Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
KONGRESS-NACHRICHTEN
spielsweise bleiben nach drei Bronchoskopien nur noch knapp 20 Prozent offene Diagnosen übrig.
Bronchoskopiert wird heute auch jeder betagte Patient, bei dem das Verfahren indiziert ist. Alte Leute werden nur nicht wiederholt mit dieser aggressiven Diagnostik be- lästigt.
(Gemeinsame Tagung der österreichischen und Süddeutschen Gesellschaften für Lun- genheilkunde und Tuberkulose, Mai 1976, Innsbruck)
Immunsituation beim Krebs
Der Kliniker tastet sich vorerst nur langsam durch die verschlungenen Gänge der Krebsimmunologie. Die Lampen, die von Theoretikern hier und dort schon installiert sind, be- leuchten nur Teilstrecken, zwi- schen denen die Klinik noch oft im Dunkeln tappt. Das mag einer der Hauptgründe dafür sein, daß nur gelegentlich einmal über entspre- chende klinische Arbeiten berich- tet wird. Und auch dann sind es vorerst nur Zwischenbilanzen, wie beispielsweise die beiden folgen- den aus der Marburger Medizini- schen Universitätsklinik (Dr. C.
Gropp et al.; Dr. C. D. Sodomann et al.): Bei Patienten mit Bronchial-
karzinom findet man deutlich ver- minderte Immunreaktionen; durch Behandlung mit BCG beziehungs- weise Levamisol kann man die Re- aktionen des Immunsystems stimu- lieren. Über den therapeutischen Effekt kann man hier vorerst eben- so wenig sagen wie bei den Be- handlungsversuchen des malignen Lymphoms mit Transferfaktor.
Wenn immuntherapeutisch behan- delt wird, dann nur nach Operation beziehungsweise Bestrahlung und angemessener, gründlicher Che- motherapie. Es liegt auf der Hand, daß Ergebnisse noch einige Zeit auf sich warten !assen. — Ein all- fälliges Immundefizit im höheren Alter kann in erster Linie durch BCG, kaum dagegen durch Leva- misol normalisiert werden.
(Jahrestreffen der europäischen Akademie für Allergologie und klinische Immunolo- gie, Juni 1976, Aachen)
Transthorakale Feinnadelbiopsie
Dieses „gehobene" zytodiagnosti- sche Verfahren setzt sich überall langsam durch, auch in der Pulmo- logie. Die transthorakale Feinna- delpunktion ist eine rationelle Me- thode am Krankenbett. Sie gestat- tet schnellste diagnostische Ent- scheidungen. Die Kosten sind ge- ring, der Informationswert ist sehr groß. Diesem Lobgesang auf diese Punktionsmethode, die ausschließ- lich der Zytodiagnostik dient (Doz.
Dr. F. Morawetz, Wilhelminenspital Wien) steht eigentlich nur eine Komplikationsmöglichkeit entge- gen: ein kleiner, bald wieder resor- bierter Pneumothorax. Patienten mit Blutgerinnungsstörungen punk- tiert man sowieso nicht. Blutungs- zwischenfälle und damit ein Hämo- thorax kommen deshalb praktisch gar nicht vor.
(Gemeinsame Tagung der österreichischen und Süddeutschen Gesellschaften für Lun- genheilkunde und Tuberkulose, Mai 1976, Innsbruck)
Impfschutz
gegen Virusgrippe
Daß der Impfschutz gegen Virus- grippe noch lange nicht so beach- tet wird, wie er es verdient, hat of- fenbar zwei Gründe:
• Nachfolgende Erkältungen be- ziehungsweise „grippale Infekte"
sind mit dem Schutz gar nicht ge- meint und werden auch nicht ver- hütet. Die Leute leiden trotz Impfen daran und denken, der Impfschutz sei Mumpitz.
O Der ständige Wandel der Anti- geneigenschaften, speziell bei In- fluenza-A-Viren, macht immer neue Impfstoffvarianten erforderlich.
Die Dinge liegen also wesentlich komplizierter, als etwa bei Polio.
Dennoch ist der Wert der Influen- za-Schutzimpfung unbestritten (W.
Lange, Robert-Koch-Institut des Bundesgesundheitsamtes, Berlin).
Bei der heutigen weltweiten Über- wachung der Influenza kann stets
rechtzeitig mit wirksamen Impf- stoff gerechnet werden.
(Wissenschaftliches Symposium des Bun- desgesundheitsamtes über „Bewertung von Risiken für die Gesundheit", Mai 1976, Ber- lin)
Nervenleim — reißfest
Die Naht von Nervenfasern ist zeit- raubend und problematisch, spe- ziell in der Wiederherstellungschir- urgie bei Replantation von Glied- maßenteilen. Verkleben mit Fibrin ist besser und geht schneller. Auf- grund der physiologischen fibrioly- tischen Aktivitäten weicht der Ner- venleim bloß bald wieder auf, und
die Reißfestigkeit der Nervenver- einigung nimmt im Laufe weniger Tage rapide ab (Dr. W. Duspiva, Neurochirurgische Abteilung der Chirurgischen Universitätsklinik an der Technischen Hochschule München). Mit systematischer in- travenöser AMCA-Therapie wird diese Fibrinolyse gehemmt, so daß die geklebten Nervenendigungen zusammenwachsen können.
(Symposium über Proteinaseinhibition in der Chirurgie und Anästhesiologie, Mai 1976, München)
Hypertonie
nach Poliomyelitis
Nach schwerer Poliomyelitis resul- tieren nicht nur Dauerlähmungen, sondern vor allem auch Herz- und Kreislaufveränderungen. Ursachen:
Befall der vegetativen Zentren in Zwischenhirn und Kreislaufbeein- trächtigung durch die Lähmung.
Generell gilt: Je schwerer die Fol- gelähmung, desto ausgedehnter und schwerer war die akute Infek- tionsphase. — Bei eintausend Nachuntersuchten fanden sich demgemäß auch (Dr. 0. Raestrup, Alte Leipziger Versicherungs-Ge- sellschaft, Oberursel): Erhebliche Häufung von arteriellen Hypertoni- en bei schwerer Folgelähmung und häufige EKG-Veränderungen. Bei- des fehlt bei mittleren und leichten Folgelähmungen. WP
(12. Internationaler Kongreß für Lebensver- sicherungs-Medizin, Juni 1976, München)
2306 Heft 37 vom 9. September 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT