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Freiwillige professionell begleiten

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Academic year: 2022

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Pflegemanagement

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K r a n k e n p f l e g e I S o i n s i n f i r m i e r s I C u r e i n f e r m i e r i s t i c h e 2 / 2 0 1 6

Eine ganze Nacht lang am Bett einer sterbenden Person sitzen und ihre Hand halten; in der Cafeteria ein Kar- tenspiel mit einem Patienten machen;

mit einer betagten Frau auf dem Spi- talareal spazieren gehen – Tätigkeiten, für die sich das Personal in der Pflege keine Zeit nehmen kann. Im Stadtspital Triemli in Zürich sind diese Situatio- nen dennoch Realität – dank freiwil- liger Mitarbeitenden. «Sie füllen eine Lücke, welche sich die Gesellschaft nicht leisten kann», sagt Tatjana Disteli, die während acht Jahren für die Frei- willigen im Stadtspital Triemli zustän- dig war und heute die Dienststellenlei- terin der Spital- und Klinikseelsorge der Katholischen Kirche im Kanton Zürich ist. Im Stadtspital Triemli mit 500 Bet- ten sind zurzeit rund 120 Freiwillige engagiert, hauptsächlich in der Tages- begleitung und in der freiwilligen Nacht- und Krisenbegleitung. Diese letztere Gruppe von rund 50 Freiwilli- gen verbringt zweimal pro Monat eine Nacht bei schwerkranken, ängstlichen, einsamen und sterbenden Patientinnen und Patienten. Für diese anspruchs-

volle Aufgabe werden die zukünftigen Begleiter während 35 Stunden ausge- bildet; danach gehören regelmässige Supervisions- und Weiterbildungsver- anstaltungen zum Dienst.

Neue Erwartungshaltung

«Eine nahe Begleitung der Freiwilligen ist wichtig – und aufwändig», weiss Tatjana Disteli. Be-

reits das Rekrutieren neuer Personen, die sich unentgeltlich für das Triemli engagie- ren möchten, sei zeit- intensiv. Es werde vor allem darauf ge- achtet, dass die Frei- willigen Lebenser-

fahrung mitbringen sowie physisch und psychisch stabil wirken. Das Spital verfügt zwar über bestimmte Kriterien, welche potenzielle Freiwillige erfüllen müssen, schliesslich habe aber stets der gesunde Menschenverstand ent- schieden. «Auf die Beweggründe, sich unbezahlt zu engagieren, wird genau geschaut. Eigennützige Motive sollen nicht ausschlaggebend sein.»

Schweizweit spielen wohltätige und uneigennützige Faktoren zwar nach wie vor eine wichtige Rolle für die Freiwil- ligenarbeit, zunehmend rücken jedoch selbstbezogene Aspekte wie der Spass an der Tätigkeit oder die Möglichkeit, sich persönlich wie beruflich weiterzu-

Mitarbeit im Spital und Pflegeheim

entwickeln, in den Vordergrund. Aus- serdem hat sich das Selbstverständnis der Freiwilligen verändert: Sie sind selbstbewusster geworden, sehen sich eher als Mitarbeitende, die ihre persön- lichen Talente einbringen möchten und eine Kommunikation auf Augenhöhe erwarten. Auch die Formen der Freiwil- ligenarbeit haben sich gewandelt. Das

traditionelle Engagement mit langjähri- ger Bindung an eine Institution nimmt ab, wohingegen kurzfristige Einsätze in Projekten oder Initiativen eher gefragt sind. Organisationen müssen diese ver- änderten Vorstellungen mit den eigenen Anliegen in Einklang bringen. Dieser Wandel der Engagementbereitschaft so- wie weitere gesellschaftliche Verände- rungen (beispielsweise im Bereich der sozialen Medien) erhöhen die Notwen- digkeit eines professionellen Freiwilli- gen-Managements.

Rechte und Pflichten

Tatjana Disteli hat als Seelsorgerin im Stadtspital Triemli in interdisziplinärer

«Freiwillige schlagen eine Brücke zur Aussenwelt und sind eine Bereicherung im Alltag der Patientinnen und Patienten.»

Karin Freiermuth, lic. phil, ist wissen- schaftliche Mitarbeiterin an der Fach- hochschule Nordwestschweiz FHNW.

karin.freiermuth@fhnw.ch Autorin

Freiwillige

professionell begleiten

Neben der Pflege von Angehörigen in Privathaushalten leisten zahlreiche Freiwillige auch einen grossen Einsatz in Alters- und Pflegeheimen sowie Spitälern. Damit dieses Engagement für alle Beteiligten stimmt, braucht es ein professionelles Freiwilligen-Management.

