Wissenschaftlicher Jahresbericht
über die morgenländischen Studien im Jahre 1912.
Assyiiologie (1912).
Von Hermann Pick.
Für den Fortgang der assyriologiscben Studien*) ist die Ver¬
öffentlichung neuer Texte am wichtigsten. Darum soll auch von
ihnen hier zuerst berichtet werden. Die Cuneiform Texts 2) des
British Museum haben zwei neue Bände aufzuweisen. Daneben hat
K i n g 8) eine prächtige Ausgabe von Grenzsteinurkunden heraus¬
gebracht. Die Veröffentlichungen der Universität von Pennsylvanien,
die jetzt unter dem Namen ,TAe Museum" erscheinen, haben nicht
nur diese äußerliche Veränderung erlitten, sondern sind auch innerlich
anders geworden. An dieser neuen Reihe sind bisher beteiligt
Myhrman^) mit babylonischen Gebeten und Hymnen und Clay^)*)
mit Geschäftsurkunden aus verschiedenen Zeiten. Zum ersten Male
tritt das Harvard Semitic Museum mit einer assyriologiscben
Veröffentlichung hervor. Es sind sumerische Verwaltungsurkunden 1) Es ist vielieiclit niclit überflüssig zu bemertien, daß der vorliegende Bericht nur anstrebt, die in Buchform vorliegenden Ergebnisse assyriologischer Arbeit aus dem letzten Jahre zu verzeichnen. Einiges, was dem Referenten beim Abschluß des vorjährigen Berichtes (Band LXVI, S. 341 ff.) noch nicht vorlag, wird hier nachgetragen.
2) Cuneiform Texts from Babylonian tablets &c., in the British Museum.
London. 32. 33. 1912.
3) L. W. King, Babylonian Boundary-Stones and memorial-tablets in the British Museum. With an atlas of plates. [Text.] Plates. London 1912. 4*.
4) D. W. Myhrm an, Babylonian Hymns and prayers. Philadelphia: Univ.
Mus. 1911. 9 S. 47 Taf 4°. (Univ. of Pennsylvania. The Museum. Publi¬
cations of the Babylonian Section. Vol. 1, No. 1.)
5) A. T. Clay, Business Documents of Murashu Sons of Nippur dated in the reign of Darius II. Philadelphia 1912. 54 S. 123 Taf. 4". (Univ. of Pennsylvania. The Museum. Publications of the Babylonian Section. Vol.2, No.l.)
6) Derselbe, Documents from the temple archives of Nippur dated in the reigns of Cassite rulers. Philadelphia 1912. 92 S. 72 Taf. 4". (Univ.
of Pennsylvania. The Museum. Publications of tbe Babylonian Section. Vol, 2, No 2.)
hauptsächlich aus der Zeit Lugalanda's und Umkagina's aus LagaL
Die Herausgabe ist besorgt von Mary Inda Hussey*). Aus dem
Louvre ist der Abschluß des großen Werkes „D6couvertes en Chald6e"
von de Sarzec^) zu melden. Ans derselben Sammlung stammt
auch ein neuer wichtiger Text zur Geschichte Sargons (714 v. Chr.), 6
dessen Bekanntgabe wir Thureau-Dangin 8) verdanken. In der
Reihe der Vorderasiatischen Schriftdenkmäler des Berliner Museums
hat Zimmern*) ein erstes Heft sumerischer Kultlieder heraus¬
gegeben.
Der reinen Philologie, der Grammatik und Wortkunde, kommen lo
mehrere Werke dieses Jahres zu gute. Von Delitzsch's*)
Assyrischen Lesestücken , dem treuen Begleiter wohl der meisten
jungen Assyriologen, ist die fünfte Auflage erschienen. Eine gute
sumerische Grammatik ist ein dringendes Desiderat unserer Wissen¬
schaft. Einen Beitrag dazu liefert Witzel*) mit seinen Unter- i&
suchungen über die Verbal Präformative im Sumerischen. Briefe
aus der Sargonidenzeit geben die Grundlage für Ylvisaker's')
Aufstellungen über die unterscheidenden Merkmale der babylonischen
und assyrischen Grammatik. Der Erweiterung unseres lexikalischen
Wissens dient Holma's*) Studie über die Namen der Körperteileso
im Assyrisch-Babylonischen. Unter die lexikalischen Arbeiten kann
man in gewissem Sinne auch Clay's*) verdienstliche Zusammen¬
stellung kassitischer Eigennamen rechnen, eine Art Portsetzung zu
Ranke's Early Babylonian Personal Names (1905).
1) M. I. Hussey, Sumerian Tablets in the Harvard Semitic Huseum.
p. 1. Cambridge, U. S. A.; Leipzig 1912. 4". (Harvard Semitic Series. Vol. 3.) 2) E. de Sarzec, Decouvertes en Chaldee. Publ. par les soins de Leon Heuzey, Membre de l'lnst. Avec le concours de Arthur Amiaud et F(;oi»
Thureau-Dangin pour la partie ^pigraphique. Vol. 1. 2. Paris 1884—1912. 2".
3) F. Thureau-Dangin, Mus^e du Louvre. Dep. d. antiquites orient.
Une Relation de la buitieme campagne de Sargon [König von Assyrien]
(714 av. J.-C). Texte assyr. ined. publ. et trad. Avec 1 ct. et 30 pl. Pari»
1912. XX, 87 S. 30 Taf. 4».
4) H. Zimmern, Sumerische Kultlieder aus altbabylonischer Zeit. Reihe 1.
Leipzig, Hinrichs 1912. 1". (Vorderasiatische Schriftdenkmäler. H. 2.) 5) F. Delitzsch, Assyrische Lesestücke mit den Elementen der Grammatik und vollständigem Glossar. Einführung in d. assyrische u. semitisch-babylonische Keilschriftliteratur. Für akad. Gebrauch u. Selbstunterricht. 5. neu bearb. Aufl.
Leipzig 1912. XII, 183 S. 4". (Assyriologische Bibliothek, 16).
6) M. Witzel, Untersuchungen über die Verbal-Präformative im Sumerischen nebst zahlr. Hinweisen auf d. Verbalaftixe. Mit einem ausführlichen Verzeichnis d. Verbalpräformative in Umschrift u. Übers. Leipzig 1912. VIII, 140 S. 8».
(Beiträge z. Assyriologie u. semit. Sprachwissenschaft, VIII, 5.)
7) S. C. YI vi sak er. Zur babylonischen und assyrischen Grammatik.
Eine Untersuchung auf Grund der Briefe aus der Sargonidenzeit. Leipzig 1912.
IV. 88 S. 8°. (Leipziger semitistische Studien, V, 6.)
8) H. Holma, Die Namen der Körperteile im Assyrisch-Babylonischen.
Eine lexikalisch-etymol. Studie. Leipzig 1911. XIX, 183 S. 8».
9) A. T. Clay, Personal Names from cuneiform inscriptions of the Cassite period. New Haven 1912. 208 S. 8». (Yale Oriental Series. Vol. 1.)
Von den Übersetzungen, die wir nun zusammenstellen wollen,
sind die beiden umfangreicheren von Ungnad*) und Langdon -)
wohl selbständige größere Arbeiten, die jede ihre Verdienste haben, aber sie bieten nicht eigentlich neues Material. Ungnad übersetzt
5 von neuem das GilgameS-Epos und Langdon neubabylonische Königs¬
inschriften. Zum Teil bisher noch unbearbeitete Texte bietet
Schollmeyer*) in seinen Sumerisch-babylonischen Hymnen und
Gebeten. Von den Briefen, die F i g u 11 a *) herausgegeben hat, waren
bisher nur einige, und auch sie nur auszugsweise, übersetzt. Keine
10 Übersetzung, aber doch wie diese der Absicht dienend, ein Literatur¬
erzeugnis leichter zugänglich zu machen, ist die Ausgabe des Welt¬
schöpfungsepos Enuma eli§ durch Deimel^).
Von den Neuerscheinungen, die man in weitestem Sinne als
geschichtliche bezeichnen kann, führt uns Leg rain's Werk 8) in die
16 alte Zeit der Könige von Ur. Die Ausgrabungen in Bismya, dem alten
Adab, behandelt Banks'). Jastrow's*) großes umfassendes Werk,
die Eeligion Babyloniens, steht kurz vor seinem Abschlüsse. Als
Beigabe dazu ist eine sehr gut zusammengestellte Bildermappe
erschienen. Ungefähr den gleichen Zwecken will auch dienen das
20 Werk von Hunger und Lamer*): Altorientalische Kultur im Bilde.
Über die Beziehungen Babyloniens zu drei anderen Kulturländern
der alten Zeit, zu Ägypten, Judäa und Griechenland, verbreiten
1) Das Gilgamesch-Epos. Neu übers von A. Ungnad u. gemein¬
verständl. erkl. von H. Gressmann. Göttingen 1911. IV, 232 S. 8".
