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Bemerk Hilgen über die phönikische Inschrilt
eines am 19. Januar 1855 nahe bei Sidon
gefundenen Königs-Sarkophag's.
\on E. RödlKer.
(Mit einer lilhographirlen Copie der Inschrift.)
Die Nacliriclit dass im Januar d. J, nalie bei Sidon ein Sar¬
kophag mit einer langen pbiinikischeu Insebrift gefunden worden
sei, kam zuerst an mich durch mündliche IVlittbeilung eines Freun¬
des, der mir sagte dass nach einem Artikel der Augsburger Allgem.
Zeitung Gtb.- Ruth Bunsen in Heidelberg eine Copie der Inschrift
erhalten und dem Prof. Dietrich in .Marburg zur Entzifferung und
lleurbeitung übergeben habe. Mit andern Dingen beschäftigt und
zufrieden damit, dass die Sacbe in so gute Hände gelegt wor¬
den, bemühte ich mich nicbt weiter in dieser Angelegenheit, und
selbst den Artikel der Allg. Zeitung ') verschaffte ich mir erst
am 26. Mai, nachdem mir einige Tage zuvor die Inschrift selbst
zu Gesicht gekommen war und mein vollstes Interesse in An¬
spruch genommen hatte. Icb erhielt u.imlich am 22. Mai von
Amerika aus eine Lithographie der Insebrift mit einer dazu ge¬
hörigen gedruckten Notiz uus dem 4. Bande der „Transaelions
of the .Albany Institute" (Albany 185.'>. 8.), und da ich in dieser
Zusendung die Aufforderung erkeonen musste, micb über die
Lesung und Deutung der Inschrift auszusprecben, und mir zu¬
gleich der Wunsch und die Gelegenbeit nabe gelegt war, eid so
wichtiges orientalisches Schriftdenkmal durch V ermittelung unsrer
Zeitschrift zu baldiger Kenntniss der Facbgenossen zu bringen,
so entschloss ich micb im Kinversländniss mit der Redaetion, die
Inschrift nach der mir vorliegenden Copie litbographiren zu lassen
und einige Bemerkungen Uber den Inhalt derselben beizufügen.
Mit diesen Bemerkungen beabsichtige ich weder einen voll¬
ständigen Commentar zu geben, wie wir einen solcben von Diet¬
rich erhalten werden, noch überhaupt der Arbeit meines gelebrten
Freundes , von welcber gewiss Ausgezeichnetes zu erwarten ist,
irgendwie vorzugreifen, und hätte ich es unler undern Cmständen
vorgezogen , meine Mittbeilung brieflich an Herrn l'rßf. Dietrich
gelangen zu lassen, wenn ich nicht bei meiner Stellung zur Re¬
daetion unserer Zeitscbrift aucb eine Verpflichtung gefühlt liätle, sie auf diesem Wege zu veröffentlichen.
1) Beibipe ZI. Nr. 115 der .Mlu. Zeil. 25. April 1855.
4 -.i
648 Rödiger, Remerkungen über die phönikische Inschrift
Die VOD dem Aibany Institute veröifeDtlichte und auf unserer
Tafel unverändert wiedcrliolte LitliograpLie ist einer Copie des
Hern Dr. C. V. A. Van Dyck (von der amerikaniscben Mission in
Syrien) entnommen. Das seiner Copie beigegebene Begleitungs¬
scbreiben, dat. Sidon, i6tb Feb. 1855, lautet: „Tbe enclosed
inscription wus discovered on tbe lid of a sarcophagus some tbree
weeks since, about a mile from tbis city. A man bad employed
several workmen in excavating, or ratber digging, trenches through
an ancient cemetery, in hope of finding concealed treasures; by
tbis means tbe sarcophagus was discovered. The material is
blue limestone, the upper or bead part is sculptured into the form
of a bust like the Egyptian mummy cases; the features are Egyp¬
tian perfectly, and tbe ibis is seen on the shoulders, the word
Misraim also occurs in the inscription, thus identifying the
Phoenician witb the Hamitic races. Tbe French and English
consuls are quurreling about their respective rights to this relic;
in the mean time it has been carefully reinterred until the matter
in dispute shall be settled. Tbe inscription being in the very
oldest Phoenician character is of a very ancient date. The first
line says: „„ln the 14tb year of Asmenag, kiug of tbe Sido-
nians, in the month Bel."" As yet we have not been able to
make out definitely anything more. The words Ashteroth and
Misraim occur in several places. This is the only Phoenician
inscription tbat bas been found in Phoenicia, and amounts to more
than all others-known. Gesenius, in his work on the remains
uf the Phoenician language, has gathered all that has been found
on coins and inscriptions, but tbe whole does not amount to a
small part of the present one. It is therefore of great value as
a relic of tbat nation, and the most careless observer can trace
our own alphabet up to these forms. It is also identical witb
tbe 'ancient Hebrew and Samaritan , in which tbe word of God
was preserved for so many ages."
Ich will auf die in dieser oft'enbar nach flüchtiger Ansicht
des Monuments und ohne genauere Kenntniss des jetzigen Stan¬
des der phönikischen Studien niedergeschriebenen Notiz aufge¬
stellten Behauptungen hier nicht eingehen, und nur bemerken,
duss icb das Wort Misraim in der Inschrift nicbt gefunden habe
und uuch den Königsnamen anders lese als der Verfasser.
Der oben erwäbnte Artikel der Allgem. Zeit, meldet Aehn¬
liches über die Auffindung des Denkmals. Der ganz unversehrte
Sarkophag aus schon polirtem schwärzlich - blauem Marmor stand
in einer schön ausgemauerten Gruft, der Deckel desselben zeigt,
in colossalen Dmrissen, das Brustbild eines äthiopisch oder abys-
sinisch aussehenden Mannes mit stumpfer Nase und dicken Lippen.
