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(1)15 Ueber ein neu entdecktes astronomisches Denk¬ mal aus der tbebanischen Nekropolis

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15

Ueber ein neu entdecktes astronomisches Denk¬

mal aus der tbebanischen Nekropolis.

Von

Dr. H. BruKBCli.

Als ich am 6. Dezember 1857, also einen Tag später als icb

in Begleitung meines Freundes A. Mariette auf einem Dampfer

S. ti. des Vice-Köoigs von Aegypten am Ufer des Nils hei I^uqsur

tceluodet war, das sogenannte t.^i'^^j^ Z*^' die jetzige Wohnung

des französischen Vice-Konsuls Hro. Maunier, auf dem Dache des

Tempels Amenophis III. besuchte, hatte ich die Freude gleicb

bei meiner .Ankunft eines der merkwürdigsten Denkmäler des

ägyptischen Alterthumes nicht nur zu entdecken, sondern zu glei¬

cher Zeit der ihm droheoden Vernichtung für immer zu entreis¬

sen. In einer alten Rumpelkammer nämlich befanden sich in ge¬

meinsamer Verwahrung eine grosse Menge hölzerner Sarkophage,

tbeils zerschlageo, um hei dem Holzmangel in Aegypten und nun

gar in Theben als passendes Brennmaterial verwendet zu werden,

theils noch unversehrt, um nächstens demselben unvermeidlichen

Schicksale entgegenzugehen. Diese Todtenladen , welche von

allen Seiten mit hieroglypbischen Inscbriften und fuoerären Dar¬

stellungen bedeckt wareu und von denen die Mehrzahl sicherlich

einer jeden europäischeo Sammlung ägyptischer Alterthümer zur

Zierde gereicht baben würde, rührten aus den Nachgrabungen

der Aruber, unter Leitung des französischen Vice-Koosuls , uuf

dem grossen Gebiete der tbebanischen Nekropolis ber. In einer

Ecke stehend und als Gipskasten dienend, befand sicb eine ziem¬

licb grosse Todtenlade, deren bunte, in dicken schwarzen Um¬

rissen scblecbt genug gezeichoete Darstellungen und faieroglypbi-

8cbe Inscbriften, noch mebr aber einzelne beigescbriebene demo¬

tische Legenden sofort auf die spätgriecbische oder römische

Epoche verwiesen, leb hätte mir nicht eben die grösste Mühe

gegeben dieses Denkmal aus der jüngeren ägyptischeu Geschichte

dem Untergänge zu entreissen, wäre nicht ein Blick in das be¬

stäubte Innere genügend gewesen , mir sofort den hohen Werth

der Lade zu enthüllen. Darin befanden sich nämlich Bilder und

Inscbriften astronomischen Inhaltes in so grosser Fülle und Aus¬

führlichkeit vor, dass mir kaum ein Tag genügte, um den haupt-

sächlichsteo Gegenstand auf das Papier zu bringen, so wie ich ihn

2 ♦

(2)

16 Brugsch, über ein neu entdecktes aslron. Denkmal a. d. iheli. Nekr.

in der beifolgenden Tafel den Lesern unserer Zeitschrift vorlege.

Meine erklärenden Bemerkungen darUber werden um so weniger

als überflussig erscheinen, als sie sich eng an den Gegenstand

ansehliessen, welcher meinen Aufsätzen ,,Zur Clironologie der

Aegypter" in dem IX. und X. Bande dieser Zeitschrift zu Grunde liegen.

Wir haben es nämlicb in dem vorliegeoden Denkmale wie¬

derum mit der altägyptischen Astronomie zu thun, und zwar mit

jenen Darstellungen, weicbe ich in meinen früheren, unter dem

eben angeführten Titel veröffentlichten Untersuchungen ausführ¬

licher besprochen habe. Der Gewinn, den in diesem Falle die

Wissenscbaft davooträgt, liegt nicht nur in der Bestätigung des

hereits Besprochenen und Begrenzten, sondern noch vielmebr in

der erweiterten FUlle von Untersuchungeu , zu denen das Denk¬

mal veranlasst.

Zunäcbst das Nothwendigste Uber den ehemaligen Besitzer

des Sarges. Den zahlreichen Inschriften zufolge, mit welchen

die Aussen- und Innen-Seiten desselben bedeckt sind und von

denen die wichtigsten in meinem Recueil de monuments egyptiens

pl. XXXIV und XXXV (so eben in der J. C. Uinrichs'schen Buch¬

handlung in Leipzig erschienen) veröffentlicht sind, gehörte die

Todtenkiste einem ägyptischen Priester an, welcber den Namen

H'e ter (wörtlich „Zwilliog", koptisch^«.-rpe gemellus) führt und

ein Sohn des Horsiesis und der Tai-h'o heisst ■). Er verwaltete

s^in Priestertbum in der Isisstadt Tentyra und starb hier , den

Angaben der demotischen Inschriften zufolge in einem Alter von

31 Jahren 5 Monaten und 2d Tagen. Das ist alles, was uns

über den Inhaber des Sarges zu wissen vergönnt ist. Die Zeit,

in welcher er lebte, dürfte sich vielleicbt aus der Stellung der

Planeten berechnen lassen , die, wie weiter unten gezeigt werden

soll, genau auf dem Denkmale fixirt ist.

Die Vertheilung der Bilder und Inschriften (man vgl. die

Darstellung der beiliegenden Tafel) in dem Inneren der Lade ist

1) In bezug auf die von mir adujitirte Umschreibung des allägypllscheu Alphabetes muss ich deu Leser auf S. 15 des ersten Bandes meiner Geo¬

graphie des alten Aegyptens verweisen. Die Bemerkungen , weicbe Herr Prof. Lepsius in seinem „Königsbuche der alten Aegypter" S. 169, darüber geäussert bat, sind von mir mit derjenigen Gewissenhaftigkeit, welehe man dem Urlbeile und den Meinungen eines ausgezeichneten Gelebrten scbuldig ist, beherzigt worden. Ich kann indess bisjetzt nicbt umbin eine Ueber¬

zeugung aufzugeben , zu der mich die philologischen Studien der altägypti¬

scben Sprachdenkmäler in der zwingendsten Weise genöthigt haben und

welche ich in einer besonderen Arbeil näher zu begründen gedenke. Hier in Kürze die Reibe der umschriebenen ägyptischen Laulzeichen im Anschluss

an das hebräische Alpbabet : aN, ba, gj, dl, hn, wl, t , h'n,

ch n, t D, J V k 3, ^ 3, 1 m a, n 3, s 0(tt)), a S, p B, f B,

^ .5^) 4 l"?> 1» * 'JS) l ri. ä, i und u drücken die drei Urvokale aus.

