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(1)

Topologische Trennungsaxiome T i

und einige Un-Abh¨ angigkeiten unter diesen Seminararbeit aus Analysis

TU Wien Alexander Palmrich

0825978 12. September 2013

1 Ausblick

Diese Arbeit (und der zugeh¨orige Vortrag) befassen sich mit topologischen Axiomen, die alsTrennungsax- iome bekannt sind. Um Zusammenh¨ange zwischen diesen Axiomen zu untersuchen, werden wir uns erst das notwendige Vokabular definieren, danach neun wichtige Trennungsaxiome.

In den darauffolgenden zwei Abschnitten zeigen wir erst einige bekannte Abh¨angigkeiten, d.h. wir

¨uberlegen uns, welche Axiome (eventuell in Verbindung mit weiteren) in ihrer Aussage st¨arker als andere sind. Danach konstruieren wir Gegenbeispiele, anhand derer wir erkennen, dass gewisse Implikationen nicht gelten k¨onnen. Nach M¨oglichkeit sind das nicht jene Implikationen, die wir zuvor ’bewiesen’ haben.

Der Autor st¨utzt sich sehr stark auf das ausgezeichnete StandardwerkCounterexamples in Topology von Lynn A. SteenundJ. Arthur Seebach Jr.(1968), speziell bei der Suche nach Gegenbeispielen, aber auch was die Formulierung der Trennungsaxiome betrifft.

2 Begriffsbildung

Wir ben¨otigen ein paar grundlegende Begriffe aus der Topologie, diese sind im Folgenden definiert.

Definition 1. Topologie[B, Seite 1]

Sei X eine Menge. Sei τ ⊆ P(X) = {M|M ⊆ X} ein System von Teilmengen von X. Falls τ die folgenden drei Axiome erf¨ullt, so nennen wir τ eine Topologie auf X, das Paar (X, τ) einen topologischen Raum, die MengenO ∈ τ offen (oder τ-offen) und ihre Komplemente Oc :=X \ O abgeschlossen (oderτ-abgeschlossen). Eine Topologieτ ⊇τnennen wirfeiner alsτ, oder wir sagen τ istgr¨ober alsτ.

τ1: X ∈τ ∧ ∅ ∈τ

sprich: Die leere Menge und der ganze Raum sind offen (und abgeschlossen).

τ2: ∀n∈Nh

∀k∈ {1,2,3, . . . , n} : Ok∈τ → \n

i=1

Oi

∈τi sprich: Der endliche Schnitt von offenen Mengen ist offen.

τ3: ∀Ih

∀i∈I : Oi∈τ → [

i∈I

Oi

∈τi

sprich: Die beliebige Vereinigung von offenen Mengen ist offen.

Hier ist I eine beliebige Menge (Indexmenge). Da Topologen an den zum Wohlordnungssatz

¨aquivalenten Satz von Tichonow[B, Satz 1.4.7] glauben, kann man sich I als Wohlordnung1 vorstellen.

(2)

Im Rahmen dieses Skriptums werden offene Mengen in Grafiken rund dargestellt, abgeschlossene Mengen eckig, und offen-abgeschlossene Mengen in runder Form mit gezacktem Rand.

abgeschlossen offen & abgeschlossen offen

Definition 2. Umgebung[B, Seite 2]

Als Umgebungenbezeichnen wir die Obermengen von offenen Mengen. Manchmal interessieren wir uns f¨ur Umgebungen von Punkten oder von Teilmengen vonX.

U ⊆X ist Umgebung (bez¨uglich τ)vonA :⇔ A⊆U ∧∃O ∈τ : A⊆O ⊆U

Definition 3. Umgebungsbasis & erzeugte Topologie[B, Seite 4]

Anstatt mit der Topologie τ eines Raumes X zu arbeiten, werden wir uns oftmals auf ein Teil- mengensystem τ ⊆τ beschr¨anken, welches leichter handzuhaben ist. ¨Ublicherweise geben wir ein System von offenen Mengen um einen Punkt x ∈ X an und nennen dieses eine Umgebungsbasis um x. Dieerzeugte Topologie bezeichne dann jenes Mengensystem, das sich aus beliebigen Vereini- gungen dieser Mengen um beliebige Punkte inX ergibt. Im Rahmen dieser Arbeit wird stets eine Topologie hervorgehen (wie man anhand von Definition 1 nachpr¨uft). Ist τ gegeben, so lassen sich Umgebungsbasen punktweise folgendermaßen charakterisieren:

τ ist Umgebungsbasis vonτ umx :⇔ ∀O ∈τ :h

x∈ O → ∃O ∈τ:x∈ O⊆ Oi

Definition 4. Spurtopologie[B, 1.3.2]

In einem topologischen Raum (X, τ) tr¨agt eine TeilmengeA⊆X auf nat¨urliche Weise eine vererbte Topologie und wird mit dieser sogenannten Spurtopologie τA selbst zu einem topologischen Raum (A, τA).

τA:=n O ∩A

O ∈τo

Definition 5. Abschluss & Inneres[B, Seite 2]

In einem topologischen Raum (X, τ) gibt es zu jeder TeilmengeA⊆X zwei ausgezeichnete Mengen, den Abschluss von A(bez¨uglichτ), in ZeichenA (oderAτ), sowie dasInnere vonA (bez¨uglichτ), in ZeichenA (oder Aτ). Der Abschluss ist die kleinste abgeschlossene Obermenge, das Innere die gr¨oßte offene Teilmenge.

A := \ n

M ⊆X|M ⊇A ∧ Mc∈τo A:= [ n

M ⊆X|M ⊆A ∧ M ∈τo

Mit der obigen Konvention zur Darstellung von Mengen sieht die Schachtelung im FallA6=A6=A so aus:

1Eine Wohlordnung auf einer MengeIbezeichnet eine Totalordnung, bez¨uglich der jede Teilmenge vonIein Minimum hat.[J, 2.3]

(3)

Legende

A A A

Definition 6. Dichtheit[B, Seite 2]

Wir nennen eine TeilmengeD ⊆A⊆X eines topologischen Raumes X eine dichte Teilmenge von A oder sagenD liegt dicht in A, falls D=A.

D ist dicht inA :⇔ D=A

Definition 7. Stetigkeit[B, Seite 4]

Eine Funktion f : (X1, τ1)→(X2, τ2) von einem topologischen Raum X1 in einen zweiten solchen X2 nennen wir stetig, falls das Urbild f−1(O2) := {x∈X1|f(x)∈ O2} von τ2-offenen Mengen τ1-offen ist.

f : (X1, τ1)→(X2, τ2) ist stetig :⇔ ∀O2∈τ2: f−1(O2)∈τ1

Definition 8. Kompaktheit[B, Seite 10]

Wir nennen eine MengeK⊆X kompakt, wenn jede ¨Uberdeckung vonKdurch offene Mengen sich auf eine endliche Teil¨uberdeckung reduzieren l¨asst. Dadurch istkompakteine nat¨urliche Erweiterung des Endlichkeits-Begriffes f¨ur Topologen.

