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FOllUM
FÜR WISSEN
Wieviel Stickstoff ertragen unsere Wälder?
Untersuchungen über Wirkungszusammenhänge 1997
Walter Flückiger, Sabine Braun und Rebecca QuiringInstitut für Angewandte Pflanzenbiologie, Schönenbuch
Stickstoff ist im allgemeinen limitierender Faktor für die Biomasseproduktion in Waldökosystemen. Seit den fünfziger Jahren erhalten unsere Wälder erhebliche Stickstoffmengen über Immissionen zugeführt. Die Meinun
gen über die Bedeutung dieser N-Einträge gehen weit auseinander. Einerseits werden N-Defizite, wo diese be
stehen, vermindert, was sich positiv auf das Waldwachstum auswirken kann. Andererseits können erhöhte Stickstoffdepositionen dort zur Belastung werden, wo bereits eine ausreichende N-Versorgung vorhanden ist.
Wie stellt sich die Situation in der Schweiz dar? Welches Ausmass haben die Stickstoffeinträge in den verschie
denen Regionen angenommen? Können Anzeichen stickstotlbedingter Veränderungen festgestellt werden? Wel
che Risiken sind damit längerfristig für den Wald verbunden? Diesen Fragen soll im Folgenden anhand von Ergebnissen aus Felduntersuchungen und Experimenten nachgegangen werden.
1 Ausmass der Stickstoffeinträge
Messungen über Depositionen potentiell pflanzenver
fügbarer Stickstoffverbindungen (NH3, NH4
+, HNO3, NO3-) aus früheren Dekaden gibt es für die Schweiz nicht. Aufgrund des Verbrauchs fossiler Brennstoffe (Emissionskataster) und des Viehbestandes sowie anhand der über die Luftmassen importierten und exportierten Stickstoffverbindungen lässt sich aber ein approximativer mittlerer Stickstoffeintrag für unsere Wälder berechnen (Abb. 1). Aus dieser Modell
rechnung geht hervor, dass in der ersten Hälfte dieses
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Abb. 1. Historische Entwicklung der Stickstoffdeposition in der Schweiz. Berechnet nach Daten des BUWAL (1995), BARRETT et al. (1995) und skaliert für Wälder nach RIHM (1994).
Jahrhunderts eine nahezu gleichbleibende Stickstoff
deposition von 12-13 kg N ha-
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1zu verzeichnen war. Ab Mitte der fünfziger bis Mitte der achtziger Jahre nahmen die Stickstofffrachten im Mittel auf rund 33 kg N ha-1 a-1 zu, nach Mitte der achtziger Jahre wieder um ca. 10% ab. Wie stellt sich die Situa
tion in den einzelnen Regionen dar?
Während die Stofffrachten im Regenwasser ohne grössere Schwierigkeiten bestimmt werden können, bietet die trockene Deposition mehr Probleme, da sie abhängig ist von der Oberflächenstruktur. Kronentrau
femessungen sind zur Zeit die beste Möglichkeit, das Ausmass der trockenen Deposition in komplexem Gelände abzuschätzen (LÖVBLAD
et al.1 993), trotz der damit verbundenen Fehler infolge Interaktionen zwischen Regenwasser und Baumkrone (Auswa
schung von basischen Kationen, Aufnahme von N
Verbindungen). Messungen der Kronentraufe unter Fichten in den vergangenen zehn Jahren zeigen, dass im Jura, Mittelland und teils im Voralpenraum sowie in tieferen Lagen der Alpen, wo Viehhaltung und Verkehrsaufkommen intensiv sind, Stickstofffrachten von 25 bis 33 kg N ha-1 a-1 nachgewiesen werden können, während sie in höheren Lagen der Alpen, über 1400 m, lediglich 8 bis 11 kg N ha-1 a-1 betragen (Abb. 2). Hierbei muss allerdings berücksichtigt wer
den, dass Bäume, wie weiter oben erwähnt, deponier
ten Stickstoff direkt über die Krone aufnehmen kön
nen (JOHNSON und LINDBERG 1992) und dass dies
in höheren Lagen, wo die N-Gesamtdeposition und die N-Gehalte in den Fichtennadeln geringer sind, besonders klar erkennbar ist. (Abb. 3). Die Gesamtde
position von Stickstoff in Wäldern dürfte somit auf
grund von Messungen der Trocken- und Nassdeposi
tion und von Modellrechnungen (Rihm, pers. Mitt.) in tieferen Lagen im Mittel um 30 bis 40 und im Ge-
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NO3-N / FreilandAbb. 2. Stickstofffrachten in der Freiland-Bulkdeposition (dauernd offene Sammelgefässe) und in der Kronentraufe unter Fichten in verschiedenen Regionen. Die Stickstoff
anreicherung durch die Krone ergibt eine Grössenordnung für die Trockendeposition.
birge um 10-15 kg N ha-1 a·1 liegen. Die hier gemes
senen Stickstoffeinträge überschreiten damit in einem erheblichen Teil des Schweizer Waldes im Jura, Mit
telland, Voralpen und der Südschweiz die von der UN/ECE (1996) festgelegten kritischen Eintragswerte (Critical Loads) für Waldökosysteme (siehe Kurz und Rihm, in diesem Band) von im Mittel 10 bis 20 kg N ha·1 a·1.
