A-720 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 11, 17. März 2000 Eine unlautere Werbung
liegt dann vor, wenn in einer Broschüre über ein Praxisnetz mehr Aussagen enthalten sind, als es zur Unterrichtung der Versicherten unerlässlich ist.
Die beklagte Krankenver- sicherung hatte sich an dem Modellvorhaben „Praxisnetz Berliner Ärzte“ beteiligt. Ziel ist es, Qualität und Wirt- schaftlichkeit der medizini- schen Versorgung zu verbes- sern. Die Krankenkasse über- sandte an ihre Versicherten Broschüren, um diese für eine Teilnahme an dem Praxisnetz zu gewinnen.
In dem Verfahren ging es nun um die Frage, ob bei die- ser Information die Grenzen lauteren Verhaltens gewahrt werden. Nach Meinung des Gerichtes werden in der Bro- schüre nur Aussagen zu den im Praxisnetz tätigen Ärzte getroffen. Eine Äußerung wie die folgende sei keine un-
zulässige Werbung: „Muss ich meinen Hausarzt wechseln?
Diese Broschüre enthält ein Verzeichnis aller 250 Ärzte, die schon am Praxisnetz mit- machen. Wenn Sie ihren Hausarzt darin finden, ändert sich nichts. Ist er noch nicht dabei, fragen Sie ihn doch ein- fach, ob er mitmachen will.“
Den Patienten wird damit nicht empfohlen, den Arzt zu wechseln, wenn dieser nicht zum Praxisnetz gehört. Der Patient soll nur in einen Dia- log mit dem Arzt eintreten.
Auch sei es nicht unlauter, dass die Broschüre eine Liste aller am Praxisnetz beteilig- ten Ärzte enthalte. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass die am Praxisnetz beteiligte Krankenversicherung ihre an- geschriebenen Versicherten umfassend informieren will.
(Hanseatisches Oberlandes- gericht, Urteil vom 24. Juni 1999, Az.: 3 U 227/98) Be
V A R I A RECHTSREPORT
Werbung für ein Praxisnetz
Information der Patienten nicht unzulässig
Verletzung des rechtlichen Gehörs
Vertagung wegen Krankheit angemessen
Ein Termin zur mündli- chen Verhandlung kann – und muss gegebenenfalls – vertagt werden, wenn der Kläger oh- ne eigenes Verschulden ver- hindert ist zu erscheinen und einen ordnungsgemäßen Ver- tagungsantrag gestellt hat.
Der Kläger hatte in sei- nem Verhandlungsantrag dar- auf hingewiesen, dass er we- gen Krankheit zum Termin nicht erscheinen könne, dass ihm aber viel daran liege, an der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht teilzunehmen. Seine Erkran- kung hatte er durch ein Attest des behandelnden Arztes hin- reichend belegt.
Nach Meinung des Bun- dessozialgerichts war das Ge- richt nicht – jedenfalls nicht ohne nähere Erkundigungen über Ausmaß und Umstände der Erkrankung – berechtigt, diese ärztliche Bescheinigung als nicht hinreichend anzuse-
hen. Wenn das Landessozial- gericht befunden habe, der Kläger könne lediglich nicht zahnärztlich tätig sein, aber an der mündlichen Verhandlung teilnehmen, hätte es ihn dazu befragen beziehungsweise ei- ne nähere Stellungnahme sei- nes Arztes einholen müssen.
Anhaltspunkte für eine Verschleppungsabsicht des Klägers waren nicht ersicht- lich; das Gericht hätte den Rechtsstreit vertagen müssen.
Die Nichtvertagung des Ter- mins ist ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Gewährung des rechtlichen Gehörs im ge- richtlichen Verfahren und stellt damit einen wesentlichen Urteilsmangel dar. Das Urteil war daher aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entschei- dung an das Gericht zurück- zuverweisen. (Bundessozial- gericht, Urteil vom 28. April 1999, Az.: B 6 Ka 40/98 R) Be