Diese Benachrichtigung rührt von Herrn Thomson her, einem
andern Mitglied der amerikanischen Mission, dem wir schon meh¬
rere wissenschaftliche Reiseberichte verdanken. Ueber den Inhalt
am 19. Jan, 1855 nahe bei Sidon gef. Königs-Sarkophags. 649
der Inschrift theilt der Artikel nach Dietrich's Entzifferung der
Thomson'schen Copie Folgendes mit: Der Mann des Sarkophags
und der Inschrift, in welcher er selbstredend eingeführt wird, ist
Aschumnezar, König der Sidonier, Sohn des Königs Tab-
nit, Köuigs der Sidonier, und Sohnessohn des Königs Aschum¬
nezar, Königs der Sidonier." Seine Mutter beisst „Amastoret,
Friesterin der Astarte", und mit dieser zusammen errichtete er
viele grosse Bauten und Anlagen in und um Sidon, „Zierden des
Reichs", darunter auch eine den Fluss Bostrenos (im Norden)
betreffende Wasserleitung. So Dietrich a. a. 0.
Das Denkmal ist schon darum von grossem Wertb, weil es
das erste seiner Art ist, welches im Mutterlande der Pböniker
ausgegraben wurde; denn ausser den in den Städten Phönikiens
geprägten Münzen und einem in Tyrus gefundenen skarabäen-
förmigen Siegelsteine ') gehören alle bis jetzt bekannt gewordenen
pbönikiscben Scbriftdenkmale Orten ausserhalb Phönikien an. Dazu
bietet diese Inschrift den umfassendsten zusammenhängenden Text
unter allen jetzt vorhandenen pbönikiscben Texten dar , er be¬
stebt aus 22 langen Zeilen , die zusammen 998 Bucbstaben ent¬
halten, wozu nocb in der ersten Zeile einige Zahlzeichen kommen.
Nur 4ie Inschrift von Marseille würde den Vorrang haben, wenn
sie nicht so starke Beschädigungen erlitten hätte, während an uns¬
rer sidonischen kaum ein einziger Buchstab fehlt; denn die offene
Stelle in der 13ten Zeile bildet keine Lücke, sondern soll nur
einen neuen Abschnitt des Textes bezeichnen, und die kleine
Schädigung in Z. 16 und 17 lässt höchstens einen einzigen
Bucbstaben vermissen '). Die .SchriftzUge sind schön und deut¬
lich, und würden, abgesehen etwa von nocb unbekannten oder
aus den verwandten Sprachen nicht leicht zu ermittelnden Wör¬
tern, der Lesung wenig Schwierigkeit entgegenstellen, wenn
nicht einige Buchstaben, namentlich n und i, aucb a, sich in der
Figur so nabe ständen , dass ibre Bestimmung hie und da leicht
Verlegenheit bereiten kann. Zudem ist die Inschrift, wie sie uns
jetzt vorliegt, keineswegs ganz fehlerfrei. Um vorläufig nur
einige augenfällige kleinere Fehler bemerklich zu macben, so
ist in Z. 14 zweimal das ^ in dem Worte a2i:£ unvollständig.
1) S. Ferd. Benary in Küline's Zeilsclirifl f. Münz-, Wappen- und Sie¬
gelkunde 3. Jahrg. 1843. S. 379 ff. und im Journ. asiat. 1844, April, auch J. Wilson the lands of the Bihie II. p. 769. Benary erfuhr später, dass der Stein in Tyrns gefunden worden, nicht in Beirut, weshalb er. das letzte Wort der Inschrift lieber »^jja 'esen wollte als Allein der Fundort kann bei einem Siegel nicbt maassgebend sein, der mittlere Buchstab ist eher M als JJ.
2) Herr Van Dyck meint, die Beschädigung sei durcb Aufbauen der Ar¬
beitsleute geschehen. Er sagt in einer Note: „In lines 16 and 17 a small scale has been chipped off. probably by a blow from tbe pickaxe of a work¬
man engaged digging."
(550 Rödiger, Bemerkungen über die phöniliische Inschrifti
Z. 15 ist für a^t^ ibo offenbar C2t:£ ^bn zu lesen, wie umge¬
kehrt Z. 13 -JDNS wahrscbeinlicb verschrieben ist für -[aj^i, ebenso
Z. 20 nn-i-' Vn fehlerhaft für nrec ( s. Z. 4 und 7), Z. 9
DlllO^i zu ändern in c:'"30'>1 nach Z. 21 , Z. 11 pjt-i in p^n
(das b mit zu langem unteren Scliaft und dadurch dem 3 gleich,
wie auch in "jba gegen Knde der ersten Zeile). Einiges konnte
auf schwankender oder ungenauer Aussprache beruhen, wie Z. 15
-1T»3'3TN statt'IT?:«-::» (Z. 1. 2. 13), ebenso nb^ einige Male
(Z. 7. 10. 20. 21) in demselben Zusammenhange wie anderswo
nbn (Z. 5. 7. 21). .
In wie weit diese Fehler und UngleicbheitLu scbon im Ori¬
ginal sich finden, oder auf Rechnung der uns vorliegenden Copie
zu setzen sind, wird sich erst später aus näherer Vergleichung
mit der Tboinsou'scben Copie und am sichersten uus wiederholter
Betrachtung des Monuments selbst ergeben. Wie die Sachen
jetzt liegen, dürfte man kein Bedenken tragen, einige Stellen des
Textes nacli Conjectur zu ändern; ich. gestehe aber gern ein,
dass mich diese .Ahnung von Fehlern in der mir vorliegenden
Abschrift in Bctrell' der Lesung und Deutung des Textes" mehr¬
fach gestört und unsicher gemaclit bat. Ich beschränke mich
daher vorläufig auf das, was ich mit einiger Sicberbeit zuwiesen
glaube, nm s>o mehr, da ich von der wolil bald erscheinenden
Arbeit Dietrich's für die glückliche Kntzlllerung und gründliche
Erörterung des Ganzen das Beste hoffe.
