub ver- ursachte Erkrankungen der Pleura (BK 4103,Textkasten 1) waren bei ver- schiedenen Berufen 1 922-mal (Grafik 2)und Silikosen (BK 4101) 1 517-mal (ganz überwiegend bei Bergleuten, Grafik 3) die Ursache für eine Berufs- krankheit.

Darüber hinaus fanden sich neun Erkrankungen einer exogen allergi- schen Alveolitis (BK 4201). Hierzu kommen circa 60 anerkannte Fälle in den Zuständigkeitsbereichen der landwirtschaftlichen Berufsgenossen- schaften, vereinzelt auch der Unfall- versicherungsträger der öffentlichen Hand, wobei es sich überwiegend um Farmerlungen handelt. Des Weiteren ist ein Fall von Byssinose (BK 4202;

Textkasten 1) verzeichnet.

Unter den unfallversicherungsseitig bestätigten Neoplasien dominierten Lungenkrebs (n = 750) und Mesothe- liom (n = 696), bedingt durch die Ein- wirkung von Asbest. Hinzu kamen Auszug aus der Berufskrankheitenverordnung in der Fassung vom 5. September 2002

Nr. Krankheit

1103 Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen 1108 Erkrankungen durch Arsen oder seine Verbindungen

1301 Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine

1302 Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe

1304 Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoveränderungen von Benzol oder seiner Homologe oder Abkömmlinge

1310 Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide

1315 Erkrankungen durch Isocyanate, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können

2402 Erkrankungen durch ionisierende Strahlen 4101 Quarzstaublungenerkrankung (Silikose)

4102 Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkulose)

4103 Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankun- gen der Pleura

4104 Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs

– in Verbindung mit Asbeststaub (Lungenerkrankung [Asbestose]) – in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura

– bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbest-Faserstaubdosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 x 106[(Fasern/m3) x Jahre])

4105 Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfells oder des Perikards 4109 Bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch Nickel

oder seine Verbindungen

4110 Bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch Kokereirohgase 4111 Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im

Steinkohlebergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren ([mg/m3] x Jahre)

4112 Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Siliziumdioxid (SiO2) bei nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung (Silikose oder Siliko-Tuberkulose)

4201 Exogen-allergische Alveolitis

4202 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch Rohbaumwoll-, Rohflachs- oder Rohhanfstaub (Byssinose)

4203 Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen durch Stäube von Eichen- oder Buchenholz

4301 Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen

(einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können

4302 Durch chemisch irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive

Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können

Textkasten 1

(3)

31 Fälle von Kehlkopfkrebs durch Asbest. Bronchialkarzinome wurden auch durch ionisierende Strahlen im ehemaligen Uranbergbau Sachsens und Thüringens (n = 187), polyzykli- sche aromatische Kohlenwasserstoffe (n = 20) sowie Quarzeinwirkung (sili- kotische Schwiele; n = 16 ) hervorgeru- fen. Extrathorakale Malignome um- fassten vor allem das Urothelkarzi- nom durch aromatische Amine (n = 92), ferner Adenokarzinome der Na- senhaupt- und Nebenhöhlen durch Hartholzstäube (n = 28), bösartige hä- matologische Erkrankungen durch Benzol (n = 22), bösartige Hauttumo- ren durch Peche, Teere und Teeröle in Bitumen (n = 9 ), maligne Lebertumo- ren durch einfache chlorierte Kohlen- wasserstoffe (n = 3) und Vinylchlorid (n =3).

Tabelle 1gibt die tumorart- und or- ganübergreifende absolute und relati- ve Häufigkeit einzelner als ursächlich anerkannter Noxen wieder. Die Häu- figkeitsliste der Krebs auslösenden Arbeitsstoffe wurde demnach durch Asbest angeführt, gefolgt von Uran und seinen Zerfallsprodukten, aro- matischen Aminen, Hartholzstäuben, Benzol und Kokereirohgase (polyzy- klischer aromatischer Kohlenwasser- stoffe, PAK).

Eine Aufschlüsselung aller bestätig- ten bösartigen Erkrankungen in Be- zug auf die einzelnen Berufe zeigt Ta- belle 2. Mit nur geringem Abstand zu Chemieberufen (vor allem durch Ben- zol bedingter Blutkrebs) folgen Berg- leute (ionisierende Strahlen) sowie Schlosser, Bau- und Metallberufe, wo- bei bei diesen die asbestinduzierten Tumoren im Vordergrund stehen.