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FORUM für Wissen 1997
Copera Lurengo I Copera Lurengo Kronentraufe Gesamtdeposition
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NassdcpositionAbb. 3. Stickstofffrachten im Freiland (Bulkdeposition) und in der Kronentraufe. Die Trockendeposition wurde einerseits mit einem Regressionsmodell berechnet (Korrelation mit Trockendauer und Regenmenge) und andererseits aufgrund der Deposition auf imprägnierten Filtern für den Wald ska
liert. Man beachte die erhebliche Differenz zwischen der Stickstofffracht in der Kronentraufe und der Gesamtdeposi
tion in der hochgelegenen Fläche Lurengo (1600 m), hinge
gen nicht in Copera (760 m).
2 Gibt es Anzeichen stickstoftbedingter Veränderungen?
2.1 Veränderung der Nährstoffversorgung
Schon Mitte der achtziger Jahre stellte Nihlgärd die Hypothese auf, dass der Wald durch einseitige Stick
stoffzufuhr in ein Nährstoffungleichgewicht geraten kann (NIHLGARD 1985). Untersuchungen in süd
schwedischen Fichtenbeständen bestätigen insofern diese Hypothese, als im Zeitraum von 1985 bis 1994 eine signifikante Zunahme der N-Versorgung bei gleichzeitiger Abnahme der K- und Cu-Gehalte beob
achtet wurde (Nihlgärd, pers. Mitt.). Eine Zunahme der N-Versorgung in den Nadeln verschiedener Na
delgehölzarten in den letzten Dekaden geht auch aus deutschen, französischen und holländischen Untersu
chungen hervor (LA N D M A N N 1989, VAN DEN BURG 1990, SAUTER 1991). Im Zusammenhang mit einer erhöhten Stickstoffversorgung wird neben der Kalium- und Magnesium- vor allem die Phosphorver
sorgung beeinflusst. HOUDIJK und ROELOFS (1993) stellten in holländischen Wäldern eine signifikant tie-
FORUM für Wissen 1997
fere Phosphorversorgung der Bäume bei erhöhten N
Frachten fest. BALSBERG PAHLSS0N (1992) konnte in einem Buchenwald auf saurem Boden durch eine N-Gabe von 204 kg N/ha, über vier Jahre verteilt, eine reduzierte P-Versorgung bei den Bäumen induzieren.
Wie steht es in der Schweiz? Seit 1984 bzw. 1989 wer
den vom Institut für Angewandte Pflanzenbiologie
(IAP)in insgesamt 88 Walddauerbeobachtungsflächen in den Regionen Jura, Mittelland, Voralpen und im Alpenraum verschiedene Erhebungen u.a. über Kro
nenverlichtung, Zuwachsrate, Nährstoffversorgung, Stoffeinträge durchgeführt, begleitet von Feldversu
chen, im Auftrage des BUW AL und der Kantone AG, BE, BL, BS, SO, ZG und ZH (Abb. 4). Die Flächen, mit einer mittleren Grösse von 0.5 ha, wur
den nach verschiedenen Kriterien wie Baumarten
zusammensetzung, Bestandesalter, Bodentyp, Höhen
lage und Exposition ausgewählt. Bezüglich der Nähr
stoffversorgung kann bei der Buche von Erntejahr zu Erntejahr eine zunehmende Stickstoffversorgung, bei gleichzeitiger Abnahme der Phosphorversorgung fest
gestellt werden, was zu einem zunehmenden Un
gleichgewicht dieser beiden Nährstoffe führt (Abb. 5).
Die Versorgung beim Kalium ist gemäss den Klassifi
kationswerten von ICP Forests (1996) im allgemeinen ausreichend (5-10 mg/g T.S.). Leicht erhöhte N/K
Werte sind 1987 und 1995 vorhanden, vermutlich als Folge einer witterungsbedingten verminderten K-Ver
sorgung. In beiden Jahren gingen kühle Witterung und längere Regenperioden der Ernte voraus. Kalium wird leicht aus der Pflanzenoberfläche ausgewaschen (PARKER 1990). Eine kühlere Witterung hemmt die
Nitrifikation (THIAGALINGAM und KA N E H I V 0 1973), was zu einem erhöhten NH4
+-Angebot führt, das sich seinerseits wegen der kompetitiven Beeinflus
sung negativ auf die K-Aufnahme auswirken kann (MARSCHNER 1986). Magnesium, ebenfalls im allge
meinen in ausreichender Versorgung vorhanden, weist bis 1991 eine stete Abnahme auf, was zu erhöhten N/Mg-Verhältnissen führte. 1995 ist aber wieder ein leichter Anstieg zu beobachten, wobei auch bei die
sem Element die Witterung den Versorgungsgrad be
einflusst haben dürfte.
Bei der Fichte ist keine N-Zunahme in den Na
deln zu beobachten, hingegen ebenfalls eine leichte P
Abnahme, was in der Folge auch bei dieser Baumart zu einem Nährstoffungleichgewicht führt (Abb. 6).
Obwohl gemäss Klassifikation nach ICP Forests (1996) der Bereich für eine mittlere Stickstoffversorgung bei der Fichte nicht überschritten wird, können in einigen Flächen Arginingehalte in den Nadeln gemessen wer
den, die vergleichbar mit Werten sind, wie sie bei ho
her N-Düngung gefunden werden (Abb. 7). Der Ar
giningehalt gilt als empfindlicher Bioindikator für eine vorliegende N-Belastung (HUHN und SCHULZ 1996).
