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Erhaltungspflicht des Vermieters versus Selbstverbesserung gemäß § 1097 ABGB / eingereicht von: Theresa Reisinger

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Academic year: 2021

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Erhaltungspflicht des Vermieters versus Selbstverbesserung

gemäß § 1097 ABGB

Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades

Magister der Rechtswissenschaften

im Diplomstudium der Rechtswissenschaften

Angefertigt am Institut für Zivilrecht

im Rahmen der Teilnahme am Moot Court Zivilrecht

Eingereicht von:

Theresa Reisinger

Betreuung:

Univ.-Prof. Dr. Christian Holzner

Linz, September 2013

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Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

……… Gallspach, September 2013

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Danksagung

Ich möchte mich an dieser Stelle bei all denen bedanken, die mich bei der Anfertigung meiner Diplomarbeit so kräftig unterstützt haben.

Ein ganz besonderer Dank gebührt meinem Betreuer Herrn Univ.-Prof. Dr. Christian Holzner für die tatkräftige Unterstützung bei der Erstellung meiner Diplomarbeit. Vielen Dank für die hilfreichen Anregungen, Ihre Geduld und die Zeit, die Sie sich genommen haben.

Weiters möchte ich mich bei der Arbeiterkammer Oberösterreich für die Aufnahme ins Förderprogramm für Diplomarbeiten bedanken. Ein besonderer Dank gilt dabei Herrn Dr. Reinhold Schädl für die fachkundige Unterstützung während des Diplomarbeitsprozesses.

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Inhaltsverzeichnis

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG………... 1

DANKSAGUNG………. 3

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS………... 6

I. PROBLEMSTELLUNG……….. 8

II.) DIE ERHALTUNGSPFLICHT DES VERMIETERS……… 8

1) ABGB (Voll- und Teilausnahmebereich des MRG)………. 8

2) MRG (Vollanwendungsbereich)………. 10

3) Erhaltung als Hauptleistungs- oder Gewährleistungspflicht des Vermieters?... 12

III.) ALLGEMEINES ZU DEN MÖGLICHKEITEN DES MIETERS,

AUF EINEN MANGEL ZU REAGIEREN………. 15

1) Vor Übergabe………..15

a) Rücktritt vom Vertrag ... 16

b) Übernahme unter Vorbehalt ... 16

2) Nach Übergabe 17 a) Mietzinsminderung ... 17

b) Erfüllungsbegehren ... 23

c) Schadenersatz ... 23

d) Außerordentliche Kündigung ... 24

e) Petitorischer Rechtsschutz gegen Störungen durch Dritte gemäß § 372 ABGB ... 25

f) Selbstverbesserung gemäß § 1097 ABGB ... 27

IV.) SELBSTVERBESSERUNG……… 28

1) § 1097 angewandte Geschäftsführung ohne Auftrag……….. 28

2) Die Mängelanzeige……… 29

3) Sonstige Voraussetzungen für den Ersatzanspruch………...31

4) Notwendiger oder bloß nützlicher Aufwand?... 32

(5)

5

6) Wegnahmerecht (ius tollendi)……… 35

7) Verzicht……… 35

8) § 10 MRG………..36

a) Voraussetzungen ... 37

b) Höhe des Ersatzanspruches ... 39

c) Geltendmachung ... 39

d) Gegenüberstellung der Ansprüche nach § 1097 ABGB und § 10 MRG... 40

9) § 1097 ABGB als Sondergewährleistungsnorm……… 42

10) Die Umsetzung des § 1097 ABGB und die damit verbundenen Probleme in der Praxis………. 43

a) Die Heizthermen-Problematik ... 44

b) Der Vermieter als Unternehmer ... 45

c) Erfordernis der Anzeigepflicht ... 47

V. EINSCHÄTZUNG UND KRITIK……… 48

LITERATURVERZEICHNIS………... 50

Kommentare und selbstständige Werke………. 50

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6

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

aA (M) anderer Ansicht (Meinung)

ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch JGS 1811/946

Abs Absatz

bspw beispielsweise bzw beziehungsweise dh das heißt

E Entscheidung

ecolex Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht etc et cetera

EvBl Evidenzblatt der österreichischen Juristenzeitschrift ff und die fortfolgenden

gem gemäß

hL herrschende Lehre hM herrschende Meinung Hrsg Herausgeber

idR in der Regel

immolex Neues Miet- und Wohnrecht

ImmZ Österreichische Immobilien-Zeitung insb insbesondere

iS/iSd im Sinne/im Sinne des iVm in Verbindung mit iZw im Zweifel

kais VO Kaiserliche Verordnung vom 19. März 1916, RGBl 69, über die III. Teilnovelle zum ABGB

krit kritisch

KSchG Konsumentenschutzgesetz BGBl. 1979/140 LG Landesgericht

LGZ Landesgericht für Zivilrechtssachen mE meines Erachtens

MietSlg Mietrechtliche Entscheidungen MRG Mietrechtsgesetz BGBl. 1981/520 OGH Oberster Gerichtshof

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7 OLG Oberlandesgericht

ÖJZ Österreichische Justizzeitung

RdW Österreichisches Recht der Wirtschaft RdU Österreichisches Recht der Umwelt Rsp Rechtsprechung Rz Randzahl sog sogennante(n) stRsp ständige Rechtsprechung tw teilweise ua unter anderem uU unter Umständen verst Senat verstärkter Senat vgl vergleiche

wobl Wohnrechtliche Blätter zB zum Beispiel

zust zustimmend zutr zutreffend Zak Zivilrecht aktuell

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8

I. Problemstellung

Die vorliegende Arbeit ist dem Thema der Erhaltungspflichten des Vermieters gewidmet, wobei ich das Hauptaugenmerk auf die Selbstverbesserung durch den Mieter gemäß § 1097 ABGB legen möchte.

In der Praxis stellt sich häufig das Problem, dass bei Vorliegen eines Mangels die Vornahme der Verbesserung durch den Vermieter nicht reibungslos erfolgt, ja oft auch gänzlich unterbleibt und der Mieter verunsichert ist, wie er auf die fehlende Reparaturbereitschaft reagieren kann.

Im Folgenden möchte ich einleitend kurz auf das Ausmaß der Erhaltungspflichten des Vermieters eingehen und mich dann näher den Möglichkeiten des Mieters widmen, auf die fehlende Verbesserungsbereitschaft des Vermieters zu reagieren. Das Hauptaugenmerk wird dabei auf der Selbstverbesserung durch den Mieter liegen: Deren Voraussetzungen, deren Abdingbarkeit, die Berechnung des Aufwandersatzes, wann der Mieter diesen fordern kann und welche Fristen dabei zu beachten sind.

II.) Die Erhaltungspflicht des Vermieters

1) ABGB (Voll- und Teilausnahmebereich des MRG)

Im ABGB ist die Erhaltungspflicht des Vermieters in § 1096 geregelt. Der Vermieter schuldet die Übergabe der Mietsache in brauchbarem Zustand, hat die übergebene Mietsache in brauchbarem Zustand zu erhalten, sowie den Mieter vor Störungen zu schützen.1 Das gilt für die allgemeinen Teile des Hauses, wie etwa Zugänge zum Haus, die der Bestandnehmer benützen darf,

1

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9

gleichermaßen.2 Die Brauchbarkeit der Bestandsache orientiert sich am Vertragszweck und der Verkehrssitte: Der Bestandgeber hat zu gewährleisten, dass die Bestandsache diesen beiden Gesichtspunkten entspricht. Bei Fehlen einer konkreten Vereinbarung ist auf eine mittlere Brauchbarkeit abzustellen.3 Diese Erhaltungspflicht kann allerdings vertraglich abbedungen werden; insbesondere kann der Vermieter die Instandhaltungspflicht auf den Mieter überwälzen.4 Werden Erhaltungsarbeiten notwendig, die dem Vermieter obliegen, muss der Mieter den Vermieter bei sonstiger Haftung unverzüglich davon informieren.5 Dies ergibt sich aus § 1097 ABGB. Kommt der Mieter dieser Anzeigepflicht nicht nach, so kann dies zum Ausschluss der Zinsbefreiung nach § 1096 ABGB sowie des Kündigungsrechts nach § 1117 ABGB führen.6

Der Vermieter hat alle Mängel, die der Brauchbarkeit der Mietsache entgegenstehen, auf eigene Kosten zu beseitigen, ohne Unterschied, ob es sich um große oder kleine Mängel handelt, ob sie durch Zufall, durch die ordnungsgemäße Abnützung oder durch das Verschulden einer dritten Person entstanden sind.7 Für Schäden, die durch das Verschulden des Mieters entstanden sind, braucht er allerdings keinesfalls einstehen.8 Obwohl auf eine diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Regelung bewusst verzichtet wurde, geht aus den Materialien hervor, dass der Mieter geringfügige Ausbesserungen selbst und auf eigene Kosten vorzunehmen hat und hierfür vom Vermieter keinen Ersatz verlangen kann.9

Gemäß § 1104 ABGB ist der Bestandgeber jedoch nicht zur Wiederherstellung verpflichtet, wenn die Unbrauchbarkeit des Mietgegenstandes auf einen außerordentlichen Zufall, wie Feuer oder Hochwasser, zurückzuführen ist; insofern stellt die Regelung des § 1104 ABGB eine Durchbrechung der allgemeinen Erhaltungs- und Wiederherstellungspflicht des Vermieters nach 2 OGH 22.03.2002, 1 Ob 279/01p. 3 Würth in Rummel³ § 1096 Rz 4. 4 Stabentheiner, Mietrecht³ Rz 36. 5

Rainer, Mieten & Vermieten (2007) 70.

