Von Konrad Meisio, Münster
Die von mir, zum Teil in Zusammenarbeit mit Petra Christophersen, erst¬
mals aus dem Hindi ins Deutsche' übersetzten Erzählungen Premcands {Die
Schachspieler. Erzählungen. — Wiesbaden 1989. [Sammlung Harrassowitz]) sind in: ZDMG 141 (1991), pp. 195-197, rezensiert worden. Handeltees sich nur um den unnötig polemischen Stil der Besprechung, könnte man die Angelegenheit
auf sich beruhen lassen, so unerfreulich der vom Rez. angeschlagene Ton in
einer seriösen Fachzeitschrift auch sein mag. Da die Kritik jedoch sachlich unhaltbar ist, sehe ich mich zu einer Richtigstellung gezvrongen. Ich möchte die Auseinandersetzung damit auf ein wissenschaftliches Niveau heben. Im folgen¬
den gehe ich die Kritikpunkte der Reihe nach durch.
Die Auswahl der Erzählungen beruht nicht auf einem „merkwürdigen Konsen¬
sus", sondern ist bestimmt von dem, was repräsentativ ist, — wie es sich gehört für eine Anthologie, welche die Geschichten des Klassikers der realistischen Hindi-Prosa erstmals einem breiteren deutschen Publikum vorstellt. Es gibt nun
einmal im Gesamtwerk Premcands bestimmte herausragende Erzählungen,
welche die Entwicklung der Hindi-Literatur — thematisch und stilistisch — ent¬
scheidend gelenkt haben, die bei indischen Lesern und Kritikern besonders beliebt und anerkannt sind und die deshalb in keiner Auswahl, erst recht nicht in der ersten dieser Art im deutschen Sprachraum, fehlen sollten*. Daran ist nichts „Merkwürdiges". Daß die (im Literaturverzeichnis meiner Anthologie
verzeichneten) Übersetzer ins Englische, Rubin und Nopany/Lal, sich offen¬
sichtlich von ähnlichen Erwägungen leiten ließen, hat seine sachliche Berechti¬
gung, und ich sehe keinen Grund, die deutsche Leserschaft zuerst mit den weni¬
ger bedeutenden Werken, so wertvoll sie im einzelnen sein mögen, bekannt zu
machen. Im übrigen wurden vier der in meine Auswahl aufgenommenen
Geschichten zum ersten Mal überhaupt in eine nicht-indische Sprache über¬
tragen'.
Wenn der Rez. die „partiell 'dynamische' Übersetzung" (?) bemängelt, so meint er möglicherweise, daß ich mich bemüht habe, dem anerkannt lebendigen Stil Premcands gemäß, jewehs den treffenden Ausdruck im Gegenwartsdeutsch
' Die 1958 im Aufbau-Verlag in der DDR erschienene und längst vergrifTene Anthologie Eine Handvoll Weizen ist sekundär aus dem Englischen übertragen.
* Die repräsentativen Erzählungen sind gesammelt in den bei der Sarasvati Press, Ilähäbäd, erschienenen Anthologien wie etwa: Premcand ki sarvasrestha kahäniyärfi, 1974. Paeäs kahäniyäin, 1979. Prem dvädasi, "1980. Samar yäträ, 1980. Grämyä jivan ki kahäniyärfi, 1980. Verläßliche Hinweise aufdie wichtige¬
ren Werke des Autors sind außerdem den bekannten Literaturgeschichten und
einschlägigen Monographien zu entnehmen.
' Nämhch Ätmäräm, Jädü, Julüs und Moteräm Ji Sästri.
zu wählen, (jmix kamä heißt in heutigem Umgangsdeutsch „joggen", und mit olimpiyan res sind eben die „Vorentscheidungen für die Olympischen Spiele"
gemeint. Daß der Rez. an diesen Ausdrücken Anstoß nimmt, daß sie ihm gar die
„gute Lesbarkeit" zu beeinträchtigen scheinen, zeigt nur, daß sein Sprachgefühl im Deutschen obsofet ist. Derartige Fragen sind, wenn überhaupt, Geschmack¬
sache und gehören nicht in eine wissenschafthche Buchbesprechung, genauso¬
wenig wie sofche Quisquihen, ob bäbüji mit „Mann!" und bäbä mit „Menschens¬
kind" richtig wiedergegeben sei.
