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Archiv "Stand der Chirurgie des infrarenalen Aortenaneurysmas: Prävalenz und Versorgungssituation" (24.10.1997)

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(1)

D

as abdominelle Aortenaneu- rysma (AAA) zeigt einen Häufigkeitsgipfel in der sechsten und siebten Le- bensdekade. Männer sind vier bis sechsmal häufiger betroffen als Frauen. Die Prävalenz erreicht fünf Prozent im höheren Lebensalter.

Überträgt man Daten von Scree- ninguntersuchungen aus Skandina- vien und England auf Deutschland, so errechnen sich daraus zirka 220 000 Aneurysmaträger (7).

Zirka 85 000 Patienten weisen ein infrarenales Aortenaneurysma mit einem Durchmesser von über 5 cm auf. Anteilig finden sich 45 000 Patienten mit einem maximalen Querdurchmesser des Aneurysmas von über 6 cm. Diese Patienten sind unmittelbar durch eine Aneurysma- ruptur gefährdet und aus diesem Grund dringlich einer Behandlung zuzuführen. Einer Erhebung der Kommission für Qualitätssicherung der Deutschen Gesellschaft für Ge- fäßchirurgie (DGG) aus dem Jahre 1992 zufolge stehen den 80 000 ver- sorgungspflichtigen Trägern von ab- dominalen Aortenaneurysmen nur 5 000 operierte Patienten pro Jahr gegenüber.

Die infolge fehlender Screening- untersuchung nicht erkannten und unbehandelten infrarenalen Aorten- aneurysmen expandieren in einem Großteil der Fälle bis zur Ruptur, die nur noch in einem Prozentsatz von 10 bis 20 Prozent erfolgreich operativ therapiert werden kann. Infolgedes- sen klafft eine Versorgungslücke, die nur durch Kapazitätserweiterung oder Strukturänderung geschlossen werden kann.

Eine Steigerung der Operations- frequenz in etablierten Zentren ist nach dem Erreichen einer Plateau- phase in den letzten Jahren aufgrund budgetärer Restriktionen nicht ge- lungen (Grafik 1). Infolgedessen wer- den die vorhandenen Kapazitäten

vornehmlich zur Therapie dringlicher rupturgefährdeter Aneurysmen ge- nutzt, während Patienten mit einem geringeren Rupturrisiko momentan nicht versorgt werden können.

Indikation

Obwohl die Indikation zur Ope- ration in der gegebenen Engpaßsitua- tion wesentlich von der Rupturgefahr abhängt, kann die Rupturgefährdung

momentan nur als statistisches Risiko angegeben werden. Das Rupturrisiko eines spindelförmigen AAA mit ei- nem Durchmesser von unter 5 cm – un- ter Vernachlässigung der Expansions- rate – liegt bei etwa drei Prozent pro

Jahr und steigt bei Durchmessern zwi- schen 5 und 6 cm auf zehn Prozent pro Jahr an. Bei einer Letalität von zirka 90 Prozent im Stadium der Ruptur übersteigt hier die rupturbedingte Mortalität im Spontanverlauf bei wei- tem das Operationsrisiko, das heute bei ASA-Klassifikation II bis III Pati- enten unter fünf Prozent liegen sollte (5) (Tabelle 1). Infolgedessen ist bei Patienten mit größeren Aneurysmen die Operation indiziert, solange sich in einer Abklärung der kardialen, pulmo-

nalen und renalen Funktion kein pro- hibitiv erhöhtes Operationsrisiko er- gibt. Bei kleineren Aneurysmen kann die Versorgung indiziert werden, wenn das Operationsrisiko minimiert und ei- ne erhöhte Rupturgefahr anzunehmen ist. Eine entsprechende Konstellation kann bei einem AAA mit einer sack- förmigen Morphologie oder einer nachgewiesenen Synthesestörung für

Stand der Chirurgie des infrarenalen

Aortenaneurysmas

Jens-R. Allenberg Friedrich Kallinowski Hardy Schumacher

Prävalenz und Versorgungssituation

Sektion Gefäßchirurgie (Leiter: Prof. Dr. J.-R.