(Forschungen z. Religion u. Literatur d. Alten und Neuen Testaments. H. 14.) 2) St. Langdon, Die neubabyloniscben Königsinschriften. Aus d. Engl, übers, von Rudolf Zehnpfund. Leipzig 1912. VI, 376 S. 8". (Vorder¬
asiatische Bibliothek. Stück 4.)
3) A. Schollmeyer, Sumerisch-babylonische Hymnen und Gebete an
Samas. Paderborn 1912. VIII, 137 S. 8". (Studien z. Geschichte u. Kultur d. Altertums. Erg.-Bd. I.)
4) H. H. Fi gulla, Der Briefwechsel Belibni's. Hist. Urkunden aus der Zeit Asurbänipals. Leipzig 1912. 104 S. 8". (Mitteilungen der Vorder¬
asiatischen Gesellschaft. 1912, I )
5) 'Enuma Elis' sive Epos Babylonicum Do creatione mundi in usum scholae ed. A. Deimel. Romae 1912. IX, 66 S. 4" (8"). (Scripta Pontificii Instituti biblici. [3.]).
6) L. Legrain, Le Temps des rois d'Ur. Recherches sur la societe antique d'aprfes des_ textes nouv. Nebst Planches. Paris 1912. 8" (Taf. 4").
(Bibliotheque de l'Ecole d. hautes etudes. Sc. philol. et bist. Fasc. 199.) 7) E. J. Banks, Bismya or The lost city of Adab. A story of adventure, of exploration , and of excavation among the ruins of the oldest of the buried cities of Babylonia. With 174 ill. New York & London 1912. XXII, 455 S. 8».
8) M. Jastrow, Bildermappe mit 273 Abbildungen samt Erklärungen zur Religion Babyloniens und Assyriens, besonders im Anschluß u. als Erg. zu Jastrow's Keligion Babyloniens u. Assyriens. Taf. nebst Text. Gießen 1912.
quer-8''.
9) J. Hunger u. H. Lamer, Altorientaliscbe Kultur im Bilde. Mit
193 Abb. auf 96 Taf. Leipzig 1912. 64 S. 8». (Wissenschaft u. Bildung, 103.)
sich W. Max Müller*), Rogers") und Farn eil 8). Beiträge
zu einem viel umstrittenen Thema, der Entwicklung der babylo¬
nischen Astronomie, liefert Weidner*).
Als eine besondere Gruppe kann man die Arbeiten zur Archäologie und Kunstgeschichte betrachten. Zum ersten Male zusammenhängend wird die mesopotamische Archäologie dargestellt von Handcock').
Der assyrischen Skulptur ist eine Arbeit von v. Bissing*) gewidmet.
Der Palast Sancheribs wird von Paterson') in einem großen
Prachtwerk vorgeführt. '
Den Abschluß unseres kurzen Überblickes möge bilden der
Hinweis auf den Katalog einer Privatsammlung orientalischer Siegel¬
zylinder von L e g r a i n *).
Die abessinischen Dialekte").
Von Franz Praetorius.
Zusammenfassend berichtet Marcel Cohen über seine in
linguistischem und ethnologischem Interesse unternommene Reise
nach Abessinien'-"). Manche interessante Beobachtung findet sich
in diesem Berichte : Über den Rückgang der Anwendung des
Äthiopischen s. S. 13; über die Entwicklung des Amharischen zu
einer einheitlichen Literatursprache s. S. 28. Auch die alte Klage,
daß wichtige Handschriften nicht mehr aufzufinden sind, findet sich
wieder (vgl. ZDMG. Bd. 61, S. 255). Eine Reihe verschiedenartiger 1) W. M. Müller, Die Spuren der babylonischen Weltschrift in Ägypten.
Leipzig 1912 IV, 90 S. 8». (Mitteilungen d. Vorderasiat. Gesellschaft. 1912, III.) 2) R. W. Rogers, Cuneiform Parallels to the Old Testament. New York
1912. XXII. 567 S. 8».
3) L. R. Farnell, Greece and Babylon. A comparative sketch of Me- sopotamian, Anatolian and Hellenic religions. Edinburgb 1911. XII, 311 S. 8".
4) E. Weidner, Beiträge zur babylonischen Astronomie. Mit 1 Sternkarte und 6 Abb. Leipzig 1911. 100 S. 8°. (Beiträge z. Assyriologie und semit.
Sprachwissenschaft. VIII, 4.)
5) P. S. P. Handcock, Mesopotamian Archaeology. An introd. to the archaeology of Babylonia and Assyria. London 1912. XVI, 423 S. 8".
6) K. W. V. Bissing, Beiträge zur Geschichte der assyrischen Skulptur.
München 1912. 17 S. 4». (Abbandlungen d. Kgl. Bayer. Akad. d. Wiss.
Philos.-philol. u. hist. Kl. Bd. XXVI, Abh. 2.)
7) A. Paterson, Assyrian Sculptures. Palace of Sinacherib. Plates. The Hague [1912]. 2".
8) L. Legrain, Catalogue des cylindres orientaux de la collection Louis Cugnin. Paris 1911. II, 54 S 4».
9) tjber das Sabäo-Minäische ist nichts zu berichten.
10) Marcel Cohen, Rapport sur une Mission linguistique en Abyssinie (1910—1911). Avec 7 Planches et une Carte. (Extrait des Nouvelles Archives des Missions scientifiques, nouv. s^rie. fasc. 6). Paris, Impr. nat. 1912. 81 S.
3 1
Veröffentlichungen soll die Ergebnisse dieser Reise im Einzelnen darlegen; einige davon sind bereits erschienen').
Conti Rossini hat begonnen , über die Handschriften
Abbadie's, die der Sammler selbst einst kurz verzeichnet hat, aus-
5 führlich zu berichten 2). Das Wichtigste aber an dieser Arbeit ist
die Einleitung, in der eine ausführliche Darstellung der äthiop.
Palaeographie und im Anschluß daran auch ein Abriß der äthiop.
Malerei gegeben wird (Byzantinisch-Koptisch mit europäischen Ein¬
schlägen. Keine Entwicklung eines nationalen Stils). C. R. erwähnt 10 auch die Vorliebe der Abessinier für neue, sauber aussehende Hand¬
schriften. ,Les Ethiopiens n'ont pas le goüt des choses anciennes".
Die angeblich aus der Zeit Yekünö-Amläk's stammende Handschrift
erkläi-t auch C. R. für jünger (vgl ZDMG., Bd. 64, S. 265).
Mehrere Einzeluntersuchungen zur äthiop. Literatur sind zu
16 verzeichnen. Schäfers untersucht den äthiop. Jeremias und ge¬
langt zu dem Ergebnis, daß die alte äthiop. Übersetzung auch dieses
Buches aus Ägypten stammt (vgl. ZDMG., Bd. 62, S. 166)»). Auf
S. 179 ff. seines Buches berührt Schäfers auch die Frage nach Aha
Salämä „dem Übersetzer". Die Lebenszeit dieses ,un de' maggiori so personaggi della letteratura abissina" bestimmt Conti Rossini
jetzt genauer auf die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts*). Auch
die Zeit einer anderen literarischen Persönlichkeit, Sim'ons des
Ägypters, bestimmt Conti Rossini anf ungef. 1400^). Er ist
der Übersetzer des Senkessär *). üm diese Zeit sei vermutlich auch
S6 die Homilie des Theophilus über den Aufenthalt der Maria in
Ägypten aus dem Arabischen ins Äthiopische übersetzt worden').
Euringer verfolgt die Ursprünge des Weddäse Märyäm an der Hand
der abessinischen Tradition bis nach Syrien').
1) 1. Note» sur des Verbes et des Adjectifs amhariques. (Extrait des Memoires de la Sociit^ de Linguistique de Paris, tome XVII), 15 S. 2. Jeux abyssins. Extrait du Journal Asiatique (Nov. — DÄc. 1911), 37 S. 3. C^rimonies et Croyances abyssines. (Revue de l'Histoire des Religions. Tome LXVI, No. 2.
1912). 18 S.
2) C. Conti Rossini, Notice snr les Manuscrits Ethiopiens de la
Collection D'Abbadie. (Journ. Asiat, dixiime Sirie, tome XIX, S. 551—578;
tome XX, S. 5—72).
3) Joseph Schäfers, Die äthiopische Übersetzung des Propheten Jeremias. Freiburg i/Br. 1912. VUI. 206 S.
4) Carlo Conti Rossini, Piccoli studi etiopici (Zeitschr. fur Assyrio¬
logie, Bd. XXVII, S. 358—378). S. 368 fiF. Sui metropolita Salämä d'Etiopia.
5) Ebenda. S. 371f. SuU' etä della versione abissina del Sinassario.
6) J. Guidi, The Ethiopic Senkessar (From the Journal of the Royal Asiatic Society, July 1911; S. 739—758).
7) C. Conti Rossini, II Discorso su monte Coscam attributo a Teofilo d'Alessandria nella Versione Etiopica (Rendiconti Lincei. Vol. XXI). 79 S.