Die im Wald beobachtete Nährstoffveränderung konnte in einem Topfversuch, bei dem verschiedene Stickstoffmengen (NH4NO3) appliziert wurden, weit
gehend nachvollzogen werden. Bei der Buche konn
ten im dritten und bei der Fichte im sechsten Ver
suchsjahr, deutlich verzögert, bereits bei einer N-Ap
plikation, die einer Deposition von 25 kg N ha-1 a-1 entspricht, signifikante Nährstoffungleichgewichte induziert werden (Abb. 8, 9).
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Abb. 4. Lage der IAP-Dauerbeobachtungs
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FORUM für Wissen 1997 N/Mg
1984/85 1987 1991 1995 Jahr
Abb. 5. Verhältnisse von StickstofUPhosphor, Stickstoff/Kalium und Stickstoff/Magnesium im Buchenlaub der Ernten 1 984/85, 1987, 1991 und 1995. Daten von 419 Bäumen aus 51 Beobachtungsflächen. Man beachte das zunehmende N/P-Verhältnis. Die gestrichelten Linien geben den mittleren Bereich für ein ausgewogenes Verhältnis aufgrund eigener Befunde und verschiede
ner Literaturangaben für Laubbäume an ( BINNS et al. 1983*, LAVRICENKO 1968*, ERICSSON und I NG ESTAD 1 988, VAN DEN DRIESSCHE 1979*, INGESTAD 1979, ERICSSON und KÄHR 1 993, THOMSON und McCOMB 1962*), * zitiert in VAN DEN B U RG 1985). Signifikante Unterschiede zur vorausgehenden Ernte sind mit ***p <0.001 bezeichnet. Die Box enthält 50% der Werte, mit dem Zentralwert (Median) als Querstrich. Die Balken erstrecken sich vom Minimum bis zum Maximum der Nicht-Aus
reisser-Werte (SYGRAPH-Boxplot, WILKINSON 1990).
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1 984/85 1987 1991 1995 Jahr
Abb. 6. Verhältnisse von Stickstoff/Phosphor, Stickstoff/Kalium und Stickstoff/Magnesium in Fichtennadeln der Ernten 1984/85, 1987, 1991 und 1995. Daten von 1 1 9 Bäumen aus 1 5 Beobachtungsflächen. Man beachte das erhöhte N/P-Verhältnis ab 1991 . Die gestrichelten Linien geben den Bereich für ein ausgewogenes Verhältnis für Fichten nach HüTTL (1 990) an. Signi
fikante Unterschiede zur vorausgehenden Ernte sind mit ***p <0.001 bezeichnet.
N-Versuch
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Arginin (log nmol/g T.S.)
Waldbäume
3 4 5
Arginin (log nmol/gT.S.) 6
Abb. 7. Häufigkeitsverteilung des Arginingehaltes im jüng
sten Nadeljahrgang bei Fich
ten aus einem Stickstoffdün
gungsexperiment (links) und aus den Beobachtungsflächen (rechts). Die Gehalte aus dem N-Düngungsexperimcnt wur
den aufgrund der Behandlung in eine Gruppe mit <1 00 kg N ha·1 a·1 (weisse Säulen) und .::200 kg N ha ·1 a·1 (schraf
fierte Säulen) unterteilt, bei denen sich der Arginingehalt hochsignifikant unterscheidet (p <0.001 ). Man beachte, dass die Werte im Wald teilweise deutlich höher liegen als bei den mit 0-1 00 kg N ha·1 a·1 gedüngten Fichten.
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Applikation als NH4NO 3, auf 10 Applikationen über die Vegetationsperiode verteilt. Die gestrichelten Linien geben den mittleren Bereich für ein ausgewogenes Verhältnis an (vgl. Abb. 5). Die Unterschiede zur Kontrolle (0 kg N) sind signifikant mit *p <0.05, **p <0.01 , ***p <0.001 ; die oben angegebenen p-Werte beziehen sich auf den generellen linearen Trend.
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chelten Linien geben den Bereich für ein ausgewogenes Verhältnis für Fichten nach HüTTL (1990) an. Die U nterschiede zur Kontrolle (0 kg N) sind signifikant mit *p <0.05, **p <0.01 , ***p <0.001 ; die oben angegebenen p-Werte beziehen sich auf den generellen linearen Trend, n = 9.
Die von RI H M (1994) für die einzelnen Beobach
tungsflächen gerechneten N-Depositionen sind deut
lich mit dem N-Gehalt in den Nadeln der Fichten kor
reliert (Abb. 10). Bei der Buche kann keine ver
gleichbare Korrelation gefunden werden, dagegen steht die Abnahme des Phosphors in einer Beziehung mit der Stickstoffdüngung aus der Luft (Abb. 11).
Wie lässt sich das unterschiedliche Verhalten von Buche und Fichte erklären? Folgende Hypothesen las
sen sich aufstellen:
1 . Die Fichtenflächen verteilen sich über ein weites Gebiet (Alpenraum) mit unterschiedlichen Stick
stofffrachten, hingegen befinden sich die Buchen
flächen hauptsächlich in Gebieten mit erhöhter Stickstoffdeposition.
2. Fichtennadeln (es wurden ljährige Nadeln analy
siert) sind der Deposition wesentlich länger ausge
setzt als das Buchenlaub.