Allenberg), Chirurgische Universitätsklinik, Heidelberg

80 70 60 50 40 30 20 10 0

61 63 65 67 69 71 73 75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 Patienten

Jahre Grafik 1

Heidelberger Patientenkollektiv AAA-Chirurgie; Operationsfrequenz für infrarenale Aortenaneurysmen an der Sektion Gefäßchirurgie der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg in den Jahren 1961 bis 1996

(2)

Aortenwandproteine vorliegen. Nur für wenige angeborene Aneurysmen ist der zugrundeliegende Defekt durch molekulargenetische Untersu- chungen geklärt (3). Der Gendefekt ist bekannt für das Marfan-Syndrom (Fibrillin-Gen) und das Ehlers-Dan- los-Syndrom Typ IV (Kollagen Typ III). Beide Gene kodieren für Struk- turproteine der Aortenwand, so daß Mutationen zu einer Synthesestörung der Eiweiße und nachfolgend zu einer strukturellen Schwäche der Aorten- wand führen. Bei anderen Aneurys- maträgern ist zum Beispiel aufgrund des Vorliegens von Aneurysmen an- derer Lokalisationen oder bei einer familiären Häufung das Rupturrisiko erhöht, ohne quantifizierbar zu sein.

Diese Konstellation betrifft bis zu ei- nem Viertel der meist jüngeren und gut operablen Aneurysmaträger mit kleinen AAA-Durchmessern, bei de- nen eine Ruptur trotz sorgfältiger Überwachung und konservativer Ein-

stellung der Risikofaktoren überra- schend auftritt. Da das individuelle Rupturrisiko nicht zu bestimmen ist, kann das Versterben dieser Patienten nach der Ruptur eines bekannten klei- nen Aneurysmas nur durch eine libe- ralere Indikationsstellung verhindert werden. Dieses Vorgehen wird aber durch die geschilderten Engpässe un- möglich gemacht, so daß in Analogie

zu dem onkologischen Fachgebiet vor der Therapie erst die Progression von einem T1- zu einem T2- oder T3-Tu- mor abgewartet wird. Berechnet man die sozio-ökonomischen Kosten der Versorgung, kostet ein „quality adju- sted life year“ (QALY) nach konven- tioneller Versorgung der Aneurysma- träger bei einem angenommenen Überleben von drei Jahren etwa 8 000 DM (3).

Endoluminale Techniken In den letzten drei bis vier Jahren werden verstärkt endoluminale Tech- niken zur Behandlung des infrarena- len Aortenaneurysmas propagiert. Bei dieser Verfahrensweise wird nach Schaffung eines peripheren Zugangs in der Region der Leiste über einen Führungsdraht ein Metallgitter (Stent) eingebracht, das mit einem Kunststoff (Graft) ummantelt ist. Die translumi- nal plazierten endovaskulären Grafts

(TPEG) werden im Gegensatz zu der konventionellen Versorgung nicht durch Naht fixiert, sondern setzen ein Stück gesunder, „normaler“ Ge- fäßwand proximal und distal des Aneurysmas voraus, in die der Stent verankert wird. Die zur Zeit zur Verfü- gung stehenden TPEG sollten infolge- dessen nur bei einer geeigneten Mor- phologie eingesetzt werden. Eine sol-

che Morphologie liegt besonders häu- fig bei jüngeren Patienten mit kleine- ren AAA-Durchmessern vor, die bei einer risikobasierten Strategie nur sel- ten der operativen Versorgung zuge- führt werden, dann aber mit einem sehr guten Langzeitergebnis versorgt sind. Bei den Patienten mit erhöhtem Operationsrisiko wird das kardio-pul- monale Risiko gerne als Argument für die Indikationsstellung zum TPEG bemüht. Gerade in dieser meist älteren Patientengruppe ist aufgrund der häu- fig fehlenden morphologischen Vor- ausssetzung ein TPEG nur selten sinn- voll einsetzbar. In einer prospektiven Erhebung von 242 konsekutiven Pati- enten, die mit infrarenalem Aorten- aneurysma zur Operation eingewiesen wurden, konnten wir eine Klassifikati- on einzelner morphologischer Typen des AAA erstellen (Grafik 2) (1).