Jeder, der einmaf sefbst eine Übersetzung aus einer Sprache wie Hindi ange¬
fertigt hat, weiß, daß man sich für eine der beiden folgenden Möghchkeiten ent¬
scheiden muß: Entweder man legt eine für den Spezialisten gedachte wissen¬
schaftliche Übersetzung vor; diese muß die zu erklärenden Stehen ausführlich annotieren, darf aber, wenn es sein muß, sogar „holprig" sein. Oder man setzt sich eine literarische Übersetzung zum Zief ; eine solche sollte um der guten Les¬
barkeit willen nicht mit affzuvielen Fußnoten befrachtet werden und muß des¬
hafb gelegentlich im Übersetzungstext sefbst kommentieren, wie ich es mitunter
— bewußt — getan habe. Übersetzungen wie „Sommerferien", „Internat", „adfig"
und „Herr Baron" (für dasahre ki chuttiyärfi, hording häüs, amir und kwjivar sähab) sind der Sache nach vohkommen korrekt und sparen jeweils eine Anmer¬
kung, die der Fachmann nicht braucht und die für den Laien entbehrhch ist.
W&s an den Übersetzungen „Schloß" für qilä\ind „Jacht" für bajrä (HDW*: „[e-e Yacht], Galaboot)" auszusetzen ist, bfeibt mir unerfindfich.
Überschriften sind immer ein Kapitel für sieh. Der Rez. findet die Erzähfung Manovrtti mit Das Naturell einer Hure „unglücklich betitelt" , kann aber auch kei¬
nen besseren Vorschlag machen, manovrtti heißt „Geisteshaltung", „Naturell", dieses einzelne Wort ist aber im Deutschen nicht als Überschrift zu gebrauchen.
Immerhin bleibt bei meiner Übersetzung das ursprüngliche Wort erhalten, und
der Inhalt der Geschichte wird kurz zusammengefaßt. Nopany/Lal hatten sich
dagegen für Points of View entschieden, was den Inhalt ebenfalls trifft, allerdings auf Kosten der Wörtlichkeit.
svaräjya kä path kann gar nicht genauer als mit „Pfad der Unabhängigkeit"
übersetzt werden, ebenso wie svädhintä kä sikhar mit „Gipfel der Unabhängig¬
keit". Daß mit beidem selbstverständlich die politische Freilieit gemeint ist, geht aus dem Kontext ohne jeden Zweifef hervor. Allein mit diesen beiden Bei¬
spielen versucht der Rez. zu befegen, daß meine Übersetzung „sich von den syn¬
taktischen Strukturen des Hindi, seiner fdiomatik und Metaphorik häufig nicht frei genug macht", eine pauschafe Unterstellung, für die er den Beweis schuldig
bfeibt und gegen die ich mich mit ailem Nachdruck wehre. So kann man nicht
argumentieren.
In gleicher unseriöser Manier behauptet der Rez., ich scheine „mit der Atmo¬
sphäre und den Ereignissen der Kolonialzeit . . . keine sehr konkreten Vorstel¬
lungen zu verbinden, was der [von mir] angestrebten 'wissenschaftlichen Genauigkeit' mitunter Abbruch [tue] und im extremeren Fall die erzählerische Intention [entstelle]". Zum Beweis dieser schwerwiegenden Vorwürfe zieht der Rez. zwei gänzlich ungeeignete Beispiele heran. Erstens: Am Anfang der Erzäh¬
lung Moteräm Ji Sästri würde ich anscheinend nicht bemerken, „daß die Loyali-
* A. Sharma/H. J. Vermeer: Hindi-Deutsehes Wörterbuch. 5 Bde. Heide^l-
berg 1983-85.