(3)

icäsc/ir. d. JJ. M (J.

^dstrommiscJieJJarstelluit^ enidedJ ia T/ide/i i.J.JSS^Imi ff.JJru^sck.

(4)
(5)

Brugsch , über ein neu enldeckles aslron. Denkmal a. d. iheb. Nekr. \ 7

nun folgende. Die grosse weibliche Figur sammt den Bildern

zur rechten und zur linken Seite his zur ersten (einfachen)

Randlinie nimmt den ganzen inoeren Raum des gewölbten Deckels

ein, so dass die Mumie, welche in dem Untersatze der Lade

lag, mit dem Vorderkörper dem Weibe zugewendet war, das

über ibm schwebte und ibn gleicbsam zu umspannen schien. Die

Darstellungen in je zwei Reiben rechter und linker Hand nehmen

die beiden Längsseiten der viereckigen Lade ein , weicbe durch

die pantheistiscben Bilder an den vier Ecken nach den vier himm¬

lischen Cardinalpunkten genau orientirt erscheint.

Der Widder nämlich mit dem Doppelflügelpaar und der Doppel¬

feder sammt Hörnern und Diskus auf dem Kopfe (A) trägt über sich

eine Inschrift, weicbe mit Bezug auf den verstorbenen H'e ter,

aussagt: Jui nek (nef) ne^em-ti n meb' „es kommt zu dir

der angenehme (koptisch no-veju., eq-noTJÜL suavis , jucundus)

Wind des Nordens". Eine Vergleichung mit den Thiergestalten

an den übrigen drei Ecken, mit Beziebung auf die entsprecben¬

den Beiscbriften , lehrt uns augenblicklich , dass diese Thier¬

gestalt das .Symbol des Nordwindes vorstellen soll und die an¬

deren drei resp. den Ostwind , Westwind und Südwind.

Der Käfer mit den vier Köpfen von Widdern und dem vorber

bescbriebenen Kopfschmuck darauf, stellt seinerseits den nef abet

oder den Ostwind dar. Die inschrift, welche zu der Darstellung

gehört, beginnt nämlicb mit den Worten: Ju nek (nef) abet

„es kommt zu dir der Wind des Ostens"; immer mit Bezug auf

den verstorbenen Aegypter,

Auf der anderen Seite, in der Ecke bei D, erscheint als

symbolisclie Figur des Südwindes gleichfalls ein Widder mit

Doppelflügelpaar, aber mit vier Köpfen und darauf wiederum der

Kopfschmuck oder das Götterdiadem der vorhergenanuten Thiere.

Aus der Beischrift, welche ganz entsprechend den bereits citirten

Legenden anfängt: Jui nek (nef) res „es kommt zu dir der

Wind des Südens " gebt mit unzweifelhafter Sicberbeit hervor,

daas jenes abenteuerliche Tbier den Südwind bezeichnen sollte.

Es bleibt somit für den Westwind das letzte Tbier in der

Ecke bei C übrig, ein Sperber mit doppeltem Flügelpaar, einem

Widderkopf und einer Feder auf den mit Uräusschlangen geschmück¬

ten Widderbörnern. Wenngleich in der begleitenden Beischrift

das Zeichen des Westens, nicht erwähnt wird (die Inschrift be¬

ginnt nämlich: Ju nek Su „es kommt zu dir der Gott Schu"),

so geht doch aus dem Sinn der Gesammtdarstellung diese Be¬

deutung ebenso unzweifelbaft wie bei den vorigen hervor.

Haben wir so ein schönes Mittel durch die vorliegende Ab¬

bildung und deren Beiscbriften gefunden, die Bedeutung jener

fabelhaften Tbiere zu enträthseln , nämlicb :

Bd. XIV. 2

(6)

T

18 Brugsch, über ein neu enldeckles aslron. Denkmal a. d. Iheb. Nekr.

ilea geflügelten Widder (A) uls Symbol des Nordwiodes,

den Käfer mit vier Widderköpfen (B) „ „ „ Ostwiodes ,

deo vierköpfigen Widder (D) „ ,, „ Südwindes,

deo widderköpfigen Sperber (C) „ „ ,, Westwindes,

so liegt es nahe durch Prüfung ähnlicher Denkmäler die gewon¬

nene Bedeutung zu bewähren. Dazu geben in der That nicht

nur einzelne Tempel von den Ptolemäerzeiten an, sondero aucb

die bekannten astronomischen Deckenbildlr aus derselben ge¬

schichtlichen Epoche Veranlassung.

In demjenigen Deckenfelde des Tempels von Dendera z. B. , in

welchem sich die Darstellung des Vollmondes und die vicrzebn-

stufige Treppe der Mondphasen befindet (s. Description de l'Egypte.

Antiq. Vol. IV pl. 19, No. 3, womit man vgl. S. 660, Bd. X dieser

Zeitschrift), stehen an den vier Ecken des Feldes jene vier Thiere,

wobei jedoch die halbzerstörte Figur, welche dem Bilde B unserer

Darstellung entspricht, nicht einen Käfer, sondern als beachtungs-

werthe Variante den Körper eines Vogels erkennen lässt. Die

sich gegenseitig sehr entsprechende Ordnung an den vier Ecken

ist folgeode: Süd [Ost]

West Nord.

Im Tempel von Erment (Hermonthis) befindet sich eine astro¬

nomische Vorstellung des Sternes Sah' oder des Orion in seiner

Barke, der von denselben vier Thiergestalten umgeben ist, doch

mit einigen , obsebon unwesentlichen Abweichungen in der Aus¬

schmückung. Der Widder A hat kein Flügelpanr, der bei D da¬

gegen zwar die Flügel, aber nur einen Kopf; ausserdem ist der

Käfer geflügelt uod eioe Feder auf dem Kopfe tragend ( s.

