Wissenschaftlicher Jahresbericht
über das Jahr 1856.
Von
Dr. Rickard Goache.
(Scbluss. Siehe S. 25.5—311.)
Einen tiefgreifenden Einfluss werden nacb und nacb die
assyrisch-babyloniscben Entdeckungen auf die Gestaltung der
seniitischen Philologie ausüben; eine neue semitiscbe
Sprache, eine neue zusammenhängende semitische Mythologie,
vor Allem iiberbaupt ein staatenbildendes semitisches Volk mit
einer alten, die Grenzen der Heimat weit überschreitenden Ge¬
scbicbte ist gefunden , die hergebrachte Tirade vom nothwendi¬
gen Nomadenthum der Semiten mit einem Ruck zertreten. Frei¬
lich wem ein tieferer geschichtlicher Blick nicht ganz abging,
der konnte längst von dem alten Hirten- uud Familienleben des
semitischen Volksstammes abstrahiren: denu überall reichen bis
in diese Schicht der Culturnicderschläge die Wurzclfasern des
Staatsorganisnius hinauf. Wunderlich aber wäre es, etwa der
Beimischung kuschitischer Elemente diesen politischen .Aufschwung
zuschreiben zu wollen, da die Kuscbiten für sich nirgend ein
politisches Talent verrathen. Die Weltstellung und das sicb bil¬
dende Bewusstsein von ihr erzeugen staatliches Leben, und so
babeu die semitischen Stämme in den Euphrat- und Tigrisläodern
es entwickelt. Die nähere Kenntniss der .Sprache derselhen wird
uns die schwere linguistische Frage entscheiden helfen, welche
die lautliche Ürsprünglichkeit der aramäischen Idiome und die for¬
melle concrete Fülle des Arabischen so verwickelt macben ; eine
Frage, weicbe in Renan's geistreichem Bucbe durch die chrono¬
logische Gruppirung nicht beantwortet, sondern mit um so mebr
Klarheit und Schärfe hingestellt worden isf. ' Das mythologische
Material , welches Inschriften uud Denkmäler jener alten semiti¬
schen Staaten immer reichlicher liefern , wird uach bestimmter
Ausscheidung der iranischen Einflüsse in grösserem Umfange und
mit mehr Detaillirung sicb zu einem einheitlichen Bilde des alten
Volksglaubens gestalten lassen und diese Seite der Urgeschichte
des an religiösem Talent bedeutsamsten Volkes der Welt endlich
klar erkannt werden.
Neben jenen massenhaften Entdeckungen gab ein glücklicher
phönizischer Fund mächtige neue Anregungen und nacb jenen
von Rüdiger hereits so kuudig gewürdigten verhältnissmässig
Bd. XI. 38
586 Gosche, mssenschafll. Jahresberichl über das J IS-iO.
zahlreiclien Studien über den sidonischen Sarkophag hat dus lau¬
fende Jahr vor allem die etwas verspätete aber dankbar hinzu¬
nehmende Publicatiou des ehrenwerthen Due de Luynes gebracht
aus deren bildlicher Darstellung man sicb einen genauem Begrilf
iiber die Aeusserlichkeit jenes kostbaren Denkmals aucb in wei¬
tern Kreisen wird machen können. ich habe wenige alte In¬
scbriften auf Stein in solcher Schärfe gesehen wie an diesem
einzigen Monument des Louvre: nur die ägyptischen Steintafeln
und die feine Arbeit der assyriscben Reliefs lassen sich ibnen
vergleicben. Die Pariser Gelehrten scheinen die Verpflichtungen
zu fühlen, welche der Besitz und die Zugänglichkeit des Sarko¬
phags ihnen auferlegt: wir haben wäbrend d. J. 1856 zwei um¬
fangreichere Erklärungen der Insebrift von dort erhalten, von
Munli und von Barges. Munk's Arbeit bildet eine Zierde des dies¬
jährigen Journ. As. '^^) unii ihr die Priorität in mancben nicbt
unwesentlichen Dingen zu bewahren, muss bier die Bemerkuog
der Redaetion der französischen Zeitschrift wiederbolt werden,
dass dieselbe bereits am 6. April einlief. Dagegen bleibt das
Memoire des Prof. Barges '■'') tief unter den bescheidensten For¬
derungen unsrer gegenwärtigen immerbin schwankenden Kennt¬
niss des Phönizischen. Mit grösserem Ernst fast SchloUmann
seine Aufgabe "^), dessen Abuandluug die Grenzen einer ur¬
sprUnglich beabsichtigten Anzeige von Hitzig's geistreich kühner
Erklärung überschritten hatte uud reicb aa feinen Einzelnbemer¬
kungen ist. Wir freuen uns auf eine iu Aussicht gestellte neue
Behandlung der Insebrift durcb Uiidiger, neben welchem Ewald
unter uus Deutschen das Bedeutendste darüber gebracht hat^').
Für die zusammenhängende Betrachtung der phönizischen
Culturverbältnisse ist uns ehen in Movers der tüchtigste Arbeiter
entzogen worden ; die erste Abtbeilung des dritten Bandes seines
phöniz, Altertbums ist seine Abschiedskarte an uos ^^). Damit
liegt die Geschichte des phöniz. Handels in ihren weltgeschicht-
67) Vgl. über sie Ewald in den Göll. G. A. 1856 nr. 69—71, J. Deren¬
bourg im Journ. As. 1656 Fevr. Mars p. 260—264.
68) Essai Sur I'inscription Phenicienne du Sarcophage d'Eschmoun-'Ezer, roide Sidon, par S. Munt (m. 1 Tf.), Journ. As. 1856, Avr.-.Mai p. 27.?—315.
69) J. J. Barges, memoire sur le sarcophage et l'inscriptiou funeraire d'Eschmunazar, roi de Sidon. Paris 1856, 4. 51 S. Vgl. Revue de l'Or.
1856 Fevr. p 156 f. Juill. p. HO f.
70) Ueher die Grahschrift des Eschmunazar. Von Prof, Const. Schlott¬
mann, Ztschr. d. D. M. G. X p. 407—431 und Nachtrag p. 587—539. Vgl.
Ewald in Gült. G. A. 1856 nr. l4l. 142.
71) Vgl. üher seine hierber gehörigen Arheiten ihn selbst Gött. gel.
Anz. 1856, Nachr. v. d. Univers. nr. 1, und Lit. Centralbl. nr. 29 p. 464 f.
72) Das phönizische Allerthum. Von F. C. Movers. 3. Theil, Erste Hälfte. Handel n. Schifffahrt. Auch m. d. T. Die Phönizier. Von F. C. Mover*.
2ten Bds 3r Theil. Berlin, F. Dümmler 1856. 8. VIII u. 336 S.
Gosche, u-issenschafIi. Jahresbericht über das J. 1856. 5S7
liehen Momenten vor uns, und es ist höchst anziehend, diese
Zusammenstellungen mit Kruse's Uandelsgeschichte von Indien,
besonders aber mit der im Druck begriffenen Abtbeilung der indi¬
scben Alterthumskunde von Lassen zu vergleicben. Das englische
Werk von John Kenrick hat bereits Erwähnung gefunden '^). Die
Berührungen Pböniziens mit Griechenland, welchen die neuere
Geschichtsforschung wieder grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden
beginnt, hat Slark angefangen monographisch zu erörtern ' ').
henan verdanken wir einige in seiner gewohnten feinen Weise
gemachte, beachtenswerthe Bemerkungen über den Namen .San-
chuniatbon '"■).
Ich gebe zu Syrien weiter, dessen Culturleben ich mit dem
der Eupbrat- und Tigrisländer etwas zusammenhängend betrach¬
ten will. Das für eine genauere Kenntniss dieses Terrains über¬
aus wichtige Reisewerk Porlers über Damaskus (dessen Karte
durch ein wunderliches Versehen in ibrer Gradzeichnung ganz
verschoben ist, worauf Geographen und Nichtgeogrnpbcn sorgsam
acbten mögen) bildet den Gegenstand fortdauernder Besprechun¬
gen '^). Wenig wissenschaftliche Bedeutung hat das vorwiegend
von Tagesinteressen durchdrungene Buch von Worlabel nus Beirut,
dessen politische Plauderei sich schliesslich zu der Pointe spitzt,
dass die Erhaltung der Integrität der Türkei ein Lebenspunkt
für die Interessen Englands sei ''). Anziehender und sonst nucli
geographisch bemerkenswerther ist das Schriftchen über die scbon
erwähnte Euphratstrasse ") in ihrem Zusammenhange mit einem
zum Tbeil continentalen Wege nacb Indien gegeiiüber der Cana-
lisirung der Landenge von Suez. Einen Aufsatz über Beirut's
ollgemeine Stellung besonders für den Handel von Giequel Des-
touches bringt die Revue dc l'Or. "").
73) Vgl. Zlsebr. d. D. M. Ii. \ p. 702 und Ewald in CM. G. A. I85fi nr. 140.
74) Stark, Mythologische Parallelen t. Stück. Die Wachtel, Sterneninscl und der Oelbaum im Uercicbe phönikischer und griechischer Mythen, Berichte üher die Verhh. der kgl. Süchs. (ies. der Wiss. 18,56. philul -bist. Ol. /. //.
p. 32—120.
75) E. Renan, Observations sur le nnm de Sancbuniaihnn , .lourn. As.
1856 Janv. p. 85 f.
76) \ gl. Zischr. d. ü. M. G. X p. 756; Petermann's geogr. .Mitlh. 1856, IV. p. 162; Bentley's Miscellany 1856 Jan., Monthly Review nf Lit. , Science and Arl 1856 Febr. ; North American Review 1856 July etc.
77) Syria, and the Syrians; or, Turkey in Ihe Dependencies. Hy Gregory M. Worlabet of Beyroot. 2 Bde (718 S.) London, Madden 1856, 8. 21 sh.
Vgl. Alhenaeum 1856 March nr. 1482 p. 353.
78) The Euphrates Valley Route to lodia. By a Traveller. London, Stan¬
ford 1856, 8. 83 S. m. 1 Karle. (Leipzig, bei Broekhaus li ) Vgl.
Westminster Review 1856 nr. 20 p. 539.
79) Gicquel Destouches , Beyrouth. Situalion, commerce, accroisseraent.
Revue de l'Or. 1856 Avr. p. 305—307 nach der Presse de l'Orienl.
5S8 Gosche, wissensrhafll. Jahresherichl über das J. 1856.
