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Keine Erledigung einer Passverfügung nach Ablauf der Frist für Beantragung eines Reisepasses

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VG Bayreuth, Beschluss v. 26.10.2017 – B 6 S 17.750 Titel:

Keine Erledigung einer Passverfügung nach Ablauf der Frist für Beantragung eines Reisepasses

Normenketten:

§ 46 Abs. 1 AufenthG

§ 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG

§ 49 Abs. 2 Halbs. 2 AufenthG

§ 50 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 AufenthG

§ 58 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG

§ 80 Abs. 5 VwGO Leitsätze:

1. Ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht (mehr) statthaft, wenn sich der mit der Anfechtungsklage angegriffene Verwaltungsakt erledigt hat. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz) 2. Ein Ausländer genügt seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind (§ 50 Abs. 3 S. 1 AufenthG). Eine Rücküberstellung nach Deutschland im Rahmen eines Dublin-III-VO-Verfahrens zeigt, dass dem Antragsteller Einreise und Aufenthalt in dem anderen Mitgliedsstaat nicht erlaubt war. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

3. Im Rahmen der Erfüllung seiner Ausreisepflicht ist es dem Ausländer nicht unzumutbar, wenn sein Herkunftsland darauf besteht, seine Bereitschaft dazu auch zu bekunden und eine

„Freiwilligkeitserklärung“ abzugeben, die keine Loyalitätsbekundung gegenüber dem ausländischen Staat beinhaltet. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Passverfügung Iran, Keine Erledigung einer Passverfügung nach Ablauf der Frist für Beantragung eines Reisepasses, Weiterbestehen der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht nach unerlaubter Einreise und Aufenthalt in den Niederlanden, Weiterbestehen der vollziehbaren Ausreisepflicht während des Asylfolgeantragsverfahrens und eines sich nach Antragsablehnung anschließenden gerichtlichen

Eilverfahrens, „Freiwilligkeitserklärung“ gegenüber iranischer Auslandsvertretung vereinbar mit deutschem Recht, Mitwirkungspflicht, Anfechtungsklage

Fundstelle:

BeckRS 2017, 142284  

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens 3. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen eine Passverfügung und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die

Zwangsgeldandrohung.

2

Der Antragsteller ist iranischer Staatsangehöriger und arabischer Volkzugehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 14.01.2016 ohne Visum und Passpapiere erstmals in Bundesgebiet ein. Am 25.05.2016 stellte

(2)

er einen Asylantrag und konvertierte am 05.06.2016 vom Islam zum Christentum. Eine iranische

Geburtsurkunde im Original übergab er der Regierung von Oberfranken - Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) am 29.08.2016.

3

Mit Bescheid vom 23.01.2017, zugestellt am 24.01.2017, lehnte das Bundesamt für ... (Bundesamt) den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziff. 2), erkannte weder die Flüchtlingseigenschaft noch den subsidiären Schutzstatus zu (Ziff. 1 und 3), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen (Ziff. 4), forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, widrigenfalls ihm die Abschiebung in den Iran angedroht werde (Ziff. 5) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 6).

4

Der Bescheid wurde am 08.02.2017 bestandskräftig. Der Antragsteller, dessen Ausreisefrist am 24.02.2017 endete, war seit 20.02.2017 amtlich unbekannten Aufenthalts.

5

Zu einem nicht aktenkundigen Zeitpunkt reiste er ohne Visum und Ausweispapiere in die Niederlande ein und hielt sich dort auf. Am 31.08.2017 überstellten ihn die niederländischen Behörden im Vollzug der Dublin IIIVO auf dem Luftweg ins Bundesgebiet zurück. Nach seiner Wiedereinreise erhielt er eine bis 19.10.2017 befristete Duldungsbescheinigung.