Die Fassung der Inschrift ist die, dass der König selbst,
für dessen Sarkophag sie bestimmt war, redend eingeführt wird,
und es liegt kein Grund vor daran zu zweifeln, dass sie diese
Fassung nach seinem Willen und auf seinen Befehl erhielt, dass
wir also wirklich darin seine eignen Worte lesen '). Sie datirt
aus seinem Uten Regierungsjahre. Nach diesem Datum und dor
Nennung seines Namens sagt er, dass er in diesem Grabmal,
dus er selbst erbaute, im-Tode schlafen werde. Weiter spricht
er in nachdrücklichen Worten einen Fluch aus über den .Men¬
schen, wer CS auch sei, der sich unterstellen wiirde, diese seine
Gruft zu öffnen oder seinen Leicbnam anziitaslen. Von der Mitte
der 13ten Zeile folgt ein neuer Abschnitt, worin der König er¬
wähnt, wie er im Aerefn mit seiner Mutter, die eine Priesterin
der Astarte war, sein Land mit Bauten geziert habe, besonders
mit Tempeln für die (iöttcr. Endlicb iu den drei letzten Zeilen
die Wiederholung jenes Fluches.
Die. beiden ersten ZpIIom .sind sehr deutlich: njüja b3 nTa'
p'' Y- - Tf-'-'^»^''* "'-'2 ■'3b':b A^Wl , i-msi -iD?
'3 -i73Nb 021^ -'-'o -^-i-JV^'C» Iba liT Dz-i:i ^ba r33r d. i. Im
Monal Bul im Jahre vieneim XHIi meiner Regierung, des ttönigs
1) Line lirabschrirt in solcher t'iissung ist ■/.. lj. nuch Cit. U.
ines am 19. Jan. 1855 nahe bei Sidon gef. A'önigs-Sarkophags. 05 l
Esmanazar , Künigs der Sidonier, des Sohnes des Königs Tabnit,
Königs der Sidonier : es redete der König Esmunazar, der König der
Sidonier, indem er sprach u. s. w.
Die ersten beiden Worte stellen ganz eben so geschrieben
1 Kön. 6, 38: 'rl= tm war aueh bei den Hebräern in der
älteren Zeit Name eines Monats, und zwar des achten Monats
im Jabre (s. die angef. Stelle), der hei den neueren Juden lliari-ia
heisst. Der Alex, übersetzt jene Worte durch h ftryt' TiauX
(mehrere jüngere Hss. und die Aldina ßa«X, nur die Com|il. Bovl);
doch wenn auch die Möglichkeit wäre, dass der Monat dem Baal
seinen Namen verdankte, so ist doch die Form b^3 des masoretischen
Textes nebst der gewöhnlichen Deutung derselben schon darum zu
billigen, weil auch die andern uns überlieferten Benennungen alt-
hebräischer Monate wie Tl , n"':n''Nn n-i-; und n^aNn mn appclla- tivisch sind. — 5a"iNi "iDS"] eigenthümlich phönik,' = hebr. yaiN
niiöS , wie yaüJT siebzehn in der Numid. Inschrift Nr. 27 bei
Bourgade und vermuthlicb ^.'^iv fünfzehn Numid. 7 bei Geseu.
Taf. 26. In allen übrigen semit. Sprachen gebt in den Zahlwörtern
für 11 bis 19 die kleinere Zahl voran; doch ist die Verbindung
durch 1 uicht ganz unerhört: zwar mag das ä^xi-cj bei
Herbin developpemens p. 43 auf Irrung beruhen, aber auf einer
Münze von Bukhara steht j.ci.c5 ,^lX=>I (Frähn recens. p. 130)
und auf einer andern 5^-^.1:5 ,.,[»3 (ebend. p. 431). — Hinter dem
Zahlwort stehen noch die Zahlzeichen, wie in Massil. Z. 3:
.n")U)y d. i. zelm X , und ähnlich auf den assyriseb - pbunik.
Gewichten bei Layard. Diese Zahlzeichen haben die gewöhnliche
Form; doch ist der letzte der vier Kiner schräg gelegt und oben
mit einem Haken versehen (wodurch er einem 5 ähnlich wird),
vielleicht nur um die Ziffergruppe gegen das Folgende abzu¬
schliessen, wie ich Entsprechendes in der Mitle der 1. Zeile der
Cit. 1 zu bemerken glaube , wo der letzte von sieben Kinern,
auf welche dann das Wort "^bab folgt, ebenfalls umgelegt ist. —
Den Namen des Königs darf man nicht Asmunag lesen mit Vau
Dyck, der die zwei letzten dazu gehörigen Buchstaben da¬
von trennte, auch lese ich ihn nicbt Aschumnezar, wie in dem
Art. der Allg. Zeitung steht, sondern -»TfsaiDN Esmunazar zu¬
sammengesetzt aus dem bekannten Namen deS Achten der Ka¬
biren-Reibe Ksmun (wie in ia\23Nna», ]att)N13, ]n''373CN, ^nJOlüN,
obiTjauJN) und "Its, nach Analogie des biblischen irybs«, oder al¬
lenfalls Esmuniazr nach ityibN , njsv, vgl. -iTyn-ijpbio Cit. 16,
BaXidt^uQog = -iTSbT3. Denselben Namen 'iTyjaiTN erkenne icb
jetzt in Cit. 35, wo ich früher TSrJW las iin Ross' Hellcnicu
I. H. 2. Halle 1846. S. 120), und in Cit. 17. Das vorletzte
Zeichen ist ein t, nicht \ S,o durchweg iu dieser sidonischen
Inschrift in diesem Namen, der öfter wiederkehrt ( Z. 2. 13. 14.
15), und in undern Wörtern, z. B. yiT (Z. 8 11. 22), t (^ hebr.
652 Rödiger, Bemerkungen über die phönikische Inschriß
-IT, Z. 3. 4. 6, 7. 8 u. 8. w.), nbTJ3 (Z. 2. 12), während
diiis "< hier überall eine andere Figur hat. Jene Gestalt des t
findet sich auch sonst sicber, wie in bsa'nty Asdrubal Carth. 15
bei Judas Taf. 9, in Cit. 15, wo ich io den beiden letzten Zei¬
len bTia 103 „fusor ferri" lese. Ganz nahe verwandt ist die
Figur des t in der Marseiller Insebrift z. B, in nST Z. 4. 8.
