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Gute Voraussetzungen für die Gründung neuer Unternehmen? Eine Analyse der Schweizer Regionen | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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43 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 7/8-2009

Regionale Unterschiede bei den Gründungsraten

Eine Betrachtung des Gründungsgesche- hens auf Ebene der 106 Mobilité-Spatiale- Regionen (MS-Regionen) verdeutlicht die regio nalen Unterschiede im Gründungsge- schehen. MS-Regionen weisen eine gewisse räumliche Homogenität auf und folgen dem Prinzip von Kleinarbeitsmarktgebieten mit funktionaler Orientierung auf Zentren. Um Schwankungen in einzelnen Jahren auszu- gleichen, werden hier die durchschnittlichen Werte der Jahre 1999 bis 2006 verwendet (vgl. Grafik 1). Die Raten variieren von 0,9 bis zu 10,4 Gründungen pro 1000 Erwerbs- personen. Der schweizerische Mittelwert liegt bei 2,5 Gründungen pro 1000 Erwerbsper- sonen. Die Regionen mit den höchsten Gründungsraten sind Zug (10,4), March (6,3), Lugano (5,3), Mendrisio (4,8), Zürich (4,5) und Nyon (4,2).

Aufgrund der stark unterschiedlichen Gründungsraten stellt sich die Frage, ob und welche Regionen bestimmte Bedingungen und strukturelle Merkmale aufweisen, die sich fördernd oder hemmend auf das Grün- dungsgeschehen auswirken.

Bestimmungsfaktoren des Gründungsgeschehens

In der Literatur ist etabliert, dass be- stimmte Faktoren einen signifikanten Ein- fluss auf das Gründungsgeschehen in Re- gionen ausüben. Dies sind a) nachfrageseitige Faktoren, b) angebotsseitige Faktoren und c) Urbanisations- und Lokalisationseffekte.

Nachfrageseitige Faktoren

Unternehmerische Gelegenheiten werden durch eine Nachfrage des Marktes nach Gü- tern und Dienstleistungen geschaffen. Daher kann angenommen werden, dass die Nach- frage der Bevölkerung nach neuen Produkten und Dienstleistungen einen Einfluss auf die Entstehung von Unternehmen hat. Bevölke- rungswachstum und steigende Wohlfahrt führen zu einer erhöhten Nachfrage. Diese drückt sich insbesondere durch individuali- sierte Konsumentenpräferenzen nach neuen und spezialisierten Gütern und Dienstlei- stungen aus. Zudem eröffnet sie potenziellen Unternehmern eine Vielzahl von Markt- nischen, die zunächst auf lokalen Märkten ihren Absatz finden. Gerade kleine Firmen sind aufgrund ihrer flexiblen Spezialisierung deutlich besser in der Lage, auf wechselnde Marktbedürfnisse nach innovativen Pro- dukten zu reagieren. Des Weiteren dienen insbesondere selbstständig Tätige – und so- mit überwiegend kleine Unternehmen – als Rollenmodelle. Angestellte in jungen und kleinen Firmen erhalten aus erster Hand und im direkten Kontakt Informationen, Hinder- nisse und Lösungen über den Gründungs- und Wachstumsprozess eines Unternehmens.

Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Angestellten von kleinen Betrieben ebenfalls zu Gründern bzw. Unternehmern werden.

Der Strukturwandel und der Übergang in eine Wissensgesellschaft werden durch das verstärkte Aufkommen unternehmensnaher Dienstleistungen belegt, wobei neue unter- nehmerische Möglichkeiten vor allem im kleinstrukturierten Dienstleistungsbereich ge schaffen werden. Unternehmensnahe Dienst leistungen weisen in der Regel eine kleine Firmengrösse auf und benötigen nur geringes Startkapital. Daher haben diese Fir- men niedrige Markteintrittsbarrieren, um eine neue Geschäftstätigkeit zu starten.

Angebotsseitige Faktoren

Angebotsseitige Faktoren stehen poten- ziellen Unternehmern zur Verfügung, damit diese neue Geschäftsmöglichkeiten umsetzen können. Das Angebot ergibt sich durch die regionale Bevölkerung und bezieht folglich Indikatoren wie die Bevölkerungsdichte, die Erwerbs- und Altersstruktur der Bevölke- rung, deren Humankapital sowie den Anteil

Gute Voraussetzungen für die Gründung neuer Unternehmen?