Nach dieser Einteilung ist in 51,7 Pro- zent der Fälle die Implantation eines TPEG aus rein morphologischer Sicht

möglich: beachtet man zusätzliche pathologische Befunde (zum Beispiel Nierenarterienstenosen, Beckenarte- rienstenosen und Verschlüsse, Visze- ralarterienverschlüsse, erhebliches (Koiling und Kinking der Aorta und der Beckenachse), so reduziert sich der Prozentsatz der sinnvoll implan- tierbaren TPEG auf 30,3 Prozent aller evaluierten Fälle.

M E D I Z I N KURZBERICHT

Tabelle 1

Eigene Patienten mit infrarenalen Aortenaneurysmen (AAA)*

Patienten n = 194 (100%)

Konventionelle

Operation n = 159 (82%)

Transluminaler

Stentgraft (TPEG) n = 35 (18%)

Simultanoperation (Nieren-/Viszeralarterien)

bei Elektiveingriffen n = 26 (15%) Patientenzahl Letalität

(%) (%)

Stadium I

Asymptomatisches AAA 170 (87,6) n = 2 (1,2) Stadium II

Symptomatisches AAA 9 (4,6) n = 1 (11) Stadium III

Rupturiertes AAA 15 (7,8) n = 8 (53)

* Patientenzahlen und Letalität im Zeitraum 1/1995 bis 3/1997

Tabelle 2

Eigene Patienten mit transluminal plazierten endovaskulären Grafts (TPEG) bei infrarenalen Aortenaneurysmen (AAA) *

TPEG 35 Patienten

Mittleres Follow-up Intervall 13 Monate Früh- und Spätergebnisse Anzahl

Letalität 0

Endoleckage 0

Konversion 0

Komplikationen (1 – 4) 4 (11,4%)

1Dissektion A. iliaca ext.: Cross-over-Bypass (13. postoperativer Tag)

2Prothesenschenkelverschluß: Cross-over-Bypass (8. postoperativer Tag)

3Glutealischämie einseitig: Spontane Abheilung

4Dünndarmischämie zwei Dünndarmresektionen embolisch: (4. postoperativer Tag)

* Frühergebnis und Follow-up im Zeitraum 1/1995 bis 3/1997

(3)

Diagnostik

Die meisten AAA, auch bei großen Durchmessern, sind asympto- matisch. Zur Diagnostik und Verlaufs- kontrolle eines infrarenalen Aorten- aneurysmas genügt die Ultraschallun- tersuchung des Abdomens. Etwa 70 bis 80 Prozent der AAA werden zufäl- lig durch eine Ultraschalluntersu- chung aus anderer Fragestellung ent- deckt. Ein einmaliges Screening bei 65jährigen Männern ist nach briti- schen und skandinavischen Untersu- chungen kosteneffektiv (2). Die wei- terführende Diagnostik wie Compu- tertomographie und Angiographie bleibt der Abklärung spezieller Fra- gestellungen vorbehalten – der Erken- nung begleitender Nieren- und Visze- ralarterienstenosen, Beckenarterien- verschlüsse oder peripherer Aneu- rysmen. Unter Einbeziehung der Magnetresonanztomographie und der Magnetresonanzangiographie können in Zukunft möglicherweise alle rele- vanten Fragestellungen in einem Un- tersuchungsgang beantwortet werden.