6

Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner, ABGB37 (2009) E 4a zu § 1097; gegenteilig allerdings E 3b. 7 Stabentheiner, Mietrecht³ Rz 40. 8 Stabentheiner, Mietrecht³ Rz 40. 9

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10

§1096 ABGB dar.10 Als „außerordentliche Zufälle“ im Sinn dieser Bestimmung sind allerdings nur solche elementaren Ereignisse zu qualifizieren, die der Mensch nicht beherrschen kann, sodass für deren Folgen im Allgemeinen von niemandem Ersatz erwartet werden kann.11

2) MRG (Vollanwendungsbereich)

Im Anwendungsbereich des MRG gelten für die Erhaltungspflicht eigene Regeln. Den Vermieter trifft gemäß § 3 Abs 1 MRG die Pflicht, nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass das Haus, die Mietgegenstände und die der Allgemeinheit dienenden Anlagen des Hauses (zB Waschküchen, zentrale Wärmeversorgungsanlagen) im jeweils ortsüblichen Standard erhalten und erhebliche Gefahren für die Gesundheit der Bewohner beseitigt werden. Das MRG geht von dem Grundsatz aus, dass der Mieter für die Erhaltung des Inneren des Mietgegenstandes selbst verantwortlich ist, was im Vergleich zum (allerdings dispositiven) § 1096 ABGB eine gewisse Einschränkung zu Lasten des Mieters bedeutet. Die Erhaltungspflicht des Vermieters im Vollanwendungsbereich des MRG umfasst neben den allgemeinen Teilen des Hauses die Erhaltung von Mietgegenständen nur, soweit es sich um die Behebung ernster Schäden des Hauses oder um die Beseitigung einer erheblichen Gesundheitsgefährdung handelt oder Reparaturarbeiten erforderlich sind, um den Mietgegenstand in brauchbarem Zustand zu übergeben.

Zu den ernsten Schäden des Hauses zählen beispielsweise nachhaltige Schimmelbildung12 oder Schäden der Bausubstanz.13 An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass eine erhebliche Gesundheitsgefährdung nicht zwingend mit einem ernsten Schaden des Hauses einhergehen muss (zB nicht

10 Stabentheiner, Mietrecht³ Rz 41. 11 Stabentheiner, Mietrecht³ Rz 41. 12 OGH 5 Ob 206/00f immolex 2001/160. 13 OGH 28.11.2000, 1 Ob 228/00.

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11

geerdete Elektro-Installationen, Blei im Trinkwasser).14 Den Mieter hingegen trifft gemäß § 8 MRG die Pflicht, den Mietgegenstand und die für diesen bestimmten Einrichtungen zu warten und instand zu halten. Darüber hinaus ist der Mieter auch im Anwendungsbereich des MRG bei sonstigem Schadenersatz dazu verpflichtet, den Vermieter über erforderliche Erhaltungsarbeiten (ernste Schäden des Hauses) in Kenntnis zu setzen.

Erhaltung setzt nach der Rsp „einen Mangel im Sinn einer

Reparaturbedürftigkeit, einer Einschränkung der Funktionsfähigkeit oder Brauchbarkeit oder zumindest einer Schadensgeneigtheit“ voraus.15

Grundsätzlich hat die Erhaltung in Form einer Reparatur zu erfolgen, es kann unter ökonomischen Gesichtspunkten allerdings auch eine Neuinstallation oder ein Austausch in Betracht kommen.16

Finanziert werden diese Erhaltungsarbeiten in erster Linie aus den erzielten Mietzinsreserven der letzten zehn Kalenderjahre einschließlich der aus Anlass der Durchführung von Erhaltungsarbeiten gewährten Zuschüsse. Sollten diese Beträge nicht ausreichen, so kommen § 3 Abs 3 Z 1 und 2 MRG zur Anwendung, wonach der Vermieter die Arbeiten entweder durch Darlehensaufnahme aus eigenen Mitteln vorfinanzieren kann oder es ihm unter gewissen Voraussetzungen sogar erlaubt ist, erforderlichenfalls eine Mietzinserhöhung vorzunehmen.17

§ 3 Abs 1 letzter Satz MRG, wonach § 1096 ABGB „im Übrigen“ unberührt bleibt, wird von der nunmehr stRsp18 dahingehend ausgelegt, dass die Erhaltungspflicht des Vermieters im Vollanwendungsbereich des MRG von § 3 abschließend geregelt wird19 und § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB nur hinsichtlich der dispositiven Verpflichtung zur Übergabe in brauchbarem Zustand und des unabdingbaren Schutzes von Störungen, nicht aber im Zusammenhang mit den Erhaltungspflichten, subsidiär gelten solle.20 Gleiches gilt für das zwingende Zinsminderungsrecht nach Satz 2. § 1096 Abs 1 ABGB

14

Pittl, Grundzüge des Miet- und Wohnungseigentumsrechts², 61.

15

OGH 5 Ob 271/08a MietSlg 61.496 = immolex 2009/127 (Karauschek).

16

OGH 5 Ob 202/00t MietSlg 52.261 = immolex 2001/22 = wobl 2001, 60.

17

Stabentheiner, Mietrecht³ Rz 162.

18

OGH 5 Ob 17/09z EvBl 2009/111 = MietSlg LXI/7.

19

AA Rosifka, immolex 2008/166 (171 ff); Wilhelm, ecolex 2008, 32.

20

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wird somit im Vollanwendungsbereich des MRG durch die Spezialnorm §3 MRG partiell im gerade beschriebenen Umfang verdrängt.21 Anders als nach §1096 ABGB löse ein Mangel auch dann die Erhaltungspflicht des Bestandgebers aus, wenn jener auf ein Verschulden des Bestandnehmers zurückzuführen ist.22 Im Falle der Unwirtschaftlichkeit entfällt die Erhaltungspflicht allerdings sehr wohl.23

3) Erhaltung als Hauptleistungs- oder Gewährleistungspflicht des Vermieters?

Im Zusammenhang mit den „Klausel-Entscheidungen“24 musste sich der OGH unter anderem mit der Frage der dogmatischen Einordnung der Erhaltungspflichten beschäftigen, deren Beantwortung insbesondere im Verbraucherrecht von erheblicher Bedeutung ist. Schließlich würde eine Überwälzung der Erhaltungspflichten eine Verletzung des Gewährleistungsbeschränkungsverbots gemäß § 9 KSchG bedeuten, wenn man die Erhaltungspflichten als Gewährleistungsnormen versteht. Handelt es sich bei den Erhaltungspflichten nun um Gewährleistungsbestimmungen oder stellen sie eine der Hauptleistungspflichten aus dem Mietvertrag dar?

Die 1. Klausel-Entscheidung25 (Teilanwendungsbereich) qualifizierte die Zinsminderung gemäß § 1096 Abs 1 S 2 ABGB als bestandrechtliches Sondergewährleistungsrecht des Mieters und bezeichnete darüber hinaus auch die Erhaltung des Mietgegenstands selbst als Gewährleistung, weshalb für den Mieter nachteilige Erhaltungsvereinbarungen im Anwendungsbereich des Konsumentenschutzgesetzes gemäß § 9 KSchG unzulässig seien. Der OGH begründet dies damit, dass bei Überwälzung auf den Mieter implizit dessen

21

Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²² § 3 MRG Rz 1ff.

22

OGH 5 Ob 2002/96i MietSlg 48.215; 5 Ob 155/01 MietSlg 53.261; Prader/Kuprian, immolex 2002/13.

23

OGH 3 Ob 37/94 wobl 1994, 114 (Würth); 1 Ob 573/94 wobl 1995, 12 (Dirnbacher).

24

OGH 7 Ob 78/06f JBl 2007, 181 = wobl 2007, 26 = Zak 2007, 45; 1 Ob 241/06g, immolex 2007/103 = wobl 2007, 76 = Zak 2007, 384; 10 Ob 79/07a, RdW 2007, 741 = wobl 2007, 137 = Zak 2007, 685.

25

OGH 7 Ob 78/06f JBl 2007, 181 = wobl 2007, 26 = Zak 2007, 45; gegenteilig jedoch LGZ Wien 39 R 307/07x immolex 2008/75, 179.

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Zinsminderungsrecht ausgeschlossen werden würde, weil der Mietgegenstand angesichts der den Mieter treffenden Erhaltungspflicht niemals mangelhaft werden könne und das Zinsminderungsrecht daraus resultierend nie zum Zug käme. Diese Argumente brachte der OGH - ungeachtet der inzwischen seitens der Lehre geübten Kritik - wenig später auch in der 2. Klausel-Entscheidung für den Vollanwendungsbereich des MRG. Schon aus den Materialien26 gehe hervor, dass es sich nicht um eine dem allgemeinen Gewährleistungsrecht entsprechende Regelung handle, sondern §1096 ABGB vielmehr Sondergewährleistungsrecht darstelle: Anders als im Gewährleistungsrecht nach §§922 ff ABGB schulde der Vermieter nicht bloß bei der Übergabe den brauchbaren Zustand der Sache, sondern er habe dafür zu sorgen, dass der Bestandgegenstand während des aufrechten Bestandverhältnisses auch in diesem Zustand bleibe.

Die umfassende Erhaltungspflicht wird zwar auch von der überwiegenden Lehre27 als Sondergewährleistungsrecht, das ein Äquivalent zum Verbesserungsanspruch nach den Regeln der §§ 922 ff ABGB darstelle28, verstanden, jedoch gibt es auch divergierende Meinungen:

Ein Teil der Lehre29 geht davon aus, dass es sich bei der Erhaltungspflicht um einen primären Erfüllungsanspruch handelt, dh dass die Erhaltung eine Hauptleistungspflicht aus dem Bestandvertrag darstellt. Gestützt wird dieser Lösungsansatz auf systematische Interpretation und rechtsvergleichende Analyse der Bestimmung des § 1096 ABGB.30 Aus den Materialien zum § 1096 ABGB31 geht hervor, dass die positive Leistungspflicht des Bestandgebers sowohl die Übergabe der Bestandsache, als auch deren Erhaltung umfasst und § 1096 S 2 und § 1097 ABGB Sondergewährleistungsrecht darstellen.

26

Materialien zur kais VO 312.