12. 15. 17. 21, TS Z. 7 '). — Also: Esmunazar, Sohn des Kö¬
nigs Tabnil. So liest Dietrich den Namen n33r. Im Hebr. be¬
deutet niaan Bau, und Modell eines Bau's, Muster, Form, Bild,
thuiv, was als Personenname wohl denkbar ist. Icb batte zuerst
an n3:n (Einsicht) gedacht, vgl. den kenaanitischen Namen —
^at reden hat sich schon sonst in pbönikiscben Texten gefunden,
vgl. ^3-l3T' Z. 6 und das punische sidobrim und duberilh bei
Plautus, aber zum ersten Male erscheint hier hinterher das uns
so geläufige nbNlb.
Nach diesem laNb folgt als letztes Wort der 2. Zeile rbt«,
ein Perfect Niph. vom Stamme bta hebr. rauben mit Acc. der
Sache, aber auch berauben mit Acc. der P., woran sich die hier
nöthige pass. Bedeutung des Niph. anscbliesst: ich bin beraubt
worden, oder: sie isl beraubt worden. Im erstern Falle würden die
näcbsten Worte zu Anf. Z. 3 das Object bilden : D-'SO D33 ""n^ba niTtta vielleicbt: meiner Gemahlin ('nyba für Nlbya), .... rüstiger Söhne (D'ITNa eigentl. gegürtete d. i. kampfbereite, kampffähige,
vgl. atjia'■'S^bn Jes. 15, 4 = 'a ••n'ir! Jer. 48, 41, syr.
accinctus ad opus, alacer, auch sagax, nach Bar Bahlul =
Da indessen so vor D33 die Copula kaum fehlen würde, so ist
nbTa: wohl eher Fem. der 3. P. und Tisba Subj. : beraubt wurde
meine Galtin der Söhne. In beiden Fällen hätte das Passiv einen
Acc. bei sicb, was die Construction von bta (privare, aliquem ali¬
qua re) mit doppeltem .Acc. voraussetzt, wie sie in der Miscbna
z. B. Baba niezia 4, 7 vorkommt. Das erste Prädicat der Söhne
0^30 (etwa Q'DP auszusprechen) wage icb nicht zu deuten, zumal
1) Dagegen kann ich in derselhen Insehr. Z. 6 Mitte in den beiden neben einander stehenden dem f ganz ähnlichen Zeichen nur das Zahlzeichen für 20 seben. Es steht nämlicb auch dort (vgl. oben) die Zahl erst in Worten ausgedrückt Öfflani rNX) dahinter die entsprecbenden Zahlzeichen. Das Zeichen fiir 100 isl zwar in der dort stehenden Form ( vollständig nur in Munk's Facsimile) bisher noch nicht weiter bekannt, aber es hat mit den bekannten Formen wenigslens den rechts stehenden Einheitsstrich gemein, und die 50 (ausgedrückt durch 20 -f- 20 -|- 10, ganz wie auf den Münzen) ist meines Eracbtens so unverkennbar, dass nichts übrig bleibt als jenes Zeicben rür 100 zu nehmen. Die gewühnlieh für diese Stelle beliebte Annahme des Gewichts j!]t fällt hiernach ganz weg. — Ich sehe so eben, dass schon Saulcy jene Zilfergruppe richtig bestimiÄt hat. Es kommen auch noch an¬
derswo in der Massil. Zilfern vor, wo man wohl Knrhstabcn oder auch — nichts gelesen hut.
eines am 19. Jan. 1855 nahe beiSidon gef. Königs-Savkophags. 653
unten Z. 20—21, wo die ganze Phrase sich wiederholt, O'^SbO
dafür steht, so dass hier oder dort ein Fehler zu vermuthen ist. —
Die hierauf folgenden Worte nab« ]a D.T^ haben unten Z. 21
noch hinter sich: vereinsamt, ein Sohn der Verlassenheit bin
ich (hebr. Dh;, und ]3 mit einem Subst. nab« von Dbä<).
Hieran scbliesst sich passend an: Tiapai Trbna "j:« asttJI
n^bJ:» ba VS^p n:a icn Dpaa' und ich lege mich schlafen
{T^iK aDiai ) in diesem Sarg und in diesem Grabe, an dem Platze,
den ich selbsl gebaut mit dem ganzen Reiche, n^n von bbn ,
perforavit, eig. Höhle, wie pi:^*» scissura, rima, crypta, ^xb^Qjj
foramen, cavitas , iili» foramen, IBS nibn» Jes. 2, 19s von der
Grabhöble, Gruft, wie hebr. "ii3 und nniC, syr. fovea Ephr.
III, 282. F. u. a. , und hier vielmehr wegen Z. 5 und 21 der
Sarkophag. — Das diesem und dem nächsten " Worte hinzuge¬
fügte T ist das Demonstrativ-Pronomen = hebr. Tty oder :iT, so
dem Nomen nachschlagend und ohne Artikel in der Aliscbna' (z. B.
nT irsn dieses Fenster Maccoth 1, 9, ^it p"!! dieses Kraut Baba
mez. 10, 6, fiT no Menachoth 11, 10 u. a. s. Geiger Lehrb.
z. Spr. d. Mischna S. 36. Movers Phön. Texte I. 61), im A, T.
nur etwa ^1 niin Ps. 12, 8, punisch wiocom sylh bei Plaut, und
} ]aN dieser Stein öfter in den pun. Inschriften, in unsrem Texte
t aDttja Z. 4. 6. 7. 8. 10. 21. — -a^p hinter der 1. P. des
Verbi n:a ist wohl nichts anders als das syr. , .<£>n i n ich selbst,
eig. meine Person, vgl. ^a^^) l^axc die Person des Köoigs
Ephr. 1, 380. D, und ebend. 370. Z. 25: ^jojj oiiDOXC» wofiir
Z. 28 ftOfi rn M<^t Davids Person, zur Umschreibung von ipse
,Vrti-v y j. ^1 ego ipse airog iyw Röm. 9, 3. Es kehrt ebenso
unten Z. 20 wieder. Dort folgen aucb, wie hier, die Worte nN
nabaü ba mit dem ganzen Reiche (sofern im Könige das ganze
Reicb mit befasst ist). Ich übersetzte anfänglich: %ls ein Zei¬
cben (Monument, nc< ) für das ganze Reich: was aber Z. 20 kaum
passen würde.