K kompakt :⇔ ∀(Oi)i∈I :h

K⊆[

i∈I

Oi

∃If in⊆I:|If in|<∞ ∧ K⊆ [

i∈If in

Oii

Definition 9. Lokalkompaktheit[B, Seite 21]

Ein Raum (X, τ) heißtlokalkompakt, wenn jeder Punkt eine Umgebung besitzt, die in (X, τ) kompakt ist.

X ist lokalkompakt :⇔ ∀x∈X ∃U ⊆X ∃O ∈τ:h

x∈ O ⊆U ∧ U ist kompakti

3 Trennungsaxiome

Sei (X, τ) ein topologischer Raum. Wir werden uns mit der Definition vonTrennungsaxiomenTibesch¨af- tigen, die ein Maß daf¨ur darstellen, wie fein die Topologie eines Raumes ist. Je mehr Trennungsaxiome erf¨ullt sind, desto mehr2offene Mengen gibt es, und viele Aussagen k¨onnen getroffen werden ohne Kennt- nis des konkreten Raumes, nur durch Kenntnis vonTi-Eigenschaften. Zum Beispiel: IstX einT2-Raum, dann gilt, dass kompakte Mengen abgeschlossen sind[B, Satz 1.4.4]. Wie X wirklich aussieht brauchen wir gar nicht wissen.

Die Formela6=b∈X ist zu lesen als Abk¨urzung f¨ura∈X ∧b∈X ∧ ¬(a=b).

2Hier ist mitmehrkeinesfalls eine Abz¨ahlung gemeint. Vielmehr soll das heißen, dass es hinreichend viele Mengen gibt, mit denen sich andere Mengen trennen lassen.

(4)

Definition 10. Trennungsaxiome[S&S, Seite 11]

T0: a6=b∈X → ∃O ∈τ: h

a∈ O ∧ b6∈ O

∨ a6∈ O ∧ b∈ Oi

Ein Raum istT0 genau dann, wenn seine Topologie ungleiche Punkte unterscheiden kann.

a b

O

T1: a6=b∈X → ∃Oa,Ob∈τ: h

a∈ Oa ∧ b6∈ Oa ∧a6∈ Ob ∧ b∈ Obi Ein Raum istT1 genau dann, wenn alle seine Punkte als Singletons abgeschlossen sind.

a b

Oa Ob

T2: a6=b∈X → ∃Oa,Ob∈τ: h

a∈ Oa ∧ b∈ Ob ∧ Oa∩ Ob=∅i

Ein Raum ist T2 genau dann, wenn jeder Punkt als Singleton der Schnitt seiner abgeschlossenen Umgebungen ist. EinT2-Raum heißt auchhausdorffschoderHausdorff.

a b

Oa Ob

T21

2 : a6=b∈X → ∃Oa,Ob∈τ: h

a∈ Oa ∧ b∈ Ob ∧ Oa∩ Ob=∅i

a b

Oa Ob

T3: A⊆X ∧ b∈X\A→ ∃OA,Ob∈τ : h

A⊆ OA ∧ b∈ Ob ∧ OA∩ Ob=∅i

(5)

Ein Raum istT3 genau dann, wenn sich zu jeder offenen Menge um einen beliebigen Punkt dieser Menge eine abgeschlossene Umgebung schachteln l¨asst, die in der offenen Menge liegt.

A b

OA Ob

T31

2 : A⊆X ∧ b∈X\A→ ∃f : h

X →[0,1] stetig ∧f ↾A= 0 ∧ f ↾{b}= 1i Eine solche Funktionf wirdUrysohn-Funktion genannt.

A

b 0 R 1

X

f stetig

T4: A, B ⊆X ∧A∩B=∅ → ∃OA,OB∈τ: h

A⊆ OA ∧ B⊆ OB ∧ OA∩ OB=∅i Ein Raum ist T4 genau dann, wenn jede offene Menge zu jeder abgeschlossenen Teilmenge eine abgeschlossene Umgebung dieser Teilmenge umfasst. Das Lemma von Urysohn[B, Satz 1.6.2] be- sagt, dass ein RaumT4ist genau dann, wenn es zu je zwei abgeschlossenen disjunkten Mengen eine Urysohn-Funktion gibt.

A B

OA OB

T5: A, B ⊆X ∧A∩B=∅=A∩B →

∃OA,OB∈τ : h

A⊆ OA ∧ B⊆ OB ∧ OA∩ OB=∅i

A B

A B

OA OB

regul¨ar: X ist regul¨ar :⇔X istT0 ∧X istT3

Wie wir sp¨ater sehen werden, besagt Regularit¨at eines Raumes, dass erT0,T1,T2,T21

2 undT3ist.

normal: X ist normal :⇔X istT1 ∧ X istT4

Wie wir sp¨ater sehen werden, besagt Normalit¨at eines Raumes, dass erT0,T1,T2,T21

2,T3,T31

2 und T4 ist.

(6)

4 Beziehung der Trennungsaxiome

4.1 Implikationen

Wir wollen nun untersuchen, in welcher Beziehung die Ti-Axiome zueinander stehen. Dazu zeigen wir zuerst einige geltende Implikationen, die Gegenbeispiele f¨ur nicht g¨ultige Implikationen folgen sp¨ater.

Theorem 1. Behauptung: T5⇒T4

Beweis: Es gelte

L, M ⊆X ∧L∩M =∅=L∩M → ∃OL,OM ∈τ: h

L⊆ OL ∧ M ⊆ OM ∧ OL∩ OM =∅i zu zeigen ist

A, B⊆X ∧A∩B=∅ → ∃OA,OB ∈τ: h

A⊆ OA ∧ B⊆ OB ∧ OA∩ OB =∅i

Wir w¨ahlenL:=Aund M :=B und beachten, dass die Voraussetzungen derT4-ImplikationA∩B = L∩M = ∅ verlangen. Dann ist die linke Seite der ersten Formel erf¨ullt, die rechte Seite genau die

gew¨unschte Aussage der zweiten Formel.

