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Archiv "Fortgeschrittenes Prostatakarzinom: Renaissance der Radionuklidtherapie?" (15.05.1998)

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adionuklide zum kurati- ven oder aber palliativen Einsatz könnten beim Prostatakarzinom eine Re- naissance erleben. Bei fortge- schrittenen Formen mit mul- tiplen androgen- und schmerz- mittelresistenten Skelettmeta- stasen kann die Injektion von

89Strontium den Knochen- schmerz in vielen Fällen deut- lich lindern. Bei lokoregio- närem T1b-Stadium und T2- N0-M0-Tumoren stellt eine Spickung der Prostata mit Jod-125-Seeds eine kurati- ve Alternative zur radika- len Operation oder externen Strahlentherapie dar. Sie kommt auch in Betracht für Männer, bei denen ein radika- ler Eingriff kontraindiziert ist.

Die Grundlage für das palliative Verfahren, so der Strahlenmediziner Dr. Bern- hard Dohmen (Tübingen) bei einer Veranstaltung des Unternehmens Nycomed Amersham in Frankfurt, sei die lokal erhöhte Speicherung knochenbindender Substan- zen in den osteoblastischen Metastasen infolge des er- höhten Knochenumbaus. Ver- mutlich greift der b-Strahler

89Strontium nicht in die Tumorbiologie ein, sondern in die begleitenden, schmerzhaf- ten Entzündungsvorgänge.

Bei Studien mit inzwischen 500 Patienten wurde bei 60 bis 80 Prozent der Männer eine deutliche Schmerzreduktion nachgewiesen, bei einem Vier- tel verschwanden die Kno- chenschmerzen komplett. Die- se Wirkung setzt durchschnitt- lich nach zwei Wochen ein und hält drei bis vier Monate an.

Nicht selten geht eine vorüber- gehende Schmerzverstärkung voraus. Als Nebenwirkung tritt eine Knochenmarksde- pression auf, die in den ersten Zyklen reversibel ist; deshalb darf vor der Strontium- therapie keine höhergradige Thrombopenie vorliegen.

Die Radionuklidinjektion sollte nach Auffassung von Prof. Rolf Harzmann deshalb nicht erst im Finalstadium er- wogen werden, wenn bereits Blutbildstörungen vorliegen.

Der Augsburger Urologe sieht in diesem Verfahren

vielmehr eine Möglichkeit, die Gabe von Schmerzmitteln zu reduzieren oder den Über- gang auf stark wirkende zen- trale Analgetika hinauszu- schieben. Sinnvoll ist die Radionuklid-Therapie je- doch nur bei schmerzhaften, multiplen Skelettmetastasen, die auf konventionelle Thera- pie nicht ansprechen. Der Pa- tient sollte eine Lebenserwar- tung von mindestens drei Mo- naten aufweisen, und eine Frakturgefahr sollte ausge- schlossen werden.

Die zweite Radionuklid- therapie ist ein kurativer An-

satz, für lokal begrenzte Prostatakarzinome der Stadi- en T1b und T2 sowie für die Therapie eines Lokalrezidivs geeignet: Die Prostata wird dabei mit Jod-125-Seeds „ge- spickt“ – reiskorngroßen Me- tallkapseln („Samen“) aus Ti- tan, gefüllt mit dem Gamma- Strahler Jod-125, wie Perlen aufgereiht auf einer Kette.

Bei der Implantation werden die Ketten parallel zueinan- der in Periduralanästhesie rechner- und ultraschallge- stützt über die volle Höhe und Tiefe der Prostata einge-

bracht. Bei akkurater Plazie- rung wird eine Strahlungsdo- sis erreicht, die etwa dreimal höher liegt als bei externer Strahlentherapie; aufgrund der geringen Reichweite wer- den umliegende Körperregio- nen jedoch stärker geschont.

Die Stärke der Strahlung hal- biert sich alle zwei Monate.