3. Fichtenkronen bilden gegenüber der atmogenen Deposition einen grösseren Filter als die Buchen
krone (grösserer Blattflächenindex, ganzjährige Exposition).
4. Die Fichten akkumulieren mehr Stickstoff in den Blattorganen, wie dies bei den Blatt- und Nadel
spiegelwerten aus dem N-Versuch zum Ausdruck kommt (Abb. 12).
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FORUM für Wissen 1997
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Abb. 1 0. Beziehung zwischen der modellierten N-Deposition ( RIHM 1994) und dem N-Gehalt im Buchenlaub (links) und in den Fichtennadeln (rechts). Leere Symbole: Ernte 1 992, gefüllte Symbole: Ernte 1995. Jeder Punkt stellt ein Standortsmittel (8 Bäume) dar. Die Beziehung bei der Fichte ist in beiden Jahren signifikant mit p <0.001 (r2 1992: 0.488, r2 1995: 0.656). Bei der Buche besteht keine Beziehung.
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N-Deposition (kg ha-1 a-1) N-Depo�ition (kg ha-1 a 1)
p <0.05, multivariat p <0.001
Abb. 1 1. Mittlere Veränderung des P-Gehaltes im Buchenlaub zwischen 1 984 und 1 995 (links) bzw. in den Fichtennadeln zwi
schen 1987/89 und 1995 (rechts). Die Punkte stellen Standortsmittel dar; ausgefüllte Punkte zeigen eine signifikante Verände
rung an. Die Beziehung zur N-Deposition ist bei der Buche signifikant mit p <0.01 (r2 = 0.17) (multivariat p <0.001 , ca. 10% der Varianz durch N-Deposition erklärt bei einem r2 von 0.93). Bei der Fichte wird ein signifikanter Einfluss der N-Deposition verdeckt durch Interaktionen mit Meereshöhe und Baumalter {lnteraktionsterme signifikant mit p <0.01 , ca. 44% der Varianz durch Interaktionen mit der N-Deposition erklärt bei einem r2 von 0.81).
FORUM für Wissen 1997
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Abb. 12. Stickstoffgehalte von Buchenlaub (links) und diesjährigen Fichtennadeln (rechts) in einem N-Ver
such im sechsten Versuchs
jahr. Signatur wie Abb. 8/9.
Man beachte die wesentlich stärkere N-Anreicherung bei der Fichte. Die gestri
chelten Linien geben den Bereich einer ausreichen
den Versorgung nach ICP
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N-Düngung (kg N ha-1 a-1) N•Düngung (kg N ha-1 a-1)
Tab. 1. Veränderung der Nährstoffversorgung in Bu•
chen- und Fichtenbeobach
tungsflächen. Wertung ge
mäss Klassifikation nach ICP Forests (1996) für 60- lOOjährige Bäume. Mittlere Versorgungsbereiche für Buchen: 18-25 mg N/g T.S., 1.0-1.7 mg
PfgT.S., für Fichten: 12-17 mg N/g T.S., 1-2 mg P/g T.S.)
Buchenflächen (n = 44)
Fichtenflächen (n = 15)
Jahr 1984 1987 1991 1995 1984 1987 1991 1995
Auch wenn die im Wald beobachteten Nährstoffver
änderungen als eher schleichend zu bezeichnen sind, so hat sich dennoch eine bemerkenswerte Entwick
lung abgespielt. In Tabelle 1 ist für jede Ernte die An
zahl der als überdurchschnittlich, mittel bzw. unter
durchschnittlich versorgten Flächen angegeben (Klas
sifikation nach ICP Forests, 1996). Nach diesen Daten hat bei der Buche der Anteil der überdurchschnittlich mit N versorgten Flächen drastisch zugenommen. Die P-Versorgung hat sich bei beiden Baumarten ver
schlechtert.
Betrachtet man die N- und P-Versorgung bei der Fichte nach Regionen, so fällt auf, dass der N-Gehalt in den Nadeln über 1400 m deutlich geringer ist. Aber auch die P-Gehalte sind in höheren Lagen geringer.
Die N/P-Verhältnisse sind, abgesehen von etwas er
höhten Werten in den Juraflächen, in allen Regionen ähnlich und liegen deutlich über den in der Literatur angegebenen Normwerten (STREBEL 1961, FIEDLER
et al.1973, HOTTL 1990) (Abb. 13). Es ist deshalb fraglich, ob die geringeren N-Werte in den Alpen als mangelhaft einzustufen sind. Vielmehr dürfte aufgrund verschiedener Untersuchungen eher Phosphor limitie
render Faktor sein (FLOCKIGER und BRAUN 1995,
BRAUNund FLOCKIGER 1996).
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei Buchen und Fichten in den Walddauerbeobach
tungsflächen in den letzten 10 Jahren Veränderungen in der N- und P-Versorgung stattgefunden haben, die
Stickstoff Phosphor
«unter- «normal- «über- «unter- «normal- «über- versorgt» versorgt» versorgt» versorgt» versorgt» versorgt»
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1 14 0 7 8 0
0
132
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0 15 0 12 3 0
zu einem zunehmenden Nährstoffungleichgewicht führen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei der Bu
che sowohl N als auch P signifikant (p <0.01) mit dem Alter abnehmen. Beim Phosphor beträgt die Alters
abhängigkeit im Mittel 0.0035 mg P g-1 a-1, was nur knapp einem Viertel der im Untersuchungszeitraum beobachteten mittleren Abnahme von 0.015 mg P g-1 a-1 entspricht. Bei der Fichte sind im untersuch
ten Kollektiv keine Altersabhängigkeiten der Nähr
stoffversorgung zu erkennen.