Text:Karin Freiermuth / Bild:Fotolia

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Die FHNW bietet einen zwölftägi- gen Lehrgang zum Freiwilligen- Management an. Der nächste Kurs startet am 22.9. 2016. Er richtet sich an Personen, die verantwortlich sind für die Freiwilligenarbeit in einer Organisation oder die privat einen Bezug zum Thema haben.

Genauere Informationen sind zu finden unter:

www.fhnw.ch/wirtschaft/weiterbildung/

cas-freiwilligen-management Weiterbildung zum Freiwilligen-Management

21 www.sbk-asi.ch >

Freiwillige

>

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

>

Management

21

Zusammenarbeit mit der Pflege ein be- stehendes Konzept zu einem profes- sionellen Freiwilligen-Management wei- terentwickelt, um die Zusammenarbeit mit Freiwilligen für alle Beteiligten op- timal zu gestalten. Zentral dabei ist, dass die Freiwilligenarbeit die bezahlte Arbeit nicht ersetzt, sondern ergänzt und unterstützt. Folglich müssen die Rollen, Aufgaben, Kompetenzen und Verpflichtungen von Freiwilligen und von bezahlten Angestellten eindeutig definiert und abgegrenzt sein. «Unsere Freiwilligen übernehmen keine pflege- rischen Aufgaben. Die Entlastung der Pflege ist nicht das Ziel, jedoch klar ein positiver Nebeneffekt.»

Nicht nur die unterschiedlichen Kom- petenzen und der fehlende Lohn unter- scheiden die Freiwilligen von den be- zahlten Angestellten, sie haben auch keinen klassischen Arbeitsvertrag mit der Organisation. «Dies hat zur Folge, dass die Freiwilligenarbeit letztlich nicht vollständig planbar ist.» Tatjana Disteli verlor aus unterschiedlichen pri- vaten Gründen innerhalb von drei Wo- chen zwölf Freiwillige, wodurch ihre laufenden Nachteinsätze beinahe zu- sammenbrachen.

Aufgrund des fehlenden Arbeitsvertra- ges stellt sich zudem oft die Frage, wie viel Verbindlichkeit ein Betrieb von den Freiwilligen erwarten darf. Generell empfiehlt es sich, eine Einsatzverein- barung zu erstellen, in der die gegen-

club, in sozial-karitativen Organisatio- nen, im kirchlichen Kontext – oder im Gesundheits- und Pflegebereich. Dort bilden die Freiwilligen für die Bewoh- nerinnen und Patienten eine Brücke zur Aussenwelt und sind eine Bereiche- rung in ihrem Alltag. Für Tatjana Disteli schlagen die Freiwilligen zudem eine Brücke zu verschiedenen Berufen im hochkomplexen Spitalumfeld. Davon profitieren nicht nur die Patienten und Mitarbeitenden, vielmehr wachsen auch die Freiwilligen an ihren Auf- gaben. «Es ist schön zu beobachten, wie sich die Freiwilligen entwickeln.

Ich habe mehrmals beobachtet, wie Freiwillige dank ihres Engagements mit privaten Krisen besser umgehen konn- ten.»

seitigen Erwartungen und Verpflichtun- gen festgehalten sind. Sinnvoll ist zu- dem die Orientierung an den Standards von Benevol Schweiz, der Dachorga- nisation der regionalen Fachstellen für Freiwilligenarbeit. Diese besagen unter anderem, dass die Freiwilligeneinsätze im Jahresdurchschnitt nicht mehr als sechs Stunden pro Woche umfassen sollen und dass die Freiwilligen ein An- recht auf eine persönliche Anerken- nung haben. Ferner gilt es zu beachten, dass die Freiwilligen während ihres Einsatzes durch die Organisation gegen Haftpflichtansprüche versichert sind und dass den Freiwilligen effektive Spe- sen zurückerstattet werden. Die Freiwil- ligen wiederum sind dazu verpflichtet, die Schweigepflicht einzuhalten, aus- serdem werden Sorgfalt und Verantwor- tungsbewusstsein von ihnen erwartet.

Nicht zulässig ist die Beendigung der Freiwilligentätigkeit zur Unzeit. Wenn jemand eine konkrete Leistung verspro- chen hat (z.B. einen Personentransport) und diese ohne Abmeldung nicht er- bringt, kann die Organisation den Er- satz des Schadens (z.B. Kosten für eine Taxi) verlangen.

Freiwillige sind Brückenbauer In der Schweiz führt jede vierte Person mindestens eine unbezahlte Tätigkeit innerhalb einer Organisation oder Insti- tution aus, beispielsweise in einem Umweltschutzverein, in einem Sport-

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Nicht nur beim Spiel in der Cafeteria, auch am Patientenbett in der Nacht sind freiwillige Mitarbeitende unentbehrlich.

Referenzen

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