Theorem 2. Behauptung: T31

2 ⇒T3

Beweis: Es gelte

A⊆X ∧ b∈X\A→ ∃f : h

X→[0,1] stetig∧ f ↾A= 0 ∧ f ↾{b}= 1i zu zeigen ist

A⊆X ∧ b∈X\A→ ∃OA,Ob∈τ: h

A⊆ OA ∧ b∈ Ob ∧ OA∩ Ob=∅i f−1 [0,1/3 )

, f−1 ( 2/3,1]

sind als Urbilder offener Mengen des Einheitsintervalles offene Umgebungen vonAbzwb, außerdem nach Definition des Urbildes disjunkt.

Theorem 3. Behauptung: T21

2 ⇒T2⇒T1⇒T0

Beweis: Es gelte

a6=b∈X → ∃Oa,Ob∈τ: h

a∈ Oa ∧ b∈ Ob ∧ Oa∩ Ob=∅i zu zeigen ist (f¨urT2 - aberT1 undT0 sind um nichts schwieriger)

a6=b∈X → ∃Oa,Ob∈τ: h

a∈ Oa ∧ b∈ Ob ∧ Oa∩ Ob=∅i

das funktioniert wegenOA∩ OB ⊆ OA∩ OB=∅, weiters trennen die offenen Mengen, die wir wegenT2

finden, wie inT1undT0 gefordert.

DieTn1

2-Axiome tragen nicht zuf¨allig diesen Namen. Sie liegen in ihrer St¨arke zwischen zwei ganzzahligen Ti, wie wir nun feststellen wollen.

Theorem 4. Behauptung: T3 ∧ T4⇒T31

2

Beweis[S&S, Seite 14]: Es gelten

C⊆X ∧ d∈X\C→ ∃OC,Od∈τ: h

C⊆ OC ∧d∈ Od ∧ OC∩ Od=∅i T4

(7)

Zu zeigen ist

A⊆X ∧ b∈X\A→ ∃f : h

X→[0,1] stetig∧ f ↾A= 0 ∧ f ↾{b}= 1i

d.h. wir wollen A und b mit einem stetigen f trennen. Mit C := A und d := b gilt, dass OcC als Komplement einer offenen Menge abgeschlossen ist, und außerdem zu C disjunkt. Auf diese beiden disjunkten, abgeschlossenen Mengen k¨onnen wir wegen T4 das Lemma von Urysohn anwenden und erhalten so eine stetige Funktion g :X →[0,1], die konstant 0 bzw. 1 auf der einen bzw. der anderen

Menge ist. Dann hatgalle vonf gew¨unschten Eigenschaften.

Theorem 5. Behauptung: T2 ∧ T3⇒T21

2

Beweis: Es gelten

c6=d∈X→ ∃Oc,Od ∈τ: h

c∈ Oc ∧ d∈ Od ∧ Oc∩ Od=∅i L⊆X ∧ m∈X\L→ ∃OL,Om∈τ : h

L⊆ OL ∧ m∈ Om ∧ OL∩ Om=∅i Zu zeigen ist

a6=b∈X → ∃Oa,Ob∈τ: h

a∈ Oa ∧ b∈ Ob ∧ Oa∩ Ob=∅i

Mit c:= aund d :=b erhalten wir aus T2 zwei offene, disjunkte Mengen Oc,Od. Es gilt nuna 6∈ Occ, also liefertT3 verm¨oge L:=Occ undm :=c zwei MengenOL,Om. Wir definieren nunOa :=OcL ∋a undOb:=L∋b, die disjunkte abgeschlossene Mengen sind. Wir wollen aber Umgebungen finden, daher zeigen wir als letzten Schritt noch, dassOa undOb offene Mengen umfassen:

OL∩ Om=∅ ⇒ Om⊆ OcL=Oa Oc∩ Od=∅ ⇒ Od⊆ Occ=L=Ob

Theorem 6. Behauptung: T0 ∧ T3⇒T2

Beweis: Wir nehmen hier im Beweis an, dass T0 eine Umgebung f¨ur a liefert. Ansonsten ist das Argument symmetrisch f¨urbzu f¨uhren.

a6=b⇒ ∃OT0 a∈τ: a∈ Oa ∧b6∈ Oa

⇒a6∈ Oca T3

⇒ ∃Ua, Ub∈τ: a∈ Ua ∧ b∈ Oca⊆ Ub ∧ Ua∩ Ub =∅

Theorem 7. Behauptung: T1 ∧ T4⇒T3

Beweis: Sind m6∈L ein Punkt in X und eine abgeschlossene Menge, dann m¨ussen wir diese beiden offen trennen. Dazu beachten wir, dass inT1-R¨aumen einzelne Punkte stets abgeschlossen sind (denn ihr Komplement l¨asst sich aus offenen Mengen vereinigen), k¨onnen somitT4in Form desUrysohn-Lemmas anwenden auf{m} ∩L=∅und erhalten die gesuchten offenen Umgebungen.

Nun ist es nicht mehr schwierig einzusehen, dass (wie zuvor behauptet)regul¨ar alleTibisi= 3 impliziert undnormal alle Ti bisi= 4. Wir m¨ussen nur bisherige Resultate einsammeln.

(8)

Theorem 8. Behauptung: X regul¨ar ⇒X istT0, T1, T2, T21

2 undT3

Beweis: SeiXein regul¨arer Raum, alsoT0undT3. Laut Theorem 6 istXauchT2, folglich mit Theorem 5 auchT21

2, und weiter mit Theorem 3 auchT1.

Theorem 9. Behauptung: X normal ⇒X istT0, T1, T2, T21

2, T3, T31

2 undT4

Beweis: SeiX ein normaler Raum, alsoT1 undT4. Laut Theorem 7 istX dannT3 und mit Theorem 3 bekommen wir aus T1 das schw¨achereT0. Also ist X regul¨ar. Nun liefert uns das vorige Theorem 8, dassX alleTi bis incl.i= 3 erf¨ullt, mit Theorem 4 erhalten wir auch nochT31

2.

4.2 Gegenbeispiele zu Implikationen

Nun wollen wir uns den Nicht-Implikationen zwischen denTi-Axiomen widmen, also untersuchen, welche echt st¨arker als andere oder unabh¨angig zu anderen sind.

Theorem 10. Behauptung: T06⇒T1 undT06⇒T3undT06⇒T4

Beweis: Wir basteln in Anlehnung an [S&S, II.8] ein Beispiel eines T0-Raumes, der nichtT1 oder T3

ist. Weiters geben einenT0-Raum an, welcherT4 verletzt.

SeiX :={0,1}, τ :=

∅,{1},{0,1} . Nun l¨asst sich um 0 keine Umgebung legen, die von 1 trennt (die einzige Umgebung ist schon ganzX). Dieser Raum ist folglich wederT1 nochT3.