Auf das ältere syriscb-araiuäisclie Culturleben weist einmal
bestimmter eine aramäisebe Insebrift zuriick, weicbe \on Marielle
bekanntlicb im Serapeum gefunden worden war; sie betreffen
nacb des ausgezeicbneten Due de Luynes Vorgange die sebönen
Erörterungen von Ewald und Renan, denen gegenüber die Be¬
merkungen des Abbe Uarges unbedeutend erscbeinen müssen
Für das syrisch-mesopotamiscbe Mittelalter ist nun endlich das
epochemachende Werk von Chwolsohn erschienen"'). Der erste
Eindruck desselben ist der einer sichtbar riesenhaft fortschrei¬
tenden Arbeitskraft und einer charactervollen wissenschaftlichen
Wahrhaftigkeit, so dass nur Jemand, der von beiden Tugenden
in-sicb auch nicht einmal das bescheidenste Maass besitzt, vnn
einer unrechtmässigen Aneignung der Grundgedanken in den
Tagesblättern reden konnte. Anklänge an früher ausgesprochene
Ansichten (z. B. des an scbeinbar geistreicben Einfällen sehr
reichen französischen Orientalisten Saint-Martin) finden sicb hier
und da, alter einmal in einem ganz anderen Sinne als jener bös¬
willige Referent der Augsb. Allg. Z. es will, und dann eigent¬
licb so vereinzelt, wenn man das methodische Verfuhren Chwol¬
sohn's erwägt, dass es seiner ehrlichen Versieberungen von der
Selbständigkeit seiner Arbeit kaum bedurft hätte. Ein unerwar¬
tetes Licht fällt in dieses chaotische Culturleben der Ssabier, in
welcbem die mannigfaltigsten Elemente des asiatischen Heiden¬
thums, Hellenismus, Christeothum u. s. w. zusammengeflossen
sind. Die reicbe Urkundensammlung, welche mit,einer fast bei¬
spiellosen Belesenheit im zweiten Bande vereinigt ist, würde
ibren boben Werth aucb dann nocb behaupten, wenn die durch
Kunik's Analyse aus den Melanges Asiatiques bereits in das wis¬
senschaftliche Publicum gelangten Grundansichten auch hier und
da durch die fortschreitenden Entdeckungen io den Euphrat- und
Tigrisländern modificirt werden sollten; aber dies wird nur in
sehr geringem Maasse der Fall sein und eine weit grössere Zabl
von Bestätigungen scheint die Zukunft für die Resultate bringen
zu wollen, weicbe eine ebenso scharfsinnige als ausgedehnte
Forschung aus den durch sie gewissermassen gerechtfertigten
orientalisclieu Geschiehtschreibern , Geographen u. s. w. zu Tage
80) Vgl. Duo de Lugnes im Bulletin archeol. de l'Alhen. fr. 1855 nr. 8. 9.
Ewald in der von Uiidiger Zischr. d. D. M. G. X p. 761 angefiihrten Ahh.
Ahhe J. J. Barges Nouvelle interpretation de I'inscription phenicienne de¬
couverle par M. Marictte daus le Serapeum de Memphis, in der Revue de l'Or. 1856 Mars p. 190— 206 (m. 1 lilbogr. Tf.) und E. Renan's Observa¬
tions Sur une inscriplion arameennc du Serap. de Memphis, im Journ. As.
1856 Avr. Mai p. 407—27 mit dem Holzschnitt des Due dc I.uynes.
81) Die Ssabier und der Ssabismus von D. Chwolsohn, Bd. I. II. St. Pe¬
tersburg, Buchdruckerei der kais. Ak. d. Wiss. 1856. 8. XXI u. 8'24, XXXII u. 920 S. S6i^ 16} Sgr. Vgl. Ewald in Göll. G. A. 1856 nr. 192—195 u. Fleischer in Ztschr. d. D. M. G. XI p. 159—161.
Gosche, wissenschaftl. Jahresbericht über das J. 1856. 589
gelordert liut. Der formell mangelhafte Character, welchen das
Werk durch den ununterbroclienen Fortschritt der Forschung noch
während des Druckes erhalten hat, ist für mich ein sicheres
Zeugniss der frischesten Selbständigkeit. Auch über die Kreise
der engeren orientalischeu Wissenschaft werden diese Untersu¬
chungen je mehr und mehr hinausgreifeo , insofern zahlreiche
Punkte der älteren westöstlichen Culturgeschichte durch sie be¬
reits entschieden , andere angeregt werden.
Im unmittelbarsten Zusammenhange mit diesen Ssabiern wird
stehn, was wir von Petermann über die Mandaer oder Johannes¬
christen aa authentischen Mittheilungeo zu erwarten haben. Nacb
einem bereits im J. 1854 gelieferten Artikel ist jetzt endlicb der
zweite zum Druck gekommen Dieser Gelehrte bat wäbrend
seines Aufenthalts in Ba^ra Gelegenheit gefunden, von dem Ober¬
priester der religiöseo Sekte, dem letzten Träger ihres eigen¬
thümlichen Dialects, allerlei Erkundigungen einzuziehen,, beson¬
ders aber die Sprache grüodlich zu erlernen. Von ihren Litte¬
raturwerken ist leider nur noch wenig vorbanden, und dies
wenige reicht nach der ehrlichen Versicherung des Priesters nicht
über zwei Jabrbb. zurück, indem fast alles durch die Muhamme¬
daner vernichtet worden sei. ich glaube, die ältesten Hss. be¬
finden sich in der kais. Bibliothek zu Paris, welche, wenn icb
micb recht besinne, der kundige Peiresce dahin gebracht hat;
Scbriftcbaructcr und das eigenthümliche braune, dicke Baum¬
wollenpapier derselben verbürgen für den ersten Blick eio ver¬
hältnissmässig hohes Alter. Was ich sonst in London von dieser
Litteratur sab, war von jüngerem Datum, im wesentlichen sind
sechs Sammlungen übrig, von welchen Petermann in seinen Un¬
tersuchungen die erste und fünfte eingehend benutzt hat: 1) das
„grosse Buch" (Sidra rabbah), welcbes aucb den Namen ,, Scbatz"
(Ginz) trägt und von Norberg unter dem nicht sehr zutreffenden
Namen ,, Liber Adami" ziemlicb schlecht berausgegeben worden
ist; 2) das „Buch der Gebete" (Sidra Bavätha) nicbt 10 Folio¬
blätter überschreitend 3) das „Buch der Seelen" (Sidra Nesch-
mätba) vielleicbt 20 "Folioblätter stark, das einer näheren Prü¬
fung sehr würdig wäre; 4) die „Erzählungen von Jobannes"
(Dräsche deJuhju), welches npokryphische Werk dem vorhergeben¬
den an Umfang etwa gleichkommt: 5) „das Buch des Thierkreises"
(Asfar Malwäsche), nächst dem Adambuche das umfangreichste;
6) eine Reihe von Beschwörungsformeln. Von dem ."iten astro-
logischeu Werke, welcbes wegen seiner vielfachen Beziehungen
uuf die mannigfaltigsten Lebensverhältnisse einen bedeutenden
lexicalischen Reichtbum enthält, hat Petermann für die kgl. Bi¬
bliothek zu Berlin eine Abschrift im Orient selbst besorgt. Hinter
82) Ueber die Mandaer. Von Prof. Dr. Pctemtann. 2r Art. , in Sebnei- der's Zeitscbr. f. chrisll. Wiss. 1856, Od. nr. 42, 43; vgl. 1854 nr. 23.
590 Gosche, wissenschafU. Jahresberichl über das J. 1856.
den astrulogischen Thorheiten verbergen sich mannigfaltig inter¬
essante Notizen zur Mythologie. Leider ist die Abhandlung,
welche Pelermann am 30. Juni 1856 in der Berl. .4k. d. Wiss.
über den Inhult dieses Buches las, immer noch niclit gedruckt;
dass es bald geschehe, wünschen wir auch der von ihm am
31. Juli dess. J. ebendaselbst vorgetragenen Darstellung der
tilaubenslehre der Mandäei.
Alle diese und ähnliche Religionsgemeinschaften zeigen in
ihren GInubensanschnuungen einen höchst fusionislischen Character,
welcher im ersten Augenblick die systematische Forschung abstos-
sen mag; diese wird sich aber immer reichlich belohnt sehen,
wenn sie d.ihiu gelangt ist, die bisweilen weit zurückreichenden
Grundelemente auseinander zu legen. Nach dieser Seite hin but
aucb das Glaubenssystein der Nu(airier einiges Interesse, dem
unsre Zeitschrift gelegentlich entgegengekommen ist; ganz un¬
zulänglich ist, wie ich aus einer genaueren Kenntniss des Ori¬
ginals ihres Katechismus behaupten durf, der von Victor Lang¬
lois gelieferte Artikel ■'*■').
Die äussere Geschichte dieses geographischen Gebietes wird
immer mehr an wissenschaftlicher Rundung gewinnen , und die
Syrer auch mit der Zeit ihren Movers finden. Das neuerdings
Gelieferte beschränkt sicb auf die mubammedanische Zeit. Freytag
behandelt mit gründlicher .Ausnutzung arabischer Quellen die Ge¬
schichte der Hamdaniden in .Mosul und .Aleppo "'*); Tiesenhausen,
ein Candidat der St. Petersburger Akad. d. Wiss. , hat eine Ge¬
schichte der ' Okailidendynastie in Mosul nacb Ibn Khaldun aus¬
gearbeitet und wir dürfen die Veroflentlicbung derselben samt
den erläuterten Originaltexten durch jene boclisinnige wissen¬
scbaftliche Corporation auf Dorn's Fnipfehlung bin erwarten
Tannü.i Sididq hat seine Geschichte des Libanou erweitert und
sie wird in E. Smith's Presse gedruckt*'').
Die I'flege der syrischen Litteratur wird durcb Uern¬
stein s Wörterbuch, welchem wir zum Heil der morgenländischen
Wissenschaft das rascheste Fortschreiten-wünschen , eine ganz
neue Richtung gewinnen, und die bisherige verhältnissmässig
grosse Vernachlässigung derselben wird angesichts des reichlichen
und kostbaren Materials, welches im Britisb Museum vorliegt,
ihr Ende linden. Die in nächste Aussicht gestellte neue Ausgahe
des praktiscben syrischen Elcmentarwerks von Uhlemann wird in
Deutschland , die Bearbeitung von Uo/fmanns syrischer Grammatik
durch U. Harris Cou per , welche vielleicht in diesem Augenblick
83) V. Langlois, Religion el doclrine des lVou,ssaries , Revue de l'Or.
1856, .luin p. 433—437.
84) Zlsebr. d. D. M. G. X S. 4.r2— 498.
H:>) Iinil. bist. pbit. de l'Ac. de Sl.-Pelcrsb. T. MII nr. 14, 15 p. 237.