Arbeitsbedingtes Asthma bronchiale im Vergleich

Anstelle des im deutschen Berufs- krankheitenrecht sinnvollerweise be- vorzugten Begriffs obstruktive Atem- wegserkrankungen wird in internatio- nalen Studien häufig als Synonym der Begriff Berufsasthma verwendet.

Für einen Vergleich der Angaben zur Häufigkeit obstruktiver Atemwegs- erkrankungen in der deutschen Be- rufskrankheitenstatistik mit den Zah-

Im Jahre 2001 unfallversicherungsseitig bestätigte Fälle einer Berufskrankheit Nr. 4301: Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhi- nopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein kön- nen. (Gesamtzahl im Jahre 2001: 1 071; Quelle: Gewerbliche Berufsgenossenschaften; BK-DOK 2001 [9]); *1ohne nähere Angaben

Im Jahre 2001 unfallversicherungsseitig bestätigte Fälle einer Berufskrankheit Nr. 4103:

Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen der Pleura. (Gesamtzahl im Jahre 2001: 1 922; Quelle: Gewerbliche Berufsgenossenschaften;

BK-DOK 2001 [9]) Grafik 1

Grafik 2

(4)

len anderer Länder wurde die Lite- raturdatenbank Medline systematisch nach Auswertungen von Routineda- ten der Unfallversicherungsträger und nach freiwilligen Berufskrankheits- meldungen von Fachärzten oder An- tragstellern (zum Beispiel im briti- schen SWORD-Register im Hinblick auf arbeitsbedingtes Asthma bronchi- ale) durchsucht. Nicht aufgenommen in die Untersuchung wurden Aus- wertungen mit unzureichenden An- gaben bezüglich der Krankheitsursa- chen.

Im internationalen Vergleich be- wegt sich die berufsbedingte Asth- mainzidenz in Deutschland mit 5,1 Fäl- len pro 100 000 Beschäftigten im Mit- telfeld zwischen den Angaben für Süd- afrika mit 1,3 Fällen und Finnland mit 17,4 Fällen pro 100 000 Beschäftigten (Tabelle 3). Die Sterblichkeitsrate auf- grund von Asthma in Deutschland be- legt dagegen im Vergleich zu anderen Ländern einen relativ hohen Rang. Al- lerdings führen die landesspezifischen Einflüsse auf die Totenscheindiagno- sen zu einer gewissen Überschätzung in Deutschland (22, 35).

Obwohl die Kriterien für die An- erkennung von Berufsasthma, die In- dustrieschwerpunkte und die Selek- tionseffekte durch die unterschiedli- chen Datenquellen in den einzelnen Ländern divergieren, können konver- gierende Risikobereiche dennoch iden- tifiziert werden (26). Die Ergebnisse unterscheiden sich leicht, je nach- dem ob die Inzidenz, und damit die Häufigkeit innerhalb einer bestimm- ten Berufsgruppe, oder der prozentua- le Anteil an allen Anzeigen betrachtet wird.

In anderen europäischen Ländern gehören wie in Deutschland (Grafik 3) Beschäftigte in Bäckereien und im Ge- sundheitswesen zu Hochrisikogrup- pen bezüglich des Berufsasthmas, wo- bei die Zahlen für Deutschland am höchsten sind (Tabelle 3).

Schweißer entwickeln in Deutsch- land und in Schweden ebenfalls be- sonders häufig eine obstruktive Atem- wegserkrankung beziehungsweise ein Berufsasthma. Friseur ist nur in Deutschland ein Hochrisikoberuf. In anderen europäischen Ländern domi- nieren Maler beziehungsweise Spritz-

´Tabelle 1 ´

Häufigkeit der durch einzelne Arbeitsstoffe verursachten und als Berufskrankheit anerkannten Krebserkrankungen im Jahre 2001