6

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 14.09.2017 verpflichtete die ZAB den Antragsteller, bis zum 16.10.2017 unter Vorlage einer Kopie seiner Geburtsurkunde bei der zuständigen Auslandsvertretung des Iran die Ausstellung eines Reisepasses zu beantragen (Ziff. 1), gab ihm auf, bis spätestens 17.10.2017 eine Bestätigung der Antragstellung für den Reisepass, in der das Bearbeitungszeichen der Botschaft genannt werde, bei der ZAB vorzulegen (Ziff. 2), verpflichtete ihn, den ausgestellten Reisepass innerhalb von drei Werktagen bei der ZAB abzugeben (Ziff. 3), ordnete den Sofortvollzug der Ziffern 1, 2 und 3 des

Bescheides an (Ziff. 5) und drohte ihm für den Fall der nicht fristgemäßen Erfüllung der Verpflichtungen ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 300,00 EUR an (Ziff. 4).

7

Zur Begründung ihrer Anordnung berief sich die Behörde darauf, die Anordnung zur Beantragung eines Reisepasses seitens des vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers sei eine Maßnahme zur Förderung der Ausreise. Der Antragsteller habe das Dokument zu beantragen, um seiner Passpflicht zu genügen. Die Pflicht zur Vorlage einer Bescheinigung über die Antragstellung ergebe sich aus seiner Mitwirkungspflicht.

Zur Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen sei es erforderlich, dass der Antragsteller den erlangten Pass oder Passersatz der Behörde aushändige. Bei der vorzunehmenden Abwägung im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung überwiege das öffentliche Interesse an der Erfüllung der

Passpflicht und der Durchsetzung der Ausreisepflicht gegenüber dem Interesse des Antragstellers, seinen Aufenthalt ohne Pass in Deutschland fortzusetzen. Die eingeräumten Fristen seien angemessen. Der Sofortvollzug werde angeordnet, weil nicht hingenommen werden könne, dass der rechtswidrige und strafbare Aufenthalt des Antragstellers, der seit mehr als elf Monaten ausreisepflichtig und damit zur Beantragung eines Passes verpflichtet sei, bis zu einer noch nicht absehbaren gerichtlichen Klärung fortdauere und die Sozialkassen belaste. Das Zwangsgeld werde insbesondere auch deshalb angedroht, weil eine Ersatzvornahme wegen des persönlich zu stellenden Antrages ausscheide. Die Höhe des Zwangsgeldes bewege sich am unteren Rand des gesetzlich vorgesehenen Rahmens.

8

Am 20.09.2017 hat der Antragsteller zur Niederschrift der Rechtsantragstelle des Gerichts Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und beantragt, den Bescheid aufzuheben (Az. B 6 K 17.750).

9

Ebenfalls am 20.09.2017 hat der Antragsteller gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zur Niederschrift der Rechtsantragstelle beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

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10

Zur Begründung gab er an, er habe am 19.09.2017 einen Asylfolgeantrag gestellt. Da darüber noch nicht entschieden sei, sei er nicht vollziehbar ausreisepflichtig und deshalb nicht verpflichtet, einen Reisepass zu beantragen.

11

Am 21.09.2017 wurde der Antragsteller laut eines von ihm vorgelegten Arztbriefes in der Notaufnahme des Klinikums Bamberg behandelt. Darin heißt es, der Antragsteller habe in einem unbeobachteten Moment die Augen geöffnet und sich umgesehen, bevor er wieder in einen „Ganzkörperschmerzzustand“ verfallen sei.

Eine organische Ursache für die diagnostizierten Beschwerden (Bauchweh, Herzschmerzen und Suizidgedanken) habe sich nicht feststellen lassen.

12

Mit Bescheid vom 26.09.2017, zugestellt am 02.10.2017, lehnte das Bundesamt den Asylfolgeantrag als unzulässig ab. Auch seinen Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 23.01.2017 bezüglich der Feststellung der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG lehnte die Behörde ab. Dagegen erhob der Antragsteller am 02.10.2017 Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth (B 2 K 17.33171). Einen Antrag gemäß § 123 VwGO, das Bundesamt zu verpflichten, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass der Antragsteller für die Dauer des Asylverfahrens nicht abgeschoben werden dürfe, lehnte die zuständige Asylkammer des Gerichts mit Beschluss vom 17.10.2017 ab (Az. B 2 E 17.33170).