27 Fischer-Czermak, Mobilienleasing (1995) 255; Pittl, immolex 2003/233 (235); Kletečka,

Gewährleistung neu § 9 KSchG Rz 13; Kolmasch, Das neue Gewährleistungsrecht (2001) 78.

28

Fischer-Czermak, NZ 1991, 115 (120); W. Faber, immolex 2001/246 (249).

29

Riss, wobl 2002, 345 (349); Riss, Erhaltungspflicht des Vermieters (2005) 90 ff; Iro in KBB3 § 1096 Rz 4; Vonkilch, wobl 2007, 185 (193 f); bereits Zingher, Mängel der Mietobjekte (1948) 7 bei FN 12; offenlassend OGH 3 Ob 20/09 a = immolex 2009/82 (H. Böhm).

30 Riss in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 1096 Rz 7. 31

(14)

14

Eine andere Ansicht32 wiederum sieht keinen Unterschied zwischen Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüchen, da die allgemeinen Gewährleistungsnormen (§§ 922 ff ABGB) ohnehin durch Sondernormen ersetzt seien. Es bestehe daher kein Unterschied zwischen Gewährleistung für Mängel und Ansprüchen auf Vertragszuhaltung.

Bei der Behandlung dieser Problematik darf freilich nicht übersehen werden, dass Gewährleistungsansprüche nur aus der unzureichenden Erfüllung einer Hauptleistungspflicht resultieren können; maW: Ohne entsprechende Hauptleistungspflicht gibt es auch keine Gewährleistung. Das bedeutet, dass Einschränkungen der Hauptleistungspflichten zwangsläufig auch auf die Gewährleistungspflichten ausstrahlen. Überall dort, wo Hauptleistungspflichten disponibel sind und auch tatsächlich wirksam abbedungen worden sind, können auch keine Gewährleistungsansprüche mehr entstehen. Ist die Wohnung laut Vertrag mit einem schadhaften Fußboden gemietet, weil der Mieter gesagt hat, er werde diesen selbst austauschen und wolle dafür lieber einen niedrigeren Zins, entstehen in Bezug auf diesen Fußboden weder Erhaltungs- noch Gewährleistungspflichten. In diesen engen Grenzen (also außerhalb des Anwendungsbereichs des § 3 MRG) kann durch Festlegung der vertraglich geschuldeten Eigenschaften des Mietgegenstandes auch über Erhaltungspflichten und damit folglich über den Umfang der Gewährleistung wirksam disponiert werden, und zwar selbst im Anwendungsbereich des § 9 KSchG.

Unter Mieterschutz-Gesichtspunkten bleibt zu hoffen, dass der OGH seine bisherige Qualifikation des § 1096 ABGB als Gewährleistungsbestimmung aufrecht erhält. Da es sich bei der Frage der dogmatischen Einordnung der Erhaltungspflichten aber um ein Problem handelt, das weitgehende Konsequenzen nach sich zieht, wäre eine Klarstellung durch den Gesetzgeber selbst dringend geboten.

32

Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht22 § 1096 ABGB Rz 2; Würth in Rummel3 § 1096 Rz 2; Apathy/Riedler, Schuldrecht BT4 Rz 8/19; Binder in Schwimann3 § 1096 Rz 91 ff und 95 ff; offenlassend auch Klang in Klang V2 40 f und 44 sowie die Mat zur kais VO 189, 191; Riss, Erhaltungspflicht des Vermieters 83 ff mwH.

(15)

15

III.) Allgemeines zu den Möglichkeiten des Mieters, auf einen

Mangel zu reagieren

Kommt der Vermieter seinen Erhaltungspflichten nicht nach, so bieten sich dem Bestandnehmer unterschiedliche Möglichkeiten, auf die fehlende Verbesserungsbereitschaft des Bestandgebers zu reagieren: Er hat die Möglichkeit, bei Vorliegen eines Verschuldens seitens des Vermieters Schadenersatz zu verlangen, auf Erfüllung zu bestehen, den Mietzins zu mindern oder vom Vertrag zurückzutreten, wobei jeder Rechtsbehelf an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft ist.33 Das folgende Kapitel soll einen kurzen Überblick über die einzelnen Alternativen des Bestandnehmers bieten.

1) Vor Übergabe

Solange der Mieter die Bestandsache noch nicht übergeben erhalten hat, bietet sich für ihn die Möglichkeit, einerseits vom Vertrag zurückzutreten oder andererseits die Wohnung unter Vorbehalt zu übernehmen. Im Allgemeinen erfolgt die Übergabe einer unbeweglichen Bestandsache durch Besichtigung und Schlüsselübergabe, wobei eine solche nur dann rechtswirksam ist, wenn der Mieter während dieser Besichtigung nicht erklärt, das Bestandobjekt nicht zu übernehmen.34 Da es sich zu diesem Zeitpunkt wertungsmäßig noch um ein Zielschuldverhältnis handelt, das auf die Übergabe der Bestandsache gerichtet ist, kommen die allgemeinen Regeln der §§ 918 ff, 1419 und 1447 ABGB zur Anwendung.35

33

Würth in Rummel³ § 1096 Rz 2; auch schon Materialien zur kais VO 312.

34

OGH 6 Ob 301/02m MietSlg 55.103; 6 Ob 572/95 JBl 1996, 177.

35

(16)

16 a) Rücktritt vom Vertrag

Wenn die Mietsache bereits vor Übergabe nicht dem bedungenen Gebrauch entspricht, ist wohl der naheliegendste Rechtsbehelf des Mieters, die Übernahme zu verweigern und vom Vermieter die Herstellung des mangelfreien Zustands zu verlangen. Der Mieter darf allerdings die Übernahme nicht verweigern, wenn es sich um einen unbehebbaren Mangel handelt und das Objekt durch diesen nicht unbrauchbar wird.36 Sollte der Vermieter der Aufforderung des Bestandnehmers nicht nachkommen, so kann der Mieter nach § 918 ABGB unter Einhaltung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag mit Wirkung ex tunc zurücktreten.

b) Übernahme unter Vorbehalt

Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Bestandsache unter Vorbehalt zu übernehmen und nach der Übergabe bis zur Herstellung des bedungenen Zustands den Mietzins zu mindern.37 Jedoch wird ein vernünftiger Mieter die erste Alternative, nämlich die Verweigerung der Übernahme, wählen, da er es tunlich vermeiden wird, sich an einen Vertrag zu binden, der die Miete einer Sache beinhaltet, die nicht dem bedungenen Gebrauch entspricht. Sollte er doch die Übernahme unter Vorbehalt gewählt haben, so bleibt ihm immer noch die Möglichkeit vom Vertrag gemäß § 918 ABGB zurückzutreten.38

36

Iro in KBB³ § 1096 Rz 2.

37

OGH 8 Ob 679/90 SZ 63/220; 6 Ob 59/00w wobl 2001, 87 (Dirnbacher).

38

(17)

17

2) Nach Übergabe

Nach der Übergabe schuldet der Vermieter die Erhaltung des Bestandobjekts in jenem Zustand, der der Vertragsvereinbarung entspricht. Dieser Brauchbarkeitsmaßstab ist allerdings nicht in Stein gemeißelt und kann sich bspw. durch nachträglich angehobene Gesundheitsstandards ändern.39

a) Mietzinsminderung

Entspricht das Bestandobjekt nicht dem bedungenen Gebrauch, so liegt eine Störung des Synallagmas der beiden Hauptleistungspflichten (Überlassung der Mietsache und Zahlung des Mietzinses) vor.40 Eine Sanierung dieser Äquivalenzstörung durch Verbesserung ist regelmäßig nicht möglich, da der mangelhaft erbrachte Gebrauch für die Vergangenheit nicht nachgeholt werden kann; immerhin ist in diesen Fällen von einem Fixschuldcharakter der Gebrauchsüberlassung auszugehen.41 Zwar ist auch im allgemeinen Gewährleistungsrecht die während der Reparatur nicht vorhandene Gebrauchsmöglichkeit nicht nachholbar, doch ist die Beeinträchtigung der Übernehmerinteressen im Mietrecht doch als deutlich gravierender einzustufen. Außerdem hat der Übernehmer bei der Reparatur beweglicher Sachen idR die Möglichkeit, in der Zwischenzeit ein Leihgerät zu nutzen (zB Mobiltelefon, Auto).

Das Mietzinsminderungsrecht gemäß § 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB ist folglich nicht als klassisches Gewährleistungsrecht iSd § 932 ABGB zu qualifizieren; auch die Befristung des § 933 ABGB ist für die Zinsminderung nicht einschlägig.42 Das Zinsminderungsrecht stellt auch keine

39

Riss, RdW 2004, 568.

40 Riss in Kletečka /Schauer, ABGB-ON 1.01 § 1096 Rz 24. 41

Riss, wobl 2002, 345 (349 ff); Riss, Erhaltungspflicht des Vermieters 95 ff; OGH 6 Ob 38/11 y = wobl 2011, 66 (Vonkilch).

42

(18)

18

Kompensationseinrede dar.43 Die hA versteht die Mietzinsminderung als Sondergewährleistungsbestimmung des Bestandrechts44 Nach der Rsp wird das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 1052 vom § 1096 verdrängt.45

Immer dann, wenn die Gebrauchsbeeinträchtigung entweder dem Bestandgeber zuzurechnen ist, oder aus neutraler Sphäre herrührt, kommt es ex lege zu einer Zinsminderung46 Dazu ist anzumerken, dass es sich nicht zwingend um Mängel handeln muss, die der Erhaltungspflicht des Vermieters unterliegen.47 Für die Bejahung der Mietzinsminderung trotz fehlender Erhaltungspflicht des Vermieters macht es jedoch einen Unterschied, ob der Vermieter deshalb nicht zur Erhaltung verpflichtet ist, weil diese Pflicht wirksam abbedungen worden ist oder weil sie dem Bestandgeber wirksam überwälzt worden ist.48 Riss leitet dies aus der Sphärentheorie des § 1107 ABGB ab: Danach verliere der Bestandnehmer sein Mietzinsminderungsrecht nur dann, wenn es sich um eine Gebrauchsbeeinträchtigung aus seiner eigenen Sphäre handelt. Da das bloße Abbedingen der Erhaltungspflicht der neutralen Sphäre zuzurechnen sei, werde in diesem Fall, anders als bei gänzlicher Überwälzung auf den Bestandnehmer (= Bestandnehmersphäre), die Mietzinsminderung bejaht.