F¨ur T0 6⇒ T4 sei Y := {1,2,3}, τ :=

∅,{1,2},{2},{2,3},{1,2,3} . Dann ist Y zwar T0, aber {1} und {3} sind abgeschlossene Mengen, die sich nicht durch disjunkte offene Mengen trennen lassen, da

Umgebungen stets 2 enthalten. Also istY nicht T4.

Da wir schon gezeigt haben, dassT2 und T21

2 st¨arker als T1 sind, T31

2 st¨arker als T3 ist und T5 st¨arker alsT4, wissen wir nun, dass auch diese nicht ausT0 folgen.

Die eben konstruierten Gegenbeispiele waren die einzigen mit einer endlichen Grundmenge, ab jetzt m¨ussen wir auf kompliziertere Konstruktionen zur¨uckgreifen. Das liegt daran, dass ein endlicher T1- Raum die diskrete Topologieτ=P(X) tr¨agt, und damit alleTi erf¨ullt.

Lemma 1. Behauptung: |X|<∞ ∧(X, τ) istT1 ⇒ τ =P(X)

Beweis: In einem T1-Raum sind Punkte abgeschlossen, da sich ihr Komplement als Vereinigung of- fener Mengen darstellen l¨asst. Eine beliebige Teilmenge von X ist somit die endliche (!) Vereinigung abgeschlossener Mengen und als solche abgeschlossen. Damit ist jede Teilmenge abgeschlossen (und of-

fen).

Theorem 11. Behauptung: T16⇒T2 ∨ T3 ∨ T4 ∨ T5

Beweis[S&S, II.18]: Wir geben einenT1-RaumX an, der nichtT2ist. Aufgrund des vorigen Lemma 1 muss|X|=∞sein.

X :=N, τ :=n

M ⊆N

|Mc|<∞o

∪n

∅o

τist eine Topologie, weil die Vereinigung von Mengen mit endlichen Komplementen selbst wieder endlich- es (sogar kleineres) Komplement hat, und weil der endliche Schnitt solcher Mengen ein Komplement hat, das sich als endliche Vereinigung endlicher Mengen darstellen l¨asst. Ferner gilt∅ ∈τ undN∈τ.

Dieser Raum istT1, denn sind a6=b∈N, so ist N\ {a} Umgebung von b undN\ {b} Umgebung von a. Zwei offene Mengen6=∅ k¨onnen aber nie disjunkt sein, weil sie einen Endabschnitt vonNteilen. Die Existenz von disjunkten, offenen Mengen ist jeweils notwendig f¨urT2,T3,T4undT5. Wir erkennen, dass

X keines dieser Axiome erf¨ullt.

(9)

Theorem 12. Behauptung: T26⇒T21

2

Beweis[S&S, II.75]: Wir geben einen T2-Raum X an, der nicht T21

2 ist. Sei X :=Q×Q+0 und τ die Topologie, die erzeugt wird durch dieǫ-Umgebungsbasis

Nǫ(x, y) :=n (x, y)o

∪n

(s,0)∈Q× {0} |s−√

2y|< ǫ ∨ |s+√

2y|< ǫo

Diese Umgebungen bestehen neben (x, y) aus zweiǫ-Intervallen rationaler Zahlen auf der AbszisseQ×{0}, welche um jene zwei Punkte zentriert sind, die man als Projektion von (x, y) entlang Geraden der Stei- gung±1√

2 auf die Abszisse erh¨alt.

Dieser Raum istT2, denn (s, t)6= (x, y)∈Xwerden auf die irrationalen Punkte der Abzisse (σ,0)6= (ξ,0) projeziert, die sich durch disjunkte offene Intervalle trennen lassen.

Dieser Raum ist nichtT21

2, denn der Abschluss von zwei Umgebungen ist nie disjunkt. Um das einzusehen betrachten wir eine MengeNǫ(x, y) auf der Umgebungsbasis. Den Abschluss vonNǫ(x, y) erhalten wir, wenn wir die zweiǫ-Intervalle auf Q× {0} abschließen, dann jedes Intervall entlang Geraden der Stei- gung±1√

2 nach oben verschieben, und diese verschobenen Intervalle dazuvereinigen. Denn dadurch erreichen wir genau jene Punkte, deren s¨amtliche Umgebungen nichtleeren Schnitt mitNǫ(x, y) haben.

( ) ( ) ( ) ( )

(x, y)

Nǫ(x, y) Nǫ(x, y)

Nǫ(x, y)

Theorem 13. Behauptung: T21

2 6⇒T3

Beweis[S&S, II.78]: Wir geben einenT21

2-RaumXan, der nichtT3ist. SeiX:=Q×Q+0 undτ:=τ+∪τ0, wobeiτ+ die euklidische Topologie aufQ×Q+ bezeichne undτ0 erzeugt sei von derǫ-Umgebungsbasis

Uǫ(x,0) :=n (x,0)o

∪n

(s, t)∈Q×Q+

(s−x)2+ (t−0)2< ǫ2o

Die Topologieτ beinhaltet also oberhalb der Abszisse alleǫ-Kugeln; auf der Abszisse werden die Umge- bungen erzeugt von Mengen, die einen Punkt auf der Achse beinhalten und eine um diesen Punkt zentrierte Halbkugel inQ×Q+.

Wir zeigen, dassX T21

2 ist. AufQ×Q+ist das einfach, weil die euklidische TopologieT21

2 ist. Der inter- essante Fall tritt auf, wenn ein Punkt (x,0) auf der Abszisse liegt. Wir betrachten eine Basisumgebung Uǫ(x,0) und deren Abschluss. Dieser besteht aus einer abgeschlossenenǫ-Kugel in Q×Q+, zusammen mit dem Intervall [x−ǫ, x+ǫ] auf der Abszisse. Durch hinreichend kleine Wahl von ǫl¨asst sich (x,0) somit von beliebigem (a, b) durch abgeschlossene Umgebungen trennen.

Wir zeigen, dass X nicht T3 ist. Daf¨ur untersuchen wir bei festem α >0 erneut eine Basis-Umgebung Uα(x,0) eines Punktes auf der Abszisse. Das KomplementUαc(x,0) dieser Menge ist abgeschlossen und besteht u.A. ausQ× {0} \ {(x,0)}. Diese abgeschlossene MengeUαc(x,0) l¨asst sich nicht offen von (x,0) trennen, denn f¨ur beliebigesǫ >0 umfasst eineǫ-KugelUǫ(x,0) einǫ-Intervall der Abszisse, ist also nicht disjunkt zu Q× {0} \ {(x,0)} ⊆ Uαc(x,0). Es l¨asst sich folglich keine Umgebung von (x,0) finden, die disjunkt zuUαc(x,0) w¨are. Es lassen sich (x,0) und die obige abgeschlossene Menge nicht offen trennen, also kannX nichtT3sein.