3ü ZDMG 142/2
tät der Titelperson gegenüber der Kolonialmacbt . . . ihre (ironisch gemeinte) Bewährungsprobe besteht". In meiner Übersetzung ist zu lesen: „In den Tagen des indischen Nationalismus hatte er den Reformbewegungen kräftig entgegen¬
gearbeitet. Und zur Zeit der Unabhängigkeitskampagne war ihm von den
Behörden Treue zur britischen Krone bescheinigt worden". Die Behauptung des Rez. ist also schlicht falsch. Im übrigen habe ich, was ebenfalls moniert wird,
diesen Abschnitt deswegen im Plusquamperfekt übersetzt, weil im Hindi das¬
selbe Tempus steht. Und was soll svadesi ändolan ke dinorn mem und svaräjya än¬
dolan ke dinoTß mem denn anderes heißen als das, was in meiner soeben zitierten
Übersetzung steht? Warum, ferner, kritisiert der Rez. meine Übersetzung als
„repetitiv erscheinend"? Sie ist repetitiv, wie es dem Original entspricht. Zwei¬
tens: Der Rez. stellt es als ganz unzweifelhaft hin, daß das Opfer des zornigen Brahmanen in der Geschichte Molar ke chimte ein verwestlichter Inder sei und nicht, wie ich es interpretiere, ein britischer Kolonialbeamter. Dies sei „aus Kontext und Sprechweise der Personen hinlänglich klar". Aus dem Kontext und der Sprechweise ist das aber keineswegs klar, und man sollte es auch nicht, wie der Rez., „von vornherein vermuten". Der Rez. läßt sich vermutlich leiten von der Auflassung Rubins (p. 99), die diskutabel ist und von der ich aus folgenden
Gründen abgewichen bin: Im Hinditext steht sähab bahädur. Schlägt man im
HDW nach, so findet man dort die Bedeutung „britischer Beamter [im ehemali¬
gen Britisch-Indien]". Das Brhat Hindi Kos^ nennt an erster Stelle ebenfalls die Bedeutung arßgrez afsar, „englischer Beamter", räumt aber auch die Möglichkeit ein, daß ein sähabi dhamg se rahnevälä hindustäni afsar, „ein sich wie ein [engli¬
scher] Sahib benehmender indischer Beamter" gemeint sein könnte. Nach dem Hindi S(d)dasägar^ handelt es sich entweder um eine Anrede fiir eine geschätzte Person oder einen König bzw. um eine sich wie ein Europäer gebärdende Person.
Den Wörterbüchern zufolge sind also beide Auflassungen möglich, wobei davon auszugeben ist, daß die Bedeutung „britischer Beamter" die ursprüngliche ist und nur sekundär auch für verwestlichte Inder gebraucht wird. Den Ausschlag gibt aber, daß die fragliche Figur ein so gebrochenes Hindi spricht, wie es bei
einem Inder kaum vorstellbar wäre: ham tumko pulis mein degä{\y , oder äp
merä{\) bäp hai{\); und gar seine Frau (von der zwar gesagt wird, daß sie einen Sari trägt, was aber auch bei einer Engländerin vorstellbar wäre) : harn nahirn gintä(\)'^. Zur Absicherung meiner Auffassung habe ich mir bei einer gebhdeten indischen Dame, einer Hindi-Muttersprachlerin, Auskunft geholt, die es unter
Berücksichtigung der soeben vorgetragenen Argumente „für 95% wahrschein¬
hch" hielt, daß es sich um Engländer handele. Ganz entfernt könnte man ihrer Ansicht nach die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß Premcand vielleicht an in
England aufgewachsene Inder gedacht hätte. Ich habe also gute Gründe fiir
meine Interpretation. Der Rez. hingegen hat es nicht für nötig gehalten, seine
pauschalen Behauptungen dureh Argumente zu untermauern. Dies aber hätte er
unbedingt tun müssen, woUte er mit seiner einseitig negativen Kritik ernst
genommen werden.