Eine dazu konträre Lösung vertritt Holzner49, der in der eben geschilderten Lösung eine „schizophrene Sicht des mietrechtlichen Pflichtenprogramms und

ein(en) grob(en) Verstoß gegen zivilrechtliche Grundsätze“ sieht. Voraussetzung für die Durchsetzbarkeit eines Gewährleistungsbehelfs sei immerhin, dass der Gewährleistungspflichtige den geschuldeten Gebrauch nicht ermöglicht – sprich eine Verletzung der den Vermieter treffenden Erhaltungspflicht vorliegt. Da aus § 10 MRG jedoch keine Erhaltungspflicht des

43

OGH 1 Ob 538/77 MietSlg 29.161 = EvBl 1978/66; 7 Ob 616/77 MietSlg 29.162; 3 Ob 54/97f EvBl 1997/136 = immolex 1997/136 = MietSlg 49.117; 7 Ob 105/99p RdW 1999, 782 = immolex 2000/100, 167 = MietSlg 51.128.

44

Würth in Rummel3 § 1096 Rz 10; Binder in Schwimann3 § 1096 Rz 97 ff; W. Faber, immolex 2001/246 (251); Wilhelm, ecolex 2002, 637 (637); Fenyves, Handbuch KSchG (1981) 371 (375); verst Senat OGH 1 Ob 113/02b = wobl 2003,127; 7 Ob 78/06f (zu Klausel 1) = wobl 2007, 26; 6 Ob 38/11y = wobl 2011, 66 (Vonkilch) = immolex 2011/48 (Pletzer; Prader); 8 Ob 90/10h = wobl 2012, 32 (Vonkilch) = immolex 2011/88 (Pletzer; Prader).

45

OGH 2 Ob 511/93 MietSlg XLV/5; aA P. Bydlinski, JBl 1997, 153; Helmich, ecolex 2003, 396.

46

OGH 8 Ob 610, 679/90 SZ 63/220; 1 Ob 89/02y wobl 2003, 147.

47

LGZ Wien 40 R 278/05m; Riss, wobl 2013, 26.

48

Riss, wobl 2013, 26.

49

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19

Vermieters hinsichtlich einer defekten Therme abgeleitet werden könne, fehle es in einem solchen Fall auch an einer Störung im bedungenen Gebrauch, wodurch die Voraussetzungen einer dem Bestandnehmer zustehenden Zinsminderung nicht vorliegen (Näheres zur Thermen-Problematik unten IV 9a).

Nach der hL und Rsp währt der Zustand der Zinsminderung solange, bis der Mangel - sei es auch durch den Bestandnehmer selbst - behoben ist.50 Riss51 begründet diese Folge der Behebung damit, dass es bei der Mietzinsminderung nur auf die objektive Unbrauchbarkeit und nicht darauf ankomme, wer den Mangel beseitigt hat.

Die Gegenansicht52 lehnt ein Ende der Mietzinsminderung im Falle der Selbstverbesserung ab und lässt das Zinsminderungsrecht erst erlöschen, wenn der Bestandgeber entweder Ersatz für die Mangelbehebung leistet oder es aufgrund der Dauer der Mietzinsminderung die Investitionskosten bereits aufrechnungshalber ersetzt sind. Eine Aufrechnung ist aber in jenen Fällen problematisch, in denen gemäß § 10 MRG der Ersatz erst bei Auszug vorgesehen ist. Ansonsten bietet diese Ansicht für den Fall, dass der Mieter trotz bestehender Erhaltungspflicht des Vermieters verbessert, einen interessanten und mieterfreundlichen Lösungsweg: Dadurch, dass nach dieser Ansicht die Zinsminderung bis zum Ersatz durch den Vermieter bestehen bleibt, hätte der Mieter ein zusätzliches Druckmittel.

Die Vielzahl an unterschiedlichen Ansichten zeigt, dass dringender Handlungsbedarf des Gesetzgebers besteht: Es bedarf einer Klärung, in welchen Fällen dem Bestandnehmer das Zinsminderungsrecht zusteht und vor allem auch, wie lange dieser Zustand bestehen bleibt.

Von vornherein ausgeschlossen ist das Zinsminderungsrecht nach der Rsp dann, wenn der Mieter trotz Kenntnis der den bedungenen Gebrauch hindernden Umstände den Mietvertrag abschließt oder die Bestandsache

50

OGH 7 Ob 242/01s SZ 2002/13; 5 Ob 70/06i wobl 2007, 46; 1 Ob 27/97w RdW 1997, 716 = SZ 70/96 = ÖJZ 1999, 288 (Pfersmann).

51

Leupold, ÖJZ 2009, 84.

52

Vonkilch in Hausmann/Vonkilch² § 8 MRG Rz 19; Vonkilch, wobl 2007, 185, 198; H. Böhm, immolex 2007/198, 202; Riss, Erhaltungspflicht des Vermieters 216; Worthing-Smith,

(20)

20

vorbehaltlos übernimmt.53 Leider geht aus den Ausführungen des OGH nicht eindeutig hervor, auf welche gesetzliche Grundlage er diesen Verlust des Zinsminderungsrechts stützt.

Ein Lösungsweg ließe sich eventuell aus § 928 ABGB herleiten: Qualifiziert man die Beeinträchtigung des bedungenen Gebrauchs als einen Mangel, der in die Augen fällt iSd § 928 ABGB, so ist die Gewährleistung für diesen Mangel ausgeschlossen. Dies setzt nach der hM54 voraus, dass die Sache vor oder spätestens bei Vertragsschluss vom Übernehmer besichtigt wurde, denn nur dann kann der Übergeber darauf vertrauen, dass der Übernehmer den Gegenstand im besichtigten Zustand erwerben will.55

Nach Reischauer56 lässt allerdings die Annahme einer mit einem augenfälligen

Mangel behafteten Sache allein noch nicht auf einen konkludenten Verzicht schließen. Vielmehr seien dazu die Voraussetzungen des §863 ABGB zu prüfen.57 Für die Auslegung einer (hier konkludenten) Erklärung ist nach der Vertrauenstheorie der Empfängerhorizont maßgeblich.58 Wie durfte ein objektiv redlicher Bestandgeber die vorbehaltlose Übernahme verstehen bzw wie hat er sie tatsächlich verstanden? Es ist auch zu prüfen, ob die vorbehaltlose Übernahme allein überhaupt einen Erklärungswert besitzt, denn, wenn der Bestandgeber den mangelnden Rechtsfolgewillen des Bestandnehmers erkennt, fehlt es an der Qualifikation als Erklärungstatbestand.59 Bei konkludenten Erklärungen darf für den Erklärungsempfänger „kein vernünftiger

Grund für Zweifel am Rechtsfolgewillen des Erklärenden in bestimmter Richtung bestehen“.60

Es wird in der Praxis aber wohl kaum der Fall sein, dass der Bestandgeber allein aus der vorbehaltlosen Übernahme definitiv davon ausgehen kann, dass der Bestandnehmer dadurch eine Vertragsänderung vornehmen möchte. Da an einen konkludenten Verzicht ein sehr strenger Maßstab angelegt wird, dürfte eigentlich in fast allen Fällen nur ein

53

OGH 4 Ob 591/95 wobl 1996, 123; 6 Ob 59/00w SZ 73/180 = wobl 2001, 87 (Dirnbacher); 6 Ob 76/06p immolex 2007/21 (Prader).

54

OGH 1 Ob 555/94 ecolex 1994, 754; Reischauer in Rummel3 § 928 Rz 3; Binder/Ofner in Schwimann3 § 928 Rz 6.

55

OGH 2 Ob 570/94 ecolex 1995, 173 (Wilhelm).

56

Reischauer in Rummel3, § 928 Rz 2.

57

OGH 5 Ob 60/04s.

58

OGH 7 Ob 231/02z RdW 2003, 495; Bollenberger in KBB³, § 863 ABGB Rz 3.

59

Bollenberger in KBB³, § 863 ABGB Rz 5.

60

(21)

21

ausdrücklicher Verzicht für einen Verlust des Zinsminderungsrechts ausreichen, weshalb aus meiner Sicht die Ansicht des OGH äußerst problematisch erscheint.

Ein weiterer – zutreffender - Fall des Entfalls des Zinsminderungsrechts ist gegeben sobald der Mieter es unterlässt, seiner ihm obliegenden Mitwirkungspflicht zur Mängelbehebung nachzukommen (bspw Handwerkern den Zutritt zur Wohnung zu gewähren).61

Das Ausmaß der Zinsminderung richtet sich nach Grad und Dauer der Unbrauchbarkeit. Zur Berechnung wird die relative Berechnungsmethode herangezogen, wodurch es in Extremfällen auch zu einem völligen Entfall der Zinszahlungspflicht kommen kann.62

Schon aus dem Gesetzestext selbst geht hervor, dass bei der Miete unbeweglicher Sachen auf den Zinsminderungsanspruch im Voraus nicht wirksam verzichtet werden kann. Zahlt der Bestandnehmer aber in Kenntnis des Mangels den Mietzins vorbehaltlos weiter, liegt darin ein Verzicht auf die Geltendmachung des Zinsminderungsrechts.63 Ist der Bestandnehmer bei der Zahlung hingegen einem Irrtum unterlegen, so kann er mittels Leistungskondiktion gemäß § 1431 ABGB den zu viel bezahlten Mietzins zurückfordern oder ihn gegen eine spätere Mietzinsforderung aufrechnen.64 Anders ist auch zu entscheiden, wenn der Bestandgeber dem Bestandnehmer im Falle des Unterbleibens der Zahlung die Aufkündigung wegen Zahlungsverzuges angedroht hat. In einem solchen Fall ist eine Rückforderung zuzulassen.65

Eine weitere interessante Möglichkeit liefert Lindinger66. Sie möchte dem

Bestandnehmer die Option geben, im Falle des Mietzinsminderungsrechts von der gerichtlichen Hinterlegung gemäß § 1425 ABGB Gebrauch zu machen. Dadurch kann der Bestandnehmer das Risiko vermeiden, dass er einen zu

61

OGH 6 Ob 152/03a ImmZ 2004,134 = ecolex 2004,443 = MietSlg 55.145 = MietSlg 55.712 = MietSlg 55.737 = wobl 2005/32 (Prader).