Arbeitsstoff Zahl der aner- Prozent

kannten Fälle

Asbest 1 480 77,1

Uran und seine Zerfallsprodukte 187 9,7

Aromatische Amine 92 4,8

Eichen-/Buchenholzstaub 28 1,5

Benzol 22 1,1

Kokereirohgase (PAK) 20 1,0

Silikotische Schwiele 16 0,8

Chrom und seine Verbindungen 14 0,7

Peche, Teere, Teeröle in Bitumen (PAK) 9 0,5

Arsen und seine Verbindungen 5 0,3

Nickel und seine Verbindungen 5 0,3

Halogenierte Alkyl-Aryl-Oxide (außer TCDD) 3 0,2

Vinylchlorid (VC) 3 0,2

2, 3, 7, 8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin (TCDD) 3 0,2

Röntgenstrahlen 2 0,1

Trichlorethylen (Tri) 2 0,1

Übrige ionisierende Strahlen 2 0,1

Halogenkohlenwasserstoffe (außer VC und Tri) 1 0,1

Übrige 25 1,3

Gesamt 1 919 100,0

Quelle: Gewerbliche Berufsgenossenschaften; BK-DOK 2001 (9)

Im Jahre 2001 unfallversicherungsseitig bestätigte Fälle einer Berufskrankheit Nr. 4101: Quarz- staublunge (Silikose). (Gesamtzahl im Jahre 2001: 1 517; Quelle: Gewerbliche Berufsgenossen- schaften; BK-DOK 2001 [9])

Grafik 3

(5)

lackierer und Chemiearbeiter, die in Deutschland im Mittelfeld der ver- mehrt betroffenen Berufe rangieren.

In einigen Ländern ist ein Berufs- asthma häufig unter Reinigungskräf- ten, Feuerwehrleuten sowie Beschäf- tigten in Platinscheidereien, der Le- der- und Schuhindustrie und der Er- dölraffinerien anzutreffen. Unter den Industriezweigen weisen Personen, die in der Landwirtschaft, Tierzucht, Textilindustrie, im Großhandel, in der Plastikherstellung und -verarbeitung sowie in der Produktion von Futter- mitteln, Lebensmitteln, Metallpro- dukten, Transportgeräten, Automobi- len, optischen und elektrischen Gerä- ten arbeiten, ein höheres Risiko auf.

Als Krankheitsursache dominieren in den meisten europäischen Ländern wie in Deutschland Mehl, Nahrungs- und Futtermittelstäube, Schweiß- und Schneidrauche sowie Isocyanate. Da- neben zählen Tierepithelien, Milben, Latex und Aldehyde zu den häufi- gen Krankheitsursachen. In außereu- ropäischen, englischsprachigen Indu- strieländern werden neben schwer zu klassifizierenden Angaben (wie zum Beispiel Chemikalien) Hölzer, anor- ganische Stäube, Platinsalze und Kühl- mittel aufgeführt.

Dabei schwankt die Häufigkeit der wichtigsten Krankheitsursachen zwi- schen 2 Prozent (Italien) und 31 Pro- zent (Singapur) für Isocyanate, weni- ger als 1 Prozent (USA) und 51 Pro- zent (Italien) für Latex, weniger als 1 Prozent (USA) und 49 Prozent (Deutschland) für Mehl- und Getrei- destaub, weniger als 1 Prozent (USA) und 47 Prozent (Kanada) für Hölzer sowie weniger als 1 Prozent (USA) und 38 Prozent (Finnland) für Tier- epithelien (Tabelle 4). Schweißrauche (inklusive Lötdämpfe und Kolophoni- um) lösen (mit Ausnahme von Sin- gapur) 1,4 Prozent bis 6 Prozent, Alde- hyde mehr als 1 Prozent bis 7,6 Pro- zent der arbeitsbedingten Asthma- erkrankungen aus.

Die gefundenen Unterschiede kön- nen größtenteils durch die abweichen- de gewerblich industrielle Infrastruk- tur, aber auch durch uneinheitliche Rahmenbedingungen im Berufskrank- heitenrecht erklärt werden. Ferner spielen auch die national unterschied-

lich eingestuften Schweregrade bei der Anerkennung als Berufskrankheit und unterschiedliche Arbeitsschutzbedin- gungen eine Rolle. Eine Quantifizie- rung der einzelnen Aspekte ist jedoch derzeit nicht möglich.

Die Ergebnisse von bevölkerungs- basierten Querschnittsstudien können jedoch trotz dieser uneinheitlichen Gegebenheiten und beruflichen Bela- stungen sowie durch die potenzielle Unterschätzung von seltenen Exposi- tionen wichtige Hinweise auf Risiko- gruppen geben (26).