* Ed. K. Prasäd et al., Väränasi sa. "1989.
" Ed. Syämsundardäs. Väränasi 1973.
' Mänsarovar. Nayi DhH 1980, Bd. II, p. 77.
* Ibid., p. 79.
Was meint der Rez. mit der Wendung „kein gewöhnlicher Übersetzungsfehler, über die hier nicht Buch gefiihrt werden soll . . ."? Auf Übersetzungsfehler muß
in einer wissenschaftlichen Rezension hingewiesen werden. Die vom Rez.
gebrauchte Formulierung kann durchaus bedeuten, daß ich Übersetzungsfehler gemacht habe, was ich auch gar nicht ausschließen will; aber es geht nicht an, daß der Rez. es bei einer Insinuation beläßt, weil sein Hindi nicht dazu reicht, solche Fehler aufzuspüren".
Ich komme nun zu dem einzigen Punkt, an dem ich die vorgetragene Überset¬
zungs-Korrektur akzeptiere. Mit der „Einäscherung" bin ich in der Tat über den vom Autor „intendierten Symbolgehalt hinausgeschossen". Hier muß in „Beer¬
digung" berichtigt werden. Anzumerken bleibt dennoch, daß es sich nicht um einen „muslimischen Freiheitskämpfer" handelt, wie der Rez. behauptet und was bei einem Leser, der die Geschichte nieht kennt, ganz falsche Assoziationen
weckt, sondern um einen gändhiistischen Freiheitskämpfer, der auch Muslim
ist. Geht es Premcand doch bei dieser Gestalt darum, Gändhis Ideal der Brüder¬
schaft von Hindus und Muslims zu propagieren. Auch frage ich mich, was eine
„translatorische paramparä" wohl sein möge. Sollte der Rez. damit eine Über- setzertradition meinen, so würde er mir damit unterstellen, ich hätte einen Feh¬
ler einer früheren Übersetzung weitergeschleppt. Mir ist jedoch keine andere Übersetzung dieser Erzählung bekannt.
Wenn ich die verworrenen Ausliihrungen des Rez. „in Bezug auf die Frei¬
räume im Gesundheitswesen" richtig entschlüssele, so scheint er zu meinen, daß die Erzählung Moteräm Ji Sästri fiir einen deutsohen Leser besser verständlich würde, wenn man vaidya nieht mit „Arzt", sondern mit „Heilpraktiker" über¬
setzte. In diesem Punkt ist jedoch der „soziokulturelle Hintergrund" in Indien
und Europa insofern gleich — also auch nicht erklärungsbedürftig —, als der
Scharlatan Moteräm Ji Sästri die Titelgläubigkeit seiner Kundschaft ausnutzt.
Deshalb würde die Übersetzung „Heilpraktiker" dem Witz der Geschichte die Spitze nehmen, die vollkommen richtige Übersetzung „Arzt" weckt jedoch, auch beim deutsohen Leser, die vom Autor angestrebte Assoziation. Leider verkehrt also der Rez. mit dem einzigen(!) Gegenvorschlag, den er in der ganzen Bespre¬
ehung anzubieten hat, die Dinge gerade in ihr Gegenteil. Und ebenso ist „Medizi¬
naldirektor" eine treffende Übersetzung fiir bhisagäcärya, zumal, wie jeder Hin¬
di-Übersetzer weiß, lateinische Lehnwörter im Deutschen eine passende Wie¬
dergabe von gesehraubten Sanskrit-Vokabeln sind.