86) Zlsebr. d. 1). M. G. X S. 303.
Gosche, wissenschafU. Jahresberichl über das J. 1856. 591
schon bei Williams and Norgiite in London ersebienen ist, in England
diesen Studien bequeme Leitfaden für den Anfang liefern , indess
der jetzige .Standpunkt der hebräischen Grammatik bedeutenderes
Nachstreben fordert. Curelon's Vorgang wird in seinem Vater¬
land und im übrigen wissenschaftlichen Europa Nachfolger wecken,
üie Hauptmomente dieser Litteraturpflege sind natürlich zunächst
theologischer Art. So werden die Ignatianiscben Briefe in einer
sorgfältigen und umsichtigen Weise von Lipsius besprochen "'),
docb bleibt immer noch hinlänglicher Raum für neue kritische
Fragen. L. hält den syrischen Text für den ursprünglichen uad
sieht in dem GriechischcB eine methodische Interpolation; die
drei Briefe an Polykarp, an die Epheser und Römer sind ihm
iu ihrer syrischen Gestalt die ächten Briefe des Ignatius. Die
gegenwärtige Recension von sieben Briefen rübrt von eineni Spä¬
teren her, der die drei ächten überarbeitete und vier nene hinzu¬
fügte, und es ist die griechische Receusion ein bedeutendes kir-
chengescbicbtliches Monument fiir das zweite Jahrb., fast bedeuten¬
der al.i die ächten Briefe des Ignatius. Die hohe Bedeutung des
Cureton'scben Spicilegium .syriacum von 1855 sncht mit besonderer
Rücksicht auf Melito und Bardesanus in seiner geschickten Weiso
Prof. J, L. Jacobi dem theologischen Publicum nahe zu rücken
An die Vcröffentlichim-»- der Kircheng-cschichte des eplicsisclicn
Bischofs Joannes dürc'i Cvrclon im J. 1853 lehnt sich eine an¬
ziehende Bin^oluntfirsuchnng von ./. P, N. Land "s), welcher ge¬
schickt vcrschicdeiM Momente zur kirchlichen Gesohirhtf chreihung
der Syrer zusammonstcllt. Die heigcgehene Karte gieht den
Schauplatz der nuliiscben Missionsthätigkeit des Bischofs. We¬
niger Fjobenswertbes kam von Beelens Ausgabe der beiden
Sendschreiben des Clemens Romanus über die Jungfräulichkeit,
deren Hieronymus und Epiphanius gedenken , deren griechisches
87) L'eber die Lehlheit der syrischen Ree. der Ignatianiscben Briefe, von Dr. ph. Lic. il. A. lApsius, Privatdoc. d. Theol. in Lpz. , in Niedner's ZeitscNr. T. bist. Theol. 1856 Kell. l. (auch bes. 160 S. 8.). Vgl. dazu L'hlhorn iu Göll. G. Anz. 1856. nr. 1S9.— 1^\.
88) In Schncidor'f Zeitfchrift für chrisl. Wis.<. 1856 April nr. J4. 15.
89) .Toannes Bischof von Eph-^so.« , der er.«te syrische Hirchenhistoriker.
Einleitende Studien von J. P. IV. Lnnd, Cand. theol. a. d. l'niv. Levden.
Mit 1 Tf. Leyden. Brill 1856. gr. 8. Xll n. 200 S. 1 17 k^.'
90) ci,*iQ!:i.2 uiuS£u.bii5 Iasq^j ]/o!^oI\=, Vii^j Ui.\5j ^-./•»^
l.»^.^^^ ,.SDOf^S>2 Sancti Patris nostri Clementis Romani Epistolae binue de Virginilate Syriace quas ad fidem Codicis msti Amstelod., additis nolis criticis pbilologicis, theol., il nova interpretatione lal. cd. Jon. Theod. lieelen.
Accedunt fragmenta nonnulla e\cgetici argum. cx eudem codice nunc primum edita ct lat. reddita. Lovanii, Fonleyn. 1856. XLVII u. 329 S. kl. 4. 3 ^ 12 tyf. vgl. Ewald in Güll. G. Anz. 1856 n. 14.'» —147. Lit. Centralbl.
185fi nr. 41 p. 645 f.
•J 8 «
592 Gosche, wissenschafU. JahresbericM^ über das J. 1856.
Original aber verloren war, bis Wetzstein sie am Ende einer ibm
aus Aleppo zugekommenen Hs. des Neuen Test, syriscb entdeckte
und 1752 mit lat. Uebers. herausgab. Finetti wiederholte in
Gallandi's Bibliotheca veterum Patrum Text und Uebersetzung;
Zingerle bearbeitete sie deutsch 1827 und in Anbetracht mancher
Versehen in Wetstein's Ausgabe glaubte Beelen an eine neue Un¬
tersuchung der Hs. geben zu müssen, welche sicb gegenwärtig
in der Bibliothek des Seminar's der Remonstranten zu Amsterdam
befindet. Charakteristisch ist, dass der Herausg. vom dogmatischen
Inhalt dieser beiden Sendschreiben sich so weit hinreissen lässt,
sie höher zu schätzen als alle Briefe des Ignatius; neben diesem
einseitigen Enthusiasmus gebt eine eben su mangelhafte Philologie.
Vollständig werthlos sind die bis dahin unedirten Bruchstücke
am Ende.
in das frischere syrische Litteraturleben greift eine bemer¬
kenswerthe Notiz von Benan zurück ^'), über den in Ebed Jesu's
Katalog erwähnten Bud Periodeutes, der um 570 n. Chr. gelebt
und Calila und Dimna übersetzt haben soll : ein schöner Beitrag
zu Weher's Arbeiteu über den Zusammenbang Indiens mit dem
Westen. •— Eine interessante Studie zur Formenlehre der syri¬
schen Poesie liefert wieder Zingerle mit seinen Bemerkungen „über
den Reim in syriscben Gedichten " und ,, über das gemischte Me^
trum" derselben ^'). Ich darf mich der Hoffnung hingeben, das
nächste Mal Mehreres über Bernslein's Wh. , und über im Erschei¬
nen begriffne oder thätig vorbereitete hier einschlagende Werke
von Lagarde, Larsow u. A. berichten zu können.
Ich komme aut Palästina, — ein Culturgebiet, welches
die Berichte der asiatischen Gesellschaften von Paris, London
und Caleutta mit einigem Grunde gern zu umgeben pflegeii. Eine
ohne alle Verabredung, sondern im allgemeinen Drange nach Po-
sitivität sicb jetzt mehr und mehr herausbildende Betrachtungs¬
weise der heiligen altbebräiscben Litteratur entzieht sich ganz
im Gegensatz zu der dem Anschein nach überwundenen Epoche
der grammatisch - historiseben Exegese mit vollem, klarem Be¬
wusstsein den Gesetzen, welche die morgenländiscbe Philologie
als Wisseuschaft für ibr weltliches Gebiet anerkennen muss, dass
eine selbst nur scheinbare Parallelisirung an dieser Stelle schon
einigen Vorwurf auf sich laden könnte. Allerdings könnte ich
mir, wenn ich meine Aufgabe verkürzen wollte, den Vortheil
zurechnen, dass der grösste Kenner der alttestamentlichen und
der verwandten Litteratur durch sein jährlich erscheinendes Jahr-
91) Sur recrivain syriaque appele Boud le Periodeute, von Renan im Journ. As. 1856 Fevr. - Mars p. 250—256; vgl. dessen Hist, des lang, semit.
1 p. 251 n.
92) Z. d. D.M. G. X p. 110—116 und p. 116—126, als Forts, zu Vll p. 1 f. 185 f.
Gosche, wissenschafU. Jahresbericht über das J. 1856, 593
hucb der biblischen Wissenscbaft in der umfassendsten Weise
orientiert, und sein häufig- hervortretender sittlicher Unwille mag
leicht zeigen, ein wie schwierig Geschäft es sei, über biblische
Exegese zu berichten. Aber nicht alleio in Beziehung auf die
Denkmäler der heiligen Litteratur der Hebräer, sonderu selbst
auch der immer noch hreitströmendeo Reiselitteratur von Palästina
gegenüber müsstC die facbwissenscbaftliche Kritik eigentlicb ibre
Forderungen um- und herabstimmen: die bei weitem grössere
Zahl der Palästiuafahrten würde ibren individuellen Werth ver¬
lieren , wenn es lediglich auf Ausscheidung und Schätzung des
streng wissenschaftlichen Materials ankäme. Wie ist nicht in
Ritter's grossartigeni Resume der gesammte Inbalt dieser Reise¬
litteratur zusammengeschmolzen ! Die vierhundert Reiseschriften
über Palästina, welche icb etwa kenne, gaben festes Material
nur für drei Bäude. Ich denke, unsre mebr profane Wissenschaft
kann hier, um nicbt aus ihrem eigentlichen Kreise herauszugcheu
und gar als Wilderer in einem fremden aufzutreten, an dem her¬
gebrachten Grundsatze festhalten , der strengen Tbeologie uod
Ascese zu geben, was ihnen gehört, und im wesentlichen nur solchen
Werken nähere Aufmerksamkeit zu Theil werden zu lassen, welcbc
gich durcb Haltung oder Endresultate mehr auf die Seite der welt¬
lichen Philologie stellen oder ihr als sulcher nützen.
Für die Erkenntniss des geographischen Bodens der hebräi¬
schen Geschichte und Litteratur hat das laufende Jahr das von
Rödiger bereits in näbere Aussicht gestellte bedeutende Werk
von liobinson gebracht "''). Es ist als 3r Band bezeicbnet, wel¬
chem eioe neue zweihändige zum Tbeil umgearbeite Ausgabe der
früberu Reisen und Untersuchungen vorangehen soll. Es würde
die Gränzen dieses Berichtes weit überschreiten , wenn ich die
Punkte hervorbeben wollte, weicbe durch diese neuen Untersu¬
chungen ihre Entscheidung gefunden haben. Wir köiuien uns
freuen , dass der bochberühmte Vf. sich jetzt durch seine Reisen
und Studieu hinlänglich vorbereitet glaubt, selbst eine systema¬
tische Darstellung der Geographie von Palästina zu unternehmen.