In einer systematischen Analyse von Blanc und Toren (6) wurde in Bel- gien berechnet, dass einer von zehn neu aufgetretenen beziehungsweise reaktivierten Asthmafällen im Er- wachsenenalter auf berufliche Fakto- ren zurückzuführen ist. Arif et al. (3) fanden in Nordamerika sogar in mehr als 30 Prozent entsprechende Hinwei- se. Auch nach Auswertung der Daten

des European Community Respira- tory Health Survey (ECRHS) in 12 eu- ropäischen Industriestaaten sind circa 5 bis 10 Prozent der Asthmaerkran- kungen arbeitsbedingt (21). Das be- rufsbezogene Risiko einer bronchia- len Hyperreaktivität mit asthmati- schen Symptomen im ECHRS war für Landwirte, Maler, Kunststoffarbeiter, Reinigungskräfte, Spritzlackierer und Beschäftigte in der Landwirtschaft am höchsten (21). Die nationale bevölke- rungsbasierte Erhebung in den USA (NHANES III) gibt ebenfalls Hinwei- se auf ein, im Vergleich zu den Be- schäftigten aus Verwaltung und Finan- zen, mehr als verdoppeltes Risiko für die Prävalenz von Asthma unter Be- schäftigten, unter anderem in Land- wirtschaft, Forsten und Fischerei so- wie der Holzverarbeitung, dem Ge- sundheitswesen und der Gummi, Kunststoff und Leder verarbeitenden Industrie (3).

´Tabelle 2 ´

Berufskrankheitendokumentation der gewerblichen Berufsgenossenschaften (BG):

Beruflich verursachte Krebserkrankungen 2001 nach Beruf

BG-Nummer Berufsbezeichnung Zahl der Fälle Prozent

141 Chemiebetriebswerker 150 7,8

071 Bergleute 147 7,7

274 Betriebsschlosser 93 4,8

270 Schlosser 86 4,5

311 Elektroinstallateure, -monteure 72 3,8

501 Tischler 66 3,4

441 Maurer 64 3,3

273 Maschinenschlosser 59 3,1

241 Schweißer, Brennschneider 56 2,9

482 Isolierer, Abdichter 51 2,7

744 Lager-, Transportarbeiter 50 2,6

262 Rohrinstallateure 48 2,5

511 Maler, Lackierer (Ausbau) 48 2,5

541 Energiemaschinisten 41 2,1

281 Kfz-Instandsetzer 40 2,1

191 Eisen-, Metallerzeuger, Schmelzer 39 2,0

452 Dachdecker 38 2,0

275 Stahlbauschlosser, Eisenschiffbauer 34 1,8

531 Hilfsarbeiter ohne nähere Tätigkeitsangabe 31 1,6

Übrige 706 36,8

Gesamt 1 919 100,0

(6)

´Tabelle 3 ´

Häufigkeit von Berufsasthma in verschiedenen Industriezweigen und Berufsgruppen und Krankheitsursachen

Land, Jahr, Datenquelle Jährliche Inzidenz Häufigste Industriezweige und/oder Berufe nach Wichtigste

Referenz pro 100 000 jährlicher Inzidenz (pro 100 000 Beschäftigte) Krankheitsursachen

Beschäftigte und/oder Prozent aller Anzeigen

Finnland, 1989–95, Bei Männern: 17 Landwirtschaft (109), Textilindustrie (75), Herstellung von Gummi- und Tierepithelien, Haare, Sekrete (33%) Arztmeldung, Plastikartikeln (38), Bäcker (444), Maler, Lackierer (223), Tierarzt (171), Mehl, Getreide, Futter (22%) Unfallversicherung Landwirtschaft (49%), Herstellen von Lebensmitteln, Getränken, Tabak (11%), Schweißrauche (8%) Karjalainen et al. (19) Fertigstellung von Metallprodukten (6%), (Maschinen-)Arbeiter (49%),

Landwirte (45%), Bäcker (8%)

Bei Frauen: 18 Landwirtschaft (169), Textilindustrie (94), Herstellung von Chemikalien Tierepithelien, Haare, Sekrete (42%) und Chemieprodukten (36)*1, Bäckerin (408), Landwirtin (191), Beschäftigte Mehl, Getreide, Futter (23%) in Tierzucht (191), Landwirtschaft (52%), Großhandel (25%), Herstellen Milben (4%)

von Lebensmitteln, Getränken, Tabak (7%), Landwirtin (44%), (Maschinen-)Arbeiterin, (25%), Bäckerin (9%)