Nun der Fluch über den Verletzer des Grabmals von der
Mitte der 4. Z. an: 'a ffipa'' bN*1 TaSIDÜ n"iN nnO'' b« OIN bai
und kein Mensch öffne diese Ruheställe, und suche nichl u. s. w.
DIN Mensch muss im Phönik. ein ebenso gangbares Wort ge¬
wesen sein wie im Hebr., was schon aus der Mars, inscbr. Z. 14.
16. 17 zu ersehen war. Die Wortstellung ähnlich wie 2 Mos.
34, 3: 'nn^j-baa N^I'.-bN uJin, 2 Kön. 23, 18: »3;-bN uj"«N
l'nfcas-nN. — ' rriN Accusativ-Partikel - bebr. nN,'bei Plautl
ylh, 80 hier immer Z. 5. 7. 10. 11. 15. 16. 19. 21, dagegen ntt
054 Rödiger, Bemerkungen über die phönikische Inschriß
mü ( s. oben ) und bei Z. 8. — 33'^?: von der Ruhestätte im
Grabe nuch Cit. 2 Z. 2.
Ueber die dem lüpa' ri* sich anscliliessende Stelle 'joa:a;3
Dajaaaau; kann ich meine noch scbwacben Vermutbungen nicht
preis geben. Demnächst Mitte Z. 5: 'aDUJa nbn n-N «aj' b«
er nelime niclu weg den Sarg meiner Ruhesliille. Niü'i von Ni':
tollere. Ueber nbn s. zu Z. 3. — Es folgt: 'is'^üy^ bt<i
■'Sia 32U5a nby T33\ta3 allenfalls so zu übersetzen: und nicht
belaste er mich in dieser Rulicstiilte mit einem zweilen Sarge, Das
in der nur noch im Hebr. vorhandenen Bed. aufladen, belasten
(Massil. Z. 13 heisst es darbringen, vom Opfer), und zwar constr.
mit dopp. Acc. der P. und der Sacbe (nach dem Hehr, erwartet
man eher* eine Construction mit bs) ; nbs aber muss, wie deut¬
licher noch aus Z. 7. 10. 20. 21 erhellt, für rbn steben, welche
Verwechselung von s und n in demN13' = mn und lBas = Ujan
der jüngeren punischen Inschriften so gewöhnlich wird, 33113a nbn
Sarg der (Grabesruhe s. v. a. das einfache nbn. Die Meinung
des (Königs wäre, dass er in dem von ibm gebauten Grabmale
allein ruhen wolle. Dies ist nicht undenkbar, hat aber docb
Befremdliches. Ich' schlage vor, 'iU) in ■<^u; zu verändern, wie
zu Anf. Z. 11 sicherlich nn in nbn zu ändern ist; so liesse
sich erklären : und niclU belästige cr mich in dieser Ruheslüne, die¬
sem meinem Ruhe-Sarg, die letztem Worte in Apposition zum Vo¬
rigen, wo man dann besser begreift, dass dieselben in der Wie-
derliolung dieser Stelle Z. 7 f. und Z. 21 wegbleiben konnten,
ich glaube aber ferner nocb, dass ]oay für ^oan-' zu nehmen
ist von Dan gewaltsam behandeln, so dass die Constr. mit dem
Acc. ganz in der Ordnung ist.
Der Rest der 6. Z. (mit Ausnahme des letzten Buchstaben i,
womit ein neuer Salz beginnt) soll offenbar besagen: Und wenn
dich die Leute zur Verletzung des Grabes bereden wollen, so höre
nicht uuf sie: rsbaa b33 DD13 sau5n bx ']2^.'2i ^■q Uta dn V]h
und wenn irgend jemand dir (davon) redet, so höre nichl auf ihren
Ruf, wie das ganze Reich (d. b. wohl: wie die andern Bürger des
Staats auch nicht thun ). Bei der angenommenen Worttbeilung
wäre afs Pron. indef. gebraucht und dem Subst. nachgesetzt
■■a DIN, was im Hebr. nur bei m2 vorkommt in na-'IST 4 Mos.
23, 3, und "j:-'3T relat. Pf. gegenüber dem Jussiv samn, übri¬
gens 131 mit dem Acc. d. P. (1 Mos. 37, 4,. — D2n3 von ]zi
entw. von üiiermütliigem Schreien, oder nach dem Chald. mussi-
(are, von Einflüsterungen.
Der nächste längere Sutz, der mit dem i am Schlüsse der 6. Z.
beginnt, lautet: n-'.v N'Ji U3N DN T3Dca nbs nno'» oin jdi
DN01 nN DDUja Db p'* bN t 3DU3''a3- jaasi iün dn '3Du;a nbn
''1 Dsnnn'' p Ob pi bNi -I3p3 isp-» bNi d. i. und es ge¬
schieht, ein Mensch, der da öffnet diesen Sarg dor Ruhe, sei es der
wegnimmt meinen Ruhe - Sarg, oder der mich belästigt in dieser Ruhe-
eines am 19. ./an. 1855 nahe bei Sidon gef. k'önigs-Sarkophags. G55
Ställe, solchen soll keine Ruhestätte werden bei den Schallen, und er
soll nicht begraben werden in einem Grabe, und nichl soll ihnen
werden Solm und Nachkommenschaft an ihrer Statt u. s. w. Vieles
ist hier aus dem Obigen wiederliolt, und leicbt zu seben, dass
in DHN der mittlere Bucbstab ein t sein muss, obwohl die Zeich¬
nung entschieden ein a darbietet. — ]ai ist schwerlich = hebr.