Description, Antiq. Vol. I pl. 87, c). Die Anordnung der Tbiere

ist folgende : Nord West

Ost Süd

In den heiden Feldern des astronomischen Denkmales, welches

in der Nähe der heutigen Stadt Esne von der Commission fran(;aise

entdeckt ward (s. Description, Ant. vol. I pl. 87, b) befindet sich

dus Thier des Südwindes zwischen deu Zodiakalzeichen des Stie¬

res und der Zwillinge, in der Nähe des Orion; das des Nord¬

windes zwiscbeo dem Schützen und dem Scorpioo. Ein Blick

auf das astronomische Rundbild von Dendera genügt um die

Ueherzeugung zu gewinnen, dass die Stellung der genannten

Zodiakalzeichen zu einander eine diametrul entgegengesetzte sein

musste, wie es in der Natur der Sache liegt, und dass der Un¬

terschied jener .Anordnung des astronomischen Denkmales in der

Nähe von Esne von dem tentyritischen Tbierkreise ehen darin

bestand , dass die Richtung der Zodiakulzeichen eine verschie¬

dene war. Während nämlich in diesem Stier und Zwillinge nach

Osten zu in der Nähe des Orion (s. die Abbildung zu S. 649 fl.

Bd. X der Zeitschrift) liegen, sind sie in jenem, dem Denkmale

bei Esne, dem SUden zugewendet. Das Thierzeicben des We-

A

(7)

Brugsch , üher ein neu enldeckles aslron. Denkmal a. d, Iheh. Nekr. 19

slens (C) befindet sich auf eben demselben Denkmale zwischen

den Bildern des 32. und 33. Dekanes , setzt also eine ganz an¬

dere Stellung der Dekane voraus, als wie die des Thierkreises

vun Dendera ist, wo die bezeichneten Dekane nacb Osten hin liegen.

Auf dem astronomischen Deckenbilde von Esne (s. Description,

Antiq. vol. I pl. 79) ist es nur ein Thier, der widderköpfige

.Sperber bei C, oder das symbolische Thier des Westens, wel¬

ches dem ganzen Thierkreise die Richtung vorschreibt. Es be¬

findet sich nämlich zwischen den Zodiakalzeichen des Krebses

und der Zwillinge, die in Dendera in nördlicher Richtung stehen,

so dass die Stellung der übrigen Zeicben des Thierkreises nach

Ost, Süd, Nord voilstäodigst bestimmt ist.

In einzelnen Tempeln aus der Ptolemäerzeit ^wie io Karnak

und Medinet-Abu) erscheiuen die besprocheoen vier Thiere, deren

bis jetzt ganz mangelndes Verständniss bei der üntersuchung

astronomischer Denkmäler durchaus nothwendig ist, wie es scbeint

nur als Zimmerdecoration, ohne den besondern Zweck der Orien¬

tirung zu haben; wesshalb wir uns der Anführung von Beispielen

füglich überheben können.

Die Einführung jener vier Thierzeichen für die vier Haupt¬

winde ist sicherlich nicht älter als die Einführung der zwölf

griechischen Zodiakalzeichen in die ägyptische Sphäre. Die Denk¬

mäler, welche älter sind als die Ptolemäertempel , wisseo von

diesen Thiergestalten nocb nichts, sondern lassen ganz andere

Vertreter der vier Uauptrichtungen der Windrose erkennen. Da

sind es die vier Todtengenien , die Kinder des Osiris, welche

als Vorsteher der Himmelsricbtuogen erscheinen und deren Rollen

am besten aus zwei vielfach besprochenen Darstellungen im Ra¬

messeum und im Tempel Ramses III. von Medinet-Abu erkanut

werden (s. meine Histoire d'Egypte p. 163). Man erblickt darin

die vier Gottheiteo in Gestalt von vier Gänsen den Hauptrich¬

tungen der Windrose zufliegen , nämlich :

1. .4 ms at mit dem Kopfe eines Mannes geht nach dem Süden,

2. H'äpi mit dem Kopfe eines Kynocephalus geht nach dem Norden,

3. Dlu-mutef mit dem Kopfe eines Schakals geht nacb dem Osten,

4. Qebh'-senuf mit dem Kopfe eines Sperbers gebt nach dem

Westen.

So vertbeilt, nehmen die Todtengenien bildlicb oder inscbriftlicb

einen Platz an den vier Ecken der Särge ein, während Isis am

Fussende, Nephthys am Kopfende derselben stehen und das Bild

der Göttin Nut sich im Inneren der Todtenkisten über die .Mu¬

mie ausbreitet.

In dem 161. Kapitel des Turiner Exemplares des Todten¬

buches der alten Aegypter werden vier besondere Gottheiten als

Vorsteher der vier Hauptwinde aufgeführt: uat nt res-nefu

Ra pu „die erste, die der Südwinde, ist Ra" (die Sonne); ket

n rae h'e t nefu Osiri pu „die andere, die der Nordwinde ist

2*

(8)

20 Brugsch , über ein neu enldeckles aslron. Denkmal a. d. Iheb. Nekr.

Osiris"; ket m ament nefu Bset pu „die andere, die der

Westwinde, ist Isis", und endlich die vierte: ket nt abt nefu

Nebth'ä pu „die andere, die der Ostwinde, ist Nephthys". In

einem zweiten dazu gehörigen Texte, dessen Hauptschwierigkeit

zum Verständniss in dem jüngst erschienenen Memoire des Hrn.

de Rouge: Etude sur une stele Egyptienne, appartenant ä la bi¬

bliotheque Imperiale (Paris, 1858) p. 80 beseitigt worden ist,

wird eine weitere Vorschrift gegebeo, wie diese Vertreter der vier

Hauptwinde an der Lade des Todten anzubringen sind; nämlicb:

ar sah'-u nebt art-nef sem-u h'er uti-f au uba-ut-nef

uba tä IV-t m pu-t ua-t n meb'et nef-u Osiri p'u ket n

res-u nef-u aah' pu ket n ament nef'U Eset pu ket n

abt Nebt b'a pu uä nebt m nen-nef-u nti m uba-f d. h.

„es sollen alle Dämonen ihm ibre Dienste leisten an seiner ToJ-

„tenlade. Gewendet soll sie werden nach den vier Hauptgegen-

„den des Himmels. Die erste (Seite) nach den Nordwinden, das

„ist Osiris; die andere nacb den Südwinden, das ist Aab (der

„Mond); die andere nach den Westwinden, das ist Isis; und die

,, andere nacb den Ostwinden, das ist Nephthys; eine jede (Seite)

,,nach dem Winde, welcber ihr zugewendet ist."