Schweden, 1990–92, Bei Männern: 9,1 Bäcker (78), Schmelzofenarbeiter (70), Schweißer (70) Keine Angaben Selbstangaben (SRROD),

Toren et al. (36)*2 Bei Frauen: 7,0 Chemiearbeiterinnen (95), Landwirtin (Milch und Geflügel (60), Keine Angaben Beschäftigte in der Plastikherstellung (56)

Italien, Piemont, 1996–97 2,4 Bäcker (54), Beschäftigte in der Leder- und Schuhindustrie (21), Latex (51%), Mehl (27%),

Arztmeldungen (PRiOR) Beschäftigte im Gesundheitsdienst (21) Milben (2%), Isocyanate (2%)

Bena et al. (5)

Frankreich, 1996–99 2,4 Bäcker (20%), Beschäftigte im Gesundheitsdienst (10%), Mehl (20%), Isocyanate (14%),

Arztmeldung (ONAP) Lackierer (meist Spritzlackierer) (8%) Latex (7%)

Ameille et al. (2)

Frankreich, 1997 2,6 Bäcker (24%), Beschäftigte im Gesundheitsdienst (12%), Maler (9%) Mehl (23%), Isocyanate (17%),

Arztmeldung (ONAP) Latex (8%)

Kopferschmitt-Kubler et al. (23)

Frankreich, 1996, Arztmeldung 1,9 Bäcker (21%), Spritzlackierer (8%), Beschäftigte im Mehl (20%), Isocyanate (16%);

(ONAP), Ameille et al. (1) Gesundheitsdienst (7%) Aldehyde (7%)

Großbritannien, 1989, Arztmeldung 2,2 Spritzlackierer (64), Chemiearbeiter (42), Beschäftigte in Isocyanate (22%), Mehl-, Getreidestaub (SWORD), Meredith et al. (29) der Plastikherstellung und -verarbeitung (41), Bäcker (41) (8%), Lötdämpfe (6%), Holzstaub (6%) Großbritannien, 1989–91 1,9 Spritzlackierer (73), Plastikarbeiter (39), Chemiearbeiter (35) Isocyanate (22%), Mehl/

Arztmeldung (SWORD) Getreide (7%), Labortiere (6%),

McDonald et al. (28) Lötmetall/Kolophonium (6%)

Großbritannien, 1992–97 3,8 Spritzlackierer (146), Bäcker (95), Chemiearbeiter (57) Isocyanate (14%), Mehl (9%),

Arztmeldung (SWORD) Holzstaub (6%)

McDonald et al. (28)

Großbritannien, West Midlands, 4,3 Herstellen von Chemikalien und künstlichen Mineralfasern (33), Isocyanate (13–15%), Kühlschmierstoffe

1990–97, Arztmeldung (SHIELD) Herstellen von Transportgeräten (20) (7–8%), Glutaraldehyd (7–8%),

Di Stefano et al. (12) Herstellen von optischen und elektrischen Geräten (17) Latex (4–8%)

Deutschland, 1995*3 5,1 Backwarenhersteller (617), Schweißer (30), Friseur (29)

Unfallversicherung, Baur et al. (4)

Deutschland, 2001*4, Gewerbliche Beschäftigte in Bäckereien (43%), Beschäftigte im Gesundheits- Mehlstaub (36%), Nahrungs- und

Unfallversicherung dienst (8%), Friseure (4%) Futtermittelstäube (13%),

Latza et al. (26), Butz (10) Isocyanate (5%)

USA, Kalifornien, 1993–96 2,5 Hausmeister und Reinigungskräfte (6,3), Büroangestellte (3,0), Chemikalien*1(22%), Mineralische

Arztmeldung, Selbstangaben, Feuerwehrleute (3,0) und anorganische Stäube (12%),

Reinisch et al. (32) Pyrolyseprodukte (5%)

USA, Michigan, 1988–94 2,9 Automobilindustrie (17), hergestellte Metallprodukte (14), Isocyanate (20%), Kühlmittel (13%).