13

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag abzulehnen.

14

Zur Begründung wird ausgeführt, weil das Bundesamt es abgelehnt habe, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, sei der Antragsteller weiterhin vollziehbar ausreisepflichtig und deshalb verpflichtet, sich um einen Reisepass zu bemühen.

15

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

16

1. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 24.08.2017 gegen die Ziffern 1, 2, 3 und 5 des Bescheides vom 14.09.2017 wird abgelehnt.

17

a) Sofern der Antrag auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen Ziffer 1 i. V. m. Ziffer 5 des Bescheides gerichtet ist, ist er zulässig, aber unbegründet.

18

aa) Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft.

19

Ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht (mehr) statthaft, wenn sich der mit der Anfechtungsklage angegriffene Verwaltungsakt erledigt hat (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 80 Rn. 130). Die Erledigung eines Verwaltungsaktes tritt ein, wenn er nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (BVerwG, U. v. 14.12.2016 – 1 C 11/15 – InfAuslR 2017, 137/139 Rn. 29).

20

Dies zu Grunde gelegt, hat sich die Passverfügung in Ziffer 1 des Bescheides nicht erledigt. Zwar ist die in diesem Grundverwaltungsakt bestimmte Frist bis 16.10.2017 bereits abgelaufen. Die Frist diente jedoch der Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem die für sofort vollziehbar erklärte Anordnung, wie in Ziffer 4 angedroht, mittels Zwangsgeld zwangsweise durchgesetzt werden kann. Darüber hinaus will der Antragsgegner mit der Passverfügung die Durchsetzung der gesetzlichen Ausreisepflicht nach bestandskräftigem Abschluss des

(4)

Asylverfahrens vorbereiten. Dieser Zweck besteht auch nach dem 16.10.2017 unverändert fort (vgl. VG München, B. v. 27.03.2008 – M 24 S 08.208 – juris Rn.18f.).)

21

bb) Der Antrag ist jedoch unbegründet.

22

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage wiederherstellen, wenn die Klage aufgrund der besonderen Anordnung der sofortige Vollziehung von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht insbesondere eine summarische Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen und bei offenen Erfolgsaussichten das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs mit dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides abzuwägen.

23

Nach summarischer Prüfung erweist sich Ziffer 1 des Bescheides als rechtmäßig, so dass die dagegen gerichtete Anfechtungsklage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird.

24

Rechtsgrundlage der Passverfügung ist § 46 Abs. 1 AufenthG i. V. m. § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Gemäß

§ 46 Abs. 1 AufenthG kann die Ausländerbehörde gegenüber einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer Maßnahmen zur Förderung der Ausreise treffen. Nach

§ 48 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 AufenthG ist der Ausländer verpflichtet, an der Beschaffung des Identitätspapiers mitzuwirken, wenn er keinen gültigen Pass oder Passersatz besitzt.

25

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften sind gegeben.

26

Der Antragsteller ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vollziehbar ausreisepflichtig.

27

Der Antragsteller wurde vollziehbar ausreisepflichtig, nachdem das Bundesamt seinen Erstantrag abgelehnt hatte, diese Entscheidung am 08.02.2017 unanfechtbar geworden und damit seine Aufenthaltsgestattung erloschen war (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG, § 50 Abs. 1 AufenthG, § 58 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG).

28

Die Ausreisepflicht blieb trotz seiner Ausreise in die Niederlande und seinen anschließenden Aufenthalt bestehen und vollziehbar. Zwar hat der Antragsteller das Bundesgebiet tatsächlich verlassen. Ein Ausländer genügt seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union aber nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind (§ 50 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Wie die Rücküberstellung nach Deutschland im Rahmen eines Dublin-III-VO-Verfahrens gezeigt hat, war dem Antragsteller die Einreise und der Aufenthalt in den Niederlanden jedoch nicht erlaubt (vgl.