Ein erheblicher Teil der Buchenflächen im Jura, Mittelland und in den Voralpen ist bereits reichlich mit N und schwach mit P versorgt. Letzteres gilt auch für die Fichtenflächen in diesen Regionen und im Al
penraum. Im Gegensatz zur Buche kann bei der Fichte aufgrund des direkten Vergleichs mit den Klas
sifikationswerten nach ICP Forests (1996) keine N
Überversorgung festgestellt werden. Allerdings deuten die teilweise hohen Arginingehalte und die hohen N/P-Verhältnisse auf eine reichliche N-Versorgung hin. Die N-Versorgung bei der Fichte bzw. P-Versor
gung bei der Buche weisen eine hohe positive bzw.
negative Korrelation mit der modellierten Stickstoff
deposition auf. Sowohl bodenbezogene verminderte P-Verfügbarkeit als auch ein wachstumsbedingter Ver
dünnungseffekt, die beide im N-Versuch nachgewie
sen werden konnten (FLOCKIGER und
BRAUN1994)
müssen als Ursache für die abnehmende P-Versorgung
der Waldbäume in Betracht gezogen werden.
66
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FORUM für Wissen 1997
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Abb. 13_ Stickstoff- und Phosphorgehalt von Fichtennadeln aus verschiedenen Regionen und Höhenlagen der Schweiz. Als gestrichelte Linien eingezeichnet sind im Falle von Stickstoff und Phosphor die mittleren ausreichenden Versorgungsbereiche nach ICP Forests (1996) für 60-lO0jährige Fichten (N: 12-17 mg/g, P: 1-2 mg/g). Beim N/P ist der Bereich für eine ausgeglichene Ernährung nach HüTTL (1990) angegeben. Während sich die Regionen beim N- und beim P-Gehalt hochsignifikant unter
scheiden (ANOV A p <0.001 ), heben sich im Falle des N/P-Verhältnisses lediglich die Jura werte von den übrigen ab (ANOV A p <0.05).
2.2 Bodenversauerung
Stickstoffeinträge können auch zur Bodenversauerung beitragen. Bei der Aufnahme von NH4+ durch die Pflanze wird ein H+ freigesetzt. Bei der Nitrifikation von NH4+ werden jeweils 2 H+ frei. Wird eingetrage
nes oder durch Nitrifikation entstandenes NO3- ausge
waschen, so wird es in der Regel von Ca2 + und Mg2+
begleitet, was ebenfalls zu Bodenversauerung beiträgt (GUN DERSEN und RASM USSEN 1 990). Verschie
dene Untersuchungen in Schweden (FALKEN GREN
GRERUP 1987, TAMM und HALLBÄCKEN 1988) und Norwegen (DA HL 1988), die in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Versauerung von Waldböden durchgeführt wurden, zeigen, dass über die vergan
genen Dekaden teils eine erhebliche Versauerung im Unterboden stattgefunden haL Als wahrscheinliche Ursache sehen die Autoren vornehmlich den Eintrag von Säure und Stickstoff.
Die Frage, wie es wohl in Schweizer Wäldern aus
sieht, drängt sich deshalb aufgrund der hohen N-Ein
träge auf. In vergleichenden Analysen in den Jahren 1969 und 1 988 in einem Mischwald bei Möhlin-Wall
bach (unteres Fricktal) stellten FITZE et al. (1991) in dieser für Bodenprozesse kurzen Zeitspanne eine nachweisbare Verschiebung zahlreicher Böden in sau
rere Pufferbereiche fest. Zysset (in diesem Tagungs
band) berichtet über eine bemerkenswerte Abnahme der Verhältnisse von basischen Kationen zu Alumi
nium in der Bodenlösung in 60 cm Tiefe in einem Tessiner Wald in Copera, zwischen 1987 und 1 995.
Diese rasche Versauerung des Unterbodens lässt sich nach BLASER (1996) mit natürlichen Prozessen allein nicht erklären, ein Beitrag von sauren Depositionen wird deshalb vermutet.
Zunehmendes Auftreten von verfügbarem Man
gan in Böden und entsprechend zunehmende Gehalte in Pflanzenteilen weisen auf einen Bodenversaue-
rungsprozess hin (U LR I C H 1987). In den Waldbe
obachtungsflächen zeigen die Buchen, jedoch nicht die Fichten, seit 1984 eine leichte, aber signifikante Zunahme der Mangangehalte im Laub (Abb. 14). Aus dem N-Topfversuch geht hervor, dass durch die NH4NO3-Applikation nach vier Jahren eine deutliche Versaucrung im Boden bei erhöhten N-Gaben verur
sacht wurde mit der Folge entsprechend erhöhter Mn
Gehalte im Laub (Abb. 15). Warum die Fichte keinen vergleichbaren Anstieg von Mangan in den Nadeln aufweist, könnte damit erklärt werden, dass die Fichte
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1984/85 1 987 1 991 1 995
Jahr
Abb. 14. Mangangehalt (mg/g T.S.) im Laub von 419 Buchen aus 51 Beobachtungsflächen von 1 984/85, 1 987, 1 991 und 1 995. Man beachte die signifikante Zunahme von Ernte zu Ernte, die auf Bodenversauerung hinweist (*p <0.05, **p
<0.01, ***p <0.001 ). Die gestrichelten Linien geben den Bereich für eine ausreichende Ernährung nach BERGMANN (1993) an.