Arztmeldung, andere Quellen chemische und Erdölraffinerien (12) Unbekannte (Herstellung ) (9),

(SENSOR) Rosenman et al. (34) Rauche, Gase, Abgase (5%)

Kanada, B.C., 1991, Arztmeldung 9,2 Keine Angaben Rotzeder (42%), Chemikalien (18%)

Contreras et al. (11) Isocyanate (16%)

Kanada, Quebec, 1986–88 2,5 Keine Angaben Isocyanate (25%), Mehl (10%),

Unfallversicherung, Lagier et al. (25) Krabben (11%)

Südafrika 1996–98, Arztmeldung 1,3 Gesundheitsdienst (21%), Platinminen und -verarbeitung (11%), Latex (24%), Isocyanate (20%), (SORDSA), Hnizdo et al. (17) Nahrungsmittelverarbeitung, Bäckereien, Mühlen, Tierfutter (11%) Platinsalze (12%)

*1Unter „Chemikalien“ wurden unter anderem Innenraumschadstoffe, Pestizide, Klebstoffe, Textilstaub und Fotoentwicklungschemikalien zusammengefasst:

*2Großhandel (326), Minen und Steinbruch (36) wegen geringer Fallzahlen (7 beziehungsweise 1) nicht aufgeführt.

*3Durch allergisierende Stoffe verursache obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie) (BK 4301) und durch chemisch irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (BK 4302)

*4Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie) (BK 4301), durch chemisch irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (BK 4302) und Erkrankungen durch Isocyanate (BK 1315, die meisten Anzeigen umfassen obstruktive Atemwegserkrankungen)

(7)

Daten weisen auf Defizite hin

Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes fasst die Aufzeichnung des Gesundheitszustandes von Beschäf- tigten, deren Gesundheitsverhalten, die Verbreitung von Risikofaktoren und die Inanspruchnahme von Lei- stungen im Auftrag des Bundesmini- steriums für Gesundheit und Soziale Sicherheit zusammen und informiert Politik und Bürger (33). Bisher wer- den dabei arbeitsmedizinische As- pekte, insbesondere arbeitsbedingte Krankheitsursachen, nicht berücksich- tigt.

Die Daten der Unfallversicherungs- träger geben – vor allem aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen – nicht das tatsächliche Gefährdungs- potenzial von Arbeitsplätzen, Betrie- ben oder Branchen an. Vielmehr spie- geln sie als Endstrecke dieses Gesche- hens nur die Spitze des Eisberges wi- der, und es ist zusätzlich von einer nicht unerheblichen Dunkelziffer aus- zugehen. Dies zeigt die Aufschlüsse- lung der Berufskrankheiten nach No- xen und betroffenen Berufen in der BK-DOK in Ergänzung zu den jähr- lich veröffentlichten Statistiken des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit den Entscheidungsträgern und verweist auf Handlungsoptionen, insbesondere hinsichtlich der Defizite der arbeitsumweltbezogenen Präven- tion.

Arbeitsbedingte Lungen- und Atem- wegserkrankungen sowie Neoplasien sind vermeidbar. Die wichtigsten Prä- ventionsmaßnahmen sind die Elimi- nation der Exposition sowie die Re- duktion begünstigender Faktoren (Pri- märprävention, Verhaltensprävention).

Soweit primär präventive Maßnahmen nicht ausreichend realisiert werden können, sind sekundär präventive, das heißt organisatorische und personen- bezogene Schutzmaßnahmen erfor- derlich. Weitere wesentliche Schritte sind

>die fortlaufende qualifizierte ar- beitsmedizinische und sicherheits- technische Gefährdungsermittlung an den einzelnen Arbeitsplätzen,

>Risikokommunikation und -ma- nagement unter Involvierung der Ar-

beitgeber, Arbeitnehmer, Arbeitsmedi- ziner, Sicherheitsfachkräfte, aber auch der staatlichen und berufsgenossen- schaftlichen Aufsichtsorgane,

>Unterweisung, Schulung und Trai- ning aller Betroffenen in Hinblick auf die jeweils vorliegende Gesundheits- gefährdung und die erforderlichen Schutzmaßnahmen,

>betriebsärztliche Betreuung mit allgemeiner und auf Noxen bezoge- ner arbeitsmedizinischer Vorsorgeun- tersuchung, wie sie im „Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssi- cherheit“ (14) sowie im Anhang VI der Gefahrstoffverordnung (38), im An- hang IV der Biostoffverordnung (39) sowie im Anhang VI der Gentechnik- Sicherheitsverordnung (40) festgelegt sind (siehe auch Berufsgenossenschaft- liche Grundsätze für arbeitsmedizi- nische Vorsorgeuntersuchungen des Hauptverbandes der gewerblichen Be- rufsgenossenschaften (15).