Hier baben wir eine genaue, authentische, dem Todtenbucbe

entlehnte Vorschrift, Uber die (also docb als nothwendig gedachte)

Richtung der vier Seiten der Todtenkiste, eine Vorschrift die

unser, wenn auch der späteren Zeit angehörender Sarg in der

augenfälligsten Weise bestätigt. Ich muss £8 weiteren Unter¬

suchungen Uberlassen den Ursprung der fabelhaften Windthiere

zu ergrübein (deren Bedeutung indes« mit Sicherheit hier zum

ersten Male enthüllt ist) und gehe gleicb zur weiteren Beschrei¬

bung der astronomischen Vorstellungen über.

Die grosse weiblicbe Figur in der Mitte, wie bereits be¬

merkt, ist die himmlische Allmutter Nut, an deren „Leibe"

(chet der Inscbriften) die Gestirne kreisen, während ibr Kind,

die Sonne, auf ibrem Rücken Licht strahlend einberfäbrt. Auf

Ra, den Sonnengott, beziebt sicb in der That anch die Inschrift

hieroglyphiscber Charaktere auf dem mittleren Streifen der weib¬

licben Figur, welche mit den Worten beginnt: „es ist (unn)

„das die himmlische N u t."

Aus den Gruppen zahlreicher astronomischer Bilder, welche

aicb rechts und links von der Göttin des Himmelsraumes befin¬

den, hebe ich zunächst die beiden Reihen der je zwölf Göttinnen

bervor, welche an dem äussersten Rande zu beiden Seiten der

gaozen Darstellung hinlaufen und sich nur dadurch von einander,

aber sebr wesentlich unterscbeiden, dass die Göttinnen auf der

rechten Seite der Nut eine Scheibe, die auf der linken Seite

der Nut einen Stern auf den Köpfen tragen. Die Bedeutung

dieser weiblicben Gottheiten ist nicbt zu verkennen ; man errätb

auf den ersten Blick, dass jene die personificirten zwölf Stunden

(9)

Brugsch , üher ein neu enldeckles aslron. Denkmal a. d, Iheb. Nekr. 2 1

des Tagea, diese die zwölf Stunden der Nacht darstellen sollten.

Wollte man noch irgeod wie Zweifel über diese Bedeutung hegen,

80 wird dieser widerlegt durch die langen hieroglyphischeo In¬

schriften, welche sich über den Figuren besagter Göttinnen hin¬

ziehen und in denen die 12 Stunden des Tages den Namen füb¬

ren: „Die Stunden des Tages" (es beisst von ibnen in dem Texte

unter anderem : „sie erheben ihre Arme zum Schutze deines Haup-

„tes, die erste am Morgen, die letzte am Abend."), die zwölf

andern dagegen: „die Stunden der Nacht". Die leeren F'elder

neben jeder einzelnen Figur waren ursprUnglich dazu bestimmt

die Namen jeder einzelnen Stunde in sich aufzunehmen, sind

aber mit einziger Ausnahme der ersten und zweiten Tagesstunde

unausgefUllt geblieben.

Wir können somit io Bezug auf die bescbriebene Darstellung

der vier und zwanzig Stunden den Raum rechter Uand von der

Göttin Nut mit dem Namen der Tagseile, den in entgegenge¬

setzter Richtung liegenden mit dem Namen der Nachlseile am

füglichsten belegen. Die ganze astronomische Malerei, soweit

sie bis jetzt von mir beschrieben worden ist, scheint auf her¬

kömmlicher Anordnung zu beruhen, da sie sich, wenn auch nicht

immer in derselben lehrreicben Ausführlichkeit bei mehreren an¬

deren Denkmälern der späteren Bpocheo in der ägyptischen Reichs¬

geschichte wiederholt. Vor allen werde ich hierbei an eine ziem¬

licb äbniicbe Vorstellung im Innern eines der ägyptischen Särge

des Leidener Museums erinnert, die ich wäbrend meines .Aufent¬

haltes in Holland zu kopiren Gelegenbeit batte. Man erblickt

darin die lang ausgestreckte Figur der Nut, schwarz gemalt mit

einer grossen Zahl gelber Sterne besäet. Auf der Brust schwebt

eine grosse rothe Scheibe mit gelbem Rande, eine kleinere rothe

Scheibe mit gelbem mondsichelförmigen Ausschnitt an der einen

Seite bedeckt den Ort der Scham. Offenbar sollte durch die

erstere die Soone, durch letztere der Mond hezeichnet werden.

Zu beiden Seiten der weiblichen Figuren, vom Kopf an bis zu

den Füssen bin, knieen je zwölf weiblicbe Figuren, die auf der

rechten Seite durch einen Stern auf Kopf und Uand , die auf der

linken Seite durch eine Scheibe in gleicher Lage ausgezeichnet.

Eine Insebrift bei der erstgenannten Reihe ruft diese göttlicben

Wesen so an: „o ihr Göttinnen, Zählerin (apu, koptisch en,

iun, Hn numerare, computare uod dasselbe passivisch) des Ta¬

ges, weicbe ihr wachet (nti-res, koptisch poiic custodire, ser¬

vare) Uher Osiris , wachet über deo verstorbenen N. N. !" Ebenso

lautet die Inschrift der anderen Seite, nur dass da statt „des

Tages" gelesen wird „der Nacht".

Die Namen, weicbe übrigens die einzelneu Stunden führten,

sind nicht immer auf den Denkmälern übereinstimmend, vielleicht

dass ein Unterschied des älteren und jüngeren Urspruogs anzu¬

nehmen ist. Ich werde in der Fortsetzung meiner Arbeit „Zur

(10)

22 Brugsch , über ein neu enldeckles aslron, Denkmal a, d. theb. S'ekr.

ChroDologie der Aegypter" Gelegenheit haben, die Listen der

Stundenverzeichnisse verschiedener Denkmäler vorzulegen.