8) Seb. Euringer, Der mutmaßliche Verfasser der Kopt. Theotokien und des äth. Weddäse Märyäm (Oriens Cbristianus. Neue Serie. I. BdS. 215—226).
3 1
Ägyptologie (1911—12).
Von Gttnther Roeder.
Mit dem fünften meiner Berichte über die Fortschritte der
Ägyptologie*) suche ich aus der schier unübersehbaren Menge der
neuen Unternehmungen und Arbeiten noch mehr als früher das
Wichtige hervorzuheben und ihn den Ereignissen so bald als möglich
folgen zu lassen. Für die früheren Jahre kann man sich die nötige 6
Literatur in allen Fällen durch die bekannten Bibliographien *)
zusammenstellen ; bis diese erscheinen, helfen die Angaben *) in den Zeitschriften, die unsere Wissenschaft besonders berücksichtigen*).
Ausgrabungen und Aufnahmen. Unter den Arbeiten der
Verwaltung der Altertümer des Ägyptischen Staates*) verdienen die to
Grabungen von Quibell*) in Sakkära Beachtung; er legt dort eine
Pyramide und Privatgräber des Alten Reiches sowie das koptische
Jeremiaskloster frei. Die Wiederherstellungen und Aufnahmen der
nubischen Tempel, die durch die Erhöhung des Staudammes von
Assuan überschwemmt werden, sind abgeschlossen ; in der stattlichen 15
Reihe der Publikationen') erscheinen neu die Wiedergaben von
Zeichnungen älterer Expeditionen*). Mit der Veröffentlichung des
jetzigen Zustandes der Tempel unter Beigabe zahlreicher Photo¬
graphien sind vor einigen Jahren Angehörige verschiedener Nationen
beauftragt worden. Der Franzose*) gibt nun schon den zweiten «o
Tempel heraus, allerdings legt er nur das Rohmaterial ohne einen
1) Der letzte in ZDMG. 68 (1912), 346—61.
2) E. LI. Griffith, Archaeological Report for 1910/1911 (London, Egypt Explor. Fund 1911). Desgl. for 1911/12 (L. 1912). Je 93 S. ill. 2 «. 6 rf.
— Wiedemann, Ägypten (1909) bezw. (1910) in Jahresber. der Geschichts¬
wiss. XXXXI (1909) bezw. XXXIII (1910). 26 bezw. 22 S. — Joh. Herrmann, Ägyptologie in Theolog. Jahresber. XXX für 1910 (Leipzig 1911), 9 — 29;
Albr. Alt in XXXI für 1911 (L. 1912) 11—36.
3) Nützlich sind die schnell erscheinenden bibliographischen Notizen mit Inhaltsangaben in American Journal of Archaeology, 2. series 16 (1912).
4) Erschienen sind zuletzt: a) Annales du Service des Antiquites de l'Egypte XI (1911—12). b) Bulletin de I'lnstitut Francais d'arcbdologie Orientale IX—X (1911 —12). c) Or. Lttztg. XV (1912). d) Proceedings of the Society of Biblical Archaeology XXXIV (1912). e) Recueil de travaux relatifs a la Philologie et archeologie egyptiennes et assyriennes XXXIV (1912). f) Revue
Egyptologique XIV (1912) 1 — 92. g) Sphinx XV (1911 — 12) nnd XVI
(1912—13).
' 5) Maspero in Acad. des Inscr. et Belles-Lettres, 6. oct. 1911. — Rapport du Service des Antiquites pour I'annie 1911. Le Caire 1912. 8". 27 S. 1 M.
6) J. E. Quibell, Excavations at Saqqara IV: 1908/1909 and 1909/1^10 (Cairo 1912). Fr. 78.
7) Sammeltitel für Anm. 8—9 und S. 392, Anm. 1: Les Temples immerg^s de la Nubie.
8) Gaston Maspero, Documents. 1. livr. Caire 1912. 4 S. 12 Taf.
4°. Fr. 15. *
9) Henri Gauthier, Le temple de Ouadi es-Sebouft. Tome I (XLIII, 248 S.) und II (66 Taf.). 4». Caire 1912. 90 Fr.
Versuch innerer Durcharbeitung vor; der Engländer*) kommt den
Bedürfnissen der Benutzer weit mehr entgegen.
Die Engländer, die sich je länger desto mehr in Ägypten zu
Hause fühlen, erscheinen alljährlich mit mehreren Expeditionen, die
5 sämtlich von privater Seite ausgerüstet werden. Der Egypt Ex¬
ploration Fund arbeitet in Abydos *). Petrie, der uns eine schöne
Sammlung von Mumienporträts aus dem Fajjum schenkt •'), hat in
einem Friedhof der Frühzeit Eisenperlen an einem Halsschmuck
gefunden*). Einen soliden Eindruck machen die Grabungen eines
10 Herrn aus dem englischen Hochadel in den Thebanischen Privat¬
gräbern; er hat zur Publikation seiner vielseitigen und vfichtigen Funde erfreulicherweise geschulte Gelehrte verschiedener Richtung
herangezogen^). Die Universität Oxford*) hat sich nach Nubien
gevrandt, Liverpool') sogar schon durch drei Kampagnen in den
15 Sudan; in beiden Fällen handelt es sich vorzugsweise um die
meroitische Zeit und Arbeiten unter griechisch-römischem Einfluß.
Auf amerikanischer Seite hat Reisner*) eine rätselvolle
Pyramide der 3. Dynastie untersucht. Maciver*) hat die Publi¬
kation der Philadelphia-Expedition nach Nubien mit acht stattlichen
20 Bänden abgeschlossen. Das Museum von New York arbeitet weiter
in der Großen Oase von El-Charge.
Die Deutsche Orient-Gesellschaft*") hat in Teil el-Amarna, der
Residenz des Ketzerkönigs Amenophis IV. (Achnatön), schöne Er¬
gebnisse für die Kultur- und Kunstgeschichte. Wie diese verdankt
25 auch die v. Sieglin-Expedition ihre Mittel der Freigebigkeit eines
Privatmannes; die letztere hat sich von dem , Sphinxtempel' in
1) Aylward M. Blackman, The temple of Dendür. Caire 1911.
114 S. 120 Taf. 4". 90 Fr.
2) Borchardt ih Klio XII (1912), 389—92.
3) W. M. Flinders Petrie, Roman portraits and Memphis IV. (British School of Archaeology in Egypt. and Egypt. Research Account XVIl). London
1911. 26 S. 35 Taf. 4». 25 s.
4) W. M. Flinders Petrie, Gr. A. Wainwright and E. Mac kay,
The Labyrinth . Gerzeh and Mazghuneh. (Brit. School of Arch, and Eg. Res.
Acc. XVIII). London 1912. 59 S. 52 Taf. 4". 25 s.
5) The Earl of Carnarvon and Howard Carter, Five years ex¬
plorations at Thebes. A record of the work done 1907—1911. Oxford 1912.
lOOS. 98 Taf. fol. 50«. (Mit Beiträgen von G ri f fit h , L egr ai n , M ö 11 er , Newberry, Spiegelberg).
6) Oxford Excavations in Nubia 1910—1912. Exhibition of Antiquities discovered at Faras. Oxford May 27 to June 1, 1912. 16 S. 8".
7) Garstang in Klio XII (1912), 388—9; Or. Lttztg. XV (1912), 276—7 Ann. of Archaeol. and Antropol. Liverpool IV (1912), 45—71 und V (1913) 73—83 mit Taff.
8) Museum of Fine Arts Bulletin IX (Dec. 1911), 54—9.
9) D. Randall-Maciver and C. Leonard Wolley, Buben. (Uni¬
versity of Pennsylvania, Egyptian Departement of the University Museum, Eckley B. Coxe Junior Expedition to Nubia, vol. VII. — VIII.) Philadelphia 1911.
4". Text: 243 S. Plates: IX S. 96 Taf. Plan A—G.
10) Borchardt in Mitteil, der Deutsch. Or. Gesch. 50, Okt. 1912. 40 S.
Gise*) nunmehr nach Nubien gewandt-). Die Wiener Akademie, für die Junker*) einen frühzeitlichen Friedhof abschließend veröffent¬
licht, hat in den Mastabas bei Gise*) ungewöhnlichen Erfolg gehabt.
Die Franzosen legen nach der Beendigung ihrer Arbeiten in
Koptos*) die dort gefundenen Königsdekrete des Alten Reiches vor*). 5
Eine Studie über den Tempel von Abydos ist wegen der Photo¬
graphien der schönen Reliefs wertvoll '). Einer der jüngeren Franzosen,
unter denen sich eine kritische und sorgfältig arbeitende Schule zu
entwickeln scheint, hat die berühmten Darstellungen der Gräber
von Beni Hassan nachgeprüft und durch Detailzeichnungen wie lo
durch Kollation der Inschriften viele wertvolle Berichtigungen zu
der ersten englischen Publikation geliefert*).