Der Rez. behauptet, die von mir im Nachwort erwähnten biographischen
Angaben beruhten z.T. auf überholten Darstellungen, hält es jedoch nicht für
nötig anzugeben, aufgrund welcher neuerer Abhandlungen er die in den ma߬
geblichen Premcand-Biographien zu findenden Fakten abstreitet. Ich habe kein Geheimnis daraus gemacht, auf welohe Werke ich mich beziehe'". M. Gopals
" Rez. beherrscht nicht einmal die wissenschaftliche Umschrift: nicht dinon men, sondern dinorfi mem', nicht ctiinte, sondern ctiimfe (der Klassennasal kann rueht für den Halbnasal stehen, wohl aber der Anusvära, jedenfalls in der verein¬
fachenden, den Unterschied zwisehen Anusvära und Anunäsika vernachlässi¬
genden Transkription); und in einer Fachzeitschrift sollte man Premcand
schreiben, nicht anglisierend „Premchand".
'" Nämlioh auf Madan Gopal: Munslii Premchand. A Literary Biography.
London: Asia Publishing House 1964. V. S. Naravane: Premchand - His Life
30*
Literary Biography, erschienen im Jahre 1964, wird noch im 1981 herausgekom¬
menen Premeand visvakos (1 373) als einzige, also autoritative, enghsche Prem- cand-Biographie überhaupt erwähnt. Ibid. figuriert das von mir gleichfalls ange¬
gebene Werk von Amrt Räy an erster Stelle der Biographien in Hindi. Der Rez.
stellt, abermals ohne Beleg, die kühne These auf: „Ein 'Schreibverbot' wurde nicht gegen ihn [d.i. Dhanpat Räy, bürgerlicher Name Premcands] verfiigt".
Premcand selbst hat den Moment, als er wegen seiner aufrührerischen Erzäh¬
lungssammlung Soze vatan vor den „District Collector" (zilädhis) von Hamirpur zitiert wurde (was überhaupt erst zur Folge hatte, daß er in Zukunft unter dem
nom de plume Premcand auftreten mußte) so beschrieben: faislä yah huä ki
maiyi 'Soze vatan' ki säri pratiyärti sarkär ke haväle kar düni aur sähab ki anumati ke binä kabhi kuch na likhüm- „Es wurde entschieden, daß ich sämtliche Exem¬
plare von Soze vatan der Regierung überantworten und ohne Erlaubnis des
Sahib nichts mehr schreiben sollte". Daß dieses Schreibverbot erst 1909 erfolgte — dem wäre hinzuzufügen: im Dezember'* — will ich gern konzedieren.
Der Hinweis, daß Premcand seinen „Bachelor of Arts" erst mit 39 Jahren erwarb, ist ganz überflüssig, sollte jedoch unbedingt mit dem Zusatz versehen werden, daß der Grund dafür die Armut' ' war, in der Premcand seine Schulzeit
verbringen mußte. Wenn jemand (ohne Quellenangabe) behauptet, Premcand
habe weder in ärmlichen Verhältnissen gelebt noch sei er dauernd kränklich gewesen, so verrät er damit, daß er sich mit der Biographie des Autors nur ober¬
flächlich auseinandergesetzt hat. Wirtschaftliche Not und dadurch bedingte Krankheit ziehen sich wie ein roter Faden durch alle einschlägigen Darstellun¬
gen'''. Ohne diese autobiographischen Bezüge wäre Premcands ganzes CEuvre
überhaupt nicht verständlich.
and Work. New Delhi: Vikas Publishing House 1980. Im Nachwort (p. 136)
habe ich die DarsteUung von Premcands Sohn Amrt Räy hervorgeho¬
ben: Premcand — kalam kä sipähi. Ilähäbäd: Hamsa prakäsan "1976 ('1962).
Dem ist hinzuzufügen: Kamal Kisor Goyankä: Premeand Visvakos. 2 Bde.
DUli: Prabhät prakäsan 1981. Einen knappen, aber gehaltvoUen Überblick über
Leben und Werk Premcands gibt auch die (nicht mit einem Verfassemamen
gekennzeichnete) Einleitung in: Premcand: Nirmalä Ilähäbäd: Sarasvati: Pr.
Auflage von 1975.
" Zitiert in Amrt Räy, loc. cit., p. 105, und K. K. Goyankä, loc. cit., Bd. I, p. 37, Cf auch M. Gopal, loc. cit., p. 68.