FORUM für Wissen 1997
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N-Düngung (kg N ha·1 a·1) N-Düngung (kg N ha·1 a·1)
Abb. 15. pH(CaC12) in der Topferde und Mangangehalt im Laub vertopfter Buchen in Abhängigkeit von der N-Applikation im fünften bzw. sechsten Versuchsjahr. Man beachte den abnehmenden pH-Wert im Boden und den zunehmenden Mn-Ge
halt im Laub. Die Balken beim pH-Wert stellen den 95%-Vertrauensbereich dar. Beim Mangangehalt im Laub sind signifi
kante Unterschiede zur Kontrolle mit
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p <0.001 angegeben (r2 = 0.58; linerarer Trend signifikant mit p <0.001, logtransformierte Berechnung). Gestrichelte Linien sind in Abb. 14 erklärt.
im Gegensatz zur Buche ein Flachwurzler ist und da
mit nicht in gleichem Masse mit dem mineralischen Unterboden in Kontakt kommt.
Aufgrund der steigenden Mn-Gehalte in den letz
ten 10 Jahren im Laub der Buchen in den Beobach
tungsflächen ist es wahrscheinlich, dass in dieser kur
zen Zeit eine schleichende Versauerung stattgefunden hat. Buchen, die auf Böden im Silikatpufferbereich ( 4.2-6.2) stocken, zeigen zudem die grösste Mangan
zunahme. Diese Böden zeigen die raschesten pH-Ver
änderungen.
2.3 Verändertes Wachstum
In den letzten 40 Jahren hat das Waldwachstum in weiten Teilen Europas zugenommen (SPIECKER et a/.
1996). Nach Studien von KÖHL
et al.(1996) hat auch in der Schweiz in den letzten 10 bis 20 Jahren eine deutliche Zunahme des Dickenwachstums bei Fichte, Tanne und Buche stattgefunden, ausser bei der Fichte in höheren Lagen im Jura und in den Alpen, wo das Dickenwachstum gleich wie in früheren Jahren geblieben ist. Die Weisstanne und Buche zeigen ein deutlich besseres Wachstum unterhalb 1000 m, bei der Buche im Mittel um 60%. Als mögliche Ursache hie
für werden das Klima und die Witterung genannt, die aber nach den Autoren höchstens 30% ausmachen sollen. Für die restlichen 70% werden andere mögliche Einflüsse genannt wie ein erhöhter C02-
Gehalt, Anreicherung von Nährstoffen infolge abneh
mender Nutzung und Stoffeinträge wie Stickstoff (WSL 1996).
Untersuchungen in den Beobachtungsflächen zei
gen, dass bei der Fichte mit zunehmendem N-Gehalt in den Nadeln sowohl das Triebwachstum als auch der Stammzuwachs signifikant erhöht sind (Abb. 16), wobei die Beziehung zwischen N-Gehalt und Stamm
zuwachs bei Bäumen unterhalb 1000 m signifikant stärker ist.
Nach KREUTZER (1993) spricht für einen domi
nierenden Einfluss der Stickstoffdeposition auf das veränderte Wachstum, dass die N-Gehalte in den Na
deln in den letzten Dekaden zugenommen haben, dass auf extrem stickstoffarmen Standorten der Zu
wachs am frühesten und am ausgeprägtesten zuge
nommen hat, und dass, wie aus N-Düngeversuchen bekannt, die Wachstumszunahme zuerst im oberen Stammdrittel stattfindet. Anhand der hier dargestellten Zusammenhänge ist es wahrscheinlich, dass Stickstoff
depositionen am Wachstumsgeschehen der Wald
bäume beteiligt sind. Allerdings lässt sich diese Bezie
hung bei der Buche nicht direkt aufzeigen, da hochsi
gnifikante Interaktionen der Stickstoffdeposition mit
Meereshöhe, Humusform sowie Baumalter bestehen.
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N-Gehalt i n Nadeln (mg N/g T.S.)
Abb. 16. Beziehung zwischen dem Stammzuwachs bei Fichte und dem N-Gehalt in den Nadeln (Mittelwert von zwei Ernten) in den Perioden 1989-1992 und 1992-1995. Die offenen Symbole bezeichnen Bäume bis 1000 m, die geschlossenen diejenigen über 1000 m Meereshöhe. Man beachte, dass die Beziehung in der ersten Periode nur bei Bäumen unter 1000 m ü.M. besteht (steilere Regressionsgerade). Im multivariaten Modell wird durch N (inkl. Interaktionen) 1989-1992 ca. 24% von insgesamt 79%, 1992-1 995 ca. 6% der Varianz von insgesamt 61 % erklärt.
3 Potentielle Risiken
3.1 Zunehmende Nährstoffungleichgewichte
Wie aus den N-Topfversuchen, aber auch aus N-Ver
suchen mit Aufforstungen hervorgeht, wird durch er
höhte N-Einträge ein Nährstoffungleichgewicht indu
ziert (Abb. 8, 9). Je nach Nährstoffverfügbarkeit im Boden kann ein relativer Mangel an anderen Nähr
elementen entstehen. Auch wenn durch hohe N-Dün
gung bei den Versuchsbäumen auch nach mehreren Jahren kein akuter Mangel an anderen Nährstoffen verursacht werden konnte, so darf dennoch nicht übersehen werden, dass bereits durch geringe Nähr
stoffungleichgewichte die Resistenz gegenüber bioti
schen und abiotischen Stressfaktoren beeinträchtigt werden kann (DENNO und MCCLU RE 1983, HUBER 1980, VAN DEN DRIESSCHE 1984).