Museumspublikationen. Die umfangreichste unter den Ver¬
öffentlichungen der großen Museen ist seit Jahren der Catalogue
General du Musee du Caire"); die drei neuen Bände bringen wieder 15
viel Material, — wenn sich nur auch die Kräfte für ihre Ausnützung
fänden ! Bei der prächtigen Publikation des Köpfchens der Königin
Teje, der Mutter von Amenophis IV., sind wir über die interessante
Frau näher unterrichtet worden , die auf die Umgestaltung des
Glaubens wie des künstlerischen Geschmacks unter der Regierung so
ihres Sohnes Einfluß gehabt zu haben scheint*"); das lebendige
Porträt ist auch dadurch bemerkenswert, daß wir vielleicht seinen
Verfertiger kennen. Die Sammlung von Herrn Golenischeff in
St. Petersburg ist in den Besitz des Russischen Staates übergegangen und wird in Moskau aufgestellt; Tur aje ff, der dort den ägyptologisch- 85
1) Uvo Hölscher, Das Grabdenkmal des Königs Chephren (Veröffent¬
lichungen der Ernst von Sieglin Expedition in Ägypten I) mit Beiträgen von
L. Borchardt und Georg Steindorff. Leipzig 1912. 120 S. 170 Abb.,
8 einfarb., 10 mehrfarb. Blätter. 4». 45 M.
2) Or. Lttztg. XV (1912), 277.
3) Hermann Junker, Bericht über die Grabungen der Kaiserl. Akademie der Wiss. in Wien auf dem Friedhof in Turah, Winter 1909—1910. (Denkschr.
Akad. Wien, phil.-hist. LVI). Wien 1912. 90 S. 50 Taf. 4».
4) Junker in Anz Wien. Akad., phil.-hist. XVIII. 1912.
5) A. J. Reinach in Bull, internationale de le Soc. Fran?, des fouilles archeol. 1912 (separat: 35 S. 12 Abb. Paris 1912).
6) Raymond Weill, Les d^crets royaux de l'ancien empire egyptien.
Paris 1912. 109 S. 12 Taf. 4«. 30 Fr.
7) Jean Capart, Abydos: Le temple de Seti ler. Bruxelles 1912.
40 S. 50 Taf. 4". 35 M.
8) Montet in Bull. Inst. Frani;. Caire IX (1911), 1—36 mit fig. 1—14 und pl. I—XIV.
9) a) G. Elliot Smith, The Royal mummies. Cairo 1912. 77 Fr.
b) Alex. Moret, Sarcophages de l'epoque Bubastite ä l'epoque Saite, 1. fasc.
Caire 1912. 60 Pr. c) Henri Gauthier, Cercueils anthropoides des pretres de Montou, 1. fasc. Caire 1912. 60 Fr.
10) Ludwig Borchardt, Der Porträtkopf der Königin Teje. (Wiss.
Veröffentlich, der Deutsch. Gr.-Ges. XVIII : Ausgrabungen in Teil el-.\marna I).
Leipzig 1911. 31 S. 42 Abb. 5 Taf. 4". 16 M.
3 1 «
sprachlichen Teil der Publikation besorgt*), hat auch Stücke aus anderen russischen Sammlungen und Privatbesitz veröffentlicht^).
Auktionskataloge haben uns schon manchmal die Bekanntschaft mit
seltenen Altertümern vermittelt: ein solcher mit Lichtdrucken macht 5 jetzt die bekannte ehemalige Sammlung Dattari in Kairo zuganglich«).
Schrift und Sprache. Das Gebiet wird wie früher vorzugs¬
weise von den Deutschen beackert. Möller*) hat den letzten Band
seiner Paläographie der Buchschrift vorgelegt und damit ein Nach¬
schlagebuch geschaffen, das sowohl die Lesung ungewöhnlicher
10 Zeichen wie die feste Datierung der Urkunden gestattet; auch die
lokalen Unterschiede der Schreiberschulen kommen deutlich zum
Ausdruck. Die sogen, syllabische Schrift (die Wiedergabe eines
ägyptischen oder ausländischen Konsonanten durch mehrere Hiero¬
glyphen) hat eine neue Bearbeitung gefunden, die ihren Wert selbst
16 durch reichliche Polemik beeinträchtigt*). Die lexikalischen Unter¬
suchungen stehen meist im Zusammenhang mit dem großen Wörter¬
buch der ägyptischen Sprache, das in Berlin ira Auftrage der Deutschen
Akademien bearbeitet wird *); was dort über das Zu- und Abnehmen
des Wortschatzes sowie die Veränderungen in der Porm und Be-
so deutung der Wörter festgestellt wird , bringt überraschende und
weittragende Ergebnisse für unsere Auffassung der Schrift und
Sprache '). Von anderer Seite ist eine Scheidung der Wörter unter¬
nommen , die Teile von Schiffen bezeichnen*). Die beste Arbeit
des Jahres auf grammatischem Gebiet sind Lacau's durchdachte
«6 Bemerkungen zu Erman's neuer Grammatik; sie zeigen, daß der
Franzose, der von allen seinen Landsleuten schon immer die gründ¬
lichste philologische Schulung hatte, den deutschen Arbeiten mit
ebensoviel feinem Verständnis wie selbständiger Kritik gefolgt ist *).
Meroitisch und Nubisch. Die offizielle Sprache des nubisch-
so sudanesischen Königtums war im 1. vorchristlichen Jahrtausend das
Ägyptische ; die Stelen jener Negerfürsten sind von Budge*") noch
1) Collection GoI4nicheff (russisch), Petersburg 1912; 1. Heft erschienen.
Text. Taf. 40.
2) Oriens Christianus (russisch) I (1912), 45—9. Turajeff, Ägyptische Altertümer in Odessa (Odessa 1912). 21 S. 4».
3) Collection Jean P. Lambros-Athfenes et Giovanni Dattari-Le Caire.
Paris 1912. 67 S. 61 taf. 4». 25 Fr.
4) Georg Möller, Hieratische Paläographie III (Dyn. 22 bis 3. Jahrb.
n. Chr.). Leipzig 1912. XV, 72 S. 11 Taf 4». 30 M.
5) A. Erman in Sitzber. Berl. Akad. 1912, 60. 1913, 105.
6) W. Max Müller, Die Spuren der babylonischen Weltschrift in Ägypten (Mitteil. Vorderasiat. Ges. XVII (1912/13). Leipzig 1912. 90 S. 8". 4 M.
7) A. E r m a n , Zur ägyptischen Wortforschung II. III., in Sitzber. Berl. Akad.
1912, 904—63.
8) Jequier in Bull. Inst. Fran?. Caire IX (1911), 37—82.
9) Lacau in Ree. trav. XXXIV (1912), 208—18.
10) E. A. Wallis Budge, Annals of Nubian Kings with a sketch of
the history of the Nubian kingdom of Napata (Books on Egypt, and Chaldaea
XXXHl). London 1912. 176 S. 8».
3 1 *
einmal herausgegeben. Dafür werden ihm weniger die Ägyptologen dankbar sein, über deren Vorarbeiten der produktionsfrohe Londoner
Museumsdirektor kaum hinausgegangen ist, als Anthropologen, die
bei der Behandlung des modernen Sudans auch seine Geschichte berück¬
sichtigen*). In der römischen Zeit haben die Bewohner des Reiches
von Meroö ihre einheimische Sprache mit Hieroglyphen und einer
demotischen Kursive geschrieben, die beide in den letzten Jahren
von G r i f f i t h entziffert sind "); zur Sprache selbst ist allerdings bisher
auch sein Scharfsinn noch nicht vorgedrungen«). Manche andere
Wissenschaft wird uns um das nahezu vollständige Corpus aller
meroitischen Inschriften in sorgfältiger Wiedergabe und Durch
arbeitung beneiden, durch das er sich den Weg zu seinen Erfolgen
gebahnt hat*)*). Heute spricht man südlich vom ersten Katarakt
das Nubische. Um den Kunüzi-Dialekt der Bewohner unmittelbar
oberhalb des Staudammes von Assuan, der durch die Verdrängung
der Bevölkerung demnächst verschwinden wird, zu retten, haben
Junker und Schäfer dort in letzter Stunde noch Lieder und Er¬
zählungen aufgenommen«); erst jetzt gewinnt man, literarische Be¬
lege für die alten Arbeitsgebräuche, die Stammesgliederung und
sogar die christliche Vergangenheit des Volkes aus seinem eigenen
Munde. Im Anschluß an diese Aufnahmen hat S c häf er einen Nubier
die vier Evangelien übersetzen lassen '). Das handschriftliche Wörter¬
buch eines italienischen Arztes aus dem 17. Jahrhundert, von welchem
zunächst die Buchstaben A — C herausgegeben sind *), zeigt uns, daß
auch damals schon der Kunüzi-Dialekt bei Assuan gesprochen wurde.
Die Aufnahmen, die Almkvist») vor 25 Jahren gemacht hat, haben
in diesem Augenblick einen bedeutenden Wert, wo man sich von
den verschiedensten Seiten um die Rettung des untergehenden
Landes bemüht.
1) H. A. Mac Michael, The tribes of northern and central KordofAn Cambridge 1912. 259 S. 19 Taf. S".