Derjenige Gegenstand astrooomischer \atur, ^welcher der

ganzen Darstellung in dem Sarge des Tentyriten Heter das

böchste Interesse verleiht, ist jedoch die Anwesenheit der Zodia¬

kalbilder der griechisch-ägyptiscbeo Sphäre zu beiden Seiteo des

mit Sternen besäeten Raumes unmittelbar neben dem Körper der

Nut. Die Vertheilung und Folge derselben ist diese: auf der

Tagseite befinden sich: I. Krebs, II. I.iöwe (und zwar laufend,

nicht stehend wie der in Dendera), III. Jungfrau (auf dem Kopf

die Kuhhörner der Isis-Hathor, in der Hand eine Kornähre tra¬

gend), IV. Wage (ganz im Stil der ägyptischen Wage), V. Scor¬

pion, VI. .Schutze (eine Centaurengestalt mit Doppelkopf und

FlUgelpaar, ganz wie in Dendera und in den übrigen Darstel¬

lungen der Zodiakalbilder Aegyptens). Auf der Nachtseite setzt

sich die Reihe der Tbierkreiszeichen fort, oämlich VII. der Stein¬

bock (mit schwarzem Kopfe uod dem charakteristischen F'isch-

körper), Vlll. der Wassermann (in ägyptischer Auffassung als

deus Nilus), IX. die Fische, X. der Widder, XI. der Stier uud

zuletzt XII. die Zwillinge.

Was diesem Thierkreise und seinen Figuren das meiste

Interesse verleiht, das sind die in bieratisch-demotiscber Scbrift

abgefassteo Legeodeo , welche sich in der Nähe der Zodiakal¬

zeicben der Tagesseite befinden und die ich im einzelnen prü¬

fen werde.

Wie musste icb oicht überrascht sein, als ich bei näherer

Untersuchung des Denkmales entdeckte, dass die Mehrzahl jener

demotischen Beiscbriften dieselben Planetennamen ausdrückten ,

welche icb kurz vorber aus den Stobart'schen Tafeln glUcklich

genug eiuirt hatte! Wenn je, so hatte icb diesmal aufs Neue

ein passendes Material gefunden, meine Entdeckungen bestätigt

oder widerlegt zu seben. Oass letzteres nicht der Fall war,

davon kann sicb jeder überzeugen, welcber meinen folgenden

üntersuchungen einige Aufmerksamkeit schenken will.

im einzelnen auf meine ägyptischen Studien S. 649 ff. Bd. X

dieser Zeitschrift verweisend , recapitulire ich hier die Namen der

Planeten nacb ihrer demotischen und bieroglyphischen Schreibung,

wie sie sicb mir damals ergeben hatten :

Demolisch Hieroglyphisch Planeten

1. Hör ka ebeoso, auch Hor-pe-ka Saturnus

2. Hör seta oder

Hor-pe-seta Hor.t set Jnpiter

3. Hor-tesa Hor-tas Mars

4. Pe-neter-tua ebenso Venus

5. Sebak Sebech Mercurius

Zweifelhaft war es durch die Bemerkungen des Hrn. de Roug6

geworden , ob nicht im Hieroglyphischen der iweite Planet mit

dem dritten vertauscht werden miisse, wie S. 655 Bd. X der

(11)

Brugsch , über ein neu enldeckles aslron. Denkmal a. d. Iheb. Nekr. 23

Zeitschrift ausdrUcl<licli angeführt worden war. Dod in der That

gieht für die vorgeschlagene Nothweodigkeit eioer solcheo Ver¬

setzung, in der Ilieroglyphischen Bezeichnungsweise, unser Denk¬

mal nnnmehr den entscheidenden Ausschlag. Die Planeten führen

nämlich darin die folgenden Namen. Voo deo beideo Steroeo, die

sich der Zeichnung zufolge io der Nähe des Löwenhauptes, in

dem Zodiakulzeichen des Löwen befinden, heisst der eine (s. die

Tafel unter u) 11 o r-p e - s e t ä , der aadere Hor-pe-kl. Der

dritte ,Plauet, vor dem Bilde der Jungfrau, führt die Bezeich¬

nung Hör-tes er (s. v) , der vierte, über der Wage stehende,

den Namen Sebek (u>) uod endlicb der fünfte, zwischen den

Zodiakalzeicheo des Scorpions und des Scbützen befindliche, den

Namen P e - n e t e r-1 a u (y). Der Zusammenhang dieser Benen¬

nungen mit denen der Plauetennainen der demotischen Tabletten

liegt auf der Hund. Es entsprecben sich nämlich :

demolische Tablelleii , Sarg des Ueler

1. Hor-kä H o r-p e - k ä „Horus der Stier" od. Saturnus

2. Hor-pe-seta Hor-pe-seta oder Jupiter

3. Hor-te.sn Hor-teser „der rothe Horns" oder Mars

4. Pe-neter-tua Pe-neter-tau „der Gott des Morgens"

oder Venus

3. Sebak , Sebek oder Mercurius ,

Da in dieser Liste Hor-teser „der rolhe Horus" mit dem Hor¬

tesa, mit abgeworfenem r, durchaus zusammenfällt, so ist kein

Grund mehr vorhanden die Identität des „rothen Horus" mit dem

rothleucbteoden Mars zu leugnen, während der bisher als ,Mars

(doch nur in den bieroglyphischen Gruppen!) betrachtete Hör-

pe-setä keio anderer,als Jupiter sein kann. Nach der hieratisch-

demotischeo Variante Hor-pe-seta, mit dem männlichen Ar¬

tikel pe, ist es klar, dass in der hieroglyphischeo, vielfach be¬

sprochenen Gruppe (s. Bd. I.V Taf. II, a No. Ill) das Horo einzig

und allein die Aussprache des p baben kann. Die hieroglyphi¬

sche Schreibart dieses Planeteo ohne ,das Zeichen für p, also

entsprechend der demotischeo Variante Hor-seta, findet sich in

einer Planetenliste an der Decke des Königsgrabes No. 9 in

Biban-el-moluk vor'). Dort heisst der Planet ganz deutlicb, seb

res pu.t Hör setä ,,der Stern des südlichen Himmels Hor-

seta". Ich muss übrigeas hier, als am passeodsten Orte, be¬

merken, dass die Vermuthung, welche Hr. de RougS in seiner

Note sur les noms egyptieos des planetes (p. 9 des Sonder¬

ahdruckes) über die wuhrscheioliche Correction der hieroglyphi-

1) Es war in demselhen (»rahe und in derselben Liste, von der hier die Rede ist, dass ich zum ersten Male die vollständige phonetische Schrei¬

bung des allägyptischen Worles für den Solhis-Slern entdeckt habe. Das¬

selbe isl mit Hülfe der einfachen Laulzeicben s-p-d geschrieben (wahr¬

scbeinlicb sopd auszusprecheu) , von dem Dreieck determinirt uud von dem (-Zeichen des weiblichen Geschlechts begleitet.