'* Goyankä, loc. cit., Bd. I, p. 55.
" „Gmelling poverty", M. Gopal, p. 108.
'* So liest man z.B. in der Jivan-gäthä der Einleitung zur Nirmalä-Aus,ga.he der Sarasvati Press (1975, p. 6): unhomne apne sarir ki cintä naki aur prärambhik jivan ke isi kuposan kä hi dusparinäm rahä ki ve jivan bhar rugna rahe, „Er [d. i.
Premcand] tmg keine Sorge um seinen Körper, und eben diese Mangelernäh-
mng in seiner Jugend hatte zur schlimmen Folge, daß er sein Leben lang krän¬
kelte." Premcands notorisch schlechter Gesundheitszustand wird auch erwähnt z.B. bei M. Gopal, loc. cit., pp. 22 („six months' iUness"), 23, 99-102, 442, 452 oder V. S. Naravane, loe. cit., pp. 89, 92, 94; dazu auch die bei Amrt Räy, loc.
cit., p. 633, im Index s. v. ftimäriaufgeführten Seitenzahlen. Wirtschafthche Not
erwähnt z. B. M. Gopal, pp. 25, 108, 158,388, 452 oder V. S. Naravane, loc.
cit., pp. 20, 45, 64, 71, 83 („terrible financial difficulties"), 84. Diese Stellenan¬
gaben sind keineswegs vollständig.
Unseriös ist es, wenn man ein Zitat willkürlich verkürzt, um daraus einen Feh¬
ler konstruieren zu können: Der Rez. schreibt: „Nicht 'häufig wechselnde Stel¬
lungen als Lehrer', vielmehr mit emem Anstellungsverhältnis verbundene Orts¬
wechsel wären hervorzuheben gewesen". In meinem Nachwort steht (p. 135):
„. . . suchte Premcand sein Auskommen in häufig wechselnden Stellungen als
Lehrer, vorübergehend als Schulaufsichtsbeamter, schließlich als freiberuflicher
Schriftsteller und Herausgeber, nebenher auch als ständig von Geldsorgen
geplagter Druckereibesitzer". Die „häufig wechselnden Stellungen" beziehen sich in meinem Text also nicht — wie durch das verkürzte Zitat vom Rez. unter¬
stellt — auf die Anstellung als Lehrer, sondern auf die verschiedenen Berufe, in
denen Premcand im Laufe seines Lebens sein Auskommen suchte.
Schließlich stößt sich der Rez. auch daran, daß ich im Verzeichnis der indi¬
schen Begrifie (das angeblich nicht vollständig sei, ohne Beleg) Sitä als „die überaus keusche Gattin des Heros und Gottes Räma" erkläre. In genau diesem
Sinne wird Sitä zusammen mit Sävitri bei Premcand (z.B. in meiner Übers.,
p. 83) wie auch sonst im Hindi verwendet, nämlich als Inbegriff einer tugend¬
samen Gattin.
Zusammenfassend kann ich sagen, daß ich nach Kenntnisnahme der Polemik
des Rez. in meinem Handexemplar der Schachspieler an zwei Stellen eine Kor¬
rektur anbringe: Die „Einäscherung" muß eine „Beerdigung" werden, und statt
„1907" ist „1909" zu lesen. Das ist aber auch schon ahes, was bei dieser Rezen¬
sion einer wissenschaftlichen Nachprüfung standhält. Alle anderen Einwendun¬
gen sind, wie im einzelnen dargelegt, glatte Unwahrheiten, Fehlbehauptungen,
Sinnverdrehungen, unbewiesene Unterstellungen, Verständnisfehler, falsche
Übersetzungen oder irrelevante Abseitigkeiten. In keinem Falle macht der Rez.
einen Vorschlag, wie möghcherweise besser zu übersetzen sei'*. Wenn mir auf¬
grund solch undisziplinierter Polemik, ohne auch nur den Ansatz einer rationa¬
len Beweisführung oder Diskussion, „fremdsprachliche Kompetenz in den
modernen Sprachen" abgesprochen wird, kann ich das nur als Diffamierung bezeichnen.