2) F. Ll. Griffith, Karanog. The Meroitic inscriptions of ShablÜl and Karanog. (Bd. VI der Coxe Expedition von S. 392 Anm. 9). Philadelphia
1911. 181 S. 30 Taf. 42 M.
3) H. Schuchardt in WZKM. XXVI (1912), 416—8.
4) J. W. Crowfoot, The Island of Meroe. F. Ll. Griffith, Meroitic Inscriptions Parti (Archaeological Survey of Egypt. 19). London 1911. 94 S.
35 Taf. 25 s.
5) P. LI. Griffith, Meroitic Inscriptions Part 11 (Arch. Surv. of Egypt. 20).
London 1912. 80 S. 48 Taf. 4». 25 «.
6) H. Junker in Anz. Wien. Akad., phil.-hist. 1912, XVIII. 20 ».
7) Enjil Yesu Komisbuldi teran Hiran Mata bajsin nawite. Hiran Markus.
Luka Gadisebul. Hiran Hana. Beriin, British and Foreign Bible Society 1912.
12, 57, 89, 93. 70 S.
8) K. V. Zettersteen iu Le Monde Oriental V (1911), 42—79. 137—67.
9) H. Almkvist, Nubische Studien im Sudan 1877—78. Hsg. v. K. V.
Zettersteen (Arbeten utg. m. understöd af V. Ekmans Univ. fond, No. 10). Upsala
Leipzig 1911. XXXVIII, 281 8. 4«. 30 M.
Zeitschrift der D. M. Ö. Bd. LXVII. 26
Das reiche neue Sprachmaterial wird den Afrikanisten will¬
kommen sein, wenn auch Meinhof*), nicht ohne Widerspruch 2), das
Nubische von den hamitischen Sprachen abgelöst hat. Die Ägypto¬
logen ihrerseits haben auf die Behandlung der Sprachen*) und
5 Kulturen*) der Völker des Sudans zu achten, wenn sie die Gegen¬
wart zum Verständnis des Altertums benützen wollen. Wie weite
Kreise bei diesen Fragen mit interessiert sind, sieht man aus dem
Versuch, das Nubische, mit dem Baskischen zusammenstellen*), das
man früher schon mit dem Berberischen und dem Ägyptischen zu
10 vergleichen unternommen hat.
Geschichte. Hier ist erfreulicherweise einmal ein Stillstand
der Produktion zu verzeichnen, keine größere Darstellung erschien
im Berichtsjahr, abgesehen von Petrie's für weitere Kreise anregenden
Essays*). Man scheint den Besitz der in den letzten Jahren er-
18 schienenen Werke zu benützen , um sich selbst die gewonnenen
Erkenntnisse anzueignen ; deshalb ist das Unternehmen , sämtliche
heute bekannte Königsnamen übersichtlich zu verzeichnen '), mit
Freude zu begrüßen. Für die pharaonische Zeit ist außer den
Fortsetzungen der früher erwähnten AufUtze zu einzelnen historischen
20 und genealogischen Fragen kaum etwas von Wichtigkeit zu nennen.
Für die spätere Zeit würdigt man jetzt die Bedeutung der aramäischen
Papyrus aus Elephantine*). Einem hübschen sachlichen Kommentar
zu Herodot ist für das 2. Buch die Benützung der ägyptologischen
Literatur zu statten gekommen*). Die Flut der Studien auf Grund
85 der griechischen Papyrus aus Ägypten vermag der Ägyptologe
längst nicht mehr auszunützen, so viel auch daraus für die voran¬
gegangenen Jahrtausende zu lernen wäre ; ich möchte nur auf die
reizvolle Wiedergabe von Briefen von der ptolemäischen bis zur
byzantinischen Zeit*") aufmerksam machen.
1) Carl Meinhof, Die Sprache der Hamiten. (Abh. d. Hamburg. Kolon.- Inat. IX). Hamburg 1912. 256 S. 11 Taf. 8».
2) H. Schuchardt in WZKM. XXVI (1912), 407—13; Hestormann
in Anthropos VII (1912), 722—60.
3) Diedrich Westermann, Die Sudansprachen. Eine sprachvergleichende Studie. (Abh. Hamburg. Kolon.-Inst. III). Hamburg 1911. 222 S. 8". —
Vgl. H. Schuchardt iu WZKM. XXVI (1912), 11—41.
4) Diedrich Westermann, The Shilluk People, their language and
folklore. Philadelphia-Berlin 1912. 4». LXIII, 312 S. 8 Taf. 1 Karte. M. 12 —.
5) Schuchardt in Revue des etudes Basques VI (1912). 15 S.
6) W. M. Flinders Petrie, The revolutions of civilisation. London 1911.
8". 2 «. 6 rf.
7) Max Burchhardt&Max Pieper, Handbuch der ägyptischen Königs¬
namen. 1. Heft. Die Königsnamen bis einschl. 17. Dyn. Leipzig 1912.
54 S. 8». 5 M.
8) Eduard Meyer, Der Papyrusfund von Elephantine. Leipzig 1912.
128 S. 8». 2 M.
9) W. W. How & J. Wells, A commentary on Herodotus. Oxford 1912.
2 Vol. 8». 7 «. 6 d.
10) Wilhelm Scbubart, Ein Jahrtausend am Nil. Briefe aus dem Altertum.
Berlin 1912. LXIV. 127 S. 7 Taf. 37 Abb. 8». 4,50 M.
Beziehungen zum Ausland. Ein neuer Jahresbericht*) hat es
sich zur Aufgabe gesetzt, den Forschern in den prähistorischen
europäischen Kulturen mitzuteilen, was für sie von den Vorgängen
in der Ägyptologie von Interesse ist. Man bemüht sich jetzt all¬
gemein mehr um die Völkerzusammenhänge ; das zeigt sich in selb- 5
ständigen größeren Büchern -), wie in der Art der Berücksichtigung
der ägyptischen Verhältnisse in den enzyklopädischen Werken *).
Die Formenentwicklung der prähistorischen Gefäße ist auch für die
ägyptischen bedeutungsvoll, die immer in Fühlung mit denen des
Mittelmeerkreises gestanden haben*). Eine zusammenfassende Dar- lo
Stellung des Einflusses des Orients auf die Anfänge der griechischen
Kunst*) zeigt die Wirkung vieler ägyptischer Motive; sie sind
allerdings oft erst nach einer Entstellung ihres Stiles durch die
Phönizier zu den Griechen gekommen. Die viel umstrittene Frage
nach der Herkunft der jonischen Säule glaubt ein Ethnologe«) von 16
seinem Standtpunkt aus mit einem Schlage lösen zu können; leider
steckt in seiner Ableitung von der Palme viel Verkennung der
eigentlichen archäologischen und historischen Probleme. Petrie's')
Vergleichung der europäischen Alphabete mit dem ägyptischen ent¬
hält zu viel Hypothese und gelegentliche Phantasie, um eine durch- 20
gehende Anerkennung erwarten zu können. Mit Interesse liest man
eine Studie über die kuriose Wandlung des ägyptischen Lebens¬
zeichens durch ein volkstümliches Schutzsymbol hindurch zu dem
Wappen des Antonius-Ordens und der Universität Giessen *); solche
Änderungen des ursprünglich anders gemeinten Sinnes eines Typus 25
können uns schon aus der römischen Kaiserzeit nicht überraschen,
welche die Sphinxe der Pharaonen aus dem Niltal in den dalmati¬
nischen Kaiserpalast versetzte *) und in der ein germanischer Söldner
mit seinen Waffen am Nil bestattet werden muß*"). Der Helm
1) 6. Roeder in Prähistor. Zeitschr. IV (1912), 419—37.
2) Qr. Elliot Smith, The ancient Egyptians and their influence upon the civilisation of Europe. London and New York 1911.
3) Joh. Ranke, Der Mensch. 3. Aufl. Leipzig 1912 (in Band 2). 15 Af.
4) Hoernes in Jahrb. f. Altertumskunde V (Wien 1911), 1—27.
5) Frederik Poulsen, Der Orient und die frühgriechische Kunst.
Leipzig 1912. 195 S. 8*. 12 Af.
6) Felix V. Luschan, Entstehung und Herkunft der Jonischen Säule.
(Der Alte Orient XII, 3). Leipzig 1912. 43 S. 41 Abb. 8". 0,60 M.
7) W. M. Flinders Petrie, The formation of the alphabet. (British School of Archeology in Egypt, Studies Series, Vol. III). London 1912. 20 S.
9 Taf. 8»
8) Wünsch in Hessische Blätter für Volkskunde XI (1912), 49—63.
9) Gr. Jequier, Les monuments egyptiens de Spalato (Dalmatie), in E. Hebrard et Jacques Zeiller, Spalato: Le Palais de DioclÄtien (Paris
1912). — Gekürzt: Jequier in Bulletino di archeologia e storia dalmata 1910, 174—9.
10) Ebert in Prähist. Zeitschr. I (1909), 163—70.