(10)

(x,0) (x,0)

(a, b) Uǫ(x,0) Uδ(a, b)

Uǫ(x,0)

Die AussageT3 6⇒T31

2 uberspringen wir an dieser Stelle und zeigen sie erst am Ende des Abschnittes.¨ Das liegt daran, dass das Gegenbeispiel recht aufw¨andig ist und leichter zu behandeln ist, wenn wir das Gegenbeispiel zuT46⇒T5 verstanden haben.

Theorem 14. Behauptung: T31

2 6⇒T4

Beweis[S&S, II.82]: Wir geben einenT31

2-RaumXan, der nichtT4ist. SeiX :=R×R+0 undτ :=τ+∪τ0, wobeiτ+ die euklidische Topologie aufR×R+ bezeichne undτ0 erzeugt sei von derǫ-Umgebungsbasis

Uǫ(x,0) :=n (x,0)o

∪n

(s, t)∈R×R+

(s−x)2+ (t−ǫ)2< ǫ2o

Die Topologieτ beinhaltet also oberhalb der Abszisse alleǫ-Kugeln; auf der Abszisse werden die Umge- bungen erzeugt von Mengen, die einen Punkt auf der Achse beinhalten und eine diesen Punkt tangierende ǫ-Kugel in R×R+.

Wir zeigen, dass X T31

2 ist. Auf R×R+ ist das einfach, weil die euklidische Topologie T31

2 ist. Der interessante Fall tritt auf, wenn ein Punkt (x,0) auf der Abszisse liegt. Gilt (x,0) 6∈A, so m¨ussen wir eine Funktionf angeben, die (x,0) vonAstetig trennt. DaAcoffen ist, finden wir eine Basis-Umgebung Uǫ(x,0), die disjunkt ist zuA. Wir definieren nun

f(x,0) :=





0 (s, t) = (x,0) 1 (s, t)∈Uǫc(x,0)

(s−x)2+t2

2ǫt (s, t)∈Uǫ(x,0)\ {(x,0)}

AufR×R+ istf stetig, weil innerhalb der Kugel stetige Funktionen zusammengesetzt werden und der Definitions¨ubergang am Kugelrand stetig erfolgt. F¨ur (s, t) am Kugelrand gilt n¨amlich

(s−x)2+ (t−ǫ)22

⇒ (s−x)22−(t−ǫ)2

⇒ (s−x)2+t2

2ǫt =ǫ2−(t−ǫ)2 2ǫt = 2ǫt

2ǫt = 1

Verm¨oge der Folge f(x,1/n) = 1/2ǫn n→∞→ 0 erkennen wir, dassf auch in (x,0) stetig ist, insgesamt also auf ganzX. Wir haben somit gezeigt:X istT31

2.

Wir zeigen nun, dassX nichtT4ist. Dazu geben wir zwei abgeschlossene MengenA, B an, die sich nicht offen trennen lassen. Wir definieren

A:=Q× {0}, B:= (R\Q)× {0}

Diese Mengen sind abgeschlossen, weil ihr jeweiliges Komplement in X um jeden Punkt eine Basis- Umgebung umfasst. Außerdem sind sie offensichtlich disjunkt. Der Versuch,AvonBdurch Umgebungen zu trennen, kann jedoch nicht gelingen. Wir zeigen dies, indem wir solche Umgebungen annehmen und einen Widerspruch erzeugen. Ist (Oq)q∈Q eine ¨Uberdeckung von A, dann schleppt jedes q ∈ Q eine

(11)

tangierende Kugel in R×R+ mit sich. Wollen wir auch B offen ¨uberdecken, so gilt dasselbe f¨ur jedes α∈ R\Q. Wenn wir nun mit Sn die Menge jener irrationalen Punkte bezeichnen, deren tangierende Kugel einen Radius gr¨oßer als 1/n hat, dann ist diese Menge nirgends dicht bez¨uglich der euklidischen Topologie. (Enthielte ihr euklidischer Abschluss n¨amlich einen rationalen Punkt, dann w¨are an diesem Punkt kein Platz mehr f¨ur eine offene, tangierende Kugel.) Jedes Sn besteht somit nur aus abz¨ahlbar vielen isolierten Punkten. Es gilt aberR=Q∪S

n∈NSn, wobei die Menge rechts des Gleichheitszeichens als abz¨ahlbare Vereinigung abz¨ahlbarer Mengen selbst abz¨ahlbar ist, R jedoch nicht. Das liefert den

gesuchten Widerspruch.

Das folgende Lemma stellt eine Versch¨arfung des Resultates T5 ⇒ T4 dar. Wir werden sp¨ater die Kontraposition der Aussage verwenden. Es gilt hier sogar ¨Aquivalenz[K,§14.V], wir ben¨otigen aber nur die Implikation und verzichten daher auf einen Beweis der Gegenrichtung.

Lemma 2. Behauptung: (X, τ) istT5 ⇒ ∀A⊆X: (A, τA) istT4

Beweis: Wir weisenT4 nach, indem wir zwei inAabgeschlossene disjunkte MengenLA, MA trennen durch Mengen, die bez¨uglichτAdisjunkte Umgebungen sind. Aufgrund der Definition der Spurtopologie k¨onnen wir die abgeschlossenen Mengen darstellen als

LA=A∩LX mit LX ⊆AX

MA=A∩MX mit MX⊆AX

Nun folgt aus

LA∩MA=∅

⇒ LX∩MX⊆AX\A

⇒ LA∩MX= (A∩LX)∩MX⊆A∩(AX\A) =∅

und analogLX∩MA=∅. Damit liefertT5angewendet aufLA, MAzwei inX offene, disjunkte Mengen

OL, OM. Deren Schnitte mitAsind die gesuchten Umgebungen.

Wir brauchen f¨ur das n¨achste Gegenbeispiel ein paar Aussagen ¨uber kompakte Mengen, diese Aussagen werden wir in den folgenden Lemmata bereitstellen.

Eine linear geordnete3MengeX,l¨asst sich auf sehr kanonische Weise topologisieren[S&S, II.39], indem man sie mit der Topologieτ versieht, die von offenen Intervallen (a, b) :={x∈X|a≺x≺b}erzeugt wird.

Lemma 3. Behauptung: X, τ ist kompakt ⇔4∀A⊆X: ∃infA ∧ ∃supA Beweis[S&S, II.39]: Der Beweis erfolgt f¨ur beide Implikationen seperat.