(12)

24 Brugsch, über ein neu enldeckles aslron. Denkmal a. d. Iheb. Nekr.

8c)ien Grnppe für den Planeten Jupiter au der Decke des Rames-

seums ausgesprochen hat, nämlicli Ape-seta ao Stelle von

täs-ta, sich nicht bewährt hat. Meine Untersuchung, mit Hülfe

eines optischen Instrumentes , welche icb im Jahre 1837 in

Theben an Ort und Stelle mit möglicbster Genauigkeit anstellte,

hat ergeben, dass die bieroglyphischen Cbaractere der beregfen

Gruppe, in Uebereinstimmuog mit der ChampoUion'schen Copie,

sich folgeodermassen dem Auge darstellen:

Hor-täs-tä (ren-f etc.)

Wie diese so abweichende Variante, gegenüber der allgemeinen

Lesart, Hor-pe-setä aufzufassen sei, dafür feblen mir alle

Mittel eiuer genügenden Krklärung. Nacb diesen zum Verständ¬

niss der Inschriften ') nothwendigen Bemerkungen , legen wir mit

Anwendung unserer heut zu Tage gebräuchlichen astrooomischen

Zeichen die allgemeine Stellung der Planeten zu den Zodiakal-

bildern vor, wie sicb der Urbeber des astrooomischeo Denkmales

dieselbe gedacht hat:

q5^Q*^tTp£h^ VH,*5^

Diese Stellung der Planeten zwiscben den Zeichen des Thier¬

kreises kann dnrchaus keine willkürliche sein, sondern sie be¬

ruht, wie der ganz ähnliche Pall in deo astronomischen Dar¬

stellungen des Tempels von Dendera zeigt, auf der Vorstellung

vou Planeten überbaupt, welche in verschiedenen Zeiten verschie¬

dene Positiuoen in dem Bande der Tbierkreiszeichen einnehmen

müssen. So haben die fünf Planeten in dem Rundbilde von Dendera

folgende Stellung: ^

n24.®R^tTVl!)£hMiT'}oa4;5)C

in dem rechtwinkligen Bilde dagegen diese:

D at X 4 T ? V 3J n

1) Die Zusätze zu den Namen der Planeten hieten besondere Schwie¬

rigkeiten nir die Entzifferung dar, wesshalb ich es unterlassen habe, die¬

selben hier genauer zu prüfen. Es sind das die .Schlussgruppen der zweiten Linie der Inschrift u, der Anfaog der Inschrift v, die zweite Linie von w, und die Insebrift x. Z ist deutlieh zu entziffern. Die beiden Zeichen haben die Aussprache pe-sit „der Pfeil", koptisch ni c«.')', ncoOTe, nco-re sngittn, telum. Wir hahen bier die S. 664 Bd. X besprochene ägyptiseb- demotische Bezeichnung des Schulzen im Tbierkreise vor uns.

(13)

Brugsch, über ein neu enldeckles aslron, Denkmal a, d. iheb. Nekr. 25

Ks ist auf den ersten Blick ersichtlich , dass in diesen drei Ord¬

nungen der Planelenstellungen von einem Zusammenhange gar

nicht die Rede sein kano: vieluiehr mUssen wir mit dem scharf¬

sinnigen Verfasser der Kinleitung in die Chronologie der Aegypter

annehmen, dass die Urheber der in Rede stehenden Denkmäler

eine bestimmte Kpoche im Sione gehaht haben, in welcber die

Planeten in dem Zodiakalbande die monumental überlieferten Po-

sitiooen eingenommeo haheo. Ks ist .Sache der Astronomen diesen

Punkt in dem Leben des Tentyriten zu berechnen. Offenbar wird

es darin die Geburts- oder die Sterbestunde sein.

Die Figuren der Planeten , voo denen bisjetzt gesprocben

wordeo ist, fiodeo sicb io der Todtenlade des H'e ter ausserdem

in sehr deutlich erkennbaren Abbildungen auf der Nachtseite iu

dem Felde E der astronomischen Tafel vor, obwohl daselbst

durch das Bild eines Sperbers, auf einem Pyloo sitzend, ver¬

mehrt, dessen Bedeutung mir dunkel ist. Voo den fünf übrigen

Figuren treten sofort in den Vordergrund der stierköpfige H'or-

pe-kä (s. f) „Horus der Stier", die ägyptische Benennung des

Planeten Saturn, und das Bild des B e n n u - Reihers , des Phönix

der .Alten (s. h) , das, wie ich bereits in meinen frUberen astro¬

nomischen Studien gezeigt habe, auf den Denkmälern älterer Zeit

den Planeten Venus vertritt. FUr die drei männlichen Figuren c,

mit Sperberkupf , e und g, sämmtlich wie flu Barken einherfahrend uud charakteristisch als Q(xßäocp6goi ,, Scepterträger " dargestellt

(s. Lepsius Kinleit. S. 83), bleiben somit die drei Planeten Ju¬

piter, Mars und Mercur übrig. Wenn man geneigt sein muss in

der ersten Figur, dem Mann mit Sperberkopf, den auf allen

Denkmälern durch seine hervorragende Stellung ausgezeichneten

Planeteo H'or-pe-setä oder Jupiter wiederzuerkennen, so ist

die zu treffende Wahl hei den beideu andern , e und g schwie¬

riger. Wir werden aber wobl nicht sehr irren, wenn wir mit

Bezug auf die soostige Folge der Planeteugötter in e eiue Dar¬

stellung des rotben Horus, H'or-teser, oder des Mars, io der

Figur bei g dagegen eine solche des Sebek oder des Planeten

Mercur vermuthen. Ks ist sehr zu bedauern, dass der ägyptische

Schreiber (offeobar aus Mangel ao Raum) bei den Figuren der

Planeten , sn wie bei allen übrigen astronomischeo Bildern , von

denen weiter unten gesprochen ist, in den Feldern daneben die

hieroglypbiscbe Bezeichnungsweise vergessen hat anzuführen. Man

würde dadurch sogleich eio bequemes Mittel erhalten hahen die

fraglichen Bilder, obwohl dereo Zahl sehr gering ist, näher zu

bestimmen.