Therapie, Ergebnisse und Diskussion

Die Therapie der Aorten- aneurysmen im Sinne der Rupturpro- phylaxe besteht in der Ausschaltung mittels Kunststoffprothesen. Bei kon- ventioneller Technik werden die Pro- thesen transperitoneal nach Öffnen des Aneurysmasackes in gesunde Ge- fäßabschnitte eingenäht (Inlay-Tech- nik) und ersetzen den aneurysmatra- genden Abschnitt V der Aorta von den Nierenarterienabgängen bis zur Bifurkation vollends. Bei Einbezie- hung der Beckenachse in den Krank- heitsprozeß ist die Implantation einer Bifurkationsprothese mit Ersatz der Aa. ilicae communes erforderlich. Ar- teriosklerotische Veränderungen an den Stammarterien, zum Beispiel den Nierenarterien, können mit sehr gu- tem Früh- und Langzeitergebnis si- multan korrigiert werden. In Heidel- berg wurden in einem Zwei-Jahres- Zeitraum bei 26 von 170 elektiv ope- rierten Patienten Simultaneingriffe an den Nierenarterien und Viszeralar- terien durchgeführt. Bei einer Ge- samtzahl von 194 Patienten im Zeit-

raum von Januar 1995 bis März 1997 fand sich eine aus unserer Sicht sinn- volle Indikationsstellung für eine transluminale Stent-Prothesen-Im-

plantation in 35 Fällen (18 Prozent).

Bezogen auf das elektive Stadium I der Erkrankung, entspricht diese Zahl 20,6 Prozent der insgesamt 170 im Elektivstadium behandelten Aneurysmaträger.

Die konventionelle Operation stellt ein sicheres Verfahren in der Be- handlung der infrarenalen Aorten- aneurysmen dar. Im Stadium I (asym-

ptomatisches Stadium) kann die Ope- rationsletalität mit annähernd null bei unter 70jährigen und mit unter zwei Prozent der über 70jährigen veran- schlagt werden. Im Stadium II der Er- krankung, den symptomatischen Aor- tenaneurysmen, besteht die zwingende Notwendigkeit des operativen Vorge- hens ohne jegliche Möglichkeit der Se- lektion der Patienten. Als aufgescho- ben dringlicher Eingriff steigt damit die Operationsletalität auf über zehn Prozent an. Wie in der Weltliteratur, so findet sich auch bei den Heidelberger Patienten die Letalität im rupturierten Stadium in Abhängigkeit von der Aus- gangssituation des Patienten mit zirka 50 Prozent gleichbleibend hoch (Ta- belle 1). Nach der erfolgreichen Aus- schaltung des Aneurysmas durch ein konventionelles chirurgisches Verfah- ren erreicht die Lebenserwartung der Aneurysmaträger diejenige eines al- tersentsprechenden und risikoadap- tierten Vergleichskollektivs. Die Fünf- Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit eines konservativ geführten Aneurys- maträgers hingegen beträgt bei einem minimalen Durchmesser von 5 cm nur zirka 40 Prozent.

Bei operierten Patienten steigt die Lebenserwartung auf über 70 Pro- zent an. Infolge nur geringer Kompli- kationsraten im weiteren Verlauf nach konventioneller Aneurysmaaus- schaltung ergibt sich, daß eine zwei- jährliche Nachsorge mit Ultraschall- Grafik 2

Heidelberger AAA-Klassifikation; Morphologische Klassifikation der AAA (n = 242): Typ I, Typ IIA und Typ IIB können transluminal endovaskulär behandelt werden. Typ IIC und Typ III müssen wegen fehlender proximaler (Typ III) beziehungsweise distaler (Typ IIC) Fixierungsmöglichkeiten offen chirurgisch behandelt werden.

Typ I

A A

Typ II

B C

Typ III

n = 27 63 35 77 40 (%) 1.2 26.0 14.5 31,8 16,5

27 63 35 11,2 26,0 14,5 Tabelle 3

Eigene Patienten mit transluminal plazierten endovaskulären Grafts (TPEG) bei infrarena- len Aortenaneurysmen (AAA) (n = 35)*

ASA-Klassifikation n =

ASA II 7

ASA III 22

ASA IV 6

TPEG-Typen n =

Tube 20

Bifurkation 14

Tapered Tube +

Cross-over-Bypass 1

* Patientenrisikoprofil und implantierte Endoprothesentypen im Zeitraum 1/1995 bis 3/1997

(4)

untersuchung zur Dokumentation des Operationsergebnisses und zum Aus- schluß von Anschlußaneurysmen als ausreichend anzusehen ist. Die bisher publizierten Frühergebnisse der en- dovaskulären Techniken zur Aorten- aneurysmaausschaltung (Tabelle 4) sind denen konventioneller Operati- onsverfahren unterlegen (Tabelle 2).