Vielleicbt dass dieser nocb einige Beobachtungen zu Gute kom¬
men, weicbe Dr. Rotb von München u. A. gegenwärtig auf der
östlicben Seite des Jordan anstellen wollen : unter allen , welche
9:iJ Eben indein diese Zeilen zum Druck kommen, erhalte ich noch:
Jahrbücher der Biblischen Wissenschaft von Heinr. Ewald. Achtes Jahrbuch:
1856. Güttingen, Dietrich 1857, IV u. 291 S. 8. i\ äi^; so dass ich die betrelfenden Verweisungen noch nachtragen kann.
94) Later Biblical Researches in Palestine and tbe adjacent Regions:
a journal of Travels in the year 1852. By Edw. Robinson, Eli Smith
and others. Drawn up from the original diaries, with historical illustrations,
by Edw. Robinson, DD. LL. D. etc. With (2) maps and plans. London:
John Murray 1856. gr. 8. XXX u. 664 sh. Vgl. Journ. As. 1856, VIII
Sept.-Oct. p. 392. u. Z. d. D.M.G. X p. 763.
594 Gosche, wissenschafU. Jahresberichl über das J. 1856.
diesen Studien leben , kann aber niemand besser das b. Land be¬
schreiben als ehen Robinson. Aber daneben wird immer noch die
grosse Masse der Pilgerfahrten gehen und die kleinere Zabl sol¬
cher wissenschaftlicher Reisenden , weicbe Zweifel und For-
scbungslust zu wiederholten üntersuchungen treiben. So haben
wir nächstens eine deutsche Bearbeitung des russiscben Reise-
werk's von Herrn v. Norow zu erwarten "•■), dessen Original be¬
reits 1854 die dritte Aufl. erlebt hat: der Vf. reiste kurz vor
Robinson. Der 2te Band von van de Velde deutscher Reise, welchen
das laufende Jabr brachte, ist bereits von Rödiger erwäbnt wor¬
den ^•'); die Veröffentlichung einer nachträglichen Karte nebst
Denkschrift durch das Geographische Institut von Gotha steht zu
erwarten. Von geringerer Bedeutung, obgleicb einer raschen
zweiten Aufl. werth gehalten, ist die geschichtliche Betrachtung
Palästina's und des Sinai von Slanley **'); zu loben ist darin
eine gewisse ernste Theilnabme an der Wirklichkeit, welche z. B.
aucb die Reise von Rilchie und die Aufzeichnungen Dupuis'
während seines zweijährigen Aufenthalts in Palästina durchdringt.
Bei weitem mehr Schwärmerei zeigen die französischen Reise¬
aufzeichnungen, besouders seitdem man angefangen hat, in Ge¬
sellschaften nacb dem Orient zu pilgern; die wenigsten haben
aber dazu noch den versöhnlichen Reiz des Lamartineschen Stils.
Dahin gebört das kleine Schriftchen von /{ottemund '""), wel¬
cher an der Fahrt vom 15. März 1855 Theil nabm. Was indess
die Schilderungen von Joseph Benjamin il ' ) und H. de Vaul-
rbier weicbe ich nicht gesehen, zu bedeuten liaben, kaun ich
95) Vgl. Melanges ASial. de Sl. PelersI). II p. 552 n. 1.
96) Z. d. D.M.G. X p. 756; vgl. Gersdorf's Repert. 1856. III p. .sg (• . Lit. Centralbl. 1S56 nr. 29 p. 459 f. : Pelermann's Geogr. .Mitlb. 1856 VI p. y.m
97) Sinai and Palesline in connection wilb Ibeir history. By the Rev.
Arihtr Perorhyn Stnnley, M. A., Canon of Canterbury. London, Murray 1856.8. 580 S.; 2d ed. 608 S. mit 3 Karten u. Tif. 16 sh. Vgl. Albe-
raeum 1856 march nr. 1482 p. 353; Edinburgh Review 1856 nr. 212 p.
363 f. ; Norlhamerican Review 1856 nr. 172 p. 267 f. , Petermann's Geogr Millh. 1856 nr. IV p. 163; Ewald bibl. Jahrb. VIII p. 141 f.
98) 'Azüba ; or, Ihe forsaken Land: a dcscriplion of a recent visit to Palestine. By the Reverend W. T. Hitchie. Edinburgh 18.56, 8. 504 S.
9 sh. Vgl. Alhenaeum 1856 May nr. 1491 p. 649.
99) The Holy Places : a Narrative of two years' Residence in Jerusalem and Palestine. By Hanmer L. Dupuis. With noles on Ibe dispersed Canaa- nite Tribes, by Joseph Dupuis, late British Vice-Consul in Tripolis and Tunis» London, Hurst and Blackett 18.56, 8. 2 vols. 650 S. 21 sb.
100) Pelerinage en Terre Sainte (par L. Roltermund). Paris 1«56.
■i. 2 Bogen.
1) Cinq annees de voyage cn Orient 1846—51 par Israel Joseph ben- tmin II, vovageur el autcnr , dcmeurant i Faltischan (Moldavie). Paris,
evy 1856. 8. XXVIII u. 240 S. 1^
2) Lellres sur la Terre Sainte; par I'abbe Henri He Vaulrhier. Besan- n 1856. 8. 7i Bogen.
Gusche, wissenschafll. Jahresberichl über das J 1856, 595
niclit sagen. Neu aufgelegt wurden besonders das Werk von
fi, H. Herschell ^) in 7ter und das von Ida Pfeiffer ") in 4ei
Ausgabe. Aucb den älteren Reisen wird gebiibrende Aufmerk¬
samkeit gescbenkt; eine Abbandlung von H. Hahn fiibrt „dii
Reise des b. Willibald nacb Palästiua" vor '); A. v. Minckwilz
giebt „Des Ritters Bernbard von Hirscbfeld im J. 1517 unter¬
nommene und von ihm selbst bescbriebene Wallfahrt zum b. Grabe.
Aus einem in der grossberzoglicben Bibl. zu Weimar bellndl.
Ms." ''') Man kann ibn mit Mart, von Baumgarten und Ludw.
Tscbudi vergleichen, zwischen deren Reisen die seinige fällt.
Mit nach eigner Anschauung wird Phil. Wolff in Webers Reise-
bibliotbek einen Uinblick Uber Jerusalem uud seine Umgebun¬
gen liefern.
Auf der Grenze der Reisebeschreibung und Darstellung steht
das ,, Album des h. Landes" von J. HI. Bernalz '), dem geschick¬
ten, durch seioe Uilder aus Aethiopien bereits berUhint gewor¬
denen Maler. Das Roberls'sche Skizzenbuch des h. Landes, .Sy¬
riens, Aegyptens nach L. Haghe ") mit G. Croly's Erläuterungen
liegt Jetzt bis zum 3ten Bande vollendet vor, so dass nocb drei
zu erwarten stebn; der Peis eines jeden beträgt i. 1. Iii sh.
Der erste enthält Jerusalem und Galiläa , der zweite den Jordan
und Bethlehem, der 3te Idumäa und Petra.
Von Einzeldarstellungen und Schilderungen bemerken wir
das photograpbische Prachtwerk Uber Jerusalem von A. Salzmann ^);
in das beutige Leben der alten Stadt fUbrt uns A, G. Hoffmann )
und Pelermann schildert die Cbarwoche der Griecben iu Jerusa-
3) Visit lo my Falhcrland. By R. U. Herschell. 71h ed. London 1856.
8. 2i sh.
4) Heise einer Wienerin in dns h. Land . . . l nlernommcn im Miirz bis Dez. 184.'. Mach den INolalen ibrer sorgfältig geführten Tagebücher von Ida Plei/fer. 4le verb. Aufl. 2 Bde. Mit 1 col. Kpfr. Wien 1856. VIII u. 339 S. 8. (I .y^)
5) Vgl. Jahresbericht über die Louisensl. Realschule, von 0. A. Groh- nert. Berlin 1856. 4. p. 3—25
6) In den .Mittbeilungen der deutschen (lesellschafl zur Erforschung vatcr- lanJ. Spr. u. Altertb. in Leipzig, Bd. I Heft 1 (Leipz. 1856. 8.) p. 31—106.
7) Album des b. Landes. Fünfzig ausjjewählte Original - Ansichten bib¬
lisch wicbliser Orte, treu nacb der Nalur gezeichnet von J. M liernnts. Aus¬
geführt in Farbendruck. INebsl einer Karte von Palästioa. Mit erläulerndpiii Text von Dr. G. H. v. Schubert und Dr. J. Rolh (in engl., deutsch, u.
franz. Spr.) Stuttgart nnd Leipzig, Steinkopf 1856. quer-4. Vgl. Peter- maun's Geogr. Milth. 1856, I p. 39.
8) Vgl. Z. d. D. M.G. X p. 765.
9) A, Snlzmnnn, Jerusalem. Etude el reproduction pbotographiiiue des monumenls de la ville sainte, depuis l'epoque judaique jusqu' ä uos jours.
I. Livr. Paris 1856 fol. 4 .y^ Vollsid. in elwa 30O S. Texl mil Huli- .schn. und 40 phulogr. Tff.
10) Ein Gang durrh Jerusalem, Ausland 1856 nr. 4.i.
596 Gosche, wissenschafU. Jahresbericht über das J. 1856,
lem '')• Wiclitig sind die geograpliischen Untersucliuogen über
kleinere Strecken Palästina's, wie sie J, F, Thrupp über die
östliche Lage des Stammgebietes von Naphtali und ihm beistim¬
mend S. P. Fregells ' geliefert haben. Wesentlich skeptischer
Natur ist der Aufsatz von lUch. Wendt über den Teich Hiskias '
der darauf ausgebt die von Robinson angenommene Tradition
als nichtig zu erweisen. Das Sinaigebiet (um dieses gleich hier
zu betrachten) bildet den AJittelpunkt von Lottin de Laval's vor¬
züglichem Reisewerk , dessen schon öfter in unsrer Zeitschrift
mit Auszeichnung gedacht worden ist und von welchem uns im
Augenblick sechszehn Lieferungen, nämlicb vom Text S. 1— 17H,
zwölf lithographirte Tafeln in VoMo und 64 dergleichen in Quart
vorliegen ■^). So treu und mannigfaltig auch der Text und so
malerisch aucb die schönen Darstellungen der Folio-Lithographien
sind: für uos liegt der Schwerpunkt dieses Werkes in den 64
Quartblättern mit sinaitiscben Inschriften. Durcb Verbindung und
Vergleichung dieses Materials mit dem von Lepsius in seinem
Prachtwerke mitgetheilten ist für alle einschlagenden Untersuchun¬
gen die zureichendste Grundlage gefunden ; aber niemand wird
wohl in den Stand gesetzt sein, über Tucli's scharfsinnige Un¬
tersuchungen hinauszugehen. Freilicb kann nach der entgegen¬
gesetzten Seite hin etwns getban werden, was indess Jeder gern
der eigenthümlichen Wissenscbaftlicbkeit des Rev. Charles For¬
ster '^) und seiner Geistesverwandten überlassen wird. Im In¬
teresse seiner ,, Primeval language" kann er sicb nicht vom
Wahne der israelitischen Autorschaft dieser Denkmäler befreien,
und nach einer Notiz der Edinburgh - Witness beabsichtigen Tb.