pi, sondern vielmehr pi = hebr. n;-i. Dass ]D mitdem Impf,
p-i im Phönik. das gebräuchliche Verb, subst. ist, wie im
Arab., wurde durch den Text der Massil. einleuchtend und be¬
stätigt sich weiter durch unsre .Sidonische Inschrift. — In Be¬
ziehung auf das collective Galtungswort stehen im Folgenden
theils Singulare, wie "ia;;' , theils Plurale in den Suffixen von
fijonn u. a., ebenso in dem noch Öfter wiederkehrenden üb, doch
wohl = h. onb, -iTzb , da phönik. d — als Suffix der 3. Plur.
beim Nomen und Verbum schon uach obp und oaiai in Melit. 1.
wahrscheinlich ist. .Sonst könnte man hier eine monumentale Be¬
stätigung des von Lindeinnnn, Fwuld und Movers in binim u. s. w,
bei Plautus erkannten Singular- Suffixes im finden. Dieselbe
Bemerkung trilft auch das D:'^a Z 9 und mehrere auf |irnncinii-
nales S ausgehende Wörter im Folgenden (Z. 9. II. 19. 21.22;.
Doch lassen wir einstweilen den Plural gelten, der wenigstens
nirgends hier ganz unstatthaft isf, bis vielleicht ein anderes Mo¬
nument die volle Entscheidung bringt; denn nuch der Beweis, den
Ewald dafiir aus Z. 5. der .Massil. abgeleitet bat (s. dessen Abhandl.
Uher jene Insebrift S-. 12 f.), scheint mir nuch nicht Uber alle
Zweifel erhaben. — DNE") ns bei den Schallen. Vgl. die frei¬
lich im abschreckenden Tone geschriebenen Worte: D''NDT bnpa
rt?:"' Prov. 21, Ifi. Die pbönikiscben ONet sind also nun sicher
gefunden, und Böttcher (de inferis. §. 554. 556) wird sie nicbt
mehr am unrechten Orte zu suchen brauchen. — D:nnn an ihrer
Statt (die ibre Stelle im Leben einnehmen könnten) =r hebr.
Dnnn (vgl. nsrinn), also mit Pluralsuffix, wenu uicht auch ö: —
sing, sein soll.
Das nächste VVort (liinter Djnn^i Z. 9) müsste man on'iD'l
lesen, aber aus der Wiederholung am Ende der 21 Z. entnehme
ich die richtige Lesart: D\i;ipn D:bNni crTJO^l und mögen die
heiligen Gölter sie ausliefern (^preisgeben), im .Sinne von mn^
D'l'aCn 5 Mus. 32, 30, nach hebr. Aussjirachc D:"13D^1. — Da':N
Göller, ebenso Z. 16 und 22. So werden also, scbeint es, auch
die alonim ualonulh des Poenulus n]bN1 D:bN zu schreiben sein,
nicht, wie bisher gesebeben, nibST D:bs oder nrbsi D^'bj". Der
Sing, ist nach Z. 18 ]bN (doch s. dort die Anm.), und das Wort
gehört wohl eber zu bN , als zu 1'"'^^, wenn aucb n für S nach
dem obigen nbs für nbn nicht unerhört wäre. Das Beiwort wie
in T'ttj-'-ip rnbN Dan. 4, 5 f., d'uHp Hos. 12, I u. a.
Das Folgende weiss ich noch nichl sicber zu deuten, einiges
will ich der Kürze wegen durch bebr. Puuetation andeuten : bn«
656 Bemerkungen über die phönikischen Inschrift,
nabaa it^n orrs'^p?« 73 b«a xna nas rfba, was den Sion
Laben möcbte, dass bei ihnen (unter ihnen) ein starker König auf¬
kommen soll, der über sie ( ]3 = h. 02 ?) herrschen wird, über sie
insgesammt (ornspba ähnlich wie hebr. Ma)?«, iM^ipn«) und über
das Reich. Aber die Construction kann ich mir nicht zurecht
legen.
Er bebt nochmals an: ÖN raaiCM nb» nns« 123N NU OIN HN
p'» b« nana oin dn Nn nbn 05>1T n-iN ]T nsn" n^N nuj' ibm
nbras ^3Na cau) nnn D'na lum bsab la'^i oab lunia ob
*73N nabN p oni DITNa D''Db"0 o;a in»ba wenn ein Mensch da
isl (Nn ein Pron. = b. NW, oder Adv. loci), der diesen Sarg
der Ruhe öffnet, oder der diesen Sarg (n3n verschrieben für nbn,
]t wie sonst in dieser Verbindung 1) wegnimmt wenn ein
Mensch . . ., solche sollen keine Wurzel haben nach unten noch Frucht nach oben, und verßuchl (sollen sie) seyn so lange sie leben unler der
Sonne, so wie ich erbarmungswürdiger (]n3), dessen Gallin beraubt
wurde u. s. w., wie Z. 3. Die zweite kleine Lücke, die ich in
der Uebersetzung gelassen, lässt sich vielleicht mit Hülfe der
letzten Zeile füllen, wo nawa wiederkehrt (anders wobl als Massil.
Z. 17). Die darauf folgenden Worte erinnern sogleich an Jes.
37, 31: tnbsa!; ^nc nitsi f^tsab ©-jii: neo;,-]. Statt i-^e steht
hier 13 Getreide/ruc/il , wenn es nicht etwa verschrieben ist, und
bS>ab habe ich unbedenklich statt bsas gesetzt. iNm könnte man
iNn"' aussprechen, aber es fehlt dann ein Subject (D\Bp3?).
' in der Mitte der 13. Z. beginnt ein neuer Abschnitt, be¬
treffend die von dem König und seiner Mutter ausgeführten Tem¬
pelbauten, und angeknüpft durch Wiederaufnahme des vorange¬
henden *J3ND sowie ich. Da indess diese Art der Anknüpfung zu
schwerfällig erscheint, so ist vielleicht "^SNI zu sebreiben: ■]3N'I nTsaattJN "jba ja p 0211: Iba n3an -jbo ' ♦ p osna ^bn iTSiaia«
•]ba na naban inan ninm n3!ia" nincyaN -aNi D3ns ^ba
pifiii D-» niNsa na n"<N osb«'* na n'iN I3a «jn Dsns ^ba "iT3>3Btn
NT DTINa Diu ninU)» n''N Und ich Esmunazar, König der Sidonier,
Sohn des Königs Tabnil, Königs der Sidonier, Sohnessohn des Kö¬
nigs Esmunazar, Königs der Sidonier, und meine Muller Äm-Aslarte.