Bei sorgfältiger Beachtung der Aus- wahlkriterien, insbesondere nach morphologischen Gesichtspunkten,

ist jedoch für eine Gruppe von zirka 30 Prozent der Patienten die Therapie mittels eines TPEG-Verfahrens in Be- tracht zu ziehen. In Heidelberg konn- te so in den letzten zwei Jahren bei 35 Patienten ein transluminaler Stent- Graft implantiert werden. Bei den so ausgesuchten Patienten konnten bei der Implantation eine Konversion zum offenen Vorgehen und auch eine Leckage nach Implantation vermie- den werden. Eine Letalität bei diesen Patienten war nicht zu verzeichnen, dennoch kam es insgesamt bei vier von 35 Patienten (11,4 Prozent) zu frühpostoperativen Komplikationen (Tabelle 3).

Die transluminale endovaskuläre Therapie des infrarenalen Aorten- aneurysmas steht erst in den Anfän- gen. Eine sorgältige Evaluation nach rein morphologischen Kriterien er- scheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt außerordentlich wichtig, um ein kom- plikationsarmes Frühergebnis zu er- zielen. Die Ausschaltung des gesam- ten Abschnittes V der Aorta von den Nierenarterien bis hin zur Bifurkation ist Voraussetzung für ein günstiges

Langzeitergebnis. In vielen Fällen er- fordert dieses eine Implantation einer Bifurkations-Endoprothese, um ei- nen sicheren Ausschluß des Aneurys- mas ohne Leckage in Höhe der Aor- tenbifurkation zu erzielen. Bei kon- ventionellem Vorgehen wäre bei vie- len dieser Patienten eine alleinige Rohrprothesen-Interposition als technisch ausreichendes Verfahren anzusehen. Zur Zeit ist als einziges si- cheres Kriterium der Ausschaltung des Aneurysmas die Verkleinerung des Aortenaneurysmadurchmessers nach Implantation einer endovas- kulären Prothese anzusehen (Typ IIA, Grafik 2). Erst die Spätergebnis-

se nach Implantation endovaskulär zu positionierender Prothesen werden Aufschluß über die Wertigkeit dieser Methode geben.

Schlußfolgerung

Die Operation des infrarenalen Aortenaneurysmas ist als prophylak- tische Therapie eines lebensverkür- zenden Krankheitsbildes hoch effizi-

ent. Da die Operationskapazitäten bei weitem nicht dem Bedarf entspre- chen, übertrifft momentan die Zahl der operationspflichtigen Patienten mit Aortenaneurysmen die Kapazität um mehr als das Zehnfache. Die Anzahl rupturbedingter Todesfälle bei Aneurysmaträgern übersteigt in Deutschland die Zahl der jährlichen Verkehrsopfer. In Zukunft ist über das Screening einer definierten Risi- kopopulation eine frühere Diagnose der Aneurysmen anzustreben, die nach der Beseitigung der Versor- gungsengpässe zeitgerecht einer The- rapie zuzuführen sind. Die endolumi- nalen Verfahren können bei einem

M E D I Z I N KURZBERICHT

Tabelle 4

Endovaskuläre infrarenale Aortenaneurysmenchirugie: Frühergebnisse internationaler gefäßchirurgischer Zentren