Wright und Dr. Bonar eine .Sinaireise, besonders um dieser nach
ihrer Meinung noch nicht gelesenen Schriften willen '') — als
11) Kühne's Europa 1856 nr. 12.
12) On the Borders of Ibe Inberitance of Ibe Tribe of Napblali; and on the site of the cities denounced by Our Saviour in the Gospels , by J. F.
Thrupp, Journ, of Saered and Class. Philol. 1855 p. 290. Der Vf. isl he¬
kannt durch sein Werk iiber das alte Jerusalem, vgl. Z. d.D. M.G. X p. 766.
13) im Journ. of Sacr. and Class. Philol. 1856 p. 141 — 154.
14) Der Teich Hiskia uud der obere Gichon; von Dr. Rieh. Wendt, Bullet, da la Cl. bist. phil. de l'Ac. de St.-Petersb. T. XIII nr. 14. 1.5.
aucb Melanges as. de St.-Petersb. II p. 549-^561.
15) Voyage dans la Peninsnle Arabique du Sinai et l'Egypte moy enne, Histoire , Geographie , Epigraphie. Par. M. Lottin de Lavnl, Paris , Gide et Baudry 1855—56. Livr. 1—16. Vgl. auch Ewald Bibl. Jabrb. VIII p. 140 f.
16) The Israelitic Authorship of the Sinai'tic Inscriplions. Vindicated against the incorrect Observations' in the 'Sinai and Palestine' of the Hev.
A. P. Stanley: a letter lo Ihe Right Hon. Lord Lyndborst. By Ihe Rev.
Charles Forster. London , Bentley 1856. 98 S. 8. 5 sh. Vgl. Alhenaeum 1856 June nr. 1494 p. 746.
17) Vgl. auch G. de T. in der Revue de l'Or. 1856 Mars p. 249 f.
Gosche, wissenschafU. Jahresberichl über das J. 1856. 597
ob es nicbt leicbter wäre, zunäcbst eine deutscbe Abhandlung in
unsrer Zeitschrift zu lesen ! —
Auf dem so immer genauer durchforschten Boden der heiligen
Gescbichte des bebräiscben Volkes diese selbst immer tiefer zu
beffreifen, wird je mebr und mehr eine schwerere Aufgabe, als
der Wertb von Ewald's grosser Arbeit anerkannt wird oder auch
dogmatische Bedenklicbkeiten wachsen. Alle in geschichtlicher For¬
schung auftretenden Fragen werden hier zu brennenden. Die
Untersuchungen über Chronologie und über Mythus und Sage
siud fast auf ihre elementaren Stufen zurückgegangen. Diesen
naiven Anfängerstandpunkt bezeichnet Go. Fr. Jatha mit seinen
wenig umfassenden Grundzügen der alttestamentl. Chrooologie '
Auf ein höheres Ziel, auf eine organische Auffassung der israe¬
litischen Geschichte geht Eisenlohr aus, von dessen Werk bereits
1855 der erste Band erschienen war '''); wer an Kwald gewöhnt
ist, möge nicht vergessen, dass der V'f. sein Werk nur als einen
Beitrag angesehen wissen will. Danenen können Werke wie
das des Rev. J, Cumming über den letzten der Patriarchen -
kaum erwähnt werden. Die ägyptischeo Entdeckungen werden
mit grösserer Vorliebe in den kreis dieser Betrachtungen ge¬
zogen ; man muss aufrichtig bedauern, duss die tbatsäcblichen
Resultate vun so geringer geschichtlicher .Sicherheit sind und
der Hypothese und scbwachgestülzten Combination immer nocb ein
su bedeutender .Spielraum gelassen werden muss. In einer zwei¬
ten, verbesserten Ausgabe ist das sicb eng an die beiden ersten
Bücber Mosis lehnende Werk von AsUburn über Israel in Aegypten
erschienen )• Sehr kurz und ebenso populär liess sich Siegel
in eioem Vortrage über Moses mit besonderer Beziehung auf sei¬
nen Aufenthalt in Aegypten aus ^^). An nicbt geringen Schwie-
18) Die Grundzüge der alttest. Chronologie in L'ebereinstimmung mit den Zeitbestimmungen der Classiker, von Georg Friedr. Jntbo, Coor. am Gymn.
zu llildesheim. Hildesh. 1856. 46 S. 8. Vgl. Kwald ßibl. Jahrbb. Vlll p. 222 f.
19) Das N'olk Israel unter der Herrschaft der Könige. Ein Beitrag znr Einführung in die neueren V ersuche einer organischen .Auffassung der israelit.
Geschichte. Von Dr. Eisenlolir , Seminardireclor in Nürtingen. Th. 2. Der Glanz der monarchischen Theokralie und deren Verfall. Leipzig, Brandstetter
1856. VI u. 410 S. gr. 8. 1 18 »5^. Vgl. Gersdorf's Repert. 1856.
IV p. 31 f., Darmslädler Theol. Lit.-Bl. 1856 p, 1070 f., Ewald Jahrh. ^.
bibl. Wiss. VIII p. 224 f. — Lieber den ersteo Bd. vgl. Z. d. D.M.G. X, 767.
20) The Lasl of the Patriarchs; or. Lessons chielly from the life of Joseph. By Rev. John Cumming. London, Hall 1856 . 404 S. 12. 6 sh.
21) Israel in Egypt; or, the Books of Genesis and Exodus illustrated by existing monuments. Bv William Ashburn. 2nd ed. revised. London, Seeley and Co. 1856. 330-8. 12. 5 sh.
22) Moses mil bes. Beziehung auf seinen Aufenthalt in Egypten. Ein Vortrag auf Veranstaltung des Ev. Vereins f. kirchl. Zwecke geh. am 4.
Febr. 1856. von A. L. Siegel. Berlin , W. Schulze l856. 24 S. gr. 8.
n. 4 t^.
598 Gosche, wissenschafll. Jahresherichl über das J. 18f)6.
rigkeiten leidet wegen Mangel an liisturisclien ßeweismitteln jede
Behandlung der grossen Ueliergangsepoclie vom Hebräerthum durch
das Jüdische zum Christenthum. Mit einer bedeutenden Kenntniss
des Materials und einem nicht gewöhnlichen Scharfsinn hat es
Herzfeld '■•) unternommen, diese Zeit darzustellen: aber, so un¬
gern ich auch bei wissenschaftlichen Erörterungen irgend wel¬
chem Dogmatismus ein Recbt einräume, hier muss ich doch her¬
vorheben , dass dem brav forschenden Rabbiner das rechte Ver¬
ständniss verschlossen geblieben ist, weil die von ibm dargestellte
Zeit mit ibrem dualistischen .Streben nach kleinlicher Gesetzes¬
übung uud umfassender Universalität für ibn keine geschichtliche
Lösung hat. Für die genauere Schilderung dieser Epoche kann
indess kaum genug gethan werden, indem die Entscheiduug wich¬
tiger Fragen der heiligen Litteraturgescbichte der Hebräer nur
von dort aus getroffen werden kann. Neben ihm nimmt H.
Grälz' ■"') Werk über die Geschichte der Juden vom Tode des
Makkabäers Juda his zum Untergange des jüd. .Staats (des gan¬
zen VVerkes dritter Band) durch Schärfe der Darstellung sowie
durcb einen wenn auch verdeckten Gegensatz gegen das Clhri-
stentbum eine selbständige .Stellung ein, wenngleich ein flüchtiger
Vergleicb mit den verwandten Abschnitten in Ewald's schönem
Werk rasch zeigen kann, was Universalität der Anschauung
nütze. Indess ist der Gegensatz in diesem Tbeile weniger em¬
pfindlich als in dem bereits früher erschienenen vierten Theile,
welcher die Genesi.s des Cbristenthums nicht ganz ignorireu konnte.
Als wohl geeignet zu wissenschaftlicher Förderung nehmen wir
aber dieses vom Israelitischen Institut unterstützte Werk gern
entgegen. Rühmend müssen H. Parel's Studien über Josephus
hervorgehoben werden ■ *), der noch lange niclit zu seinem vollen
kritischen und litterariscbeu Recbte gekummen ist.
Von spracblichen und exegetischen Werken ist mancherlei
anzumerken, doch nichts von erstem Range. Die bemerkenswerthe
Ausgabe des Sefer Harikma von Abul-walid ■'■), auf den schon
früber vou Münk, Ewald und Dukes mit voilcm Verständniss sei-
2.3) (ieschichte des Volkes Israel von Vollendung des zweiten 'l'einpels bis zur Einsetzung des Vlakkabiiers Schiin'on zum hohen Priester und Fürsten, v'on Dr. L. Herzfeld, Landesrabbiner. Lief. 3. 4 = Bd. I |). 321—468 u. II p. 1—160 mit vier lith. Tf. Nordbausen, BUcbting 1856. gr. 8. ä 221 ng.
24) Geschichle der Juden von dem Tode Juda Makkabi's his zum Un¬
tergang des jüd. Staates. Von Ür. H. Grnetz. (A. in. d. T. Gescbichte der Juden. Bd. 3.) Leipzig, L. Schnanss 1856, X u. 572 S. gr.8. 3]
25) Ueber den Pharisaismus des Josephus. Von Heinr. Pnrel, in Theol Siud. u. Krit. 1856 p. 809 — 844.
26) Bereits erwäbnt von Ködiger Z. d U. M. G X p. 772 ; vgl. J. De¬
renbourg im Journ. As. 1856. T. VII p. 265 f. und früher schon Münk ehend.
1850 u. 51 (vgl. Zeitscbr. d. D. M. G. V p. 432), wie anch F.wald u. Dukes Beitr. I p. 126.
Gosche, wissenschafll Jahresherichl über das J, 1856, 599
ner VVicbtigkcit aufmerksam gemaclit worden war, liätte vielleiclit
lieber nach der arabiscben Hs. der Bodleiana als nach deo beiden
hebräiscben der kaiserl. Pariser Bibliothek gemacht werden sollen,
wird aber auch in diesem Gewände das Verständniss der älteren
arabisch - hebräischen Sprachwissenschaft bedeutend fördern. Die
Arbeiten der jüngsten Zeit suchen fast ohne Ausnahme practischen
Bedürfnissen zu genügen ; die bedeutendste unter ihnen ist die
Grammatik von Nägelsbach-''), der sicb die undankbare und
(genau erwogen) unlösbare Aufgabe gestellt bat Gesenius und
Ewald zu verschmelzen. Dazu kommen noch die Lebrbücber von
Nordheider '■'**) und von lionifas- Guizol '^), von welchem letzteren
icb keinen anderen Ruhm weiss, als dass mit seiner glänzenden
Ausstattung der Drucker einen Preis gewonnen hat; in einer
dritten Auflage erschien die kurze Anleitung Vosen's , in einer
zweiten das empfelilcnswertbe Lesebucb von Brückner ^'), dem
das Uebungsbuch von Mezger ^^) gleichzustellen ist.