Eine Analyse der Schweizer Regionen

Prof. Dr. Franz Kronthaler

Professor für Volkswirt- schaftslehre und Statistik, Forschungs- stelle für Wirtschafts- politik, HTW Chur Katharina Becker

Schweizerisches Institut für Entrepreneurship, HTW Chur

Prof. Dr. Kerstin Wagner Professorin für Entrepre- neurship, Schweizerisches Institut für Entrepreneur- ship, HTW Chur

Neue und wachsende Unterneh­

men spielen eine wichtige Rolle für wirtschaftliche Entwicklung, Strukturwandel und Innova­

tionen. Allerdings gibt es regio­

nale Unterschiede in den Grün­

dungsaktivitäten, und räumliche Gegebenheiten nehmen Einfluss auf die Entstehung neuer Unter­

nehmen. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf unterschied­

liche strukturelle Merkmale und endogene Potenziale von Regi­

onen, welche die Entstehung neuer Unternehmen begünstigen oder hemmen können. Die vor­

liegende Studie1 ist ein Auszug des Gesamtprojekts «Gründungs­

barometer»2, das die Ursachen der Entstehung und des Wachs­

tums neuer Unternehmen auf regio naler und individueller Ebene untersucht.

1 Siehe auch: Wagner, K., Kronthaler, F. und Becker, K.

(2009): The Potential for New Venture Creation of Swiss Regions – A Comparison Based on Cluster Analysis. Dis- cussion Papers on Entrepreneurship and Innovation 2/2009, Swiss Institute for Entrepreneurship, Chur, Switzerland.

2 Das Gesamtprojekt wird von der Graubündner Kantonal- bank finanziell unterstützt und läuft von 2008 bis 2010.

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44 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 7/8-2009

Altersstruktur beeinflusst das Gründungsge- schehen in einer Region. Studien zeigen, dass sich Personen vor allem im Altersbereich Mitte 30 selbstständig machen und die Span- ne sich in der Regel zwischen 25 und 40 Jahre bewegt. Regionen, die eine höhere Anzahl an Personen in dieser Altersklasse haben, weisen höhere Gründungsaktivitäten auf.

Zudem können Effekte festgestellt werden, die in Beziehung zur Qualifikation und Er- fahrung potenzieller Gründer stehen. Es zeigt sich, dass eine höhere berufliche Bildung die Gründungswahrscheinlichkeit einer Person erhöht. Dennoch ist das Verhältnis zwischen beruflicher Qualifikation und Gründungs- wahrscheinlichkeit nicht linear. Diejenigen Personen, die eine hohe Praxis orientierung durch ihre Ausbildung (z.B. Meister, Fach- hochschulabsolventen etc.) aufweisen, neigen häufiger zur Gründung eines Unternehmens als klassische Akademiker. Auch die Zahl von Einwanderern in einer Region hat einen posi- tiven Effekt auf Gründungen. Indirekte Aus- wirkungen diesbezüglich ergeben sich auf- grund der Altersstruktur, da die Familien in der Regel jünger sind und mehrere Kinder haben. Sowohl die weniger qualifizierten als auch die hoch qualifizierten Immigranten machen sich häufiger selbstständig. Letztere sind insbesondere in technologieorientierte Gründungen involviert. Beide Gruppen brin- gen neue Ideen und verschiedene kulturelle Hintergründe mit und kreieren neue Ge- schäftsmöglichkeiten.

Lokalisationsvorteile

Die räumliche Konzentration von Unter- nehmen derselben Branche führt dazu, dass sich ein Arbeitsmarkt mit branchenspezi- fischen Fähigkeiten herausbildet. Unterneh- men profitieren davon u.a. durch Reduktion ihrer Such- und Ausbildungskosten. Für Arbeits kräfte bietet die Konzentration von Unternehmen den Vorteil, dass mehrere Un- ternehmen als potenzielle Arbeitgeber vor- handen sind und Fachkräfte nicht abwan- dern. So bestehen sowohl für Unternehmen als auch für Arbeitskräfte Anreize, sich an Orten mit bestehenden Konzentrationen von Unternehmen einer Branche anzusiedeln.