Autor n Erfolg Konversion Endoleak Morbidität Mortalität

Brüssel 90 57% 4,5% 38% 45% 3,5%

J Endovasc Surg 1996

Sydney 121 88% 12% 4% 13% 5,3%

J Endovasc Surg 1997

Buenos Aires 102 70% 17% 15% 11% 13%

J Vasc Surg 1996

New York 36 70% 11% 30% 18% 8%

J Vasc Surg 1996

Frankfurt 103 89% 6% 11% 16% 5%

Langenbeck Arch 1996

Nürnberg 70 85% 15 Follow-up 30% 8%

J Endovasc Surg 1996 20%

Nottingham 30 83% ? ? 13,3% 6,6%

J Vasc Surgn 1997

Los Angeles 19 89,5% 10,5% 0% 0% 0%

World J Surg 1996

Leicester 10 80% 20% 30% 20% 10%

Br J Surg 1996

Tennessee 11 90% Follow-up 10% ? 0%

Ann Surg 1996

Heidelberg 35 100% 0% 0% 11% 0%

1997

(5)

Teil der Patienten eine alternative Methode darstellen, wenn die bislang unbekannten Langzeitergebnisse den aus der konventionellen Aneurysma- chirurgie bekannten geringen Kom- plikationsraten entsprechen.

Bisher noch erhöhte Frühkom- plikationsraten müssen durch strenge Patientenauswahl und technische Weiterentwicklung auf das von kon- ventionellen Operationsverfahren ge- wohnte niedrige Maß zurückgeführt werden. Ob die Behandlung kleine- rer Aneurysmen durch transluminale endovaskuläre Verfahren eine sinn- volle prophylaktische Maßnahme darstellt, kann nur durch Langzeitstu- dien evaluiert werden.

Die Faszination der vermeintlich weniger invasiven endovaskulären Techniken verleitet allzu häufig dazu, die Methode zu sehr zu strapazieren.

Langzeitverläufe über fünf oder zehn Jahre konnten bislang nicht erbracht werden.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1997; 94: A-2830–2834 [Heft 43]

Literatur

1. Allenberg JR, Schumacher H, Kallinowski F, Eckstein HH, Richter GM: Klassifika- tion des infrarenalen Aortenaneurysmas (AAA): endovaskuläre oder konventionel- le Chirurgie? Gefäßchirurgie 1996; 1: 21–26.

2. Enzler TA, Harris PL: Erkennung abdomi- naler Aortenaneurysmen durch Ultra- schalluntersuchung. Gefäßchirurgie 1996;

1: 16–20.

3. Katz DAT, Cronenwett JL: The cost-effec- tiveness of early surgery versus watchful waiting in the management of small abdo- minal aortic aneurysms. J Vasc Surg 1994;

19: 980–990.

4. Matsumura JS, Pearce WH, McCarthy WJ, Yao JST: Reduction in aortic aneurysm size: Early results after endovascular graft placement. J Vasc Surg 1997; 25: 113–123.

5. Mitchel MB, Rutherford RB, Krupski WC:

Infrarenal aortic aneurysms. In: Ruther- ford RB (Hrsg): Vascular Surgery, volume II; 4. Ausgabe; 1032–1060.

6. Powell JT, Grennhalgh RM: Der Verer- bungsmodus des Bauchaortenaneurysmas.

Chirurg 1995; 66: 841–844.

7. Scott RAP, Gudgeon A, Ashton HA, Allen DR, Wilson NM: Surgical workload as a consequence of screening for abdominal aortic aneurysm. Br J Surg 1994; 81:

1440–1442.

Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. Jens-R. Allenberg Sektion Gefäßchirurgie

Chirurgische Universitätsklinik Im Neuenheimer Feld 110 69120 Heidelberg

Durch metabolische Prozesse kommt es bei Patienten mit trauma- tischen Hirnverletzungen im Verlauf ihrer Erkrankung häufig zu einer weiteren Verschlechterung der Schä- digung über das Maß der Erstschädi- gung hinaus.