Bei der Indikationsstel- lung ist nach Angaben von Harzmann zu beachten, daß es initial zu einer Schwellung der Prostata kommt, so daß bei großen Prostatavolumina ein Harnverhalt resultieren kann. Ein Wert von 60 cm3 gilt

deshalb als Obergrenze. Der Differenzierungsgrad des Tu- mors sollte nicht zu schlecht (Gleason zwei bis sechs) und ein Lymphknotenbefall aus- geschlossen sein, da diese nicht auf die Seeds reagieren.

Die höchste Nachbeob- achtungszeit liegt momentan bei sieben Jahren. In dieser offenen US-Studie mit 126 Patienten ging der erhöhte Wert des Prostata-spezifi- schen Antigens (PSA) bei 98 Prozent der Patienten inner- halb von zwei Jahren auf Normwerte. 93 Prozent zeig-

ten innerhalb von fünf Jahren keinerlei klinische und labor- chemische Zeichen für ein Prostatakarzinom.

Nach sieben Jahren sind 79 Prozent frei von Krankhei- ten, 89 Prozent zeigen keinen PSA-Anstieg. Im Vergleich mit der radikalen Prostatove- sikulektomie (RPV), die mit Inkontinenzraten bis 50 und Impotenzraten zwischen 30 und 100 Prozent einhergeht, wurden nach der Spickung deutlich niedrigere Werte er- hoben: Nur fünf Prozent der Patienten gaben Probleme mit dem Harnabgang an, bei 80 Prozent der unter 70jähri- gen blieb die Potenz erhalten.

Da es sich beim lokal be- grenzten PCA (T1 bis T2) um einen langsam wachsenden Tumor handelt, wird die Indi- kation zur radikalen Opera- tion oft von einer Lebenser- wartung von mehr als zehn Jahren abhängig gemacht.

Kandidaten für eine „wait and see“-Strategie sind PCA-Pati- enten über 70 Jahre oder aber Männer mit Kontraindika- tionen (KHK, Diabetes) ge- gen den radikalen Eingriff, mit gut differenzierten Tumo- ren (G 1), mit geringem Tu- morvolumen und diploiden Tumoren.

Für diese Gruppe bietet die „Seeds-Implantation“ aus kurativen und psycholo- gischen Gründen eine Alter- native, so Harzmann. Wäh- rend beim T1-Tumor die radi- kale Prostatektomie in einem Drittel der Fälle ein Over- treatment darstellt, weisen T2-Tumoren in bis zu 33 Pro- zent tumorpositive Resek- tionsränder auf, weshalb die adjuvante Strahlentherapie auch zur Reduktion der Lo- kalrezidivrate eingesetzt wird.

Insgesamt, so Harzmann, ist im lokal begrenzten Stadi- um ohne Lymphknotenbefall die radikale Operation mit ei- ner Zehn-Jahres-Überlebens- rate von 61 bis 79 Prozent der perkutanen Strahlentherapie (46 bis 60 Prozent) überlegen.

Mit einer erhöhten Rezidivra- te und Morbidität sei auch bei Seeds und Afterloading zu rechnen.

Dr. Renate Leinmüller A-1256 (60) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 20, 15. Mai 1998

V A R I A AUS UNTERNEHMEN

Fortgeschrittenes Prostatakarzinom

Renaissance der

Radionuklidtherapie?

Tabelle

Komplikationsraten potentiell kurativer Therapieverfahren bei lokoregionärem Prostatakarzinom

Radikale Perkutane Jod-125-Seed-

Prostatektomie2 Strahlentherapie2 Implantation1 Inkontinenz 5– 33 % (Streß) 1– 3 % 0,1 %*

0– 16 % (schwer)

Impotenz 29–100 % 4–40 % 15 %**

Stärkere Blutung 1– 12 % 3–13 % –

Lungenembolie 2– 8 % – –

Zystitis/Urethritis – 1–80 % 7 %

Proktitis – 2–45 % 1 %

* Patienten ohne vorherige transurethrale Prostataresektion

** Patienten <70 Jahre; keine Impotenz vor Therapie Quellen:

1Blasko JC, Grimm PD, Ragde H: Seminars in Radiation Oncology 1993;

3 (4): 240–249.

2Middleton RG, Thompson IM, Austenfeld MS et al.: The Journal of Urology 1995; 154: 2144–2148.

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