Auch Urbanisationsvorteile – d.h. Effekte aus der räumlichen Konzentration von Betrieben unterschiedlicher Branchenzugehörigkeit – wirken positiv auf das Gründungsgeschehen.

Je grösser eine Agglomeration, desto grösser ist auch die Vielfalt der dort angesiedelten Branchen. Hinter dieser Hypothese steht die Annahme, dass in urbanen Regionen in be- sonderer Weise ein Ideenaustausch über Branchengrenzen hinweg entsteht und Kom- binationen von neuen Problemlösungen so- wie Kooperationen ermöglicht werden.

an Einwanderern mit ein. Die variable Bevöl- kerungsdichte weist einen hohen Zusam- menhang zu verschiedenen anderen Faktoren – z.B. Marktnähe, Höhe der Löhne, Zugang zu Innovationen und Qualität der Infra- struktur – auf. Die Entstehung neuer Unter- nehmen in diesen Regionen signalisiert eine gewisse Standortattraktivität. Dies führt zur Ansiedlung weiterer Unternehmen, die von den Spillover-Effekten profitieren. Auch die

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1.6–2.0 2.1–2.5 2.6–3.0

N Zug

Chur Bern

Aarau Basel

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Sarnen Schwyz Luzern

Zürich

Herisau Liestal

Altdorf Delémont

Lausanne

Fribourg Neuchâtel

Frauenfeld St.Gallen Schaffhausen

Bis 1.5

4.1 und mehr Mittl. jährl. Gründungsrate, je 1000 Erwerbspersonen, 1999–2006

MS = Mobilité spatiale. Quelle: SIFE; BFS 2008 / Die Volkswirtschaft

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Cluster

N

MS = Mobilité spatiale. Quelle: SIFE; BFS 2008 / Die Volkswirtschaft

Grafik 1

Durchschnittliche Gründungsraten nach MS­Regionen, 1999–2006

Grafik 2

Cluster: MS­Regionen mit ähnlichen Gründungspotenzialen

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45 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 7/8-2009

beiden Regionen Basel und Zürich zusam- men. In Cluster B sind u.a. Bern, Freiburg, Lausanne, Neuenburg und die Agglomera

-

tion Zürich enthalten. Bei Cluster G und H handelt es sich um urbane und semi-peri- phere Regionen spezieller Ausprägung; ins- besondere Cluster H besteht nur aus der Re- gion Zug. Diese Regionen verfügen über ein überdurchschnittliches Gründungspotenzial und weisen lediglich hinsichtlich einzelner Indikatoren Schwächen auf. Die Schwächen bei den Clustern A und B liegen vor allem in einer unterdurchschnittlichen Ausprägung der vorhandenen Vorbilder für Unterneh- mensgründungen (Indikator selbstständig Beschäftigte). Sie sind gegebenenfalls gezielt über eine Stärkung der unternehmerischen Ausbildung an den vorhandenen Universi- täten zu beheben.

Von grösserer regionalpolitischer Bedeu- tung ist das Cluster C. In diesem Cluster be- finden sich einige (semi-periphere) Re gio- nen, die in das Wirkungsgebiet der Neuen Regionalpolitik (NRP)4 fallen, wie z.B. die Regionen Biel, Chur, Davos, Schaffhausen, St.Gallen. Dieses Cluster weist tendenziell ei- ne überdurchschnittliche Ausprägung hin- sichtlich des Gründungspotenzials auf.