Priesterin unsrer Herrin Aslarte, die Königin. Tochler des Königs
Esmunazar, Königs der Sidonier, sind es, die wir gebaut haben den
Tempel der Göller, den Tempel an den Strömen des Meeres, und auf¬
gestellt die Aslarte daselbsl lobpreisend u. s. w. Der König be¬
zeichnet sich bier nicht nur als den Sohn des Tabnit, wie Z. 2,
aoDdern auch noch als Enkel eines sidonischen Königs, der den¬
selben Namen fübrte wie er selbst. Der Ausdruck ]a ]3 für Enkel
ist auffallend, nach gewöhnlicher Art würde nur einmal p stehen.
Mit ttJinDa p Cit. 35 ist es anders, weil das zweite -:a zum
Namen gehört. Seine Mutter, die Theilhaberin an seinen Bauten,
führt den Namen nintt}92:N, was sicherlich eine Abkürzung des
in der Cit. 2. vorkommenden Namens rnnmnnN (Magd der
s am 19- Jan. 1855 nahe bei Sidon gef. k'önigs-Sarkophags. 657
Astarte, wie *^'> vL*»^! > vgl. auch 1 Saoi. 1,
11) ist. Sie war Priesterin der Astarte. nj.-ts in der weibl.
Form erscheint hier zum ersten Male, jns Priesler lesen wir
öfter in der Massil. , ein OSTiD 31 Obetpriesler wird in Athen. 4
erwähnt. Die Astarte fuhrt das Prädicat jnai unsre Herrin, wie
die karthagische Göttin Tanit in den Inschriften nsr nai ge¬
nannt wird. Die Königin Mutter war eine Tochter des Königs
IT^SMtN, was sicher derselbe Name wie ITSJOIBN ist, mag das
T fdr V3 blos verschrieben sein oder die Schreibung auf Schwan¬
ken der Aussprache beruhen. Das demnächst folgende "jbn habe
ich ohne weiteres fdr das in der Copie stehende iba gesetzt.
Ebenso habe ich um ein Wort weiter «jj» geschrieben statt des
fehlerhaften Ü», vgl. das zweimalige ]3a «jn Z. 17. Der Tem¬
pel der Göller Bsb« ra, den sie bauten, wird in den folgenden
Worten seiner Lage nach näher bezeichnet, nämlich wie icb sie
lesen zu können glaube: D' niNaa na n"!« den Tempel aA den
Slrömen des Meeres d. b. entw. überhaupt am Meere gelegen, oder
an den Strömen, wo sie ins Meer sich ergiessen, wohei man
an den nahe nördlich von Sidon mündenden Fluss Bostrenus, den
heutigen Auly (s. Robinson's Paläst, III. S. 699. 711. Hassel-
quist Reise S. 192), und seine etwanigen Nebenarme' oder Ca¬
näle denken könnte, 0'^ niN3 für nins. Dies ist vermuthlich
die Stelle, weicbe Dietrich nach dem oben mitgetheilten Artikel
auf Anlegung eines Aquäducts am Bostrenos deutet, wie denn
noch jetzt Spuren einer solchen alten Anlage vorhanden sind (s.
die vorbin angef. Reisenden), Das Folgende wird er dann wobl
lesen DinNö DUJ niniua n''N IHS'I, und übersetzen: uni tetr
leilelen den Bostrenus dahin etc. , so dass niniöa der Name des
Flusses wäre. In der That kann auch nach unsrer Copie pic*
gelesen werden, und 11^'] steht 2 Cbron, 32, 30 von der Was¬
serleitung des Königs Hiskia. Auch ninuia stebt wirklieb im
Texte, und der Fluss könnte von einem Astarten-Tempel benannt
sein, ninica zusammengezogen aus ninias na, vgl. rtinuSss
als Ortsname Jos. 21, 27. Ich war indess meinerseits auf solche
Auslegung der Stelle nicht gekommen, und stelle daher meine
vielleicht misslich erscheinende Ansicht hiu, welche jaiS^' erfor¬
dert (in der Parallelstelle Z. 17 hat unsre Copie ollerdings deut¬
lich ]au}'<), und dazu nocb die etwas gewaltsame Aenderung
nin'ry für ninca. Die Meinung wäre, dass der vielleicbt alte
und von Esmunazar und seiner Mutter nur ausgebaute (wie nsa
im Hebr., Arab., Syr. bäufig) Göttertempel am Meere der Astarte
geweiht und ihr Bild feierlich (Dl'^iNa magnificantes ) darin auf¬
gestellt wurden.
Der fulgende Satz schliesst mit einem ähnlichen Gedanken:
Olivia Dia'']att5'<T ina bbn-'jj'itj ai aawb na isa icn" jpisni
und wir sind's , die wir gebaut haben einen Tempel dem
am Berge und aufgestellt . . daselbsl lobpreisend. In irtSM wir, das
Bd. IX. 42
658 Uiidiger, Bemerkungen über die phönikische Inschrifi
Z. 17 nochmals vorkommt, gewinnen wir wieder eine phünik.
Pronominalform. An der schadhaften Stelle des Steines scheint
hier wirklich ein Buchstahe zu Grunde gegangen zu seyn (wäh¬
rend in dem n'N der vorigen Z. nichts an der Schrift geschädigt
ist). War dieser ein : und darf man statt der beiden Jz'a lesen
aus (vgl. Z. 15 D« für xn), so stellt sich ein Tempel für den
grossen Esmun heraus 31 ]72l25Nb. Ueber die Gruppe bbT»:3>iD habe
ich nichts zu sagen, war mir genügen könnte, möglich dass
abermals von der Lage des Tempels die Rede ist, wozu dann
")M3 am Berge passen würde. Ob das i zwischen ]3U3'' und DW
ein Pron. der 3. P. seyn könne und sich auf den Esmun oder
vielmehr sein Bild beziehe (vgl. das Bild der Astarte in der Pa¬
rallelstelle Z. 16), kann ich nicht erhärten.