Graßhof/Tanneberger in BeckOKAuslR, Stand 01.08.2017, § 50 AufenthG Rn. 6).

29

Das Asylfolgeverfahren hat ebenfalls an der vollziehbaren Ausreisepflicht nichts geändert. Bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylfolgeantrag vom 20.09.2017 am 26.09.2017 bestand die vollziehbare Ausreisepflicht fort, war jedoch gemäß § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG kraft Gesetzes ausgesetzt (Funke-Kaiser in GK-AsylG, Stand Oktober 2017, § 71 AsylG Rn. 150). Gleiches galt entsprechend § 71 Abs. 4 Satz 1 AsylG i. V. m. § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG auch während des sich anschließenden gerichtlichen Eilverfahrens. Die Aussetzung bei weiterbestehender Ausreisepflicht endete jedoch mit dem Beschluss vom 17.10.2017, so dass der Antragsteller unter den von § 46 Abs. 1 AufenthG erfassten Personenkreis fällt.

30

Die getroffene Anordnung dient der Förderung seiner Ausreise. Die persönliche Antragstellung bei der iranische Auslandsvertretung kann von ihm verlangt werden, weil er keinen Pass oder Passersatz besitzt und deshalb verpflichtet ist, an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitzuwirken, auch wenn die

(5)

Beschaffung des Dokuments vor allem dazu dient, die Beendigung seines Aufenthalts zu ermöglichen und zu sichern (OVG Lüneburg, B. v. 27.09.2016 – 13 ME 155/16 – juris Rn. 9; Möller in Hofmann,

Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 48 AufenthG, Rn.30).

31

Darüber hinaus hat der Antragsgegner auch dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung entsprechend gehandelt und insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet.

32

Die Anordnung, bei der iranischen Auslandsvertretung unter Vorlage einer Kopie seiner Geburtsurkunde zum Nachweis der iranischen Staatsangehörigkeit einen Reisepass zu beantragen, ist geeignet, die Pflicht zur Beschaffung eines entsprechenden Identitätspapiers zu erfüllen. Denn die iranischen Behörden erteilen auf Antrag bei vollständig vorliegenden Unterlagen jedenfalls Passersatzpapiere. Die Anordnung ist erforderlich, weil der Antragsteller sich seit Monaten nicht um einen iranischen Reisepass bemüht hat.

33

Die Anordnung ist schließlich auch im engeren Sinne verhältnismäßig. Insbesondere ist es dem Antragsteller zuzumuten, im Rahmen der Beantragung eines Reisepasses die von der iranischen Auslandsvertretung zwingend geforderte Erklärung, dass er freiwillig in den Iran zurückkehren möchte, abzugeben.

34

Gemäß § 49 Abs. 2 Halbs. 2 AufenthG ist jeder Ausländer verpflichtet, die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, geforderten und mit dem deutschen Recht in Einklang stehenden Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben.

35

Zwar kann die Pflicht zur Abgabe der Erklärung im Rahmen der aufenthaltsrechtlichen Mitwirkungspflichten weder rechtlich erzwungen noch gegen den Willen des Ausländers durchgesetzt und deshalb strafrechtlich nicht sanktioniert werden (BVerwG, U. v. 10.11.2009 – 1 C 19.08 – BVerwGE 135, 219/223f. = NVwZ 2010, 918/919 jew. Rn. 17 m. w. N.)

36

Der Antragsgegner ist jedoch auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsrechts des Antragstellers aufenthaltsrechtlich nicht gehindert, die Antragstellung zu verlangen, auch wenn er gegenüber der Auslandsvertretung eine Freiwilligkeitserklärung abzugeben hat.