Die hebräische Lexikographie würde in ein ganz neues Sta¬
dium treten, weun sie die voo dem ausgezeichneten Zunz in uoserer Zeitschrift ausgesprocheoeo Wünsche zu befriedigen vermöchte'^);
und so lange wir noch nicht ein hebräisches Wörterbuch in die¬
sem Sinne besitzen, ist es thöricht von einer Geschichte der
hebräischen Sprache reden zu wollen. Wem würde oicbt die Un¬
wissenschaftlichkeit eioer Behauptung z. B. in die Augen springen,
dass etwa ein Wörterbuch der vedischen Litteratur ein Sanskrit-
Lexikon sei? Und ein Wörterbuch zum A. T. ist in der That
27) Hebräische Graram.ililv als Leitraden fiir den Gymnasial- und akade¬
mischen l'nlerrichl von Carl Wilh. Ed. fingelsbnch , Dr. ph. Lic. Ib., 4r Pfarrer in Bayrculh. Leipzig, Teubner 1856. XIV u. 24S S. gr.8. geh.
22 I «jjf. Vgl. H. L. im Lil. Centralbl. 1856 nr. 1 p. 9; Gersdorf's Repert.
1856, III p. 225 f. und Ewald Jahrb. VIII p. 131.
28) Formenlehre der hebräischen Sprache. Zum Gebrauche f. Gymn., von Bnlth. Kordheider , Gymn.-Dir. Osnabrück, Fredewest 1856. VIII n.
88 S. 8. 10 t^.
29) Nouvelle grammaire hebrai'que, analytiquc ct raisonnee par C. Bo-
«ifns - Guizol , professeur d'lli'breu. 1856. gr.8. 12 fr.
30) Kurze Anicilung zum Erlernen der hehr. Spr. für Gymn. u f. das Privatsludium. Von Dr. CM. Vostn, Gymn. - Relig.-lebrer. 3te Aull. Frei¬
burg im Br. , Herder 1856. 110 3. gr. 8. n. ^ ^
31) Hebräisches Lesebuch fiir Anfänger und Geübtere. Wichtige Kapitel des A. T. nebst e. grammat. Cursus u. Glossarium. Von Dr. G. Bruckner.
21e sehr verm. u. verb. Aull. Leipzig, Vogel 1856, VI u. 210 S. gr. 8.
18i ^.
32) Hebräisches Uebungsbuch für Anfänger von K. L. F. Mezger, Prof.
am phil.-theol. Seminar zu Schöntbal im Kgr. Würtemberg. Eine Zugabe zu Ewald's hebr. Sprachi. f. Anf. 2te Ausg. 1855, so wie zu jeder Hebr. Gramma¬
tik. Mit einer Scbreihvorschrifl. Leipzig, Hahn 1856. XVI u. 184 S. 8- 33) Wünsche für ein Wörterb. der hebr. Sprache. Von Dr. Zunz; Z. d.
D.M.G. X p. 501 — 512.
600 Gosche, wissenschafll. Jahresberichl über das J. 1856.
noch weniger. Unsere semitische Wissenschaft verdient Zunzen's
harten Tadel vollständig, so weit sie meint, dass die Buxtorfe
vor mehr als zwei Jahrhh. alles erschöpft hätten. Die jüngsten
litterarischen Erscheinungen sind weit von jenem Ideale entfernt.
Das Werk des englischen Rev. Duncan scheint nicht zu he¬
greifen, was seine Litteratur hereits an Lee besitzt; in der ge¬
wöhnlichen Beschränkung auf das Hebräische und Chaldäische
des A. T. bewegt sich J. Fürsl ^^), aus dessen früheren Arbeiten
jeder bereits abnehmen kann, was hier zu erwarten steht; eine
neue (fünfte) Ausgabe des Gesenius'schen Handwörterbuchs haben
wir von F. E. Chph. Dielrich zu hoffen.
ünter den allgemeinen Schriften über das A. T. begegnet
uns zunächst die Fortsetzung der neuen Ausgabe der Hävemick'-
schen Einleitung, deren zweiter uns vorliegender Theil die spe¬
cielle Einleitung in den Pentateuch, von Keil in Dorpat durch¬
gesehen und vermehrt entbält "^). Die Naivetät des Vfs. erscheint
durcb die Scholastik des Herausgebers stark beeinträchtigt; des
letztern Zusätze sind im Wesentlichen bereits durcb dessen Lehr¬
buch der Einleitung seit 1853 bekannt, das zum Theil recht unge¬
schickt an de Wette anlehnt. Für die kritische Gesammtauffas¬
sung des A. T. zeigt sich merkwürdiger Weise bei den Eng¬
ländern einiger Eifer, dessen Tragweite indess nur gering ist;
Sam. Davidson versucht hier die Wiederherstellung eines reineren
Textes "), Ch. W. fVall '") berücksichtigt mehr die äussere
Seite und suchl,mit Anknüpfung daran die ursprüngliche Text-
gestalt zu erörtern. Hierher gehören die Absebnitte aus dem
zweiten Bande von Herzfeld's Geschichte des Volkes Israel, weicbe
34) A Hebrew -English and English - Hebrew Le.xicon, in three Parts,
with a new Hebrew Grammar. By the Rev, W. W. Duncan. London , Tegg
1856. 18. 4| sh.
35) Jul. Fürst, Hebräisches und obaldäisches Wbuch über d. A, T. Mit einer Einl, , eine kurze Gesch. der bebr. Lexikographie enthaltend. Lief.
1_4. (p. 1—704) Leipzig, ß. Tauchnitz 1856. gr. lex. 8. (ä J ä^) 36) Dr. Heinr. Andr. Chrn. Hnvernich's Handbuch der historisch - kriti¬
schen Einleitung in das A. T. Th. 1 Abth. 2. Specielle Einleitung in den Pentateuch. 2le Aufl., durchges., verb. u. zum Theil umgearbeitet von Dr.
K. F. Keil, Prof. d. Theol. in Dorpat. Frankf. a.M. u. Erlangen, Heyder
u. Zimmer 1856. Vlll u. 583 S. gr.8. 1 24 vollstd. Th. 1 =
.3| ^ Auch m. d. T. H. A. C. Bävernicle's Specielle Einltg. in d. Pent. etc.
VgL Gersdorf's Rep. 1856, III p. 106; Ewald bibl. Jahrb. VIII p. 119 f.
37) Sam. Davidson, Revision of the Hebrew Text of the Old Testament from Critical Sources ; being an Attempt to present a purer and more correct text, by the aid of the best existing materials; with the principal various Readings found in Mss., Ancient versions, Jewish books and writings. Pa¬
rallels, Quotations, etc. London 1856. 8. 4i
38) An examination of tbe Ancient Orthography of the Jews , and of the Original state of the Text of the Hebrew Bible. Part. 3. The Sacred Text originally writteo without vowel Letters, elc. By Charles Wm. Wall, D.
D. Vol. I. Dublin , Hodges and Co. 1856. 376 S. 8. 10 sh.
Gosche, wissenschaßl. Jahresberichl über das J. 1856. ßOl
allgemeineres isagogiscbes Interesse haben und daher auch be¬
sonders gedruckt worden sind.
Das grosse Cahen'ache Bibelwerk erscheiot in einer neuen
Bearbeitung uod das J. 1856 brachte den 4ten, die Numeri um¬
fassenden Theil mit Erläuterungen von S. Münk * °) , dessen Ein¬
leitung über die Opfergebräucbe von hohem Interesse ist. Ueber
die typische Verbindung des A. und N. T. handelt Lady Scoll "');
von der neuen Ausgabe seiner Chrislologie hat Bengslenberg deo
2ten Band geliefert , denselben Gegenstand behandelt der
französische Abb^ Meignan, doch mit vorzüglicher Beziehuog auf
den Pentateuch, für dessen Autbentie er im Eingange Beweise
beibringt Ehe icb zu den eigentlich exegetischen Werken
übergebe, will ich noch die Behandlung der alttest. Eigennamen
durch A. Jones erwähnen Die vermischten Bemerkungen von
F. Hilzig «0 beziehen sich anf Ps. 10, 9. Spr. 25, 20 und Neb. 4,
17; vorwiegend mit Jesaia beschäftigen sich die von Selwyn «s).
Unter den Commentarschriften zum Pentateuch beansprucht ein
wohl verdientes Interesse das Werk des nordfranzösiscben Exe¬
geten aus dem XII. Jahrb. , des R. Joseph Bechor - Schor, welchen
der ebenso unermüdliche als sorgfältige Ad. Jellinek angefangen
hat herauszugeben "'). Abgeseben von einem älteren Aufsatze
Geiger's war uns dieser vortreffliche Rabbi neuerdings durch eioe
39) Dr. L. Herzfeld , Drei Abhandlungen zur Synagogengeschichle.
1) l'eber einige biblische Bücher: über Kohelet, die Chronik, den Psalter, Sirach und das Buch der Weisheit. 2) Ueber die Entstehung der Quadrat¬
schrift. Mit 1 palaeogr. Tf. 3) Ueber die Entstehung des biblischen Kanon's.
Nordhausen, Büchting 1856, 42 S. gr.8. 7|
40) La Bible, trad, nouvelle, avec l'hebreu en regard, accompagne de point^voyelles et des accents toniques aves des notes philologiques, geogr, et litteraires, et les variantes de la version des Septante et du Text Samari- tain ; par S. Cohen. Pentateuque T. IV. Les Nombres. Accompagnes de re¬
flexions sur le culte des anciens Hebreux, dans ses rapports avec les autres cultes de l'antiquite ; pour servir d'introduction au Levitique et ä plusieurs chapitres des Nombres, par S. Münk, Paris, Impr; de WiHersheim 1856, XCIX u. 352 S. 8.
41) Exposition of the Types and Antitypes of the Old and New Testa¬
ment. By the Hon. Lady Scott. London, Bentley 1856. 358 S. 8. lOJ sh.
42) Chrislologie des A.T. u. Comm. üb. die Mess. Weiss, von C. W. Beng¬
slenberg. 2r Bd. 2e A. Berlin 1855. 616 S. gr. 8. Vgl. Ewald Gött. gel.
Anz. 1856 p. 161.