62

Iro in KBB³, § 1096 Rz 9.

63

OGH 5 Ob 555/93 wobl 1994, 22 = 10 Ob 204/97s MietSlg 46.103; MietSlg 50.148; ; 8 Ob 216/99v MietSlg 51.130. 64 LGZ Wien 40 R 191/05t MietSlg 57.148. 65 LG für ZRS Wien 40 R 273/02x. 66 Lindinger, immolex 2006/102.

(22)

22

hohen Betrag des Bestandzinses einbehält und dadurch dem Vermieter einen Kündigungsgrund liefert. Nach Ansicht des OGH ist die gerichtliche Hinterlegung zwar grundsätzlich auch auf unklare Sach- bzw Rechtslagen in Zweierbeziehungen zwischen Schuldnern und Gläubigern anzuwenden, allerdings sei der Anwendungsbereich des gerichtlichen Hinterlegungsrechtes nicht auf Fälle des Zinsminderungsrechtes auszudehnen.67 Der OGH verweist den Bestandnehmer zur Lösung derartiger Problemfälle auf den Zivilprozess.

Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs wäre meiner Ansicht nach sehr zu begrüßen, da die gerichtliche Hinterlegung zwar einen Zivilprozess bezüglich der Höhe des geschuldeten Mietzinses nicht gänzlich zu vermeiden vermag, die Möglichkeit der gerichtlichen Hinterlegung dem Mieter allerdings, wie zuvor schon angesprochen, vorerst die Sicherheit gibt, keine Kündigung wegen Zahlungsverzuges befürchten zu müssen.

Theoretisch sollte immer dann, wenn der Mieter von seinem Mietzinsminderungsrecht Gebrauch macht, der Vermieter den Mangel auf eigene Kosten beheben. Leider sieht es in der Praxis oft anders aus: Dem Mieter wird oftmals nahegelegt, die Reparaturarbeiten vorerst selbst vorzunehmen oder vorzufinanzieren, wodurch ihm die Mietzinsminderung herzlich wenig nützt.68

Es wäre daher dringend Aufgabe des Gesetzgebers, das Instrument der Mietzinsminderung für den Mieter praktikabler zu gestalten und ihm dadurch ein effektiveres Instrument gegen die fehlende Kooperationsbereitschaft des Vermieters in die Hand zu legen. Dies könnte bspw dadurch erreicht werden, dass der Mieter die Möglichkeit bekommt, einen zusätzlichen Teil des Mietzinses zunächst zurück zu behalten. Diesen Anteil sollte er dann erst nach erfolgter Reparatur an den Vermieter aushändigen müssen (vgl § 1170 ABGB), was den Druck auf den Vermieter zusätzlich erhöhen würde.

67

Lindinger, immolex 2006/102.

68

(23)

23 b) Erfüllungsbegehren

Der Bestandnehmer hat natürlich auch nach wie vor die Möglichkeit, die Zuhaltung des Vertrages zu begehren und vom Vermieter die Erfüllung seiner Erhaltungspflichten zu verlangen. Als zusätzliches „Druckmittel“ kann er hierzu das Instrument der Mietzinsminderung, welches bereits näher erläutert wurde, einsetzen.

c) Schadenersatz

Ein Schadenersatzanspruch wegen der Mangelhaftigkeit des Bestandobjekts besteht neben dem Zinsminderungsrecht, wobei der Bestandnehmer durch die Konkurrenz dieser beiden Ansprüche nicht bereichert werden darf.69 Bezahlt der Bestandnehmer auf Grund des gesetzlichen Zinsminderungsrechts gemäß § 1096 ABGB einen geminderten Zins, so ist er in diesem Umfang bereits entschädigt. Ein für die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs erforderlicher Schaden kann nur noch insoweit bestehen, als es sich um Schäden handelt, die darüber hinaus gehen (Mangelfolgeschäden).70

Wie bereits eingangs erwähnt, ist es die Pflicht des Vermieters, das Bestandstück in brauchbarem Zustand zu übergeben und zu erhalten (§ 1096 ABGB). Nach Reischauer71 kommt dem Mieter daher die Beweislastregelung

des § 1298 ABGB zugute: Der Mieter hat lediglich zu beweisen, dass der Mietgegenstand mangelhaft ist (= Pflichtverletzung des Bestandgebers)72 und ihm dadurch ein Schaden entstanden ist73; der Vermieter hat sich zu entlasten.74 Der Vermieter schuldet nicht nur einen dem bedungenen Gebrauch

69

LGZ Wien 41 R 117/09y MietSlg 62.147; Reischauer in Rummel3 § 932 ABGB Rz 20f.

70

LGZ Wien 41 R 117/09y MietSlg 62.147.

71

Reischauer in Rummel³ § 1298 ABGB Rz 18.

72

LGZ Graz 3 R 222/87 MietSlg 39.180.

73

OGH 3 Ob 511/93 MietSlg 45.093; 2 Ob 317/98a MietSlg 50.145; LGZ Wien 48 R 143/93 MietSlg 45.160.

74

OGH 3 Ob 511/93 MietSlg 45.093; LGZ Wien 48 R 143/93 MietSlg 45.160; 2 Ob 513/96 ZVR 1997/128; 2 Ob 2343/96i immolex 1998/180 = MietSlg 49.115; LGZ Wien 40 R 70/96g MietSlg

(24)

24

entsprechenden Mietgegenstand als Erfolg, sondern auch einen einwandfreien Zustand der allgemeinen Teile des Hauses, die der Mieter benutzen darf.75

d) Außerordentliche Kündigung

Wird das Bestandobjekt während des aufrechten Bestandverhältnisses ohne Verschulden des Bestandnehmers oder durch Zufall unbrauchbar bzw entspricht es nicht mehr dem bedungenen Gebrauch und ist dem Bestandnehmer dadurch ein Festhalten am Vertrag unzumutbar, so kann der Bestandnehmer ohne Einhaltung einer bestimmten Frist oder eines bestimmten Termins den Bestandvertrag mit ex nunc Wirkung auflösen.76 Dies ergibt sich aus § 1117 ABGB, welcher auch im Anwendungsbereich des MRG gilt.77 Bei der Feststellung der Unzumutbarkeit sind die Interessen der Vertragsparteien abzuwägen.78

Es ist irrelevant, ob es sich um einen Mangel an der Sache selbst oder um einen Rechtsmangel handelt.79 Nach der Rsp kann eine beharrliche Weigerung des Vermieters, einen Mangel zu beheben, einen ausreichenden außerordentlichen Kündigungsgrund darstellen.80

Der Bestandnehmer muss die vorliegenden Aufhebungsgründe unverzüglich geltend machen81; ausgenommen von dieser Grundregel sind lediglich Dauersachverhalte82, wobei auch in diesen Fällen das Kündigungsrecht durch längere Nichtausübung verwirkt wird.83 Handelt es sich um einen bloß geringfügigen Mangel bzw ist dieser leicht behebbar, so muss der

48.122 = ImmZ 200, 108; LGZ Wien 39 R 764/96h MietSlg 48.123; 1 Ob 279/01p immolex 2003/26.

75

Reischauer, JBl 1998, 478 u 485f; OGH 8 Ob 507/83 MietSlg 35.243; 1 Ob 834/82 MietSlg 35.244; 8 Ob 533/89 JBl 1991, 48.

76

OGH 1 Ob 210/97g wobl 1998, 183 (Oberhammer); 8 Ob 171/98z wobl 2000, 306; Fenyves, Erbenhaftung 188; Gschnitzer in Klang² IV/1, 447.

77

Vgl § 29 Abs 1 Z 4 MRG.

78 Prader, MRG und ABGB – Mietrecht³ § 1117 E 16. 79

Iro in KBB³ § 1117 Rz 2.

80

OGH 8 Ob 171/98z immolex 1999/61 = MietSlg 50.171.

81

OGH 2 Ob 213/99h wobl 2001, 267; 1 Ob 210/97g wobl 1998, 183 (Oberhammer).

82

OGH 4 Ob 170/98y MietSlg 50.420; 5 Ob 510/88 SZ 61/42.

83

(25)

25

Bestandnehmer zunächst dessen Behebung innerhalb angemessener Nachfrist verlangen.84

Das außerordentliche Kündigungsrecht ist grundsätzlich abdingbar.85 Begrenzt ist die Dispositivität lediglich, wenn es sich um einen gesundheitsgefährdenden Mangel86 handelt (§ 1117 ABGB) bzw generell bei langfristigen Verträgen und Verbraucherverträgen, da bei diesen die §§ 879 Abs 3 ABGB und 6 Abs 1 Z 1 bzw 9 KSchG einschlägig sind.87

Letztlich steht die außerordentliche Kündigung zur Mietzinsminderung gemäß §1096 ABGB in echter Konkurrenz, wobei die hA davon ausgeht, dass die außerordentliche Kündigung bei unbedeutenden Mängeln nicht möglich ist.88

e) Petitorischer Rechtsschutz gegen Störungen durch Dritte gemäß § 372 ABGB

Der Vermieter darf den Mieter gemäß § 1096 Abs 1 S1 ABGB im bedungenen Gebrauch nicht stören und ist verpflichtet, Störungen Dritter - sei es durch Mitmieter oder außenstehende Dritte - zu unterbinden.89 Der Bestandgeber kann den störenden Mieter entweder auf Unterlassung klagen, auf Beseitigung etwaiger Schäden dringen, Ersatz- und Ausgleichansprüche erheben oder ihn sogar, wenn nötig, kündigen.90 Dem Vermieter kommt dabei die Wahl des für ihn geeignet scheinenden Mittels zu.91 Der Vermieter hat dieser Verpflichtung ungeachtet etwaiger eigener Unterlassungsansprüche des Bestandnehmers nachzukommen.92 Diese Schutzpflicht des Bestandgebers umfasst auch die im

84

OGH 5 Ob 584/87 SZ 60/230; 8 Ob 171/98z wobl 2000, 306; Klang in Klang V² 120.