Bei Hinweisen auf ein besonderes individuelles Gesundheitsrisiko am Arbeitsplatz (zum Beispiel klinisch noch stumme Arbeitsstoffsensibilisie- rung, Vorstadien einer arbeitsbeding- ten Erkrankung) muss unverzüglich eine effiziente Expositionsprophyla- xe, gegebenenfalls bis hin zur Unter- lassung der gefährdenden Tätigkeit gemäß § 3 der Berufskrankheiten-Ver- ordnung (Vermeidung von Berufs- krankheiten und arbeitsbedingten Ge- sundheitsgefahren mit allen geeigne- ten Mitteln) erfolgen.

Risikokollektiven mit hoher Inzidenz von arbeitsbedingten Erkrankungen wie Bäckern, Lackierern, Schweißern, Friseuren und Chemiearbeitern sollte mindestens jährlich ein Screening mit- tels standardisierter Fragebögen zur Erfassung von arbeitsbedingten Bela- stungen und Beanspruchungen ange- boten werden.

Bei Auffälligkeiten sind weiter- führende spezielle Diagnostikverfah- ren wie Lungenfunktionsmessungen (idealerweise vor und nach einer Ar- beitsschicht), Allergietestungen und radiologische Untersuchungen in Er- gänzung zu den in zwei- bis dreijähri- gen Abständen vorgesehenen speziel- len arbeitsmedizinischen Vorsorgeun- tersuchungen indiziert (15, 39–41). We-

gen der typischerweise Jahrzehnte um- fassenden Latenzzeit arbeitsbedingter Neoplasien sind auch nach dem Aus- scheiden aus dem Arbeitsleben die von der Zentralen Erfassungsstelle für asbestgefährdete Arbeitnehmer (ZAs) oder der Zentralen Erfassungs- und Betreuungsstelle für ehemalige Uran- bergleute der Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft Wismut (ZEBWis) der von den gewerblichen Berufs- genossenschaften konzipierten so ge- nannten Nachgehenden Untersuchun- gen dringend zu empfehlen.

Hinzuweisen ist aber auch auf die Bedeutung eines allgemeinen gesun- den Lebensstils, da sich hiermit syner- gistische gesundheitsadverse Effekte verhindern lassen. Besondere Bedeu- tung kommt Einflüssen der Ernäh- rung, des Freizeitverhaltens und des Zigarettenrauchens zu; Letzteres wirkt sich in etwa additiv in Bezug auf be- nigne arbeitsbedingte Atemwegsschä- digungen und überadditiv in Bezug auf Bronchialkarzinome aus, die as- best-, strahlen-, nickel- oder arsenbe- dingt sind.

In diesem Zusammenhang ist die vom Bundesministerium für Gesund- heit und Soziale Sicherung beabsich- tigte Implementierung bundeseinheit- licher Gesundheitsziele in den Versor- gungsalltag von besonderer Bedeu- tung. Mit der Entwicklung von Ge- sundheitszielen soll damit eine umfas- sende Verbesserung der Gesundheit in definierten Bereichen erreicht sowie die Vermeidung von Krankheiten als Querschnittsaufgabe gefördert wer- den.

Die aktuellen Zielbereiche bezie- hen sich auf die Prävention von Dia- betes mellitus und Erkrankungen in- folge von Tabakkonsum, der Brust- krebsvorsorge sowie der allgemeinen gesundheitlichen Kompetenz von Bür- gern und Patienten. In Anbetracht der eingangs dargestellten Häufigkeit und auch der Schwere arbeitsbedingter Er- krankungen ist es vordringlich, auch diese in Erfolg versprechende Präven- tionsstrategien und Präventionsmaß- nahmen einzubeziehen.

