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Fehlerrechnung mit Köpfchen

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Academic year: 2021

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Fehlerrechnung mit Köpfchen

Die Fehlerrechnung erfreut sich bei Studenten i.A. keiner großen Beliebtheit. Im besten Falle wird sie als notwendiges Übel angesehen. Ein wichtiger Grund dafür ist allerdings auch der, dass viel zu viel unnötiger Rechenaufwand getrieben wird und der Nutzen vernünftiger Fehlerabschätzungen nicht erkannt wird. Die folgenden Tips sollen dazu beitragen, dass die Fehlerrechnung einfacher und besser gelingt.

1. Relative Fehler nutzen!

. In der Praxis ist die Nutzung von relativen Fehlern von unschätzbarem Wert und sollte wann immer möglich genutzt werden.

Relative Fehler als Erleichterung der Fehlerfortpflanzung.

Es ist sehr einfach zu zeigen, dass für eine Funktion der Form f(x,y,z)=x^a*y^b*z^c gilt: (df/f)**2 = (a*dx/x)**2+(b*dy/y)**2+(c*dz/z)**2

Dabei sind a,b,c beliebige Potenzen (3/2, -4 ,…). Zu merken ist:

• Prozentuale Fehler werden quadratisch addiert

• Wenn ein prozentualer Fehlerbeitrag kleiner als 20% des größten Fehlers ist, dann kann er mit Sicherheit vernachlässigt werden, da er den Gesamtfehler nur noch zu 2% beeinflusst. ( Sqrt(1**2+0.2**2) =Sqrt(1.04)= 1.02).

• Geht eine Messgröße mit hoher Potenz in f ein, dann hat sie auch ein hohes Gewicht beim Fehlerbeitrag.

Beispiel aus dem Praktikum: Berechnet wird der Wert und Fehler von κ = Cp/CV = 4mV/(r**4 T**2 p)

aus den Messungen von Schwingungsdauer T, Masse m, Radius r, Volumen V und Druck p.

(dκ/κ)**2 = (dm/m)**2+(dV/V)**2+(4dr/r)**2 +(2dT/T)**2+(dp/p)**2

T wird aus einer Messreihe bestimmt mit einem prozentualen Fehler von etwa dT/T=0.005, der Fehlerbeitrag ist also 1% (2dT/T).

Die Werte von m,V und r sind vorgegeben zu m=(34,35± 0.002)g, V=(1342.4±0.6) cm**2 und r= (10.253±0.013) mm. Der Druck p wird auf 1 Promille gemessen. Ohne weitere

Rechnung ist sofort ersichtlich, dass p, m und V prozentuale Fehler von 1 Promille beitragen, also gegen den Fehlerbeitrag von T vernachlässigbar sind. Der relative Fehler von r ist zwar auch nur 1.3 Promille, er geht aber in den Fehler von κ mit dem Gewicht 4 ein, da κ von r**(-4) abhängt. Dieser Fehlerbeitrag ist daher 0.5 % und nicht vernachlässigbar.

Damit folgt: dκ/κ = SQRT( (2dT/T)**2+(4dr/r)**2)=Sqrt(.01*2+.005**2)= 0.012. Hier wurde die letzte Stelle aufgerundet.

Prozentuale Fehlerabschätzung zur Messplanung und Verbesserung des Experiments Das Beispiel aus dem Praktikum zeigt, wo die Schwachstellen des Experiments sind, wenn das Ziel eine präzise Messung von κ sein soll: Der Messaufwand muss in die bessere Bestimmung von T und r gesteckt werden. Es lohnt sich nicht, kleine Fehlerbeiträge noch kleiner zu machen!. Also könnte man daran denken längere Messreihen für T zu machen, da der Fehler von T für N Messungen mit 1/Sqrt(N) kleiner wird (Fehler des Mittelwerts). Der Gewinn geht allerdings nur mit der Wurzel. Es macht i.A. wenig Sinn 100 Messungen zu machen, dann wäre es schon besser die Messmethode von T zu verbessern, also den Fehler der Einzelmessung zu verringern.

(2)

Die Abschätzung prozentualer Fehler vor der Versuchsdurchführung hilft also ein Experiment optimal zu planen. Hierzu macht man u.U. vorher kleine Testmessungen um die

Fehlerbeiträge besser abschätzen zu können.