Noch andere Tempel hauten sie: jbMb Dn3 p3 IBN ^nsNI
nnffisb nm ps: bS3b n3 D'' yi» pS3 Dsns und wir sind's , die
wir gebaul hahen Tempel dem Golle ') der Sidonier in Sidon im Lande
am Meer , einen Tempel dem Baal von Sidon , und einen Tempel der
Aslarte. Dn3 = h. dTi3 , Plur. von na, welches Wort bekanntlich
im Phönik. auch im Sing, stets na, nicht n^a geschrieben wird.
Das Nächstfolgende ist mir in seinem fortgängigen Zusam¬
menbange noch nicht recht deutlich; ich gebe daher nur eine
Umschrift der Stelle, worin durch die Worttrennung sich ergeben
wird, wie ich Einzelnes auffasse: ODbn pN ]b jn-* tsi bsaa«
nbsaiDN ras» naab p ffiiTaa u)n n-nNn pin^iN'^Bvi int n-'t»'»
nDbaö bs n« ■^asp Db»b Dans bs pab y^H baanb» '»Das t\o^^
Das b»aaia mag noch irgendwie enger zum Vorigen gehören.
Dann scheint der König die Hoffnung oder den Wunsch auszu¬
sprechen, dass die Gottheit ( Daba pN) ihm doch noc/i(li>'))
Fortdauer seines Geschlechts (iNn) und Glanz (•'D-») für seiu Land
und Haus greben werde (p-'), etwa von einer Seitenlinie her,
oder durch einen nachgebornen Sohn, wohl gar aus einer noch
kurz vor seinem Tode eingegangenen Ehe ( nb»a ViH 'i); es ist
hiernächst, so scheint es, von Vermehrung der Nachkommenschafl
über die Grenzen des Landes hinaus die Rede (baanbs D33 J|D"<1
vin), und zwar Dbsb DiiS ba pab aufzurichten alle Sidonier für
immer, dazu dann die Worte nabaa ba nN ■'»Sp ich selbst mit dem
ganzen Reiche (wie oben Z. 4), obwohl ich hier die Anlehnung
derselben in der Construction noch nicht nachweisen kann.
Zuletzt wiederholt der König nochmals die Drohung gegen
den, der sich unterstehen sollte, die Ruhe seines Grabes zu stö-
1) Dieser Singular passt hier wenig. Sollte DaiSJbN für D31S ^SbN stehen? Ich meine, es wäre bei scriptio continua nicht undenkbar, dass man sol- chen'Vocal in der Mitte des Genitiv-Compositi unbezeichnet liess, und so muss ich auch Mpa3P in der Melit. 1 Air eine graphische Möglichkeit hallen, wo¬
gegen in Folge der Worltrcnnung allerdings 'n ''Sa ''31Ö nölhig würde.
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Die Indischen Gottesurtheile dargesiclll von Prof. A. F. Stenzler.
Die Indisclien Gottesurtheile hulien scbon vor geraumer Zeit
die Aufmerksamkeit der Deutscben Altertbumsforscber auf sich
gezogen. Die erste genauere Kunde davon rührt ber von einem
Muhammedaner, AU Ibrahim khan, Chief Magistrate in Benares,
welcher in einem Aufsatze: On tbe trial by Ordeal among tbe
Hindus, im ersten Bande der Asiatic Researches, die wiebtigsten
\ orschriften über diesen Gegenstand aus der Mitäksharä mittheilte,
und eine Uebersetzung der Stelle aus Yäjnavalkya's Gesetz¬
buch hinzufügte, welche sicb auf die Gottesurtheile bezieht (2,
95 u. f.). Das Interesse, welches diese Mittheilung gewährt, wird
erhöhet durch die Darstellung von zwei Gottesurtbeilen , weicbe
im Jabre 1783 in Benares unter Aufsicht des Verfassers vollzogen
wurden. Im ersteren Falle vollzog ein Mann , welcber wegen
Diebstahl angeklagt war, das Gottesurtbeil vermittelst des glühen¬
den Eisens. Da seine Hand unverletzt blieb, wurde er frei ge¬
sprochen, dagegen der Kläger zu achttägigem Gefängniss ver¬
urtbeilt. Im zweiten Falle vollzog ein anderer ebenfalls wegen
Diebstahl angeklagter Mann das Gottesurtbeil vermittelst des
beissen Oeles. Er verbrannte sich die Finger, und wurde zum
Ersatz des gestohlenen Gutes verurtbeilt.
Die wesentlichsten Vorschriften über die Zulässigkeit und
Ausfübrung der Gottesurtheile sind in dem erwähnten Aufsatze
entbalten. Aber der Verfasser steht, wie zu erwarten, ganz auf
dem Standpunkte der modernen Indischen Jurisprudenz, welchen
icb in der Vorrede zu Y äj n a v a I ky a's Gesetzbuche (p. Vi. VII.)
cbaracterisirt habe. Eine neue Darstellung desselhen Gegenstan¬
des, welche ich mit Benutzung von etwas reicheren Qnellen ver¬
suche, soll besonders anf die Abweichungen der einzelnen Ge¬
setzbücher von einander hinweisen, deren Erklärung aus der Ver¬
schiedenheit der Zeit oder des Ortes ibrer Entstehung späteren
Forscbungen überlassen bleiben muss. Ich benutze die vollstän¬
digen Gesetzbücher des Manu, Yäjnavalkya und Vishnu,
und ausserdem Vijnän e^vara's Mitäksharä, Raghunanda-
na's Divya tattva (deu 18ten Abschnitt seines Smriti tattva) und
Mi tram lira's Viramitrodaya. Auf die drei letzteren Werke
gründet sich alles , was ich von den Vorschriften anderer Dhar-
ma^ästras über die Gottesurtheile mittbeilen kann,
ßd. 1\. 43