”⇒”: Wir zeigen die Kontraposition. Wenn eine Teilmenge A ⊆X kein Supremum (analog f¨ur Infi- mum) inX besitzt, dann bilden die Anfangsabschnitte X≺a :={x∈X|x≺a} bei laufendem a∈ A (gemeinsam mit X≻b := {x ∈ X |x ≻ b} f¨ur b eine obere Schranke von A falls eine solche existiert, ansonsten ohne diese Menge) eine offene ¨Uberdeckung vonX, die keine endliche Teil¨uberdeckung hat.

Zu jeder endlichen Anzahl von Elementen inAexistiert n¨amlich ein noch gr¨oßeres.

”⇐”: Sei (Oi)i∈I eine offene ¨Uberdeckung von X. Wir wollen eine endliche Teil¨uberdeckung find- en. Daf¨ur betrachten wir jene AnfangsabschnitteX≺a, welche von endlich vielen Oi ¨uberdeckt werden k¨onnen. Wir fassen diese a in einer Menge A zusammen. Dann ist A ein (echter oder unechter) An- fangsabschnitt vonX, weilA nach unten abgeschlossen ist. (Wenn ein langer Anfangsabschnitt vonX endlich ¨uberdeckt werden kann, dann ein kurzer erst recht.) Wir behaupten nun, dass A ein unechter Anfangsabschnitt ist, also ganzX. Um das einzusehen, ¨uberlegen wir uns, dass wir anAhinten immer noch ein St¨uck dranh¨angen k¨onnen. Ist n¨amlichα≺supA≺supX, dann kannX≺αendlich ¨uberdeckt

3Eine lineare OrdnungaufXist eine 2-stellige Relation, die reflexiv, transitiv, antisymmetrisch und total ist.

(12)

werden. Es gibt ein Os, welches supA ¨uberdeckt, und weil Os offen ist, ragt es ein St¨uck weit unter supA, enth¨alt also ein β ∈ A. Genauso ragtOs auch nach oben ¨uber supA hinaus, enth¨alt also auch ein γ ≻supA. Nun k¨onnen wir eine endliche ¨Uberdeckung von X≺α um Os erweitern und somitX≺γ

endlich ¨uberdecken. Also gilt γ ∈ A, folglich γ supA, was ein Widerspruch ist. Unsere Annahme supA≺supX muss demnach falsch gewesen sein. Mit dieser Argumentation sehen wir auch supX∈A, also tats¨achlichA=X. Das heißt ganzX kann endlich ¨uberdeckt werden, ist also kompakt.

Lemma 4. Behauptung: K⊆X ∧ X kompakt ⇒ K kompakt

Beweis[B, Satz 1.4.4]: Ist (Oi)i∈I eine offene ¨Uberdeckung von K, so ist die um Kc erweiterte Men- genfamilie eine offene ¨Uberdeckung von X. Diese l¨asst sich auf endlich viele Mengen reduzieren, womit

auchK eine endliche Teil¨uberdeckung besitzt.

Lemma 5. Behauptung: X kompakt ∧ X istT2 ⇒ X normal

Beweis: Wie wir schon wissen gilt T2 ⇒ T1, weswegen es gen¨ugtT4 zu zeigen (Erinnerung: normal

⇔T1 ∧ T4). Wir wollen also zeigen

A, B⊆X ∧A∩B=∅ → ∃OA,OB ∈τ: h

A⊆ OA ∧ B⊆ OB ∧ OA∩ OB =∅i

Sei a ∈ A beliebig aber fest. Wegen T2 finden wir offene ¨Uberdeckungen (Oa,¬b)b∈B und (Ob,¬a)b∈B von a respektive B mit Oa,¬b∩ Ob,¬a =∅ f¨ur jedes b ∈ B. Wegen Kompaktheit von A und B (siehe Lemma 4) d¨urfen wir diese ¨Uberdeckungen als endlich annehmen. Dann sindOa :=T

b∈{1,...,n}Oa,¬b∋a und OB,a := S

b∈{1,...,n}Ob,¬a ⊇ B disjunkte Umgebungen von a und B. Nun bildet (Oa)a∈A eine offene ¨Uberdeckung von A, die wir wiederum wegen Kompaktheit als endlich annehmen k¨onnen. Mit OA:=S

a∈{1,...,m}Oa undOB :=T

a∈{1,...,m}OB,a erkennen wir, dassT4 erf¨ullt ist.

F¨ur die Konstruktion des n¨achsten Gegenbeispiels verwenden wir Ordinalzahlen. Dabei handelt es sich um Wohlordnungen1 unterschiedlicher L¨ange (im ordnungstheoretischen Sinn) und unterschiedlicher Gr¨oße (im mengentheoretischen Sinn). Wir werden hier nicht viel weiter auf die Theorie der Ordinalzahlen eingehen, daf¨ur sei zB. auf [J] verwiesen.

Theorem 15. Behauptung: T46⇒T5

Beweis[S&S, II.86]: Wir geben einen T4-Raum X an, der nicht T5 ist. Das machen wir, indem wir einenT4-Raum konstruieren, der einen Unterraum besitzt, welcher nichtT4 ist. Laut Lemma 2 kannX dann nichtT5sein.

Wir definieren X1 := [0, ω], das ist die abz¨ahlbare, wohlgeordnete Menge all jener Wohlordnungen, die k¨urzer5 als oder gleich lang wie N,≤ sind. X1 ist also isomorph zu {1,2,3, . . . ,∞}. Weiters sei X2:= [0, ω1], das ist die ¨uberabz¨ahlbare, wohlgeordnete Menge all jener Wohlordnungen, die k¨urzer als oder gleich lang sind wie die kleinste ¨uberabz¨ahlbare Ordinalzahlω1. Dieses Intervall ist sehr groß,X1ist nur ein winziges Anfangsst¨uck davon. Wir topologisierenX1 undX2 mit der von der Ordnungsrelation k¨urzer oder gleich induzierten Topologie. WeilX1undX2 vollst¨andig sind, also jede Teilmenge Infimum und Supremum inXi besitzt, sind beide R¨aume laut Lemma 3 kompakt.

Wir betrachten nun X :=X1×X2 ausgestattet mit der Produkttopologie, die von offenen Rechtecken (l1, l2)×(u1, u2) ⊆ X erzeugt wird. Dann ist X als Produkt kompakter R¨aume laut dem Satz von Tichonow[B, Satz 1.4.7] kompakt (im Spezialfall eines endlichen Produktes wie hier kommt man sogar ohne Auswahlaxiom aus) und wie man sich leicht verdeutlicht istX auchT2. Laut Lemma 5 istX daher normal, insbesondereT4.