Nach alledem nimmt es mich wunder, daß der Rez. mir dann auch wieder die
Ehre antut, mich einen „ausgewiesenen Fachmann" zu nennen. Dieses Kompli¬
ment kann ieh ihm nieht zurückgeben. Ich kenne ihn weder aus Veröffentlichun¬
gen — geschweige denn als tjbersetzer von Hindi-Literatur —, noch persönhch.
Seine destruktive Polemik erfiillt nicht einmal die Minimalanforderungen, die man an eine wissenschaftliche Rezension stellen muß, nämlich: Information, Sachlichkeit, Ausgewogenheit und konstruktive Kritik.
Es würde mich freuen, wenn in den Seiten dieser Zeitschrift demnächst öfter
Übersetzungen neuindischer Literatur besprochen würden, zumal gerade auch
in der letzten Zeit einige empfehlenswerte Arbeiten erschienen sind. Und es
wäre begrüßenswert, wenn als Rezensenten wieder Fachleute gewonnen werden
könnten, die selbst als Übersetzer ausgewiesen sind und denen die vielschich¬
tige Problematik des Übersetzens aus neuasiatischen Sprachen geläufig ist.
'* Mit einer — wie oben dargelegt, verfehlten — Ausnahme.
Nr. 115
BERICHT ÜBER DIE TÄTIGKEIT DES ORIENT-INSTITUTS DER
DEUTSCHEN
MORGENLÄNDISCHEN GESELLSCHAFT WÄHREND
DES ZWEITEN QUARTALS 1991
I. Das Orient-Institut im Wechsel der äußeren Geschehnisse
Beirut
Im Mai wurde ein Bruderschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der
syrischen und der libanesischen Regierung ausgehandelt. Am 17. Mai stimmte
das libanesische Kabinett dem Abkommen zu. Am 22. Mai wurde der Vertrag
von den Präsidenten Assad und Hraoui in Damaskus unterzeichnet. Dieses Ver¬
tragswerk ist nicht unumstritten und hat vor allem von maronitisehen Politikern und Israel Kritik erfahren.
Die Situation in Beirut und Umgebung ist friedlich geblieben und hat sich kon¬
solidiert. Die Kooperation mit allen Druckereien war nun ungehindert möglich.
Das Orient-Institut hatte viele Besucher und Bibliotheksbenutzer. Die Direkto¬
rin konnte zum ersten Male seit ihrer Amtseinführung für kurze Zeit im Beiruter Institut die Geschäfte führen.
Istanbul
In dieses Quartal fielen neben deutschen Fest- und Feiertagen (Ostern, Pfing¬
sten u.a.) die islamischen Feste §eker- und Kurban Bayram, die seit einigen Jahren auch in der säkularisierten Türkei wieder vermehrt gefeiert werden und zeitweise das öffentfiche Leben fähmen.
II. Personelle Veränderungen
Anfang April verheß Dr. Jürgen Paul das Orient-Institut.
Am 15. Juni trat Frau Dr. Weyland-Marzouk aus Bielefeld ihren Dienst an.
III. Wissenschaftliche Kontakte, Vorträge usw.
Endlich (am 30. 5.) konnte das Orient-Institut Beirut (von Frau Kanaan orga¬
nisiert) wieder zu einem Vortrag (mit anschließendem Cocktail) einladen. Die¬
ses Ereignis wurde von den Vertretern der wissenschaftlichen und kulturellen Institutionen als Zeichen der Konsolidierung der Lage gebührend gewürdigt.
Herr Dr. Roncaglia sprach über das Thema:
Traduttore Traitore: Quelques Reflexions sur la Nature des Textes Sacres. Torah, Evangiles et Qur'an.
Zeitschrift der Deutschen Morgeniändischen Gesellschaft Band 142, Heft 2 (1992)
© Deutsche Morgenländische Gesellschaft e.V.