43) Les propheties messianiques de 1' Ancien Testament, ou la Divinite du Christianisme demontre par la Bible; par M. I'abbe Guill. Meignan, cba¬
noine honoraire, docteur en theologie. Paris, Le Clerc 1856. H\ Bogen. 8.
44) Tbe proper names of the Old Testament expounded and illustrated by the Rev. Alfr. Jones. London, Bagster 1856. 382 S. 4. 25 sh.
45) Exegetisches von F. Hitzig, -Züricher Monatsschrift 1856 p. 283;
vgl. Ewald bibl. Jahrb. Vlll p. 254.
46) Hebrew Notes, by Wm. Selwyn, Journ. of Saered and Class, pbilol.
1856 p. 137.
47) Commentar zum Pentateuch von B. Joseph Bechor - Schor , einem
Bd. XI. 39
(502 Gosche, wissenschafll. Jahre.iberichl üher das J. 1856.
saubere Arbeit desselben Breslauer Gelebrten „Parscbaiidatba" '*'•)
wieder näber gerückt worden. Der nücbteriiu und gründliclie
Ko(it' des Mittelalters mag tief das I9te Jabrb. bescliämcn, wel¬
cbes im Gefülil seiner Olinmucbt zu dem Aiiskunftsmittel der
Vision geflücbtet ist '"''), um über den Anfang der Genesis sicb
in seiner Art klar zu werden. Besonnen gebt dem gegenüber
der Rev. Macdonald zu Werke, wenn aucb der wissenscbaftlicbe
Ertrag seiuer weitläufigen,, mebr apologetiscbcn lintersucbung
ziemlicb gering ist ^"). Gegen Keil's Ansicliten über die Eben
der Kinder Gottes mit den Töcbtern der Menscben ') ist Engel-
hardl aufgetreten ^-). .Auf die gunze Genesis erstrecken sicb
die gedankenlosen Gedanken" des Herrn F. r. Slrauss ^^), und
wir bedauern recbt aufricbtig, dass cs in der s. g. Gclebrten-
republik nicbt eine ebenso uns von scblecbter Lecture befreiende
l'rcsspolizei giebt, wie die welche desselben Vfs. „Briefe über
Staatskunst" zurecbtgescbnitten bat. üen wichtigen Abscbnitt
des E.\odus über die zebn Gebote hat A. Willkopl behandelt, um
dessen lutherische Fassung gegen Wissenschaft und die bessere
alte Tradition zu vertheidigen ^''). Anerkennenswerther ist die
Arbeit des Oberrabbiners L. liodenhcimer über das Lied des Mo¬
ses obgleicb sie von Wunderlichkeiten nicht ganz frei ist.
Aus dem Uuche Josuu behandelte Qualremere gelegentlich die Stelle
Uber den Stillstand der Sonne'"'). Das selten gehörig gewür¬
digte Uüchlein Ruth Ubersetzte und erläuterte iWez^er ^ '). .Scbwer- franz. Exegeten des Xll. Jh. Naeh einer ll.s. der kgl. Ilofhiblinthek in Mün¬
chen herausgegeben von Ad. Jellinek. le Ablh. (iencsis u. Exodus. Leipzig,
Gerhard 1850. 159 S. 8. geh. 1 Vgl. Lit. Ceniralhl. 1856 nr. 43
p. 677 f.
48) Vgl. Z. d. D.M.G. X p. 776 nr. 50.
49) Weisungen über die mosaische .Schiipfiingsges<bichlc von einer So
herin. Wien, Auer 1856. geh. 3 äf^
50) Creation and tbe Fall: A defence and exposition »f tbe lirsl three
Chapters of Ihe Genesis. By the l!cv. Donald Miicdonnld. London, Ha¬
milton 1856. 494 S. 8. 12 sb.
51) Vgl. Z. d. D.M.G. X p. 769 nr. 13 52) In d. Luther. Zeilscbr. 1856 p. 401 f.
53) Gedanken über die Entstehung der Genesis; von V. v. Strauss, in Jer Erlang. Zischr. f. Prot, u. Kircbe 1856 p. 209 f. Vgl. Ewald bibl.
Jahrbb. Vlll p. 154.
54) A. Witlkojrf , Die Lutherische Fassung des Dekalogs, in d. Luther.
Zeitscbr. 1856 p. 486 f., vgl. Ewald bibl. Jabrb. Vlll p. 223.
55) ]3'TNn Das Lied .Mosis. Eine wissensch. Vergleichung der auf diesen Pentateuch- Abschnitt iu der Wallon'scben Polyglotte enthaltenen l'eber- Iragungen, mit Bezugnahme auf einige neuere L'nlersucbungen. Vom Ober¬
rabbincr L. Bodenheimer. Crcfeld, Funke 1856. III u. 90 S. 8. 1 4 Jijjf.
56) Journ. des Sav. 1856. p. 487 f.
57) Liber Ruth ex Hebraico in Latinum versus pcrpelua(|ue interprela- lione illnstratus. Scripsil C. L. Fr. Mezyer , Professor. Tübingen, Fues 1856. 28 S. 4. Vgl. Ewald bibl. Jahrb. Vlll p. 156.
Gosche, wissenschafll. Jahresberichl über das J. 1856. 603
lieh einverstanden kann man sich erklären mit der Behandlung
der Stelle 1 Sam. 20 durch Schröring '«).
Was die prophetische Litteratur betrifft, so ist mir von dem
wichtigsteu darauf bezüglichen, in jüngster Zeit erschienenen
Werke, dem Commentar von S. D. Luzzallo zum Jesaia keine
Fortsetzung zugegangen s«). Weit unter ihm stebt (abgeseben
von den Schranken, welche selbst einem so tüchtigen Gelebrten
wie Luzzatto seine rabbinische Anschauungsweise zumal bei Be¬
handlung der Propheten setzen muss ) die Auslegung des Je¬
remias durch IF. A'eumann s"). Was mir von des Vfs. Arbeiten
his dabin bekannt geworden war, liess mich fürchten, dass seine
bereits länger vorbereitete Behandlung dieses Propheten entschie¬
den misslingen müsse. Grade Jeremias macht an seinen Ausleger
Ansprüche von sehr entgegengesetzter Natur: die Stellung, welche
er bei aller Zartheit der Empfindung, bei aller treuen Repro¬
duction mosaischer Grundgedanken, sehr bestimmt in der vor¬
wärtsstrebenden Dogmengeschichte des A. T. einnimmt, und die
zahlreichen kritischen Fragen der schwierigsten Art verlangen
einen Gelehrten, der tiefes religiöses Gefühl und besonnenen Scharf¬
sinn in sich vereinigt. Sehr begreiflicher Weise wird weder das
erste nocb das zweite durch die phantastische Verworrenheit er¬
setzt, welche die bisweilen sehr divergirenden .Schriften dieses
Exegeten so einheitlich chraracterisirt. Er hat weder Ewald ver¬
standen , dessen geistvolle Tiefe er unglücklich bekämpft, noch
etwas Methodisches von seinem Lehrer Hengstenberg gelernt,
von dessen nüchterner Gelehrsamkeit ich ihm ein Tbeilcheu wün¬
sche. — Eine engliscbe Auslegung des Propheten Ezechiel von
Fairbain b') ist mir nicht näber bekanntgeworden; die Propheten
der Restaurationsepoche hat Moore'^') neu Ubersetzt und erläiitert.
Eingebender ist die Arbeit über Maleachi von Reincke ^^), von
58) Pr. Schröring „Samuel als Beter" in der Luther. Zeitschr. 1856 p. 413 f. Vgl. Ewald Bibl. Jahrb. VIII p. 223 f.
59) Di*^ irei erslen Hefte prwähnt Rödiger Zeilschr. d. D. M. G. X p.
769 f. Vgl. noch Ewald Eibl. Jabrb. Vlll p. 157.
60) Jeremias von Anathol. Die Weistagungen und Klagelieder des Pro¬
pheten nach dem masorethischen Texle ausgelegt vou Wilh. Neumann (Prof.
in Breslau). Ier ßd. Einleilung und Weissagungen Kap. 1 —17. Leipzig,
Dörffling u. Francke 1856. 704 S. 8. 3 ^ Vgl. die strenge aber ge¬
rechte Beurlheilung von Ewald Bibl. Jabrb. Vlll p. 157 f. Die Enleitung geht von p. 1 —77.
61) Besprochen im L'niled Church Journal 1856, Jan. nr. 1.
62) Tbe Prophets of the Restoralion; or, Haggai , Zechariah , and Ma- lachi: a new Iranalalion wilh Notes by the Rev. T. V. Moore, D. D. New- York 1856, 408 S. 8. 12 sb. (in London).
63) Der Prophet Malachi. Einleitung, Grundtext u. L'ebersetzung nebst einem vollst, philologisch -krit. u. histor. Commentar von Dr. Laur. Reincke, Domcapilular u. ord. Prof, in Münster. Glessen, Ferher 1856, XVI u. 630 S.
gr.8. n. 3 ^ Vgl. Ewald Bibl. Jahrb. VIII p. 161 f. 4«.
604 Gosche, wissenschafU. Jahresherichl iiher das J. 1856.
dem man bei aller Anerkennung des ilim Müglirben immer noch
etwas viebr Aufrichtigkeit gegen die Verdienste protestantischer
Exegese fordern möchte: über Einzelnes hatte derselhe hereits
in der Theologischen Quartalschrift von 1855 gesprochen.