Wir zeigen, dassXnichtT5ist, indem wirX:=X\{ω, ω1}definieren, also den Eckpunkt rechts oben aus

4Ein Elementxeiner linear geordneten MengeX heißt Supremum vonA, genau wenn xdie kleinste obere Schranke vonAinXist. Analog heißtxInfimum vonA, genau wenn es die gr¨oßte untere Schranke ist.

5Eine Wohlordnung1 K,heißturzerals eine WohlordnungL,genau wenn es eine monotone BijektionKL⊏m

zwischenKund einem Anfangsabschnitt vonLgibt. Mit dem Auswahlaxiom sind je zwei Wohlordnungen vergleichbar.

(13)

X entfernen, und von diesem Unterraum zeigen, dass er nichtT4ist. Sind OA, OB offene Umgebungen der in X abgeschlossenen Mengen A:= [0, ω)× {ω1} undB :={ω} ×[0, ω1), dann sind OA und OB nicht disjunkt. Um das einzusehen untersuchen wir die Umgebung OA. Diese enth¨alt zu jedem Punkt (n, ω1) ein offenes Intervall um ω1, d.h. wir finden eine Ordinalzahl αn auf der Ordinate, sodass alle gr¨oßeren Ordinalzahlen (bisω1) inOA liegen. Wenn wirn∈[0, ω) laufen lassen, dann erhalten wir eine punktweise horizontale Schranke inX, oberhalb derer alle Punkte inOAliegen. Mit η:= supn∈[0,ω)αn

giltη < ω1, denn wie oben erw¨ahnt ist [0, ω] ein kurzes Anfangsst¨uck des l¨angeren Intervalls. (Das sieht man z.B. indem man sich ¨uberlegt, dassω1 ¨uberabz¨ahlbar viele echt kleinere Vorg¨anger hat und somit durch abz¨ahlbar viele echt kleinere Ordinalzahlen unerreichbar ist.) Es gilt also [0, ω)×[η, ω1) ⊆ OA. Betrachten wirOB, so stellen wir fest, dass zu jedemb∈[0, ω1) ein horizontal nach links ragendes offenes Intervall (βb, ω)×b von OB umschlossen ist. Insbesondere finden wir zub :=η+ 1 einen Punkt links vonω, der dann aber sowohl inOA als auch inOB liegt. D.h.AundB lassen sich nicht offen trennen, womitX nichtT4 undX nicht T5 ist.

0

0 1 2 3 . . .

OA OB

A

ω B

ω ω1

η

Lemma 6. Behauptung: (X, τ) istT3 ⇒ ∀A⊆X: (A, τA) istT3

Beweis: Sind m 6∈LA ein Punkt in A und eine disjunkte in A abgeschlossene Menge, so wollen wir diese beiden offen trennen. Wir behaupten es gibt eine inX offene ObermengeLXzuLA, in dermnicht liegt. Mit der DarstellungLA=LX∩A, die sich aus der Definition der Spurtopologie ergibt, gilt

m6∈LA ⇒ m∈(LA)c= (LX)c∪Ac

m∈A⇒ m∈(LX)c

⇒ m6∈LX

Nun k¨onnen wir verwenden, dassX T3 ist und erhaltenτ-offene Mengen OL, Om. Deren Schnitte mit Asind die gesuchtenτA-offenen Mengen, mit denen wir trennen k¨onnen.

F¨ur das Gegenbeispiel, welches uns verdeutlicht, dass T31

2 echt st¨arker ist als T3 verwenden wir als Bausteine rechteckige R¨aume Yi, wobei jeder Quadrant einer solchen Platte Yi dem in Theorem 15 konstruierten Raum X gleicht. Wir wollen erst so einen RaumYi definieren und im folgenden Lemma 7 eine zentrale Eigenschaft zeigen, bevor wir uns in Theorem 16 an die Konstruktion des Gegenbeispiels machen.

Sei A:= [0, . . . , ω, . . . ,0+] das am rechten Eckpunkt gespiegelte Intervall [0, ω] aus Theorem 15, und B := [0, . . . , ω1, . . . ,0+] entsprechend entstanden durch Spiegelung von [0, ω1]. Wir setzen nun Y :=

A×B\ {(ω, ω1)}, spiegeln also den Raum X aus Theorem 15 an der unteren und der linken Achse, sodass eine rechteckige Platte mit herausgebohrtem Mittelpunkt resultiert.

Lemma 7. Behauptung: Y wie oben∧f :Y →Rstetig⇒ ∃α < ω1:f ↾+]×{ω1} konstant

(14)

Beweis[S&S, II.87]: Wir gehen in zwei Schritten vor. Erst zeigen wir f¨ur jedes k∈[0, ω) die Existenz eines horizontalen Intervalles um (ω1, k) auf dem f konstant ist, dann folgern wir daraus die Existenz eines solchen Intervalles um den gel¨oschten Punkt (ω, ω1).

Schritt 1: Sei k ∈ [0, ω). Wir betrachten die horizontale {k} ×[0, ω1)-Halbgerade in Y. Wegen der Stetigkeit vonf gilt

∀n∈N∃αn ∈ {k} ×[0, ω1)∀β > αn :|f(αn)−f(β)|< 1 n

Bilden wir nun den Grenz¨ubergang n→+∞, so erkennen wir, dassf auf {k} ×[supαn, ω1] konstant ist (supαn 6= ω1 wie schon in Theorem 16 erw¨ahnt). Das Argument funktioniert analog auf {k} × (ω1,0+], mit derω1-n¨aheren der beiden Ordinalzahlen supαn und infα+n finden wir sogar ein um (k, ω1) symmetrisches Intervall, auf demf konstant ist.

Schritt 2: Aus Schritt 1 haben wir zu jedemk ∈[0, ω) einαk erhalten, sodass f auf {k} ×[αk, α+k] konstant ist. Nun gilt α := supk∈[0,ω]αk 6= ω1 6= infk∈[0,ω]α+k =: α+, weil die Ordinalzahlω1 nicht von abz¨ahlbar vielen echt kleineren Ordinalzahlen erreicht wird. Somit finden wir ein Intervall [α, α+] symmetrisch um den Punkt ω1, auf dem f in jeder horizontalen Gerade inYi konstant ist. Bilden wir nun f¨ur festesγ ∈[α, α+]\ {ω1} eine vertikale Folge (n, γ)n∈[0,ω], dann gehtf(n, γ) wegen Stetigkeit gegenf(ω, γ). Daf bez¨uglichγkonstant war f¨ur allen, istf konstant auf{ω} ×([α, α+]\ {ω1}).