Allerdings sind auch deutliche Schwächen auszumachen; sie liegen insbesondere in den fehlenden Vorbildern für Unternehmens- gründungen – angezeigt durch eine unter- durchschnittliche Ausprägung bei den Selbst- ständigen – und beim Anteil kleiner Unternehmen. Bei gegebenen Stärken bezüg- lich Arbeitskraft, Diversifizierung und jun- gen Personen scheint eine Optimierung der unternehmerischen Ausbildung durch exis- tierende Fachhochschulen (evtl. auch durch Gründungspotenziale in urbanen und

semi­peripheren Regionen

Zur Untersuchung regionaler Unter- schiede hinsichtlich des Gründungspoten- zials anhand der oben beschriebenen Bes- timmungsfaktoren wurde das Verfahren der Clusteranalyse verwendet. Dieses Verfahren ermöglicht es, Regionen mit ähnlichen Grün- dungspotenzialen zu Clustern zusammenzu- fassen und die Informationsvielfalt zu redu- zieren. Dadurch können die verschiedenen Regionen anhand der betrachteten Indika- toren miteinander verglichen und Stärken sowie Schwächen der einzelnen Cluster iden- tifiziert werden (zur Vorgehensweise siehe Kasten 1).

Die Clusteranalyse hat eine Aufteilung der MS-Regionen in zehn Cluster ergeben, die sich hinsichtlich ihres Gründungspotenzials unterscheiden (siehe Grafik 2). Die Betrach- tung der Cluster-Profile zeigt, dass insbeson- dere die Cluster A, B, G und H über ein ho- hes Gründungspotenzial verfügen. Cluster C weist ein leicht überdurchschnittliches und die anderen Cluster ein eher unterdurch- schnittliches Gründungspotenzial auf (siehe Tabelle 1). Ein wesentliches Ergebnis ist, dass in jenen Clustern, die ein überdurchschnitt- lich hohes Gründungspotenzial aufweisen, tatsächlich ein hohes Mass an Gründungs- aktivität nachgewiesen wurde.

Stärkung der unternehmerischen Ausbildung und Rollenmodelle

Cluster A und B bestehen überwiegend aus Agglomerationsräumen und urbanen Regionen. Dabei setzt sich Cluster A aus den

Kasten 1

Gründungsgeschehen in der Schweiz

Mit Hilfe der neu aufgebauten Statistik zur Unternehmensdemografie (Udemo) des Bun- desamtes für Statistik (BFS) ist es möglich, detaillierte Aussagen zur Dyna mik des Unter- nehmensbestandes sowie zum nationalen und regionalen Gründungsgeschehen zu treffen.

Eine Besonderheit der Udemo ist, dass nur effektive Neugründungen erfasst werden.

Darunter fallen keine Unternehmen, die z.B.

durch eine Fusion oder Besitzer wechsel ent- standen sind. Filialen werden nur erfasst, wenn es sich um die erste Filiale eines auslän- dischen Unternehmens in der Schweiz han- delt.

Um das Gründungsgeschehen zwischen den Kantonen und Regionen miteinander ver- gleichen zu können, stellt die absolute An- zahl der Gründungen keinen sinnvollen Indi- kator dar, da sich die Schweizer Kantone und Regionen hinsichtlich Erwerbspersonen, Ein- wohnerzahl und Grösse unter scheiden. Daher werden Grün dungs raten gebildet: Die abso- lute Gründungszahl wird auf eine relative Grösse bezogen, um eine regionale Vergleich- barkeit zu gewährleisten. Als geeignete Be- zugsgrösse wird hier die Anzahl der Erwerbs- personen verwendet (Arbeitsmarktansatz).

Die Erwerbspersonen (Erwerbstä tige plus Erwerbs lose) stellen das endogene Gründer- potenzial einer Region dar; denn neue Firmen werden in der Regel am Wohnort oder ehe- maligen Arbeitsort des Gründers gegründet.

Bevölkerungs­ Erwerbs­ Diversifi­ Alters­ Kleine Dienst­ Nachrichtlich:

dichte personen kation struktur Selbstständige Bildung Unternehmen Industrie leistungen Gründungsrate Post­ Unternehmen Unternehmen Unterneh­ Unterneh­

Erwerbs­ 25­ bis sekundärer bis 49 Mit­ im zweiten mensnahe mensgründun­

Einwohner/ personen/ Ausländer/ 40­Jährige/ Selbstständige/ Abschluss/ arbeiter/ Sektor/ Dienstleister/ gen/ Erwerbs­

Cluster Fläche Einwohner Einwohner Einwohner Einwohner Einwohnera Einwohner Einwohner Einwohner personen