Das zur Realisierung der Gesund- heitsziele am 11. Juli 2002 gegründe- te „Deutsche Forum für Prävention und Gesundheitsförderung“ hat es sich

(8)

zum Ziel gesetzt, mehr Transparenz und eine Vernetzung von Konzepten und Maßnahmen zu erreichen. Das setzt jedoch voraus, alle wichtigen Ak- teure auf diesem Gebiet zu involvie- ren. Die Medizin erscheint hier bisher nicht gebührend vertreten und die Prävention arbeits(mit)bedingter Er- krankungen nicht einmal angedacht zu sein. Erklärungsbedürftig erscheint auch die geplante Antitabakkampa- gne, solange die gegenwärtige Bundes- regierung nicht dazu bereit ist, den von mehr als 170 Staaten ausgehandel- ten Vertragstext der Framework Con-

vention on Tobacco Control ohne Vor- behalte zu unterzeichnen. Diese un- verständliche Weigerung hat bekannt- lich zur Folge, dass die internationale Raucherkonvention nicht von den 14 aktuellen und 10 zukünftigen Mitglie- derstaaten der Europäischen Union ratifiziert wird.

Es bleibt zu hoffen, dass es hier in na- her Zunkunft zu einem Umdenken in der politischen Führungsspitze kommt und die Chance einer mittelfristig und langfristig sehr Erfolg versprechen- den Präventionskonzeption nicht ver- tan wird.

Manuskript eingereicht: 11. 2. 2003, revidierte Fassung angenommen: 24. 6. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 2658–2665 [Heft 41]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit4103 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Xaver Baur Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin Hamburg Seewartenstraße 10 20459 Hamburg

E-Mail: baur@uke.uni-hamburg.de

´Tabelle 4 ´

Ausgewählte Krankheitsursachen von Berufsasthma im internationalen Vergleich

Land, Jahr Ausgewählte Krankheitsursachen Autor, Jahr

Schweißrauche*1 Aldehyde Latex Isocyanate Mehl und Tierepithelien Holzstaub Prozent (Prozent) (Prozent) (Prozent) Getreidestaub (Prozent) (Prozent)

(Prozent)

Finnland, 1989–95 4,4 1,8 0,3 4,8 22,3 37,7 2,7 Karjalainen et al., 2000

(19)

Italien, Piemont 51 2,0 Mehl: 27 Rotzeder: 2 Bena et al., 1999 (5)

1996–98

Frankreich, 1,7 (nur 5,9 7,2 14,1 21,9 1,9 (nur 5,8 Ameille et al., 2003 (2)

1996–99 Kolophonium (nur Mehl Labortiere:

0,9) 20,3) 1,1)

Frankreich, 1997 Kolophonium 5,5 7,5 16,6 25,1 (nur 2,3 3,9 Kopferschmitt-Kubler

1,4 Mehl 23,3) et al., 2002 (23)

Frankreich, 1996 6,7 4,6 16,0 20,4 Labortiere: 4,2 Ameille et al., 1998 (1)

1,2

Großbritannien, Kolophonium 7,6 7,6 12,7 5 Di Stefano et al.,

West Midlands, 4 1998 (12)

1997

Großbritannien, Lötdämpfe: 1 22 8 Labortiere: 6 Meredith et al., 1991 (29)

1989 6 4

Großbritannien, 5 5 3 14 9 4 4 McDonald et al., 2000

1995–97 (28)

Deutschland, 2001*2 3,1 4,2 1 4,5 49 1,0 2,3 Butz, 2002 (10)

USA, Kalifornien 1,6 1,4 0,3 Diisocyanate: Mehl: 3,9 0,9 Reinisch et al., 2001 (32)

1993–96 1,9 0,3

USA, Michigan, 5,4 4,1 0,7 19,9 1,9 0,4 0,8 Rosenmann et al., 1997

1986–94 (34)

Kanada, 3,2 4 16,2 4,0 (nur 3,2 47 (nur Contreras et al., 1994

British Columbia, Mehl 3,2) Rotzeder: (11)

1991 42)

Kanada, Quebec, 1,9 Formalde- 0,9 25,2 13,6 (nur Labortiere: Zeder: Lagier et al., 1990 (25)

1986–88 hyd: 0,9 Mehl 10,2) 2,8 2,2

Südafrika, 3,6 1,0 24 19,5 11,8 1,0 Hnizdo et al., 2001 (17)

1996–98

Singapur, 22,2 31,1 Mehl: 2,2 4,4 Kor et al., 2001 (24)

1983–99

*1zum Teil mit Lötdämpfen, Kolophonium

*2Anteil an durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie) (BK 4301), durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (BK 4302) und Erkrankungen durch Isocyanate (BK 1315, die meisten Anzeigen umfassen obstruktive Atemwegserkrankungen)

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