Theorem 16. Behauptung: T36⇒T31

2

Beweis[S&S, II.90]: Wir geben einen T3-Raum an, der nichtT31

2 ist. Sei Yi die abz¨ahlbar unendliche konstante Familie, die f¨ur jedesi∈Zden oben definierten RaumYi als Eintrag hat. Wir statten diesen Raum mit der Produkttopologie aus und modifizieren diese Topologie noch, um eine zusammenh¨angende Schnecke (oder Schraube) aus den PlattenYizu generieren. Wir kleben den vierten Quadranten [ω,0+]× [0, ω1]\ {ω1} eines jeden Yi mit der Kante K := (ω,0+]× {ω1} an den ersten Quadranten [ω,0+]× [ω1,0+]\{ω1}seines NachfolgersYi+1, indem wir Umgebungen von Punkten (x, y) aufKerzeugen lassen von Intervallen der Form

(β, γ)×(α, ω]

| {z }

⊆Yi

∪(β, γ)×(ω, α+)

| {z }

⊆Yi+1

∋(x, y)

Sprich: Umgebungen von Punkten aufK ragen oberhalb der Klebekante inYi und unterhalb inYi+1. Weiters f¨uhren wir zwei Endpunkte±∞an den Enden der Schnecke ein, und lassen Umgebungen dieser zwei Punkte erzeugen von Mengen der Form S

iYi mit i > n respektive i < n bei laufendem n ∈ N.

Diesen Raum nennen wir (X, τ).

Bemerkung: Man kann sich die Konstruktion vonX vorstellen als eine Stange mit zwei Kugeln an den Enden, um diese Stange schl¨angelt sich eine unendlich lange Wendeltreppe, die die beiden Endkugeln verbindet. Wenn wir nun die Stange entfernen, die Endkugeln aber belassen, dann erhalten wirX. Wir behaupten nun, dass der so konstruierte RaumX zwarT3 aber nichtT31

2 ist, und pr¨ufen zuerstT3

nach. Dazu m¨ussen wir einen Punktx∈X von einer abgeschlossenen Mengex6∈A⊆X offen trennen.

Wir unterscheiden zwischen den zwei F¨allenx∈Yi undx=±∞.

Fall x∈∈∈X:Laut Lemma 6 ist jeder Quadrant einesYieinT3-Raum, weil er ein Teilraum desT3-Raumes [0, ω]×[0, ω1] ist. Wie man sich leicht verdeutlicht, ist daher jede Platte Yi ebenfalls T3. Die Spur von A in Yi ist eine abgeschlossene, zux disjunkte Menge (oder wenigstens Teil einer solchen Menge) und kann in Yi (weil T3) daher verm¨oge Ox und OA getrennt werden. Diese Umgebungen sind auch in X offen. Den Sonderfall x∈ Ki, wenn xalso an der Klebestelle zweier Yi liegt, behandelt man genauso, man muss die offenen Mengen dann inYi undYi+1 suchen und dieOA vereinigen, dieOxschneiden.

Fall x===±∞±∞±∞: Sei o.B.d.A. x = ∞, der andere Fall wird analog behandelt. Ac ist offen und daher Obermenge zu einer Basisumgebung von x der Form S

i>nYi f¨ur ein festes n ∈ N. Wir setzen Ox :=

S

i>n+1Yi sowieOA:=S

i<nYi\Kn und erhalten damit die gesuchten offenen Mengen.

Also ist X T3. Nun pr¨ufen wir nach, dass X nicht T31

2 sein kann, d.h. wir geben einen Punkt y und eine abgeschlossene Menge B an, die sich nicht durch eine stetige Funktion trennen lassen. Wir setzen y:= +∞undB:=−∞(als Punkt abgeschlossen, weilX\ {−∞}offen ist). Seif eine stetige Funktion

(15)

X →R. Laut Lemma 7 ist f in jedemYi auf einem zentrierten Intervall der [0, ω)∪(ω,0+]

× {ω1}- Geraden konstant. Dieses Intervall liegt mit der rechten H¨alfte auf der Klebestelle Ki zwischen zwei Platten, womitf in beiden Platten denselben konstanten Wert annimmt. Dies gilt f¨ur jedesi∈Z, daher k¨onnen wir eine Folge (xi)i∈Z mit xi ∈ Yi finden, auf der f konstant ist. Weil f als stetige Funktion insbesondere folgenstetig ist, gilt

f(−∞) = lim

i→−∞f(xi) =f(x0) = lim

i→+∞=f(+∞)

Also hat jede stetige Funktion in−∞und +∞denselben Wert, folglich istX nichtT31

2.

Bemerkung: Wenn wir unsX als Wendeltreppe vorstellen, dann ist der Raum so gebaut, dass jede stetige Funktion auf der mittigen Stange konstant ist, um die sich die Treppe schl¨angelt (und die den gel¨oschten Punkten (ω, ω1)ientspricht). Unsere Treppe ist ’eng’ genug, sodass selbst nach Entfernen dieser Stange die Konstantheit der stetigen Funktion erhalten bleibt und damit die Kugeln am oberen und unteren

Ende auf denselben Wert abgebildet werden.

5 Zusammenfassung

Die Zusammenh¨ange unter den Ti-Axiomen, die im Rahmen dieser Arbeit er¨ortert wurden, lassen sich im folgenden Diagramm veranschaulichen. Dabei sind Mengen, die sich grafisch unterscheiden, auch tats¨achlich verschieden - und diese Tatsache wurde hier gezeigt. Es sei aber darauf hingewiesen, dass nicht alle Verh¨altnisse, die in der Realit¨at gelten, in diesem Diagramm korrekt wiedergegeben werden.

So folgt etwa aus T0 gemeinsam mitT4 noch nicht Normalit¨at des Raumes[S&S, II.16], auch wenn das hier suggeriert wird. Da diese Aussage aber hier nicht bewiesen wurde, wird sie in der Grafik bewusst nicht visualisiert.

T

0

T

1

T

2

T

212

T

3

T

312

T

5

T

4

regul¨ ar

normal

(16)

Literatur

[B] Martin Bl¨umlinger:Analysis 3 (WS 2011/12) Vorlesungsskriptum, http://asc.tuwien.ac.at/~blue/Ana3.pdf, 2011

[J] Thomas Jech:Set Theory, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 2006 [K] Kazimierz Kuratowski: Topology, Academic Press, New York London, 1966

[S&S] Lynn A. Steen, J. Arthur Seebach Jr.:Counterexamples in Topology, Holt, Rinehart and Winston, Inc., New York u.a., 1968

Referenzen

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