26*
desselben ist rein europäiscb, während ein etruskischer Helm ägyptische Anklänge zeigt*).
Die Alttestamentler pflegen den Fortgang der Arbeiten über
ägyptische Geschichte, Literatur und Eeligion aufmerksam zu ver¬
folgen; wir andererseits freuen uns, so viel von den Erkenntnissen unserer Wissenschaft dort verwertet zu sehen, und lernen wiederum
für die richtige Deutung des eigenen Materials. In zwei neuen
Geschichten der vorisraelitischen Zeit Palästinas^) hat die Berück¬
sichtigung der Nachbarforschung zu einer dankenswerten Ineinander-
arbeitung der Resultate geführt. Ebenso in einer kurzen Gegen¬
überstellung der alttestamentlichen und der ägyptischen Literatur*).
Für den Schauplatz des Exodus, dessen Datum man von Merenptah
zurück auf Eamses II. gerückt hat*), ist ein demotischer Papyrus
wertvoll, der einige der Orte nennt"*). Parallelen aus dem Toten¬
buch, medizinisolien Papyrus und Tempelinschriften veranschaulichen,
wie es bei der Auffindung des Gesetzbuches unter König Josias
sich ereignet haben mag*). Das Wichtigste auf dem syrisch -
ägyptischen Gebiet ist die lange erwartete, abschließende Publikation
der Funde Macalisters in Gezer'); auf Schritt und Tritt ist er auf
ägyptische Amulette, kunstgewerbliche und Gebrauchsgegenstände oder sonst deutlich greifbaren Einfiuß vom Niltal her gestoßen.
Da die Negervölker es nie zu einer höheren Kultur gebracht
haben, kümmert man sich in ägyptologischen Kreisen nicht gern
um sie; auf .die Dauer lassen sich die Gemeinsamkeiten in der
Sprache wie in der Kultur freilich nicht übersehen. Die Aus¬
grabungen in Nubien und dem Sudan wie die Beschäftigung mit
dem Meroitischen und dem Nubischen rücken die Ägyptologie jetzt
in neue Beziehungen zur Afrikanistik, in der Ethnologen und Philo¬
logen getrennt voneinander ihr Material beibringen. Der Ägypto¬
loge glaubt in Frobenius' Funden*) Bekanntes wiederzusehen; aber
einstweilen stehe man seinen historischen Konsequenzen noch mit
Skepsis gegenüber. Auch was auf ethnologischer Seite aus ge-
1) Schröder in Amtl. Ber. aus d. Königl. Kunstsamml. XXXIII (Berlin, Juli 1912), 244 fif.
2) RudolfKittel, Geschichte des Volkes Israel I. 2. Aufl. (Handbücher der Alten Geschichte 1,3). Gothal912. 668S. 8". 16 Af. — E. A. 8. Macalis ter , A History of civilisation in Palastine. Cambridge 1912. VII, 139 S. 9 Abb.
1 Karte. 1 «.
3) Max Lohr, Einführung in das Alte Testament. Leipzig 1912. 125 S.
10 Abb. (S. 81—92). 8». 1,25 M.
4) Hugo Orefimann, Mose und seine Zeit. (Göttingen 1913), 404.
5) Daressy in Sphinx XIV (1911), 155; Daressy in Bull, de I'lnstitut Egyptien Sirie V, tome 5 (1911); Offord in Palestine Exploration Fund XLIV (1912), 202—5.
6) Euringer in Bibl. Zeitschr. IX (1911), 230—43. 337—49.
7) R. A. Stewart Macalister, The excavations of Gezer (London, Palaestine Exploration Fund, 1912). 2 Vol. 4».
8) Leo Frobenius, Und Afrika sprach. Berlin 1912 (entweder: 4 Bde.
50—60 M. oder 1 Bd. zu 12 — 15 M).
legentlich von Reisen mitgebrachten Stücken gefolgert wird möge nur mit Kritik benützt werden.
Kulturgeschichfe. Nur wenige Aufsätze liegen für das weite
Gebiet vor, und kaum einer von größerer Bedeutung. Ein Buch
über den Inhalt der Inschriften und Darstellungen auf den Stelen ^) 6
ist erfreulich, weil es den Besuchern auch der kleinen Museen, in
denen diese Art der Altertümer immer noch zu allermeist zu finden ist, zeigt, was für ein Leben hinter dem ihnen nicht auf den ersten Blick Verständlichen steckt ; eine tiefgreifende wissenschaftliche Unter¬
suchung will es nicht sein. Ein Graecist *) hat uns das Schreibmaterial lO
■der späteren Zeit in Ägypten dargestellt. Ein anderer*) führt uns
die ypafifiatErj genannte Beamtenklasse vor, wobei wir in die Landes¬
verwaltung hineinsehen. Die letzte Arbeit von Revillout'') sucht
den ägyptischen Ursprung des römischen Zivilrechtes zu erweisen;
hoffentlich findet sich jetzt nach R.'s Tode jemand, der ägyptische i5
Rechtsurkunden mit schärferer Kritik untersucht (an Erfolg und
Dank würde es gewiß nicht fehlen) , wenn die unübersichtlichen
Vorarbeiten auch manches Gute enthalten mögen. Unter den Ärzten
nimmt das historische Interesse zu; aus ihrer Mitte hat man die
medizinischen Gottheiten der Ägypter , leider nur nach Quellen 20
zweiter Hand , untersucht *), und einige medizinische Einzelheiten
aus den Zaubersprüchen für Mutter und K*ind ') und andere Krank¬
heiten *) verfolgt. Ein englischer Anatom, der über eine ungewöhn¬
liche Erfahrung in der Sezierung von Mumien verfügt *), hat die
Entwicklung der Mumifizierung dargestellt; dasselbe 'Thema be- 25
handelt ein Pranzose *"), der auch Analysen der dabei verwendeten
Harze gibt. Ein anregender Vortrag**) streift die ganze wissen¬
schaftliche Literatur, wozu außer Mathematik und Medizin natürlich
auch Zauberei und Hermeneutik gehören ; er setzt die Versuche
der Orientalen in einen für sie nicht sehr günstigen Gegensatz zu so
dem konsequenteren und erfolgreicheren Denken der Griechen.
1) Bütimeyer in Z. f. Ethnol. XLIII (1911), 240ff.
2) B. Pörtner, Die ägyptischen Totensteien als Zeugen des sozialen und religiösen Lebens ihrer Zeit. Paderborn 1912. 100 S. 5 Taf. 8». 3,40 M.
3) Schubart in Amtl. Ber. aus d. Königl. Kunstsamml. XXXIII (Berlin, März 1912), 145—7 mit Abb. 71 — 2.
4) Schultheß in Pauly-Wissowa Realencykl. XXVII (1912), 1770—80.
5) Eugene Revillout, Les origines egyptiennes du droit civil remain.
Paris 1912. VIII, 162 S. 8». 10 Fr.
6) Ernst Bloch in Arcb. f. Gesch. d. Mediz. IV (1911), 314—22.
7) Paul Richter, ebenda III (1910), 155—65.
8) P fister in Arch. f. Gesch. d. Mediz. VI (1912), 12—20.
9) G. ElliotSmith, The history of mummification in Egypt. Proceedings of the Royal Philosophical Society of Glasgow 1910.
10) Louis Reutter, De I'Embaumement avant et aprfes Jisus-Christ.
Paris 1911.
11) v. Bissing, Ägyptische Weisheit und griechische Wissenschaft, in Neue Jahrb. f. klass. Philol. XV (1912), 81—97.
Kunstgeschichte und Archäologie. Maspero hat eine Dar¬
stellung der ägyptischen Kunst geschrieben *) nicht vom ästhetischen
Gesichtspunkt, wie man es von ihm hätte erwarten können, sondern
mit dem Schwerpunkt auf der Entwicklung der Typen und der
5 Lokalstile. Diesem Standpunkt gemäß hat er sich mit kleinen Ab¬
bildungen begnügen können ; daß sie so vielseitig sein konnten und
auch die Funde der letzten Jahre berücksichtigen, danken wir seiner Tätigkeit als Leiter der Verwaltung der Altertümer des Ägyptischen
Staates , wo ihm das Material wie keinem anderen zuströmt.
10 Petrie's früher erwähnte Behandlung, die sich besonders an das
Kunstgewerbe bält, ist in das Französische übersetzt*). Eine sorg¬
fältig erweiterte Festrede*) führt uns den Anteil der ägyptischen
Kunst am Kunstleben aller Zeiten und Völker vor; ein reizvolles
Thema, das sowohl die wichtigsten Kulturbeziebungen des Altertums
16 wie Absonderlichkeiten aus dem Geschmack des Mittelalters und end¬
lich manches Kuriosum aus den letzten Generationen berührt. Unter
den allgemeinen Werken muß ich auch die zweite Auflage von
Blümner's bewährter Technologie *) nennen; sie zieht überall die
ägyptischen Darstellungen heran und ist wegen der vergleichenden
80 Behandlung des vielseitigen Stoffes , zu dem die Ägyptologie noch
ein reiches unverarbeitetes Material besitzt, dieser für zukünftige
Untersuchungen ungemein wertvoll.