3.2 Verändertes Spross/Wurzelverhältnis und erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Trocknis
Durch Stickstoff wird vornehmlich das Sprosswachs
tum gefördert. Dadurch entsteht ein zunehmendes Ungleichgewicht zwischen Spross- und Wurzelmasse (Abb. 17). Eine relativ kleine Wurzelmasse muss da
mit eine im Verhältnis grössere Sprossmasse mit Was
ser und Nährstoffen versorgen. Sowohl Buchen wie Fichten zeigten mit steigender Stickstoffdüngung einen zunehmenden Wasserbedarf (Abb. 18). Dies kann bei der Buche teils auf eine grössere Laubmasse zurückge
führt werden (Abb. 1 9). Mit steigenden Stickstoffga-
ben entwickelten N-gedüngte Bäume während einer Trockenperiode denn auch entsprechend signifikant erhöhte Dürreschädigungen (Abb. 20).
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400 Abb. 17. Verhältnis zwischen Spross- (nur Holzteile) und Wurzeltrockengewicht von mit steigenden N-Gaben behan
delten jungen Buchen nach vier Jahren. Bereits ab 25 kg N ha·1 a·1 wurde das Spross/Wurzelverhältnis signifikant zugunsten der Sprossorgane verschoben (*p <0.05, **p <0.01 ,
"'**p <0.001). Die Regression zwischen Spross/Wurzelver
hältnis und N-Gabe ist hochsignifikant (p <0.001) (n = 9).
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Abb. 18. Bodenwassergehalt in Töpfen bei Buchen und Fichten in Abhängigkeit der Stickstoffgaben, ein Tag nach Bewässe
rung. Man beachte den abnehmenden Wassergehalt mit zunehmender N-Applikation. Die lineare Beziehung ist bei beiden Baumarten hochsignifikant mit p <0.001, der Unterschied zur Kontrolle mit *p <0.05, **p <0.01, ***p <0.001 (n = 9).
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N-Düngung (kg N ha-1 a-1)
Abb. 19. Blattfläche pro Baum (m2) in Abhängigkeit der N
Applikation im sechsten Versuchsjahr. Man beachte die zu
nehmende Blattfläche mit steigenden N-Gaben. Der Unter
schied zur Kontrolle ist signifikant mit **p <0.01, ***p <0.001 (n = 9).
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N-Düngung (kg N ha-1 a-1) Anteil nekrotische Blätter
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CJ
0-20 % 1111111 20-50 % - >5 %Abb. 20. Trockenschädigung bei der Buche im Spätsommer 1 994. Mit zunehmender N-Düngung nimmt der Anteil nekrotischer Blätter zu, signifikant bei 400 kg N ha-1 a-1 (**p <0.01). Der generelle lineare Trend ist signifikant mit
**p <0.01.
70
3.3 Erhöhte Anfälligkeit gegenüber
krankheitserregenden Pilzen und Insekten Eine Reihe von Labor- und Felduntersuchungen las
sen darauf schliessen, dass Pflanzen bei erhöhter Stickstoffversorgung anfälliger gegenüber Pilzinfektio
nen sind (ROELOFS et al. 1985, DE KAM et al. 1991, FLOCKIGER und BRAUN 1994). Die Ursache hiefür wird in der geringeren Bildung von pilzhemmenden Stoffen wie Phenolen bei erhöhter Stickstoffversor
gung gesehen (BALSBERG PAHLSSON 1992). Fichten, die in einer Aufforstung erhöhte Stickstoffgaben er
hielten, zeigten deutlich mehr Triebschädigungen in
folge Befall mit Botrytis cinerea und Sclerophoma pi
th yophila (Abb. 21). Pflanzen, die im Gewebe erhöhte
Gehalte löslicher N-Verbindungen wie Aminosäuren
-z.B. durch N-Düngung induziert
-aufweisen, wer
den infolge der besseren Nahrungsqualität bevorzugt von saugenden Insekten wie Blattläusen befallen (BOLSINGER und FLOCKIGER 1989), während blatt
fressende Insekten stickstoffreiche Wirtspflanzen eher meiden (MA TTSON 1980). Buchen, die mit steigenden N-Gaben gedüngt worden waren, zeigten einen deut
lich stärkeren Befall mit Phyllaphis fagi als die Kon
trollen (Abb. 22), wobei ein Zusammenhang sowohl zwischen den N-Blattgehalten und der Populations
dichte als auch zwischen der Wachstumsrate und der N-Behandlung gefunden werden kann.
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N-Düngung (kg N ha-1 a-1) Anzahl befallene Triebe
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4-6 - 7-10 - >10 A bb. 21. Befall von jungen Fichten mit Botrytis cinerea und Sclerophoma pityophila in einem Freiland-Stickstoffversuch nach vier Jahren N-Applikation. Man beachte den zunehmenden Befallsgrad mit zunehmender N-Gabe. Bei 80 und 160 kg N ha·1 a·1 ist der Befall signifikant stärker als bei der Kontrolle (***p <0.001) (n = 12).