85

OGH 1 Ob 29/98s MietSlg 50.169.

86

OGH 1 Ob 24/00m immolex 2001/8 (Kovanyi).

87

OGH 1 Ob 27, 28/89 JBl 1990, 321.

88

OGH 7 Ob 715/83 MietSlg 36.179.

89

Riedler, Bürgerliches Recht Band III Schuldrecht Besonderer Teil4 Rz 8/21.

90

OGH 6 Ob 54/70 JBl 1970, 523.

91

OGH 3 Ob 588/83 MietSlg 35.170; 3 Ob 2413/96s RdU 1997/42; 6 Ob 293/00g JBl 2001, 522.

92

OGH 7 Ob 654/89 verst Senat JBl 1990, 447 (Spielbüchler) = ecolex 1990, 82 = MietSlg 41.011/40 = wobl 1990,21/42 (Apathy); Würth in Rummel³ § 1096 Rz 9 und §§ 1092-1094 Rz 2;

(26)

26

Mietobjekt wohnenden Angehörigen des Bestandnehmers.93 Sind jedoch die Erfolgsaussichten von vornherein mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen, so ist der Vermieter nicht zum Einschreiten verpflichtet.94 Anders ist allerdings jener Fall zu beurteilen, in dem der Vermieter selbst einem anderen Mietmieter ein störendes Verhalten vertraglich eingeräumt hat, da er hier die Unmöglichkeit selbst schuldhaft herbeigeführt hat.95 In einem solchen Fall hat der Bestandgeber die Folgen seines Vertragsbruches gegenüber dem im bedungenen Gebrauch gestörten Mieter zu tragen und die Verurteilung und Exekutionsführung auf sich zu nehmen.96

Seit der E des verst Senates (SZ 62/20497) steht dem Bestandnehmer einer unbeweglichen Sache ab Übergabe eine Unterlassungsklage gegen rechtswidrige Beeinträchtigungen des Bestandrechts durch Dritte gemäß §§364 iVm 372 analog zu. Die neuere Rsp gewährt ihm außerdem auch Schadenersatzansprüche98, Bereicherungsansprüche99 und Ausgleichsansprüche100 gemäß § 364a ABGB und räumt ihm dadurch ein „quasidingliches Recht“101

ein.

Nicht immer werden diese Klagen zum für den Bestandnehmer gewünschten Ergebnis führen. Immer dann, wenn der gemeinsame Bestandgeber dem Dritten das Recht, das zur Störung führt, eingeräumt hat oder der Störer dieses Recht gutgläubig erworben hat, wird die Durchsetzung der Ansprüche des gestörten Bestandnehmers problematisch sein.102 Dies liegt vor allem daran, dass der OGH davon ausgeht, dass ein Dritter als Bestandnehmer ein Recht,

Binder in Schwimann3 § 1096 Rz 66 ff; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²² § 1096 ABGB Rz 9; Iro in KBB³ § 1096 Rz 7; JBl 2001, 522; wobl 2003, 147.

93

OGH 3 Ob 588/83 MietSlg 35.170.

94

OGH 6 Ob 634/89 ImmZ 1990, 322 = JBl 1991, 46 = MietSlg 42.090.

95

Fischer/Mayerhofer, Miet- und Wohnrecht für die Praxis (2012), 41.

96

OGH 3 Ob 588/83 MietSlg 35.170.

97

OGH 7 Ob 654/89 verst Senat JBl 1990, 447 (Spielbüchler) - ecolex 1990, 82 = MietSlg 41.011/40 = wobl 1990, 21/42 (Apathy).

98

OGH 4 Ob 140/07b MietSlg 59.033/19; 1 Ob 19/90 JBl 1991, 247 (Rummel).

99

OGH 1 Ob 703/89 JBl 1990, 453; 1 Ob 2287/96x immolex 1997/72, 137.

100

OGH 8 Ob 523/92 RdW 1992, 304; 6 Ob 2323/96b RdU 1998, 41 (Kerschner); 7 Ob 374/98w wobl 2001, 118; 1 Ob 285/01w MietSlg 54.028.

101

Apathy, Die Publizianische Klage (1981) 71ff.

102

(27)

27

das er vom gemeinsamen Bestandgeber eingeräumt bekommen hat, gutgläubig erwerben kann.103

Diese Judikatur-Linie wird in der Lehre teils heftig kritisiert: Nach Spielbüchler104 ist diese Rsp insgesamt verfehlt, da die §§ 372 ff ABGB nicht dazu gedacht seien bzw sich auch nicht dazu eignen, die Lösung eines Streites zwischen voll berechtigten Bestandnehmern zu liefern. Schließlich sei der § 372 ABGB auf dinglich Berechtigte zugeschnitten; dass derartige Ansprüche auch obligatorisch Berechtigten zustehen, sei § 372 ABGB nicht zu entnehmen. Der bloße Verweis auf § 372 ABGB gleicht Holzners Ansicht105 nach „dem Versuch

Münchhausens, sich selbst am Schopf aus dem Sumpf zu ziehen“.106

Gewisse Störungen sind vom Bestandnehmer ohnehin zu dulden, nämlich Beschränkungen des Gebrauchs, die wegen berechtigter Interessen des Vermieters unbedingt notwendig und dem Mieter zumutbar sind.107

f) Selbstverbesserung gemäß § 1097 ABGB

Zu guter Letzt möchte ich mich dem „Rechtsmittel“108

der Selbstverbesserung gemäß § 1097 ABGB widmen. Dem Bestandnehmer steht es nach dieser Bestimmung frei, sich bei fehlender Reparaturbereitschaft des Bestandgebers selbst um eine Reparatur zu kümmern. Diese Alternative bringt einige Vor- und Nachteile mit sich und ist an mehrere Voraussetzungen geknüpft.

103

OGH 8 Ob 551/88 SZ 62/204 = EvBl 1990/93 = JBl 1990, 447

104

Spielbüchler in Rummel³ § 372 Rz 5.

105 Holzner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 372 ABGB Rz 3. 106

Siehe auch Kodek, FS 200 Jahre ABGB 1139 (1158).

107

LGZ Wien 41 R 337/86 MietSlg 20.139.

108

Materialien zur kais VO 312; Rummel in Rummel3 § 1035 Rz 8; Binder in Schwimann3 § 1097 Rz 1; OGH 1 Ob 6/84 = MietSlg XXXVI/15; 6 Ob 710/84 = JBl 1985, 421; 1 Ob 718/89 = MietSlg 42.105; differenzierend Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag (1993) 53 ff.

(28)

28

IV.) Selbstverbesserung

§ 1097 ABGB statuiert, dass wenn Ausbesserungen nötig werden, die dem Vermieter obliegen, der Mieter bei sonstigem Schadenersatz angehalten ist, dem Vermieter unverzüglich Anzeige zu machen. Kommt der Vermieter seiner Aufgabe, die nötigen Arbeiten vorzunehmen, nicht nach, so kann der Bestandnehmer unter gewissen Voraussetzungen Aufwandersatz verlangen, wenn er selbst verbessert.

Grundsätzlich erstreckt sich das Selbstverbesserungsrecht auf den gesamten Vertragszeitraum, es kann sogar noch hinsichtlich jener Aufwendungen geltend gemacht werden, die erst nach Beendigung des Bestandverhältnis getätigt, aber noch vor Rückstellung des Bestandobjekts eingefordert werden.109

1) § 1097 angewandte Geschäftsführung ohne Auftrag

Aus § 1097 ABGB geht hervor, dass der Bestandnehmer, der selbst repariert obwohl eine Verpflichtung des Bestandgebers besteht bzw es sich um sonst nützliche Aufwendungen handelt, als Geschäftsführer ohne Auftrag behandelt wird. Der Verweis in § 1097 S 2 ABGB auf die §§ 1036 und 1037 dient einzig und allein dem Umfang des Ersatzanspruches; die Selbstverbesserung ist nicht an dieselben Voraussetzungen geknüpft.110 Es handelt sich um einen Fall der sog „angewandten GoA“, für welche kein Fremdgeschäftsführungswille erforderlich ist.111 Dies beruht darauf, dass im Mietrecht eine besondere Interessenlage herrscht, weil bei der Gebrauchsüberlassung der Inhaber der Sache als alleiniger Nutzer meist nur im eigenen Interesse tätig wird.112 § 1097

109

OGH 7 Ob 237/04k wobl 2006, 58.

110

Materialien zur kais VO 315.

111

Iro in KBB³ § 1035 Rz 8; OGH 6 Ob 710/84 SZ 57/167; 1 Ob 589/94 SZ 67/210 = wobl 1996, 65 (Würth).

