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Erklärung vediscber Wörter.
Von Th. Aufrecht.
1. nishtür.
Nishtür findet sich im Rigveda nur in den beiden Formen
nishture and nishturah. Das pada tbeilt nih-ture und
nih-turah, wonach es als eine Zusammensetzung von tur mit
der Präposition nis aufgefasst wird. Itoth schliesst sich daran an,
und übersetzt es mit „der keinen Ueberwinder hat". Er liess ausser
Acht, dass diese Uebersetzung in VIII. 32, 27 keiuen Sinn giebt,
und dass keine Stelle im Veda vorkommt, wo die Wurzel tar mit
nis verbunden wäre. Meiner Ansicht nach ist es in ni-stur ab¬
zutheilen, das ich von ni star, zu Boden strecken, prosternere,
ableite. In der ersten Stelle ist nishtür activ „der zu Boden
fällende", in der zweiten passiv, „zu Boden zu fällen". VIII. 32, 27.
Dem starken Ueberwältiger, dem unbesiegten Sieger ruft
Gotteingegebnes Lied ihr zu.
VIIL 66, 2.
Darauf sprach zu ihm ^avasi, den Spinnenfeind, den Wolkeusohn,
Mein Kind, die wirf zu Boden du.
Bestätigung erhält diese Auffassung zunächst durch anishtrita in
vm. 33, 9.
Der wackre, nie gefällte Held, zur Schlacht gerüstet ohne Furcht,
Lauscht Indra Sängers Rufe gern, nicht länger zögernd nah'
er uns.
Sodann durch den Gebrauch von ni star. II. 11, 20.
asyä suvändsya mandinas tritäsya ny arbudam vävridhäno astah (
„Arbuda, den Feind dieses spendenden freudigen Trita, streckte
er mit Macht danieder". VII. 18, 11.
6kaiji ca yo viii^atiiii ca yravasyä' >aikariiayor jänän räjä ny dstah I
„Als der König einundzwanzig Mannen der beiden Vaikari.ia in
Ruhmeslust erlegte".
206 Aufrecht, Erklärung vcdischer Wörter.
2. äQvabudhya.
Dieses Wort kommt dreimal, und zwar nur im ersten Ashtaka
vor. Roth übersetzt es mit „durch Rosse bemerkenswertb, —
ausgezeichnet", und Beufey mit „an Rossen kennbar". Diese Er¬
klärung, in der budhya von der Wurzel budh abgeleitet wird, ist
in sprachlicher und sachlicher Beziehung unbefriedigend. Sprachlich,
weil die analogen Bildungen brabmacarya, pürbhidya, prakämödya,
brabmodya, brahmava'dya , mantragriitya , admasädya, talpasädya,
räjasnya, devahdya, und andere, den Accent auf dem letzten Theile
habeu. Sachlich, weil in 92, 7 der Gegensalz zwischen agvabudbya
und goagra unverkennbar ist. Der wahre Sachverhalt ist der, dass
budhya entweder geradezu aus budhnya verderbt, oder vou einer
nicht vorhandenen , aber im Siune dem Worte budhna entsprechen¬
den Form budha entspringt, a^vabudhya ist „auf Rossen gegründet,
auf Rossen beruhend". I. 92, 7.
prajdvato nrivdto a^vabudhyän üsho
göagrän üpa mäsi vä'jän |
„Morgenroth, verleihe uns sammt Nachkommenschaft und Söhnen
Güter, die in Iiossen ihre Grundlage und in Rindern ihren Gipfel
finden", agra und budhna sind auch iu III. 55, 7. X. III, 8.
135, 6 einander entgegengestellt, und Agni heisst in I. 96, 6, die
Grundlage aller Habe und Zuführer von Schätzen. Iu I. 92, 8
haben wir:
tishas tdm a^yäiii yag.dsam suviram
däsdpravargaiii rayim agvabudhyam |
„Morgenroth, müge ich den ruhmreichen Wohlstand erlangen,
der mit trefflichen Söhnen, zahlreichen Sklaven begleitet, und auf
Iiossen gestützt ist". I. 121, 14.
prd no vdjäu rathyö ägvabudhyän
ishe yandhi ^rdvase sünritäyai |
„Schenke uns Güter mit Wagen begleitet, auf Rossen gestützt,
zu Macht und Ruhm uud Ergötzen".
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Zur Geschichte der Etymologie des Namens
Von
Dr. Ignaz Goldziher.
Es gehört, wie bekannt, zu den Eigenthümlichkeiten der se¬
mitischen Geschichtsschreibung und vorzugsweise der des A. T., dass
sie die Namen der in ihr eine Rolle spielenden Personen und
Orte gerne mit einer an ein historisches Faktum sich anlehnenden
etymologischen Unterlage versieht. Die Rabbinen setzen diese Art
der Behandlung der Eigennamen fort, indem sie Eigennamen, welche
im A. T. selbst ohne jede weitere etymologische Begründung auftreten,
nach eigenem Gutdünken mit einer solchen versehen ; es wäre un¬
nöthig dies letztere durch Beispiele zu veranscbaulichen, und wir
heben daher aus der grossen Fülle der Beweisstellen nur eine her¬
vor dasselbe Verfahren bemerken wir auch an dem Buche der
Jubiläen, wenn es —■ was schou Hieronymus aus dieser „kleineu
Genesis" hervorhebt — sich bestrebt den Namen nin durch die
Erzählung von dem „Verscheuchen" (aram. "rjin arab. ^j^)
zu motiviren. Keine der alttestamentlichen Namensetymologien hat
aber die Exegeten des Mittelalters so sehr beunruhigt, wie die des
n. pr. ijb (Genes. .5, 29), ein Name, der noch ausserdem das son¬
derbare Geschick hatte, von Anius Viterbus auf Grund einer Ety¬
mologie aus y^ mit Janus identificirt ^) und nach dem syrischen
Kirchenvater Melito von den Elamitern — wenn Renan richtig er-
1) Midr. z. II. L. 2. 12. nnaiT ims'os ffi» D-'S« «213 Nips rm\>
m Dm''n nt< Aus den Eigentliiimliclilieitcn der r.ibliiniselien Beliandlungs- weise der nom. jn'opr. wollen wir noeli liervorlieben , d.iss die Rabbinen selbst nomina appellativa zu Eigennamen stempeln. So wird nach Gen. 24, 2 bisa eine Tochter Abrahams, Namens Bakkül (Baba bathra IG. a); der Pa- triach Jakob wird ,, Schemesch" geuannt n.ach Genes. 28, 11, wo iibersetzt wird: ,, denu Schemesch (Jakob) kam" (Midrasch rabba sect. 68), aus Ü'^lIJllJtt (Jerem. 13, 17) wird ein Ort Namens „Mistärim" (Chagiga 5 b); ein ,ius Eden entspi'ingendcr Strom wird ( l'csiktha d. K. Kahana ed. Buber p. 58 a.) Jfibal genaimt nach Jerem. 17, 8. Süta 12. a. E.todus rabba sect. 1 wird das in Exod. 2, 2 vorkommende 3113 als nom. pr. „Moses" ausgelegt u. s, w.
2) Vgl. Münster, Chaldaica grammatica Basel 1707 p. 2. Asarja dei Rossi Meor Enajim c. 57 ed. Cassel p. 456.