A ++ nv ++ nv ++ ++ ++ ++ ++

B + + ++ + ++ ++ + +

C +/– + + + +/– + + +/–

D +/– +/– + +/–

E +/– – –

F – – ++ +/– – –

G nv + ++ ++ ++ – – ++ +

H + ++ + ++ ++ ++ ++ ++

I – – + +/– +/– + + +

J – – – – ++ ++ – – +/–

Tabelle 1

Eigenschaftsprofil der Cluster

Legende: + + = sehr positive, + = positive, +/- = durchschnittliche, - = negative, - - = sehr negative Ausprägung bzgl. des Gründungs- potenzials; nv: nicht vorhanden.

a Personen mit einem Abschluss einer Höheren Fachschule, Fachhochschule oder Universität.

Quelle: BFS / Die Volkswirtschaft

4 Das Wirkungsgebiet der Ausrichtung 1 (Stärkung von Unternehmertum, Innovationskraft, Wertschöpfung und Wettbewerb) der NRP umfasst Berggebiete, ländliche Räume und Grenzregionen.

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können. Vieles deutet darauf hin, dass die Förderinstrumente dort am effektivsten wir- ken, wo bereits Gründungspotenziale in ei- ner Region vorhanden sind. Insofern könnte es sinnvoll sein, die Zentren der Peripherie konsequent zu stärken und deren Schwächen und Hemmnisse für Unternehmertum zu minimieren.

Szenarien für das Gründungsgeschehen in der wirtschaftlichen Krise

Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung stellt sich die Frage, wie sich die Wirtschaftskrise auf die Gründungsdynamik auswirkt. Ein erster Vergleich der Handels- registereintragungen des Monats April 2009 mit den Zahlen des Vorjahres zeigt einen Rückgang um 15%. Betroffen sind insbeson- dere die ländlichen und peripheren Re gio- nen. Dieser Rückgang lässt sich dadurch er- klären, dass in der Boomphase der Jahre 2007 und 2008 Gründungen ermutigt wurden, da eine vermehrte Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen existierte. In der Regel sind diese Zeiten auch mit sehr guten Beschäfti- gungsmöglichkeiten verbunden, was viele potenzielle Gründer davon abhält, sich gegen das Angestelltenverhältnis und für eine Selbstständigkeit zu entscheiden.

Erfahrungen aus früheren Krisen zeigen indes, dass trotz – oder gerade wegen – der Rezession mehr Gründer den Weg in die Selbstständigkeit wagen. Denn zum einen unterstützen erhöhte Arbeitslosigkeit und ein Mangel an alternativen Beschäftigungs- möglichkeiten die Option Selbstständigkeit;

zum anderen ergeben sich in Rezessions- zeiten spezielle Möglichkeiten für Neustarts.

Krisen bringen immer Veränderungen – ins- besondere im Verbraucher- und Wettbe- werbsverhalten – mit sich. Gerade wenn eta- blierte Mitbewerber als Folge der Krise bereits angeschlagen sind, kann es für neue Unternehmen kurzfristig einfacher sein, sich auf den Märkten zu behaupten.

Auch wenn derzeit noch keine konkreten Anhaltspunkte für eine Trendwende auszu- machen sind, ist im laufenden Jahr durchaus noch eine Belebung des Gründungsgesche- hens – insbesondere mit Gründungen aus der Arbeitslosigkeit – möglich. Wie nachhal- tig und wachstumsorientiert diese Grün- dungen aber sind, bleibt abzuwarten. Sekundarschulen) angezeigt, um die vorhan-

denen Schwächen auszugleichen und gleich- zeitig das existierende Potenzial zu nutzen.

Die weiteren Cluster (D, E, F, I, J) verfü- gen über ein niedriges Gründungspotenzial, welches anhand der unterdurchschnittlichen Ausprägungen in den Variablen ersichtlich wird. Gleichzeitig besitzen aber auch diese Cluster verschiedene Stärken. Cluster I und J verfügen zum Beispiel über einen überdurch- schnittlich hohen Anteil an kleinen Unter- nehmen. Diese Cluster sollten auf ihre Stär- ken setzen und diese weiter ausbauen, anstatt vorhandene Schwächen auszugleichen.