112

(29)

29

ABGB schließt als lex specialis andere bereicherungsrechtliche Ersatzansprüche aus.113

2) Die Mängelanzeige

Der Bestandnehmer ist dazu verpflichtet, dem Bestandgeber jene Mängel anzuzeigen, die dieser qua Erhaltungspflicht zu beseitigen hat. Diese Anzeige dient dazu, den Bestandgeber in die Lage zu versetzen, seiner Pflicht überhaupt nachkommen zu können.114 Verletzt der Bestandnehmer seine Anzeigepflicht, so kann dies zum Verlust des Mietzinsminderungsrechts gemäß § 1096 ABGB bzw des Kündigungsrechts gemäß § 1117 ABGB führen und schadenersatzpflichtig machen.115 Der Anspruch auf notwendigen Aufwandersatz geht dadurch aber nicht verloren.116

Die Verpflichtung zur Anzeige ist nur dann gegenstandslos, wenn der Bestandgeber bereits auf anderem Wege von der Mangelhaftigkeit erfahren hat117 oder es sich um regelmäßig anfallende Arbeiten118 handelt. Eine Mietvertragsklausel, die für die Anzeige ein formularmäßiges Schriftformgebot vorsieht, ist gemäß § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend und daher nichtig.119 Trotzdem wird es dessen ungeachtet für den Mieter aus Beweisgründen sinnvoll sein, schriftlich anzuzeigen und sich erforderliche Zustimmungen des Bestandgebers ebenfalls in einer später dokumentierbaren Weise geben zu lassen.120

Da bei Mängeln an allgemeinen Teilen des Hauses die Anzeigepflicht gemäß §1097 ABGB in einem gewissen Spannungsverhältnis zur allgemeinen

113

OGH 7 Ob 237/04k wobl 2006, 58; 2 Ob 21/06m wobl 2006, 311 (Prader) = immolex 2007, 16 (Wolf); Rummel, JBl 2008,432. 114 Würth in Rummel³ § 1097 Rz 1. 115 Klang in Klang V² 47. 116 OGH 3 Ob 534/76 MietSlg 28.135. 117 OGH 4 Ob 533/74 MietSlg 26.098. 118 OGH 7 Ob 624/87 MietSlg 39.119. 119

OGH 7 Ob 78/06f JBl 2007, 181; krit Riss, wobl 2007, 69.

120

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30

Kontrollpflicht des Bestandgebers steht, divergieren die Meinungen hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Anzeige durch den Mieter: Klang121 und Binder122 (der Judikatur123 folgend) beschränken die Anzeigepflicht des Mieters nur auf den Bestandgegenstand selbst. Die Überwachung der allgemeinen Teile hingegen obliege einzig und allein dem Bestandgeber. Obwohl Würth124 anerkennt, dass

die Bestandnehmer- und Bestandgeberpflichten in einem solchen Fall konkurrieren, ist er der Meinung, dass der enge Zusammenhang des § 1097 ABGB mit den Erhaltungspflichten keine Einschränkung der Anzeigepflicht auf das eigentliche Mietobjekt zulasse.

Für mich geht diese Meinung jedenfalls zu weit, da in diesem Fall beide Vertragsparteien ihren Pflichten nicht nachgekommen sind. Welche Beweggründe bringen Würth zu dem Ergebnis, in diesem Fall einzig und allein den Bestandnehmer büßen zu lassen? Immerhin sind die Folgen einer Unterlassung der Anzeige doch sehr weitgehend (Schadenersatz, Verlust des Kündigungsrechts und der Zinsminderung). Andererseits mag es auch Fallkonstellationen geben, in denen in erster Linie den Mietern und nicht dem möglicherweise weit entfernten Vermieter Mängel an allgemeinen Teilen des Hauses in die Augen fallen. Hier wird man von einem Mieter durchaus eine Anzeige des Mangels verlangen dürfen. Doch bei Unterbleiben der Anzeige sollte hinsichtlich der Konsequenzen meiner Meinung nach ein Mittelweg gefunden werden. Da hier Pflichtverletzungen beider Parteien vorliegen, müssen auch beide dafür einstehen. Ein möglicher Lösungsweg wäre bspw eine „Minderung der Zinsminderung“, da diese sowohl die Kontrollpflichtverletzung des Bestandgebers als auch die Anzeigepflichtverletzung des Bestandnehmers berücksichtigen würde.

121 Klang in Klang V² 47. 122 Binder in Schwimann3 § 1097 Rz 16. 123

LG Klagenfurt 2 R 277/56 MietSlg 4.974; offen lassend jedoch OGH 7 Ob 600/92.

124

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31

3) Sonstige Voraussetzungen für den Ersatzanspruch

Zu allererst muss ausgeschlossen werden, dass im Anwendungsbereich des ABGB eine (wirksame) Investitionsabrede getroffen worden ist.125 Gibt es nämlich zwischen den Parteien eine besondere Vereinbarung über die Durchführung von Arbeiten bzw deren Finanzierung, so geht diese jedenfalls vor.

Abgesehen von der Anzeige des Mangels ist als weitere zwingende Voraussetzung zu beachten, dass es sich um eine Investition handeln muss, die während des aufrechten Bestandverhältnisses getätigt worden ist.126 Einzige Ausnahme dieser Regel bilden Kosten, die zwar nach Ende des Mietverhältnisses, aber noch vor Rückstellung des Bestandobjektes aufgewendet wurden (siehe oben einleitend zu Punkt IV). Aufwendungen, die zwar noch während des aufrechten Bestandverhältnisses, aber bereits im Hinblick auf ein künftiges Rechtsverhältnis vorgenommen wurden, unterliegen hingegen § 1041 ABGB.127

Der Bestandnehmer hat dafür zu sorgen, dass die Reparaturen durch geeignete Professionisten durchgeführt werden; wobei die Heranziehung nicht befugter Gewerbetreibender allein nur einen geringfügigen Abschlag rechtfertigt.128 Arbeiten, die nicht sachgerecht durchgeführt worden sind, bzw unnütze oder bloß oberflächliche Instandsetzungen, sind nicht ersatzfähig.129 Ein Verbot, die dem Bestandgeber obliegenden (!) Arbeiten durchführen zu lassen, ändert nichts am Bestehen des Investitionsersatzanspruchs des Bestandnehmers.130 Die Frage, ob dem Bestandnehmer ein Ersatzanspruch für eigene Mühewaltung gebührt, ist fallbezogen zu beantworten: Grundsätzlich kann der Mieter keine Bezahlung der von ihm aufgewendeten Arbeitszeit erwarten. Eine Ausnahme besteht einzig und allein dann, wenn er befugter Gewerbsmann ist und die

125

LGZ Wien 41 R 94/78 MietSlg 30.188.

126

OGH 7 Ob 66/56 MietSlg 4.972; 1 Ob 566/57 MietSlg 6.290.

127

OGH 6 Ob 387/97y wobl 1999, 138 (Weiss) = RdU 1999/156 (Pilgerstorfer).

128

OGH 1 Ob 589/94 wobl 1996, 16 = MietSlg 46.108.

129

OGH 1 Ob 589/94 wobl 1996, 16 = MietSlg 46.108.

130

(32)

32

Arbeiten in dieser Eigenschaft ausgeführt wurden.131 Für den Aufwand, den der Bestandnehmer für den Arbeitseinsatz von Helfern zu tragen hatte, steht ihm ebenfalls ein Anspruch auf Abgeltung zu.132

4) Notwendiger oder bloß nützlicher Aufwand?

§ 1097 ABGB unterscheidet hinsichtlich der Aufwendungen zwischen dem Bestandgeber obliegenden und bloß nützlichen Aufwendungen. Erstere sind ohne Rücksicht auf deren Dringlichkeit als notwendige Geschäftsführung iSd §1036 ABGB zu behandeln.133 Die Frage, ob es sich um einen notwendigen Aufwand handelt, stellt eine Rechtsfrage dar und kann daher nicht durch einen Sachverständigen beantwortet werden.134

Tätigt der Bestandnehmer Arbeiten, die dem Bestandgeber obliegen, so wird sein Anspruch auf Ersatz der notwendigen und zweckmäßigen Aufwendungen135 sofort fällig.136 Dieser Anspruch bleibt auch im Falle eines Fehlschlagens ohne Verschulden des Bestandnehmers bestehen.137 Weiters kann der Bestandnehmer notwendige Maßnahmen auch gegen das einseitige Verbot des Bestandgebers auf dessen Rechnung vornehmen.138

Bei bloß nützlichen Aufwendungen gebührt dem Bestandnehmer nur soweit Ersatz, als sie bei Beendigung als zum „klaren und überwiegenden Vorteil“ des Bestangebers erbracht anzusehen sind.139 Im ABGB orientiert sich die Nützlichkeit „objektiv“ an der Verkehrsauffassung, wobei alle Interessen des

131

OGH 5 Ob 85/02; MietSlg 54.246 = immolex 2003/3.

132

LGZ Wien 39 R 428/00f MietSlg 53.282.

133 Würth in Rummel³ § 1097 Rz 2; Prader, MRG und ABGB – Mietrecht³ § 1097 E 9. 134 Binder in Schwimann3 § 1097 Rz 9. 135 OGH 1 Ob 589/94 SZ 67/210 = wobl 1996, 65 (Würth). 136 RIS Justiz RS0020526. 137 OGH 5 Ob 527/89 JBl 1989, 527. 138 LGZ Wien 48 R 457/87 MietSlg 39.120. 139 OGH 4 Ob 511/83 SZ 57/35; 7 Ob 237/04k wobl 2006, 58.

(33)

33

Bestandgebers zu berücksichtigen sind (zum MRG siehe unten Punkt IV 8). 140 In Wahrheit bedeutet das, dass die Nützlichkeit subjektiv zu beurteilen ist. Den klaren und überwiegenden Vorteil hat der Bestandnehmer zu beweisen.141 Zusätzlich ist der Anspruch hier jedenfalls durch den tatsächlich gemachten Aufwand begrenzt.142 Weiters ist zu beachten, dass für nützlichen Aufwand gegen den erklärten Willen des Bestandgebers kein Ersatz begehrt werden kann.143 Der Ersatzanspruch für nützlichen Aufwand wird im Gegensatz zu notwendigen Aufwendungen erst bei Beendigung des Mietverhältnisses fällig.144

Anstatt dem Bestandnehmer den nützlichen Aufwand zu ersetzen, kann der Bestandgeber bei Beendigung des Mietverhältnisses auch die Beseitigung der nützlichen Veränderung gemäß § 1109 oder § 523 ABGB verlangen, vorausgesetzt, er hat nicht in die Belassung eingewilligt.145

Hinsichtlich notwendiger Aufwendungen ist der Bestandgeber im Zeitpunkt der Investition passiv legitimiert, wogegen der Ersatzanspruch für nützliche Aufwendungen gegen denjenigen zu richten ist, der im Zeitpunkt der Rückstellung Bestandgeber ist.146

5) Geltendmachung des Ersatzanspruchs

Möchte der Bestandgeber seinen Ersatzanspruch gemäß § 1097 ABGB durchsetzen, so muss er diesen binnen 6 Monaten gerichtlich, und zwar mit ausreichend konkretisierter Klage, geltend machen.147 Dafür genügt eine betragsmäßig bezifferte Klage, da die Aufgliederung auch erst später erfolgen kann.148 Diese doch relativ kurz gehaltene Frist soll gewährleisten, dass es zu

140

OGH 2 Ob 587/89 wobl 1991, 25 (Würth); OGH 3 Ob 12/07x immolex 2007/339 (Maier-Hülle); 7 Ob 247/06h wobl 209,57.