FORUM für Wissen 1997
3.4 Bodenversauerung
Der Bodenversauerung muss im Zusammenhang mit der Stabilität von Waldbeständen eine spezielle Beach
tung geschenkt werden. Im N-Versuch verursachten 100 kg N ha-
1a·
1bereits im fünften Jahr eine signifi
kante Versauerung bei gleichzeitiger Abnahme der Basensättigung bzw. Zunahme von verfügbarem Aluminium und Mangan (FLOCKIGER und BRAUN 1994). Ein kritischer Bereich wird nach SVE R D R U P und WARFVINGE (1993) bei einem Verhältnis basi
scher Kationen zu Aluminium in der Bodenlösung von eins erreicht. Bei diesem Wert steigt das Risiko von deutlichen Wachstumshemmungen. Untersu
chungen von PUHE (1994) zeigen, dass die Durch
wurzelung von Fichten auf sauren basenarmen Stand
orten wesentlich geringer ist als diejenige auf basenrei
chen Standorten. Eine Rückbildung des Wurzelsy
stems auf die oberflächennahen basenreichen Humus
schichten setzt ein, mineralische Bodenpartien werden gemieden, die Tiefenwurzeln werden abgebaut. Damit werden die Bäume anfälliger gegenüber Windwurf und Witterungsextremen.
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ßefallsstufen sehr stark Abb. 22. Befall von verlopflen Buchen mit der Buchenblatt
baumlaus (Phyllaphis fagi) in Beziehung zum N-Gehall im Laub. Man beachte den zunehmenden N-Gehalt mit zuneh
mendem Befallsgrad. Der Unterschied zur Befallsstufe
«schwach» ist signifikant mit *p <0.05, die Regression ist si
gnifikant mit **p <0.01. Die gestrichelten Linien geben den Bereich für eine mittlere ausreichende Versorgung nach ICP Forests (1996) an (n = 9).
FORUM für Wissen 1997 4 Folgerungen
Aus den vorliegenden Untersuchungsergebnissen lässt sich folgern, dass die Stickstoffdepositionen in den letzten vierzig Jahren in tieferen Lagen ein hohes Ausmass erreicht haben. Vergleichende Experimente lassen es zusammen mit epidemiologischen Auswer
tungen von Freilanddaten und ausländischen Befun
den als wahrscheinlich erscheinen, dass die Stickstoff
depositionen massgeblich an den festgestellten Ver
änderungen bei Buche und Fichte in den Waldbeob
achtungsflächen beteiligt sind. Als Beispiel sei die po
sitive Korrelation zwischen der N-Deposition und dem N-Gehalt in Fichtennadeln sowie die negative Beziehung zur P-Veränderung in Buchenblättern, wie sie auch aus dem N-Düngeversuch hervorgehen, ge
nannt. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass der Stammzuwachs bei Fichten eng korreliert ist mit dem N-Gehalt in den Nadeln, und dies vor allem in Hö
henlagen bis 1000 m ü.M. Die in den letzten 11 Jahren zu beobachtende zunehmende N-Versorgung der Bu
che und abnehmende P-Versorgung bei Buchen und Fichten haben zu einem zunehmenden Nährstoffun
gleichgewicht bei den Bäumen geführt. Die Anzahl Buchenbeobachtungsflächen mit einer übermässigen Stickstoffversorgung ist im Beobachtungszeitraum von 2 Flächen im Jahre 1984 auf 27 Flächen im Jahre 1995 (Total 44 Flächen) angestiegen. Die Anzahl Flächen mit einer Phosphorunterversorgung nahm bei den Bu
chen von 5 auf 14 und bei den Fichten von 5 auf 12 (von total 15 untersuchten Flächen) zu. Die steigenden Manganwerte im Buchenlaub von 1984 bis 1995 wei
sen auf eine schleichende Bodenversauerung hin, wo
bei hohe N-Einträge in der Schweiz einen wesentli
chen Anteil an der Säuredeposition haben. Auch wenn zur Zeit ein gesteigertes Wachstum bei Wald
bäumen zu beobachten ist, was im allgemeinen als Vi
talitätssteigerung interpretiert wird, bedeuten die ho
hen N-Einträge für unsere Waldökosysteme längerfri
stig ein schwer abzuschätzendes Risiko. Erhöhte An
fälligkeit gegenüber pilzlichen Krankheitserregern und saugenden Schädlingen sowie verminderte Resistenz gegenüber Witterungsextremen können die Folge sein, wie Ergebnisse aus den Stickstoffversuchen zeigen.
Eine zunehmende Unterbodenversauerung führt zu
dem zu einer Rückbildung des Tiefenwurzelwerks und damit zu einem Stabilitätsverlust. Die im Titel ge
stellte Frage, wieviel Stickstoff unsere Wälder ertragen, kann dahingehend beantwortet werden, dass die heu
tigen Einträge zumindest im Jura, Mittelland und Voralpenraum eindeutig zu hoch sind. Aus der Sicht einer weitsichtigen Umweltvorsorge sollten deshalb die von der UN/ECE festgelegten kritischen Stick
stoffeintragswerte für Waldökosysteme eingehalten werden. Nur so wird es dem Wald möglich sein, seine vielfältigen Funktionen langfristig zu erfüllen.
71 5 Literaturverzeichnis
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