Nächst den Planeten sind es die Hauptcoostellationen des

ägyptischen Himmels, die bereits Bd. Xi dieser Zeitscbrift zum

Theil besprochen worden sind , welche in dem Sarggemälde des

H'e ter eine hervorragende Stellung gefunden haben.

(14)

26 Brugsch, über ein neu entdecktes aslron. Denkmal a. d. theb. Nekr.

In dem Räume zwiselien dem Kopfe nnd dem linken erho¬

benen Arme der Göttio Nut zeichoen sich, leicht kenntlich an

ihren besonderen Merkmalen, die Sternbilder des Orion und des

Sirius aus. Der erstere ist, wie üblich, als Osiris abgebildet,

der sich mit ausgestrecktem Arme umwendet und in einer Barke

einherfährt (s. a) welche auf mehreren Denkmälern den Namen

ua oder zä-n b'ä-u wörtlich „Barke der Glieder" führt. Ihm

zunächst steht in der Barke die Göttin isis in ihrer besooderen

Auffassung als Sopd oder Sothis d. h. .Sirius.

Weoo sich Uber die drei .Sternbilder auf der entsprechenden

gegenüberliegenden Seite der astronomischen Darstellung nichts

bestimmtes angeben lässt, so sind wir dagegen in grösserem

Maasse Uber die Bilder in dem Felde F von anderen Denkmälern

älterer und jüngerer Zeit belehrt.

Vor allen zeichnen sich darin aus: 1) das stehende Nil¬

pferd (i) mit dem Messer in der Hand, oder wie es auf deo alt¬

ägyptischen Denkmälern genannt wird, die h'csmut, eine Con¬

stellation , zu welcher eine grosse Masse von Sternen unseres

Drachen gehören (s. Bd. X S. 665 dieser Zeitschrift). Vor

diesem befindet sich 2) (und zwar bei k in der Zeichnung) der Stier¬

schenkel cheps oder mes-chen, ein bekanntes Sternbild, das

unserem grossen Bären entspricht. Beide Coostellationeo ,

h'es-mut und cheps, befinden sicb auf dem Rundbilde in Den¬

dera, bei c und d auf meiner Copie im Bd. X der Zeitschrift.

Das dritte Bild, der sperberköpfige Gott, welcher mit einem

Speer auf den Stierschenkel lossticht (bei l), ist eine Zugabe,

die deu jüngeren Denkmälern astronomischer Natur fremd ist,

dagegen schoo in der Ramessidenzeit sebr deutlich nachgewiesen

werden kann, woselbst der io Rede stehende Gott deo bedeu-

tungsvolleo Namen an „der ümkehrer, ümwender" führt, ich

verweise in dieser Beziehung auf die astronomischen Darstellun¬

gen aus den Königsgräbern PI. XIX und XX meines Recueil de

monuments egyptiens. Da sich die folgeoden Figuren, nämlich

bei m der liegende Löwe und-bei n das Krokodil gleichfalls

auf den Denkmälern, und zwar bereits älterer Zeit, in der Näbe

der eben beschriebenen Coostellatiooeo vorfiodeo, so ist es höchst

wahrscheinlich, dass sämmtliche astronomische Figuren benachbarte

Sternbilder in der Nähe des Poles bezeichnen, in dessen näch¬

ster Nähe das Sternbild h'es-mut zu suchen ist. Die einzigen

Variationen liegen in der Stellung der Figuren zu einander, wo¬

bei der Gott an „der Wender" das entscheidendste Moment zu

sein scheint.

An der Decke des Tempels Ramses' II. auf der westlichen

Seite Thebens (des Osymandyeum der Alten) befindet sich die

ganze Darstellung zwischen dem ersten und letzten ägyptischen

Monat oder dem Toth und Mesori; offeobar eine Anspielung auf

die Erneuerung gewisser siderischer Erscheinungen am Schlüsse

(15)

Brugsch, über ein neu enldeckles asiron. Denkmal a. d. Iheb. Nekr. 27

eines alten und an der Grenze eines neuen Jahres. Indem ich

eine solche oder äholiche Bedeutung jeuer auf den Denkmälern

älterer und jUngerer Epoche wiederkehreoden Zusammenstellung

astronomischer Elemeote unter der Gestalt typischer Bilder nur

vermuthungsweise auszusprechen im Stande bin, so habe ich auf

der andern Seite während meines zweiten Aufenthaltes in Aegyp¬

ten uicht versäumt mit möglichster Treue und Gewissenhaftig¬

keit alle Beispiele, welche sich mit den besprocheoen astronomi¬

schen Gegenständen beschäftigen , auf den Denkmälern zu copi¬

ren , um sie nächstens der Wissenschuft zugänglich zu machen.

Was die Reihe der Uhrigen Figureo , von o his (, betrifft,

so stellt der Kynocephulus (o) und der Sperber (p) Constellatio¬

nen der ägyptischen Sphäre untergeordneten Ranges dar, wenn

nämlicb das mehr oder minder häufige Vorkommen der Bilder auf

den Denkmälern zu einem solchen Urtheil berechtigen kann. Die

folgenden vier Männer dagegen sollen der Reihe oach ,die vier,

üben S. 19 besproebenen Todtengenien Amsat (q), Hapi (r),

Däumutef (»') und (tebh'senuf (l) repräsentiren, deren besondere

astrooomische Bedeutung hereits auf den astrooomischen Decken¬

bildern aus der neunzehnten und zwanzigsten Dynastie klar er¬

wiesen ist.

Zum Schlüsse meiner kleinen Arbeit mache ich noch ins¬

besondere auf die Darstellung der strahlenden Sonne üher dem

Haupte, so wie auf das Bild in der ionern Schmalseite am Kopf¬

ende des gewölbten Deckels der Todteolade aufmerksam. Der

Verstorbene, H'eter, befindet sich bereits in der Barke der

Sonne und betet mit emporgehobenen Armen den Gott R d in

seiner Scheibe an. Die hieroglyphische Beischrift ist folgenden

Inhaltes: zä-t n benu au ahet Osiri au Dedu „das Fahren

„des Benu-Vogels (des Phönix) nach Abydus und des Osiris nach

„Mendes". Diese Legende beziebt sich offenbar auf das 100.