Die hebräische Dichtung des A. T. ladet zu zusammenhän¬
gender Betrachtung ein, uher wir sind immer noch nicht so glück¬
lich, Uber sie eine gleicb gründliche und gleich scharfsinnige
Arbeit zu besitzen , wie von Zunz über die synagogale Poesie
des Mittelalters. Freilich, wenn auch das althehräische Material
leichter überschaubar ist, so stellt die Aufgabe im Ganzen für
das A. T. sich ungleich schwieriger. Die Ehrfurcht vor dem
idealen Inbalt hindert oft, die irdischen, litterariscben Formen
in ibrer ganzen menschlichen Bedingtheit anzuschauen, und die
Freiheit des litterar-bistorischen Blicks verführt leicht zur ün-
ebrerbietigkeit gegen die Bedeutung des Inbalts. Man muss reli¬
giösen und ästhetischen Instinkt besitzen, um die nöthigen, frucht¬
bringenden Vergleichungen der altbebräiscben Dichtung mit der
übrigen semitischen und auch mit sonstiger volkstbUmlicher, be¬
sonders aber hieratischer anzustellen. Daun läuft man nicht Ge¬
fahr dogmatisch zu abstrahiren, und, was ich für schlimmer
halte, entschieden Heiliges zu verweltlichen. Nicht zum gering¬
sten Tbeile ist an diesem gefährlichen Punkte E. Meier mit der
.Ausführung eines an sich guten , aber nicht mit voller Würde
und Klarheit gedachten Gedankens in seiner Geschichte der poe¬
tischen Nationallitteratur der Hebräer gescheitert"^), und man
wird nicbl erwarten dürfen, dass durcb dieses Werk die biblische
Einleitungswissenschaft viel von ihrem gewöhnlichen unwissen¬
schaftlichen Character verlieren werde. Ueberbaupt wird eine
solche zusammenhängende Darstellung noch so lange eine Schwie¬
rigkeit, wenn nicht gar eine Unmöglichkeit bleiben (trotz Ewald's
in seinen Schriften über die Poesie und Gescbichte der Hebräer
niedergelegten Forscbungen und Ansichten, zu denen ich für mein
Theil immer zurückzukehren mich gedrungen fühle), als die wissen¬
schaftlichen Fragen über das Psalmenbuch noch nid zu ihrem
definitiven Abscbluss gebracht sind. Rudelhach hat eine zusam¬
menbängende Betrachtung dieser heiligen Poesie geliefert^');
Hilzig eine neue Vertheidigung seiner Ansicht Uber makkabäische
Psalmen versucht, ohne dass jedocb die von ganz entgegenge¬
setzten Standpunkten wider ihn vorgebrachten Gründe vollstän-
64) Geschichte der poetischen National - Litteratur der Hebräer, vou Dr. Erfist Meier, ord. Prof. d. morgcnld. Spr. u. Lit. zu Tübingen. Leip¬
zig, Engelmann 1856. XXII u. 584 S. gr.8. 3^ Vgl. Gersdorfs Reperl.
1856, IV p. 1 f. Ewald Bibl. Jahrb. VIII p. 121 f.
65) Om Psalme-Literaturen og Psalmebog-Sagen. Historisk - kritislte Undersoegelser af A. G, Rudelbach. Andere Afdeling. Kjoebenbavn , Iverson
1856. 348 S. gr.8. 2 Bde., das Ganze 3|
Gosche, teissenschafll. Jahresbetichl über das J. 1856. 60.)
dig widerlegt wären «s) Desslialb bat die wiederbolte Ausgabe
des klaren und bündigen de »rtHe'scIien Commentars, weicbe G.
Uaur besorgt bat, immer nocb ihren guteo Nutzen s'), wenn¬
gleich vou einer ernsteren Schule manche der darin aus früberer
Zeit beibehaltenen Deutungen verworfen werden müssen. Die
von Momberl gelieferte engliscbe Bearbeitung der Tholuck'schea
Psulmenübersetzung und Erläuterung wird fdr die Geistlichkeit
und den gebildeten Theil der Kirche, der sie sich bestimmt,
von wohltbätiger Einwirkung sein '= ''). Ausserdem begegnet mir
nur uoch der erste Band eines Commentars von Ä. de JUeslral ^^).
Verhältnissmässig reichlicher ist das Hohe Lied bedacht worden. Aus
dem J- 1855 trage ich noch die wunderliche Scbrift von Lipperl
nach, welche auch an der, dieser ganzen Litteratur wie es scbeint
eigenthümlichen Sucht nacb sonderbaren Titeln krankt '»). Hö-
letnann behandelt zugleicb das Princip der Cebertragung alttesta-
mentlicher Poesie überhaupt "), in dem Grundverständniss des
H. Liedes steht er im Wesentlichen zu Hengsteuberg, mit dem
Streben die allegorische Auffassung möglichst zu verfeinern.
Weit unter den Forderungen einer gründlichen Spraehkenntniss,
denen hier im allgemeinen genügt iit, stebt aber die vermittelnde
Schrift von W. Telschow Unzugänglich ist mir eine ano¬
nyme englische Arbeit über das H. Lied geblieben ^ <). Aucb
66) L'eber die Zeildauer der Hebräiscben Psalmenpoesie, von F. Hitzig, Züricher Monatsschrift 1836 p. 436f. Vgl. Ewald Bibl. Jahrb. VIII p. 165-169.
67) Commentar über die Psalmen, nebsl beigefiigter L'eberselzung von Dr. M. L. de Wette. 5e Aufl., herausgeg. von Dr. Gusl. Baur, ord. Prof.
d Tb. zu Giessen. Hcidelb., Mohr 1856. XII, 82 u. 642 S. 8. Vgl. Lil.
Centralbl. 1856 nr. 38 p. 597 f., Ewald bibl. Jahrb. VIII p. 162-165.
68) A Translation and Commentary on the Book of Psalms, for the use of tbe Ministry and Laity of the Christian Church. By the Rev. A. F. Tho¬
luck. Translaled from the German by the Rev. J. Isidor Mombert. London, Nisbet 1856. 396 S. gr. 8. 12^ sh.
69) Commentaire sur le livre des Psaumes, accompagne d'une traduction nouvelle, par ^rm. de Meslrnl. T. I. Lausaune et Paris 1856. X o. 469
S. 8. 2
70) Sulammilh oder das Lied der Lieder dem Salomo, seit 2800 Jahren zum Erstenmale aus seiner Traum - Bilder-Sprache in die gewöhnliche Be- grilfsspracbe frei übertragen und seinem Inhalte u. Sinne gemäss erklärt von
G. Fr. TV. Lippert. Nürnberg, Schmid 1855. 119 S. 8. Vgl. Lit. Cen¬
tralbl. 1856 nr. 39 p. 614 f. u. Ewald Bibl. Jahrb. VIII p. 169.
71) Die Krone des Hohen Liedes. Einheillichc Erklärung seines Schluss- actes. Mit Einleitung über das Versländniss des H. Liedes und das Princip der UeberlraguDg aUleslamenllicher Poesie. Von Herm. Gust. Hölcmann, Dr. u. Prof. d. 'Theol. an d. L'nivers. Leipzig. Leipzig, DörCTling u. Francke 1856. VIII u. 144 S. 8. n. 22 t^. Vgl. Gersdorl's Repert. 1856, III p.
250 f. u. Ewald BibL Jahrb. VIII p. 170 f.
72) Das Hohelied Salomonis als Oralorium , mit einem erklärenden An¬
hange von W. Telschow. Stettin, Grassmann 1856. 96 S. 8. Vgl. Ewald bibl. Jabrb. VIII p. 169 f.
73) Fruits of the Valley (Song of Solomon, Cb. VI v. 1.) By A. E. L.
London, Simpkin 1856. 200 S. 12. 5 sh.
606 Gosche, wissenschafU. Jahresbericht über das J. 1856.
für Koheletli und Hiob ist einiges gesebeben. Bin Engländer
Morgan bat den zwiscben einer eigentbümlicben Skepsis und religiö¬
ser Hingebung scbwebeuden Prediger commentiert, obne dass icb
jedocb ibm etwas Besonderes nacbzurübmen hätte ' Ziemlich
unparteiisch , indess nicbt obne allen unwissenschaftlichen Ge¬
gensatz gegen evangelische Exegese ist das Werk des katholi¬
schen RectorS' L. v. Essen wirkliche Förderung der Schrift¬
auslegung (weicbe vielleicbt auch nicht beabsichtigt war) würde
man vergeblich daraus erwarten dürfen. Ebenso geht weoiger
auf ein wissenschaftliches als vielmebr ein praktisches Ziel die
Auslegung Wangemann's '*), was auch der Titel seines Werkes
besagt, so selten aucb der Character desselben dazu stimmen
will: denn wir begegnen durchaus keiner praktisch - religiösen
Empfindung, sondern einer dürren anspruchsvollen Wissenscbaft¬
licbkeit. Schwer erklärlich ist es , warum der Vf. mit allerlei
Beweismitteln, aber gegen 1, 12., die salomonische Authentie
nach dem Vorgange der Rabbinen festzuhalten versucht, wäbrend
doch Keil in Dorpat die entgegengesetzte Meinung des Hugo
Grotius anzunehmen für nicht verfänglich hält. Ich glaube nicbt,
dasB Hengsienberg dies Buch von Snlomo abzuleiten sicb gezwun¬
gen füblen würde, besonders seit er in seinem Vortrage Uber
Hiob^^) die kritische Bedeutung der Einkleidung gewürdigt bat:
er fordert nicht für Hiob die factische Wirklichkeit, um den re¬
ligiösen Inhalt des Buches zu erfassen. In dem ersten Theile
der Dichtung, bis auf die Reden des Elihu, stimmt er wesent¬
lich zu Ewald's Auffassung. Der nüchternen Abbandlung stehn
die zwei Dutzend verwirrter Thesen von A. W. Krahmer "*) wun-
74) Tbe Book of Solomon called Ecclesiastes , or the Preacher, metri¬
cally paraphrased, and accompanied with an Analysis of the Argument; being a retranslation of the Original Hebrew, according to ;the interpretation of the Rabbinic commentary of Mendelssohn, the criticisms of Preston and other annotators ; the subjects newly arranged. With analytical Headings to the sections. By the Rev. .4aron Äug. Morgan, M. A. etc. With illustrations
by G. Thomas. London, Bosworth 1856. 6. Vgl. Athenäum 1856 Apr.
nr. 1485 p. 459.
75) Der Prediger Salomos. Ein Beitrag zur Erklärung des allen Testa¬
mentes. Von Ludw. V. Essen, Dr. der Tbeol. u. Reelor des Progyma. zu
Jülich. Schatfhausen, Hurler 1856. IV u. 107 S. gr. 8. 18 f^. Vgl.
Zimmermann's Theol. Lit. Bl. 1856 nr. 81—84 p. 666 f. Ewald Bibl. Jahrb.
Vlll p. 175 f.
76) Der Prediger Salomonis nacb Inhalt und Zusammenhang praktisch angelegt von Dr. Wangemnnn, Archidiac. u. Kgl. Seminardir. in Cammin io Pommern. Berlin, Wohlgemuth 1856. 210 S. 8. Vgl. Ewald Bibl. Jahrb.
Vlll p. 177 f.
77) Hengstenberg, über das Bucb Hiob. Ein Vortrag, geh. im Auftrage des Ev. Vereins in Berlin; zuerst gedr. in d. Ev. KZ. 1356, Kebr. März, dann auch bes. Berlin , Schlawitz 1856, gr. 8. 5 t^.
'78) A. W. Krahmer, Lic. d. Tbeol. in Moskau, Das Buch Hiob und
dessen neueste Erklärer. Eine Colleclivrecension in ibren Folgen, in Zim¬
mermann'« Theol. Liu - Bl. 1856, nr. 43. 44.