141

OGH 2 Ob 587/89 EvBl 1990/111; LGZ Wien 48 R 521/94 MietSlg 46.114.

142

OGH 4 Ob 511/83 SZ 57/35; 7 Ob 237/04k wobl 2006, 58.

143

OGH 2 Ob 587/89 wobl 1991, 33 (Würth); 2 Ob 582/95 MietSlg XLVII/37.

144

RIS-Justiz RS00198992

145

Iro in KBB³ § 1097 Rz 7.

146

OGH 2 Ob 21/06m wobl 2006, 130 (Prader); Ostermayer, Investitionsersatz im Mietrecht Rz 312; Würth in Rummel³ § 1097 Rz 3f; 2 Ob 40/01y wobl 2001, 137 (Prader).

147

Prader, wobl 2006, 311.

148

(34)

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einer möglichst raschen Klärung der Rechtslage zwischen den Vertragsparteien kommt und Beweisschwierigkeiten nach Beendigung weitestgehend vermieden werden.149

Entgegen der älteren Rsp und Lehre150 wird diese Frist nicht mehr als Verjährungs-, sondern als Präklusivfrist qualifiziert.151 Sie beginnt zu laufen, sobald der Bestandgegenstand zurückgestellt wurde152, wobei Ansprüche, die erst danach entstehen, von dieser Regel ausgenommen sind.153 Eine „Übergabe“ durch eigenmächtige Inbesitznahme durch den Bestandgeber setzt die Frist allerdings nicht in Lauf.154 Durch die Rückstellung des Bestandobjekts muss der Bestandgeber oder auch schon ein neuer Mieter die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Objekt erhalten, was bei versperrbaren Räumlichkeiten in der Regel durch Übergabe aller Schlüssel erreicht wird.155

Gar nicht befristet sind klarerweise klassische Eigentumsherausgabeklagen des Bestandnehmers. Auch vertraglich zugesagter Aufwandersatz unterliegt nicht der Präklusivfrist des § 1097 ABGB. Mangels anzuwendender lex specialis gelangt darauf die allgemeine 30-jährige Verjährungsfrist nach § 1479 ABGB zur Anwendung. Die Begründung wird darin gesehen, dass wenn eine individuelle Vereinbarung besteht, das sonst bestehende Interesse, die Ansprüche möglichst rasch zu klären, nicht aktuell ist.156 Meiner Meinung nach kann man jedoch nicht pauschal von einem fehlenden Interesse an baldiger Klärung ausgehen. Vielmehr ist im Einzelfall zu eruieren, welche Punkte des Aufwandersatzes die Parteien vertraglich regeln wollten und welche Aspekte dagegen weiterhin der gesetzlichen Grundregel unterliegen sollten.

149

Klang in Klang V² 50.

150

OGH 2 Ob 746/50 SZ 23/333 = MietSlg 1125, unter Berufung auf Ehrenzweig, Das Recht der Schuldverhältnisse 460.

151

OGH 6 Ob 761/82 EvBl 1971/75 = MietSlg 22.151; OGH 6 Ob 761/82 SZ 56/103 = MietSlg 35.210/17; 4 Ob 511/83 SZ 57/35 = EvBl 1984/83 = MietSlg 36.149/4; 8 Ob 673/89 wobl 1990, 58 = MietSlg 41.104.

152

OGH 7 Ob 666 - 669/85 MietSlg 37.144; 5 Ob 527/89 MietSlg 41.100.

153

OGH 6 Ob 387/97y immolex 1999/11.

154 OGH 8 Ob 639/88 MietSlg 41.118. 155 OGH 5 Ob 527/89 JBl 1989, 527. 156 OGH 5 Ob 545/89 MietSlg 41.102.

(35)

35

6) Wegnahmerecht (ius tollendi)

Anstatt sich durch Geltendmachung eines Aufwandersatzanspruchs durch einen womöglich komplizierten Zivilprozess zu quälen, kann der Bestandnehmer bei von ihm zu unselbständigen Bestandteilen des Bestandobjekts gemachten Sachen auch von seinem Wegnahmerecht Gebrauch machen. Dies ist auch in jenen Fällen sinnvoll, in denen ihm von vornherein kein Ersatz zusteht, etwa weil auf einen Anspruch wirksam verzichtet wurde bzw weil ein bloß nützlicher Aufwand gegen den Willen des Bestandgebers getätigt wurde.157

Im Prinzip ist das Wegnahmerecht bis zur Räumung auszuüben. Äußerste Grenze bildet die sechsmonatige Präklusivfrist des § 1097 ABGB.158 Außerdem ist das Recht durch das Schikaneverbot und die Pflicht zur Schonung der Substanz des Bestandobjekts eingeschränkt.159 Auch das Wegnahmerecht kann mittels vertraglicher Regelung ausgeschlossen werden, wobei ein genereller Verzicht auf Aufwandersatz den Ausschluss der Wegnahme im Zweifel nicht mit umfasst.160 Auch hier bleibt ein bestehendes Eigentumsrecht unberührt, wodurch der Bestandnehmer die in seinem Eigentum stehenden Sachen jederzeit entfernen kann.161

7) Verzicht

Grundsätzlich ist ein Vorausverzicht auf den Aufwandersatzanspruch gemäß §1097 ABGB, anders als im Anwendungsbereich des § 10 MRG, durchaus möglich. 162 Laut Rsp ist eine Verzichtsklausel weder unüblich noch

157

Würth in Rummel³ § 1097 Rz 5.

158

Klang in Klang V² 50; Ostermayer, Investitionsersatz im Mietrecht Rz 271; Binder in Schwimann3 § 1097 Rz 32; OGH 7 Ob 694/78 MietSlg 30.187; RIS-Justiz RS0020574.

159

OGH 2 Ob 746/50 SZ 23/333.

160

Würth in Rummel³ § 1097 Rz 6; OGH 1 Ob 486/56 EvBl 1956/349; vgl aber 7 Ob 78/06f wobl 2007, 26.

161

LGZ Wien 41 R 102/80 MietSlg 32.173; LGZ Wien 41 R 670/80 MietSlg 32.174; OGH 2 Ob 2176/96f MietSlg 48.134.

162

OGH 1 Ob 486/56 MietSlg 4968; 8 Ob 646/89 wobl 1990, 58 = MietSlg 41.103; 6 Ob 1650/92 wobl 1993, 56; 1 Ob 589/94 wobl 1996, 65 (Würth).

(36)

36

ungewöhnlich iSd § 864a ABGB.163 Zu beachten ist allerdings, dass ein Verzicht hinsichtlich eines Aufwands, der dem Bestangeber obliegt, nur dann wirksam ist, wenn auch eine von § 1096 ABGB abweichende Erhaltungsregelung vereinbart werden könnte.164 Der Frage, inwiefern die Erhaltungspflichten im Verbraucherrecht disponibel sind, habe ich mich bereits im Punkt I 3 gewidmet. Sittenwidrig ist ein Vorwegverzicht auf den Ersatz notwendiger Aufwendungen iSd § 1036 ABGB, weshalb derartige Ausschlussklauseln in Mietverträgen jedenfalls nichtig sind.165

Ein Anspruchsverzicht kann sowohl ausdrücklich als auch schlüssig erfolgen, wobei letzterer nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden kann.166 Allein aus der Bekanntgabe des Bestandnehmers, eine Sanierung selbst vorzunehmen167, oder aus einem trotz Kündigungsdrohung des Bestandgebers vom Bestandnehmer erteilten Reparaturauftrag168 kann noch nicht auf einen schlüssigen Anspruchsverzicht geschlossen werden.

8) § 10 MRG

Während im ABGB und im Teilanwendungsbereich des MRG § 1097 ABGB auf den Aufwandersatzanspruch des Mieters anzuwenden ist, kommt im Vollanwendungsbereich § 10 MRG zum Zug, der den Ersatz von Aufwendungen auf eine Wohnung regelt. Dieser ist daher nur auf die Wohnraummiete anwendbar. Anders als § 1097 ABGB, welcher zumindest teilweise einen Verzicht auf den Ersatzanspruch zulässt, ist § 10 MRG im Vorhinein unabdingbar. Festzuhalten ist jedoch, dass hinsichtlich notwendiger Aufwendungen § 1097 ABGB auch im Vollanwendungsbereich des MRG gilt.

163

Binder in Schwimann3 § 1097 Rz 27; LGZ Graz 3 R 193/98v MietSlg 50.076.

164

OGH 2 Ob 40/01y SZ 74/26 = wobl 2001, 227 (Prader); 7 Ob 78/06f JBl 2007,181; Worthing-Smith Unzulässige Klauseln in Mietverträgen (2009) 93.

165

OGH 6 Ob 732/88 NZ 1990, 283; LGZ Wien 39 R 92/05a MietSlg 57.152.

166 Binder in Schwimann3 § 1097 Rz 29. 167 LGZ Wien 40 R 38/98d MietSlg 50.155. 168 LG Linz 13 R 41/78 MietSlg 30.189.

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