Nur wenige der gi-oßen Museen erschließen uns ihren Bestand.
Wir sind dem Kairiner Museum für die Beschreibungen und Photo-
86 graphien dankbar, in denen Band nach Band die Gruppen von
Altertümern vorgelegt werden ; von den diesjährigen gehören die
Toilettengegenstände*) hierher. Wir freuen uns, wenn der Leiter
des Louvre an seine wertvollste Erwerbung eine Studie anschließt ').
Aber einen wirklichen Dienst erweist erst das Berliner Museum den
30 Ägyptologen , indem es nicht nur Sammlungen des Rohmaterials,
sondern auch Durcharbeitungen nach verschiedenen Gesichtspunkten bietet ; der erste Band seiner neuen Serie, die Goldschmiedearbeiten
enthaltend*), ist ein mustergültiges Vorbild für archäologische
1) G. Ma.spero, Egypte (Ars una species mille, Histoire Generale de l'art). Paris 1912. 326 S. 565 Abb. 4 Taf. 8». 7,50 Fr. — Deutsch als:
2) Gaston Maspero, Geschichte der Kunst in Ägypten. Stuttgart 1913.
Mit 565 Abb. 4 Taf. 6 M.
3) W. M. Flinders Petrie, Les arts et metiers de l'ancienne Egypte
trad. Jean Capart. Bruxelles 1912. 190 S. 140 Abb. 8». 7,50 Fr.
4) V. Bissing in Münch. Akad. 1912. 4°. (Separat: 104 S. 3 M.) 5) Hugo Blümner, Technologie der Gewerbe und Künste bei Griechen und Römern. I. 2. Aufl. Leipzig-Berlin 1912. 364 S. 135 Abb. 8". 14 M.
6) Georges B^nidite, Objets de toilette. 1. partie. Peignes etc.
(Catal. G^n^r. du Musee du Caire, Vol. 55). Cairo 1911. 80S. 27 Taf. 8». 22 .A/.
7) Georges B^n^dite, Scribe et Bahouin in Fondatione Eug. Piot, Monum. et Memoir. XIX, 1 (1912). 40 S. 2 Taf.
8) Heinr. Schäfer, Georg Möller, Wilh. Schnbart, Ägyptische
Goldschmiedearbeiten. (Mitteil, aus d. Ägypt. Samml. d. Königl. Museen zu
Publikationen, sowohl in dem Text, in welchem sich an die Be¬
schreibungen viele Detailuntersuchungen anschließen , wie in Ab¬
bildungen. Kleine, für weitere Kreise bestimmte Aufsätze aus dem
Berliner Museum teilen seit einigen Jahren interessante Neuerwerbungen
mit ; diesmal hören wir von einer goldenen Ordenskette mit Fliegen 5
und der Mustertafel eines Amulettfabrikanten, auf welcher der Be¬
steller sich die gewünschten Stücke aussuchen sollte ^). Unter den
Detailuntersuchungen beschäftigt wieder die unvermeidliche Pottery
die Archäologen ; diesmal mit vergleichenden Seitenblicken auf
kabylische und nubische Tongefäße ^). Eine Zusammenstellung aller lO
antiken Räuchergeräte berücksichtigt auch die ägyptischen Schon
in die Religion führt eine umfangreiche Dissertation*) hinüber; sie
behandelt einige der typischen Tempelreliefs, in denen der Pharao
vor seinem Gotte läuft, und hat wertvolle Ergebnisse für die Tempel¬
dekoration wie für den Kultus gehabt. i5
Religion. Die ägyptische Religion muß doch ein interessantes
Thema sein ; denn sie zieht die verschiedenartigsten Forscher an
und hat für das Berichtsjahr die größte Zahl von Arbeiten hervor¬
gebracht. Die Bibliographien freilich sind auch hier wieder im
Rückstand oder ganz unzulänglich*). Eine neue zusammenfassende so
Darstellung von Breasted*) hat ihren selbständigen Wert neben
den vorhandenen, besonders für Orientalisten und Theologen; sie
fußt besonders auf den Pyramidentexten , die durch dieses Buch
überhaupt zum erstenmal der Öffentlichkeit in größerem Umfange
erschlossen werden. Die Schilderung erhält eigenartige Wendungen 25
und wird dauernd spannend durch die geschickte Formulierung der
religionsgeschichtlichen Probleme und die stete Fühlung mit dem
Alten Testament. Weniger Neues in Material und Standpunkt
enthält eine zweibändige Durchforschung des Osiris mit Anknüpfung
von Exkursen , die sich nur irgendwie in Beziehung zum Thema so
setzen lassen ; ganze Kapitel sind uns aus anderen Werken desselben
Verfassers wohlbekannt'). Eine Sammlung der mythologischen
Texte gibt die Inschriften mit Übersetzung, beides allerdings in
Berlin I). Berlin 1910. 243 S. 212 Abb. 2 Farben- und 35 Lichtdrucktof.
4». 75 M.
1) Möller in Amtl. Ber. aus d. Königl. Kunstsamml. XXXIV (Berlin, Nov. 1912), 22—28.
2) Naville in L'Anthropologie XXIII (1912), 313—20.
3) Karl Wiegand, Thymiatoria in Bonner Jahrb. 122. (Sep.) 97 S.
15 Abb. 6 Taf.
4) Hermann Koos, Der Opfertanz des ägyptiscben Königs. Leipzig
1912. 292 S. 7 Taf. 8». 10 M.
5) Rev. de l'hist. et de litt^rat. relig. III (1912), 283.
6) James Henry Breasted, Development of religion and thought in
ancient Egypt. (Lectures delivered on the Morse Foundation at Union Theo¬
logical Seminary). New York 1912. 379 S. 8». 1,50 M.
7) E. A. Wallis Budge, Osiris and the egyptian resurrection (London 1911). 2 Vol. 404, 440 S. ill. 8".
einer nur vorläufig befriedigenden Form^). Eine lüleine Auswahl religiöser Texte ist in zuverlässigen Übersetzungen einem religions¬
geschichtlichen licsebuch-) einverleibt. Unter den kleineren Auf¬
sätzen hebe ich hervor eine ausgezeichnete Studie über die ethischen
5 und moralischen Begriffe der Ägypter, mit wertvollen Belegen aus
ihrer Literatur*); ferner erwähne ich eine Schilderung der Tage-
wählerei *).
Unsere Kenntnis von den ägyptischen Göttern hat einen
interessanten Beitrag durch zwei Arbeiten erhalten, die sich um
10 die Inschriften der ptolemäisch-römischen Tempel, besonders der
nubischen, drehen. Junker*) fand in ihnen Spuren einer Sage von
einer Löwin, die nach Ägypten kommt und dort als Hathor-Tefnut
verehrt wird. Sethe*) löste die angeblich einheitliche Sage in fünf
verschiedene Bestandteile von selbständiger örtlicher und zeitlicher
15 Herkunft auf, die ursprünglich nichts miteinander zu tun haben.
Man kann auf die weitere Behandlung der Frage gespannt sein;
ihre Lösung ist nicht nur um des Stoffes willen, sondern vor allem
aus methodischen Gründen interessant, da die mögliche Einheit oder
Mannigfaltigkeit der Götterpersönlichkeiten und Mythen schon viel
20 Staub in der Ägyptologie aufgewirbelt hat. Wiedemann's Dar¬
stellung des Tierkults ') schließt sich in den prinzipiellen Ent¬
scheidungen seinen früheren Arbeiten über denselben Gegenstand
an. Ein niemals gewürdigter Bericht von Strabo über einen heiligen Falken auf der Insel Philä stellt sich jetzt als richtig heraus, nachdem
«5 man den unübersehbaren Inschriften des dortigen Riesentempels näher
gekommen ist *). Auf den Boden der römischen Isismysterien werden
wir durch eine Anzahl von Uschebtis sowie Figuren von Isis,
Harpokrates u. a. geführt, die in Südfrankreich gefunden sind*).
Völter's") Arbeiten sind soweit sie die ägyptische Religion betreffen,
80 ohne jede selbständige Kenntnis der Quellen geschrieben, und seine
1) F. A. Wallis Budge, Legends of the gods (Books on Egypt and
Chaldaea. Vol. 32; Egyptian literature Vol. 1). London 1912. LXXXIV, 248 8.
2) Hermann Grapow, Ägyptische Texte in Edvard Lehmann,
Religionsgeschichtliches Lesebuch (1912), 40—72.
3) Alan H. Gardiner, Ethics and morality in Hastings Encyclopaedia of religion and ethics (1912), 475— 8S.
4) Wreszinski in Arch. f. Rel.-Wiss. XVI (1913), 86—100.
5) Hermann Junker, Der Auszug des Hathor-Tefnut aus Nubien. (Anh.
Abhandl. Akad. Berlin 1911). 89 8. 2 Abb.