Ob sich dieser Teufelskreis durch eine moderate Hypothermie in der Frühphase von schweren Hirn- verletzungen verhindern läßt, war Thema einer Studie von Neurochir- urgen aus Pittsburgh, USA. In dieser Studie wurden 82 Patienten nach Hirnverletzungen mit Punkten von 3 bis 7 in der Glasgow Coma Scale ran- domisiert: Die Patienten wurden im Mittel 10 Stunden nach Krankenhaus- aufnahme für 24 Stunden auf 33°

Celsius Körperkerntemperatur ab- gekühlt oder normotherm gehalten.

Die neurologischen Nachunter- suchungen nach einem Jahr zeigten in der Hypothermiegruppe bei 62 Prozent gute Spätergebnisse (mo- derate, geringe oder keine neuro- psychiatrischen Auffälligkeiten), bei der normothermen Kontrollgruppe

war dieser Anteil mit 38 Prozent si- gnifikant geringer. Die Hypothermie zeigte bei Patienten mit schwersten Hirnschädigungen (Glasgow Coma Scale 3 und 4) im Vergleich zur Kon- trollgruppe allerdings keinen positi- ven Effekt.

Die Autoren halten die Hypo- thermie als Behandlungsmethode in der Frühphase nach Hirntraumata für geeignet, die langfristige neuro- logische Rehabilitation zu bessern.

Als mögliche Mechanismen werden eine Verhinderung des Hirnödems mit konsekutiver Verbesserung der Hirndurchblutung genannt, eine Sta- bilisierung der Blut-Hirn-Schranke sowie ein Schutz vor exzitatorisch wirkenden Neurotransmittern und gewebeschädigenden Entzündungs-

mediatoren. acc

Marion, DW et al.: Treatment of trau- matic brain injury with moderate hypo- thermia. N Engl J Med 1997; 336:

540–546.

Dr. Marion, Presbyterian University Hospital, Dep. of Neurosurgery, Suite B400, 200 Lothrop St., Pittsburgh, PA 15213–2582, USA.

Hypothermie bei Hirntraumata

Neun Prozent der US-Bevölke- rung und sechs bis acht Prozent der Bevölkerung Großbritanniens im Al- ter von 60 Jahren stehen unter ei- ner Dauermedikation von Aspirin.

Selbst unter einer Dosierung von 75 Milligramm ist das Risiko einer ga- strointestinalen Blutung um den Fak- tor 2,3, bei 150 Milligramm um den Faktor 3,2 und bei 300 Milligramm um den Faktor 3,9 erhöht.

Um dieses Blutungsrisiko zu senken, wurden dünndarmlösliche und gepufferte Aspirinprodukte auf den Markt gebracht. Die Autoren untersuchten in einer Multicenter- Fallkontrollstudie die Blutungsinzi- denz bei Patienten, die unter dünn- darmlöslichem oder gepuffertem Aspirin in einer täglichen Dosierung von 324 Milligramm oder weniger standen. Bei insgesamt 550 Blu- tungsepisoden lag das Blutungsrisiko unter normalem Aspirin bei 2,6, un- ter dünndarmlöslichem Aspirin bei

2,7 und unter gepuffertem Aspirin bei 3,1. Bei Dosen über 325 Milli- gramm betrug das relative Blutungs- risiko für normales ASS 5,8, für ge- puffertes Aspirin 7,0. Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß die als wesentlich nebenwirkungsärmer pro- pagierten dünndarmlöslichen oder gepufferten Aspirinpräparationen nicht besser abschneiden als norma- les Aspirin, aber um das bis zu 20fa- che teurer sind. Der verordnende Arzt sollte sich also nicht in einer falschen Sicherheit wiegen, wenn er Präparate verordnet, die den Beina-

men Protect tragen. w

Kelly PJ, Kaufmann DW, Jurgelon JM, Sheehan J, Koff RS, Shapiro S: Risk of aspirin-associated major upper-gastroin- testinal bleeding with enteric-coated or buffered product. Lancet 1996; 348:

1413–1416.

Slone Epidemiology Unit, School of Public Health, Boston University School of Medicine, Brookline, Massachusetts, MA 02146, USA.

Blutungsrisiko bei dünndarmlöslichem

oder gepuffertem Aspirin

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