Kapitel des Turiner Todtenbuches , welches die Ueberschrift

trägt: „Kapitel voo der Bewilligung, dass sich vereinige die Seele

„des Verstorbeneo (sc. mit Ra) uod dass sie einsteige in die

„Barke des Sonnengottes sammt seinen (des Sooneng.) Beglei-

„tern," und welches hernach beginnt: ,,So spricht der Osiris

„N. N. : Ich fahre deo Phöoix (bennu) nach Abydus und den

„Osiris nach Mendes. Ich - habe geöffnet die Quelle des Nil-

„stromes und habe freigemacht die Bahn der Soooenscbeihe."

Die Vignette des genannteo Kapitels zeigt die Sonnenbarke, in

welcher der Verstorbeoe den Gott Rä (wie in unsrer Darstellung

mit Sperherkopf abgebildet] und den Bennu-Vogel nach den Sym¬

bolen der Städte Abydus und Mendes, zwischen denen sich eine

Osirisgestalt befindet, hinrudert.

Hiermit schliesse icb meine erklärenden Bemerkungen über

die gewiss seltene und der Beachtung werthe astronomische Dar¬

stellung im Sarge des Tentyriten H'e ter. Es muss als ein be-

(16)

28 Brugsch, über ein neu entdecktes aslron, Denkmal a. d. theb. Nekr,

sonderer Gewinn zur Beurtheilung unserer Kenntnisse üher alt¬

ägyptische Astronomie angesehen werden, dass ich bei derMehr¬

zahl astrooomischer Bilder auf bereits geleistete Resultate ver-

weiseo konnte, die in der vorliegenden Tafel ihre neue, schla¬

gende Bestätigung erhalten; während andrerseits das Unbekannte,

vor allen die Bedeutung der fabelhaften -Thiere der vier Winde

durch unsere Darstellung ein nicht gering zu schätzendes Licht

gewinnt. Den eigentlichen wissenschaftlichen Kern des Ganzen,

die Ste!.' mg der fünf Planeten zwischen den einzelnen Tbier¬

kreiszeichen , bin ich leider nicht im Stande zu enthüllen. Dazu

gehören die Kenntnisse astronomischer Berechnungen , die mir

fehlen; vielleicht dass ein Astronom sich gedrungen fühlt diesen

zweiten , mangelnden Theil , den bei weitem wichtigeren der vor¬

liegenden Untersuchung, durch seine Wissenschaft auszufüllen.

Wenn so uoser Deokmal die Zahl jeoer lehrreicheo astrooo¬

mischen ürkundeu vermehrt, deren Bedeutung ich S. 503 des

IX. Bandes dieser Zeitschrift hervorgehoben habe, so wird mein

dringender Wunsch erklärlich erscheinen, jene Todtenkiste H'e-

ter's nicbt nur der Wissenschaft überhaupt, sondern ganz ins¬

besondere dem deutscben Vaterlande zu erhalten. Meine desfal-

sigen Bemühungen und Unterhandlungen mit dem Besitzer in

Luqsor hatten kein weiteres Resultat, als dass, in Folge meines

Urtheils über die Bedeutung des Denkmales, die Lade schleunigst

aus der Rumpelkammer entfernt, von dem anhaftenden Gipsstaub

gereinigt und an einem würdigeren Platz der Maunier'schen Be¬

hausung aufgestellt wurde. Ich verliess Theben , nachdem icb

noch vorber vom Besitzer die Erlaubniss zu einer Copienahme

erhalten batte, kebrte nacb Buropa zurück und bin über das

weitere Schicksal der Kiste in voller Unkenntniss geblieben. Ich

wünschte, meine Vermuthung bestätigte sich, dass H'eter's Sarg

in die Hände meines Freundes Mariette und durch ibn in den

Besitz des ägyptischen Museum im Louvre gekommen sei.

(17)

29

Das Dhammapadam.

Die älteste buddhistische Sittenlehre.

Uebersetzt von

Ur. Albrecht Weber.

Vorwort.

Unter dem Namen Dhammapadam, Lehrsprüche '), liegen uus

423 Strophen in Päli vor, welche zu deo ältesten und kostbar¬

sten Dokumenten der buddhistischen Literatur gehören. Nach

den Angaben des c. 420 p. Cbr. in Ceylon verweilenden Buddha¬

gbosa, in seinem ausführlichen Commentar dazu, haben diese

Verse sämmtlich als Aussprüche Buddha's selbst zu gelten , und

theilt er darin für einen jeden derselben die betreffende Veran¬

lassung unter genauer Angabe der Binzeinheiten, oft in höchst

interessanter Weise, mit. Wie wenig ftewicht man nun aucb

im Allgemeinen auf diese einzelnen Legenden zu legen habeu

wird ^), so ist doch jene Tradition an und für sich, welche die

Verse auf Buddha selbst zurückführt, durchaus nicht voo der

Hand zu weisen. Ihr Inhalt nämlich steht dazu in solchem Bin-

klang, dass es in der That höchstwahrscheinlich ist, dass wenn

auch nicht alle, so docb ein guter Tbeil dieser Strophen ent¬

weder wirklich direkt so aus Buddha's Munde hervorgegangen

sei, oder doch weoigstens Aussprüche von ihm enthalte, die

seine Scbüler in metrische Form brachten^). Wanni, wo? und

durch wen? dann aber die vorliegende Sammlung derselben '')

stattgefunden bat, bleibt damit noch unerledigt. Da indessen in

1) Siehe die Note zu v. 44.

2) Entsprecbend etwa wie auf Legenden über Christus ans dem neunten oder zehnten christlichen Jahrhundert. — Einige dieser Legenden sind in der That wohl nur aus missverstandenen Worten des Textes enlslanden, vgl. 166. 227, ähnlich wie dies bei den angeblichen Verfassern vcdischer Verse so oft vorkommt. S. auch das zu 141 Bemerkle.

3) Wenn der verdienstvolle Herausgeber des Dhammapadam p. Vll seiner Vorrede meint, die Verse des Dhammapadam wie der Jätaka seien „Frag¬

mente älterer Schriften, weiche Gotama Samana excerpirt hahe",

so scheint mir dies denn doeh elwas zu weil gegriGTen.

4) 8, V, 44. 45.

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