37

Der Antragsteller ist ausreisepflichtig und hatte das Bundesgebiet mit Ablauf der Ausreisefrist zu verlassen (§ 50 Abs. 2 AufenthG). Im Rahmen der Erfüllung seiner Ausreisepflicht ist es ihm nicht unzumutbar, wenn sein Herkunftsland darauf besteht, seine Bereitschaft dazu auch zu bekunden und eine

„Freiwilligkeitserklärung“ abzugeben, die keine Loyalitätsbekundung gegenüber dem iranischen Staat beinhaltet, selbst wenn eine Ausreise nicht seinem inneren Willen entspricht (BVerwG, U. v. 10.11.2009 – 1 C 19.08 – BVerwGE 135, 219/223 = NVwZ 2010, 918/918f. jew. Rn.14f.). Mit diesem von ihm geforderten Verhalten wird nicht in den unantastbaren Kernbereich seines Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i. V.

m. Art. 1 Abs. 1 GG eingegriffen, weil von ihm eine Handlung verlangt wird, die seinem Willen widerspricht (so aber für eine „Ehrenerklärung“ einer Malierin BSG, U. v. 30.10.2013 – B 7 AY 7/12 R – BSGE 114, 302/309 = InfAuslR 2015, 26/29 jew. Rn. 26-28). Denn vom Antragsteller wird lediglich verlangt, als

Ausdruck seiner Ausreisebemühungen eine Erklärung abzugeben. Dagegen wird er nicht gezwungen, einen entsprechenden Willen im Sinne eines „Heimreisewunsches“ zu bilden (OVG Berlin-Bbg, U. v. 15.02.2017 – OVG 3 B 9.16 – juris Rn. 30).

38

Wenn dem Antragsteller damit die Abgabe der Erklärung zuzumuten ist, steht der Anordnung auch nicht entgegen, dass sie nicht erzwungen werden kann. Auch wenn der Antragsteller die Anordnung nicht befolgt und sich weigert, sich zur freiwilligen Ausreise bereit zu erklären, ergeben sich daraus aufenthaltsrechtliche Konsequenzen: Dem Antragsteller ist zwar wegen der tatsächlichen Unmöglichkeit seiner Abschiebung weiterhin gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG eine Duldung zu erteilen. Es darf ihm aber weder die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt (§ 60 a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 AufenthG) noch eine Ausbildungsduldung erteilt werden (§ 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG). Der Erteilung einer

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Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG steht dann entgegen, dass er nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert ist (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG).

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Der Antragsteller ist weiter auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, bei der Auslandsvertretung vorzusprechen. Denn der Antragsteller hat nicht nachgewiesen, dass ihn seine gesundheitliche Verfassung hindert, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen. Daran ändert auch seinen Einlieferung ins Krankenhaus am 21.09.2017 nicht entgegen. Denn die Ausführungen in dem vorgelegten Arztbrief lassen erkennen, dass der Antragsteller eine akute Erkrankung nur vorgetäuscht hat.

40

b) Der Antrag ist weiter zulässig, aber unbegründet, soweit die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen Ziffern 2 und 3 i. V. m. Ziff. 5 des Bescheides begehrt wird. Denn der

Antragsgegner hat die Vorlage einer Bescheinigung über die Antragstellung zu Recht auf § 82 Abs. 2 Satz 1 AufenthG und die Vorlage des ausgestellten Passes auf § 46 Abs. 1 i. V. m. § 48 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gestützt.

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2. Auch der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 4 verfügte Zwangsgeldandrohung, die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO, Art.

21a Abs. 1 Satz 1 VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, ist zulässig, aber unbegründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß Art. 29, Art. 31 VwZVG liegen vor.

42

3. Als unterliegender Teil trägt der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Festsetzung des Streitwertes für die Passverfügung richtet sich nach § 63 Abs. 2 und 3, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG (hälftiger Regelstreitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes; vgl. VGH BW, B.

v. 10.07.2006 – 11 S 1228/06 – juris Rn.1f.).

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