Bis heute ist nur wenig untersucht, inwie- weit Regionen, welche von dem Instrument der NRP profitieren, auch tatsächlich Grün- dungspotenziale aufweisen. Die Regionalpo- litik zielt darauf ab, die Standortvorausset- zungen für unternehmerische Tätigkeit, Innovation und Wertschöpfung in Bergge- bieten, ländlichen Regionen und Grenzre- gionen zu verbessern. Regionen werden dann finanziell unterstützt, wenn sie aus eigener Kraft, d.h. mit ihren endogenen Potenzialen, Ideen entwickeln und Projekte auf die Beine stellen.

Die Ergebnisse werfen die Fragen auf, welche Implikationen dies für die Förderpo- litik von Unternehmertum hat und wo die Mittel am effektivsten eingesetzt werden

Kasten 2

Clusteranalyse – Vorgehen bei der Klassifikation der Regionen Die Klassifikation der MS-Regionen nach ihrem

Gründungspotenzial erfolgt mit dem Verfahren der Clusteranalyse.a Grundlage bildet eine Matrix mit den beobachteten MS-Regionen und den be- trachteten Indikatoren. Die Indikatoren der Daten matrix werden zunächst auf Korrelationen überprüft, da korrelierte Variablen die Ergebnisse verzerren können. Der nächste Schritt beinhaltet die Standardisierung der Indikatoren, um eine Gewichtung der Variablen aufgrund von unter- schiedlichen Skalenniveaus zu vermeiden.

Die anschliessende Berechnung der Cluster- struktur erfolgt mit dem Ward-Fusionierungsver- fahren, das zu den hierarchisch-agglomerativen Verfahren zählt. Fusionskriterium des Ward-Ver- fahrens ist – auf Basis der quadrierten eukli- dischen Distanz – das Varianzkriterium. Fusio- niert werden diejenigen Regionen, die die Streu- ungsquadratsumme innerhalb der Cluster am we- nigsten erhöhen. Bisherige Analysen haben ge- zeigt, dass das Ward-Verfahren im Vergleich zu anderen Clustertechniken sehr gute Ergebnisse liefert.b

Da bei den hierarchisch-agglomerativen Ver- fahren alle Cluster so lange fusioniert werden, bis nur noch ein Cluster vorhanden ist, besteht die Notwendigkeit, die optimale Anzahl von Gruppen zu ermitteln. Hierfür werden das Verschmel- zungsschema und das Ho mogenitätsmass ETAb verwendet. Insgesamt zeigt sich, dass zehn Clu-

ster eine gute Clusterstruktur ergeben. Die Zehn- Cluster-Lösung wird anschliessend mit Hilfe des partitionierenden Clusterverfahrens K-Means optimiert. Hierbei wird die ursprüngliche Cluster- lösung überprüft und Regionen werden neu ge- ordnet, wenn dies zu einer Verbesserung der Cluster lösung führt.

Zur Interpretation der Cluster hinsichtlich ihres Gründungspotenzials werden der F-Wert, der t-Wert und das arithmetische Mittel herange- zogen. Der F-Wert gibt Auskunft über die Homo- genität der gebildeten Gruppe. F-Werte kleiner als eins zeigen an, dass der Cluster in der ent- sprechenden Variablen homogen ist. Der t-Wert gibt Auskunft über die Ausprägung der Variablen im Cluster; t-Werte kleiner als null bedeuten, dass die Variable im Vergleich zur Grundgesamtheit unterrepräsentiert ist. Entsprechend bedeuten t- Werte grösser als null, dass die Variable im Ver- gleich zur Grundgesamtheit höher ausgeprägt ist.

Das arithmetische Mittel gibt zusätzlich Auskunft über die tatsächliche Ausprägung der Variablen in der ursprünglichen Skala.

a Ausführlicher beschrieben ist das Verfahren der Clusterana- lyse z. B. in Bacher, J.: Clusteranalyse, 2. Auflage. München 1996, und Backhaus, K. et al.: Multivariate Analysemetho- den, 11. Auflage. Berlin 2006, S. 489-555.

b Vgl. Backhaus, K. et al., a. a. O., S. 528.

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