6) Kurt 8ethe, Zur altägyptischen Sage vom Sonnenauge, das in der Fremde war (Untersuchungen zur Geschichte und Altertumskunde Ägyptens V, 3).
Leipzig 1912. VIII, 40 S. 9 Af.
7) Alfred Wiedemann, Der Tierkult der alten Ägypter. (Der alte
Orient XIV, 1). Leipzig 1912. 32 S. 8». 0,60 M.
8) Junker in WZKM. XXVI (1912), 42—62 mit Taf. I—IU.
9) E. Guimet in Rev. Archöol. IV. 20 (1912), 197—210.
10) Daniel Völter, Mose und die ägyptische Mythologie nebst einem Anhang über Simson. Leiden 1912. 59 S. 8". 1,50 M. — Derselbe, Fassah und Mazzoth und ihr ägyptisches Urbild. Leiden 1912. 27 S. 8°. 1 M.
Methode ist die der mittelalterlichen Religionsforscher, die jede
Person und Beziehung zu einer mythologischen Spielerei oder einer
philosophischen Abstraktion umdeuten wollen; ob es in dem alt¬
testamentlichen Teil besser steht, mögen andere entscheiden.
Den Totenglauben geht eine weitere Untersuchung des ,Ka' s
von Göttern und Menschen an; Steindorflf hatte ihn als Genius er-
vyeisen wollen, aber Maspero*) bleibt bei seiner Theorie vom Doppel¬
gänger. Auch den Uschebtis, deren Studium so alt ist wie die
Ägyptologie , kann man immer noch neue Seiten abgewinnen *).
Einige Vorträge zum Totenbuch bringen nicht viel Neues*). Lacau*) lo
setzt seine grundlegende Veröffentlichung der Sargtexte des Mittleren
Reiches fort; leider gibt auch der fortlaufende Abdruck der bis
1909 erschienenen Sargtexte *) nur diese ohne jede Bearbeitung als
die Abteilung in Sätze. Das 17. Kapitel des Totenbuchs, sein
Hauptstück schon in den Augen der ägyptischen Theologen , wird 15
hoffentlich Grapow vorlegen, dessen lange vorbereitete Dissertation*)
zunächst eine Übersetzung und die Resultate einiger Exkurse gibt.
Zufällig werden gleichzeitig drei Totenbuch-Papyrus veröfifentlicht,
die in dem Versteck der Königsmumien zutage gekommen sind ;
zwei von Naville'), einer von Budge*), sämtlich mit prächtigen so
Tafeln.
Literatur. Neue Texte sind nur von Spiegelberg*) veröfifent¬
licht; es sind Geschichten von Zauberern und andere literarische
Texte in demotischer Schrift. An wichtigen Beiträgen zu bereits
bekannten Literaturdenkmälern wüßte ich nur die Portsetzung des
Sinuhe-Kommentars zu nennen *o) ; sowie eine Reihe von Bemerkungen
zur Übersetzung des Beredten Bauern **).
1) Maspero in Memnon VI (1912), 125—46.
2) Wiedemann in Spliinx XVI (1912), 33—54.
3) H. M. Tirard, Tlie bools of the dead. With an introduction by Ed.
Naville. London. Soc. for Promoting Christian Knowledge. 170S. 46 Abb. 8".
4) Lacau in Ree. trav. XXXIV (1912), 175—82.
5) Pierre Lacau, Textes religieux igyptiens, 1. partie. Paris 1910.
137 S. 4". 10 Fr.
6) Hermann Grapow, Das 17. Kapitel des ägyptischen Totenbuches und seine religionsgeschicbtliche Bedeutung. Diss. Berlin 1912. 51 S.
7) Edouard Naville, Papyrus funiraires de la XXI. Dynastie. La
papyrus hi^roglypbique de Kamara et le papyrus hi^ratique de Nesikhonsou aa MusÄe du Caire. Paris 1912. 38 S. 30 Taf. 4». 25 Fr.
8) E. A. Wallis Budge, The Greenfield Papyrus in the British Museum.
The funerary papyrus of Princess Nesitanebtashru, daughter of Painetchem II and Nesikhonsn, and priestress of Amen-Ra at Thenes, about B. C. 970. London
1912. XXX, 99 S. 116 Taf. 4». 50 M.
9) Wilhelm Spiegelberg, Demotische Texte auf Krügen. (Demotische Studien V). Leipzig 1912. Text (in IV). 81 S. Tafeln (fol.) 9 Taf.
10) Gardiner in Ree. trav. XXXIV (1912), 52—77.
11) Lexa in Ree. trav. XXXIV (1912), 218—31.
Naturgeschichte. Der unermüdliche Schweinfurth*) hat bei
Assuan den alten Zeichnungen am Felsen nachgespürt; sie ent¬
stammen meist dem Alten und Mittleren Reich und enthalten
20 Tierarten, unter denen ich die Giraffe und das Kamel hervorhebe.
5 Naville entschied sich dafür, daß sowohl ind wie 's eine Akazienart bezeichnen, die beide aus Syrien bezogen werden'^). Bei Petrie's Grabungen waren in einem Friedhof der Frühzeit Halskettenglieder,
aus Eisen gefunden worden*); ist die Bestimmung richtig, so liegt
hier das älteste Vorkommen des Minerals vor.
1) Schweinfurth in Z. f. Ethnol. XLIV (1912), 627—58.
2) Naville in Proceed. S. B. A. XXXIV (1912), 180—90.
3) Wainwright in Man XI (1911) No. 100; Derselbe in Rev. Archeol.
4. s6rie 19 (1912), 255—9; Burchhardt in Prähistor. Z. (1912), 447—49.
Verzeichnis der im letzten Vierteljahr bei der Redaktion
zur Besprechung eingegangenen Druckschriften.
(Mit Ausscliluß der bereits in diesem Hefte angezeigten Werke*). Die Redaktion behält sich die Besprechung der eingegangenen Schriften vor; Rücksendungen können nicht erfolgen; im Allgemeinen sollen — vgl. diese Zeitschr. Bd. 64, S. LII, Z. 4 ff. — nur dann Rezensionen von Büchern etc. aufgenommen werden, wenn ein Kxemplar des betr. Buches etc. auch an die Bibliothek der Ge¬
sellschaft eingeliefert wird. Anerbieten der Herren Fachgenossen, das eine oder andre wichtigere Werk eingehend besprechen zu wollen j werden mit Dank angenommen; jedoch sollen einem und demselben Herrn Fachgenossen im Höchstfalle jeweilig stets nur fünf Werke zur Rezension iu unserer Zeitschrift zugeteilt sein. Die mit * bezeichneten Werke sind bereits vergeben.
Geist des Ostens. — Geist des Ostens. Monatsschrift für Asiatenkunde. Mit Bildern. Herausgeber: Dr. phil. Hermann von Staden. Verlag des Ostens:
München (Ungererstr. 86). I. Jahrgg. (1913), Heft 1. Ein Heft M. 1.—;
der Jahrgang M 10.—.
Ernst Böhlen. - Die , Unglückszahl' Dreizehn und ihre mythische Bedeutung.
Von Ernst Böklen. (= Mythologische Bibliothek, herausgegeben von der Gesellschaft für Vergleichende Mythenforschung V, 2.) Leipzig, J. C. Hin¬
richs'sche Buchhandlung, 1913. IV -f 116 S. M. 4.50.
Arthur Stentzel. - Jesus Christ und sein Stern. Eine chronologische Unter¬
suchung von Arthur Stentzel. Mit 16 Tafeln und einer Geschichtstabelle.
Hamburg, Verlag der Astronomischen Korrespondenz. 1913. VHI -f- 240 S.
M. 6.—.
Carl Brochelmann. - Grundriß der vergleichenden Grammatik der semitischen Sprachen. Von Carl Brockelmann. II. Band: Syntax. Berlin, Reuther &
Keichard. 1913. XX + 708 S. M. 35.— ; geb. M. 37.50.
Harry Torezyner. - Altbabylonische Tempelrechnungen. Umschrieben und
erklärt von Harry Torezyner. (= Druckschriften der Kais. Akademie der Wissenscli. in Wien. Philosoph.-histor. Klasse. Band LV. II.) Wien, 1913.
In Kommission bei Alfred Hölder. 134 S. 4°.
*J. Kohler u. A. Ungnad. - Assyrische Kechtsurkunden von J. Kohler u.
A. Ungnad. Bandl: Erste Abteilung: Umschrift und Übersetzung. Zweite Abteilung: Umschrift etc. Leipzig, Eduard Pfeiffer. 1913. Je 80 S. Je M. 6.40.
1) Sowie im allgemeinen aller nicht selbständig erschienenen Schriften, also aller bloßen Abdrucke von Aufsätzen, Vorträgen, Anzeigen, Artikeln in Sammel¬
werken etc. Diese gehen als ungeeignet zu einer Besprechung in der ZDMG.
direkt in den Besitz unserer Gesellschaftsbibliothek über, werden dann aber in den Verzeichnissen der Bibliothekseingänge in dieser Zeitschr. mit aufgeführt.
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