Beispiel aus dem Praktikum: gemessen wird die spezifische Wärmekapazität fester Körper mit einem Kalorimeter nach der Formel:

cx = mW*cW (TM –T2)/(mx*(T1-TM) ) (2)

Dabei werden die Massen mW und mx auf 1Promille mit der Waage gemessen und die Temperaturen Ti mit einem genauen Thermometer auf 0.5 Grad). Auf den ersten Blick ist die prozentuale Fehlerrechnung nicht anwendbar. Es hindert uns aber nichts daran die

Temperaturdifferenzen ∆T = (TM –T2) etc. als Messgrößen zu betrachten. Dann gilt:

d(∆T) = Sqrt(2 * 0.5**2)= 0.7 Grad . Die Temperaturdifferenzen sind typisch 15 Grad Æ d(∆T)/ ∆T = 0.7/10 = 0.07 also 7 %. Damit sind die Fehler der Massenmessungen

vernachlässigbar, es macht keinen Sinn eine Messreihe für die Massen zu machen.

Formel (2) zeigt, dass eine genaue Messung von cx möglichst große Temperaturdifferenzen erfordert, was im Praktikum aber nur begrenzt möglich ist, allerdings sollten beide

Temperaturdifferenzen möglichst gleich groß sein um den Fehler zu minimieren. Das heißt, dass die Wassermenge und der Probekörper x möglichst gleiche Wärmekapazität haben sollten.

2. Fehlerfortpflanzung bei komplizierten Formeln Nehmen wir an es soll eine Messgrösse

f(x) = 4x^2*sin(12*x**2)*exp(-2.5*x) (3)

aus der Messung von x bestimmt werden mit Fehler. Offensichtlich ist die

Standardfehlerfortpflanzung hier sehr mühsam. Sie sollten sich allerdings daran erinnern, was die Formel df(x) = df/dx* dx bedeutet: Sie ist nur eine lineare Näherung um die Werte von f(x+dx) und f(x-dx) abzuschätzen, und diese Näherung ist dazu häufig auch noch schlecht – sie gilt nur für sehr kleine Werte von dx. Es ist als viel sinnvoller in so einem Fall die Werte von f(x+dx) und f(x-dx) direkt auszurechnen. Dann ist dx_ =(f(x-dx)-f(x) und dx+ = f(x+dx)- f(x). Das Ergebnis wäre

f(x) = f(x) + dx+

- dx

Nur wenn beide Fehler etwa gleich sind sollte man ± dx schreiben und dafür den Mittelwert der beiden Fehlerabschätzungen nehmen. Das ist i.A. nur bei kleinen Fehlern so und kann sogar häufig zu groben Fehlern führen. Nehmen sie z.B. an, dass der Messwert zufällig nahe bei einem Extremwert der Funktion (3) liegt, dann liefert die Fehlerfortpflanzung den Fehler Null, weil die Ableitung Null ist. Bei großen Fehlern ist das offensichtlich Unsinn.

• Sie dürfen den Fehler immer durch Berechnung der Funktionswerte f(x+dx) und f(x- dx) berechnen. Das ist oft einfacher als die Fehlerfortpflanzung und auf jeden Fall zuverlässiger, insbesondere wenn sie einen programmierbaren Rechner zur Hand haben.

• Die Methode ist nicht auf eine Variable beschränkt, sie müssen die anderen Variablen nur jeweils auf ihren Mittelwert setzen.

• Die Nutzung dieses Tricks erlaubt auch eine erhebliche Ausweitung der Anwendung prozentualer Fehler.

Zum Abschluss noch ein in der Physik wohlbekanntes Beispiel, bei dem die Standard- Fehlerrechnung versagt:

(3)

In einem magnetischen Spektrometer wird der Impuls eines geladenen Teilchen aus der Sagitta des Kreisbogens bestimmt .

p = L**2/8s +s/2

Dabei ist L die Länge des Kreisbogens. Der Fehler der Sagitta ds ist durch die Genauigkeit des Spurdetektors bestimmt und sei z.B. 1 mm. Wenn der Impuls sehr groß wird, dann kann ds größer oder vergleichbar mit s sein, d.h. s-ds kann negativ werden, was praktisch heißt dass sich das Vorzeichen der elektrischen Ladung umkehrt und offensichtlich kann ein Impulswert ∞ nicht ausgeschlossen werden. Dagegen liefert s+ds einen kleineren Impuls.

Die Funktion p~1/s verhält sich bei der Fehlerfortpflanzung für große prozentuale Fehler offensichtlich extrem asymmetrisch und liefert für große Werte von ds/s kompletten Unsinn.

Hier hilft nur das Verfahren der direkten Funktionsberechnung und die Angabe asymmetrischer Fehler. Diese werden sie in vielen Publikationen finden.

Schlussbemerkung: Alles was bisher gesagt wurde gilt dann, wenn die statistischen

Messfehler dominieren. Dies ist bei Präzisionsexperimenten selten der Fall. Der Kampf mit systematischen Fehlern ist daher das eigentliche Problem der Experimentalphysiker. Dafür gibt es aber leider keine Patentrezepte

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