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482

Zur Geschichte von Assur und Babel.

Ethnographisches.

Von

Herm Stsdlritk A. 8cheuehcer in Zürich.

Es ist längst anerkannt, dass , um in die assyrische Ge-

schichte, in welcher man sich fast durchgehends zwischen den

Widersprüchen der verschiedenen Autoren bewegen muss, Licht

und Zusammeubang zu bringen, zwei Epochen scharf auseinander

zu halten sind; die Auflösung der assyrischen Herrschaft Uber

die ibr mebr als ein halbes Jahrtausend unterworfen gewesenen

Völker des oberen Asieus, und der Untergang des Reiches von

Ninus, welcber mit der schliesslichen Einnahme dieser Haupt¬

stadt zusammenfällt. Die Unterscheidung dieser beiden Wende¬

punkte des Verlaufs assyrischer Geschichte ist der wesentliche

Vorzug der Nachrichten Herodots. Nacb dem grossen Abfall der

Unterthanen waren die Assyrer auf sich seihst beschränkt; sie

besassen indess noch ihre zwei Metropulen Ninus und Babylon.

Allein das Reich ist nunmebr nach denselben in zwei Theile ge¬

spalten. Daa Reich von Babylon war ebensowohl ein assyrisches,

wie dasjenige von Niuus. Babylon war ebensowohl eine eigent¬

licbe Metropole Assyriens, als Ninus. Herodot (Ib. 1, 178. 188.)

und Strabo (Ib. 16, pag. 743. Cas.) bezeugen es ausdrücklich.

Der erstere sagt u. a. (Ib. 1, 102), Phraortes sei gegen die

Assyrer gezogen , und zwar gegen diejenigen Assyrer, welche

Ninus besassen. Es gab also noch andere Assyrer, eben diejeni¬

gen von Bahylon, welche man über denen von Ninus fast ver¬

gessen zu wollen scheint. Wir sind also wohl befugt, von zwei

assyrischen Reichen zu sprechen, in welche sich die Nation nach

jenem Schlage spaltete. In welchem Verbältniss standen nun

diese zwei Reicbe zu einander) Man hat öfter angenommen, die

babylonischen Könige seien blosse Statthalter der Nineviten ge¬

wesen. Allein ausdrücklich ist dieses nur von Sanherihs Sohn

berichtet. Von den Uebrigen wäre es erst zu erweisen. Dass

z. B. Salmanassar die Suprematie über Babel besessen habe, lässt

sich nicht ohne weiteres aus 2 Kön. 17, 24. dartbuo. Der König

von Assur, welcher Colonisten aus Babel nach Samaria ver¬

pflanzte, kann ebensowohl Asarbaddon sein (vgl. Esra 4, 2).

(2)

Scheuckier, sur Geschichte von Assur und Bahel. 483

Die Vergleichung der Fragmente des Beroens mit den Königs¬

namen des Kanon und der Bihet ist hier vorzugsweise massgehend.

Die Bibel neont sechs Köuige von Assur. Dieser Titel lässt es

aber ungewiss, ob ein solcher in Ninive oder in Babel, oder über

beide Reiche regierte. Denn auch der König vun Babel ist als

solcher schon König von Assur. Im Allgemeinen lässt sich über

obige Frage so viel sagen, dass das Reich von Babylon seit der

Aera Nabonassar's längere Zeit 'hindurch unabhängig vom nine-

vitischen war. Zur Zeit Sanlierib's stehen die heiden Reiche in

entschieden feindseligem Verhältniss zu einander. Der Kampf

entscheidet sich zu Gunsten von Ninus. Beide assyrische Reiche

sind seit Asordanes wieder in Biner Hand vereinigt und bleiben

es bis zum Fall von Ninus. Mit Ninus gebt der eine Theil der

wiedervereinigten Monarchie verloren. Aber noch hört das assy¬

rische Reich nicht auf zu sein; noch ist ihm die andere Metro¬

pole, Babylon mit seinem Gehiete, geblieben. Der Abfall Nabo¬

polassar's geschah in dynastischem Interesse. Babylonien blieh

der Nation erhalten und gelangte unter der neuen Dynastie sogar

zu glänzender Machterweiterung. Erst mit dem Fall der zweiten

Metropole hat das assyrische Reich sein Ende erreicht.

Wenn wir das Reich von Bahylon auch nach dem Falle von

Ninus ein assyrisches nennen, so scheint diess im Widerspruch

damit zu stehen, dass wir um jene Zeit eine Herrschaft der

Chaldäer in Babylon finden. In welchem Verbältniss standen As¬

syrer und Chaldäer zu einander'? Lässt sich über Herkunft und

Nationalität der Einen und der Andern etwas Sicheres ermitteln?

Was zuerst die Assyrer betri£Pt, so führen die Nachrichten

der Klassiker dieselben gleich als ein eroberndes, herrschendes

Volk auf, lassen es aber im Ungewissen, woher sie ursprünglich

gekummen seien. Babylonien war nach Ktesias ihre erste Er¬

oberung, nicht ihre ursprüngliche Heimath. Dort, auf dem Bu¬

den eines uralten Reiches, welches die Bibel nnch Nimrud be¬

nennt, fanden sie eine kuschitisclie Bevölkerung vor. Von dort

aus geschah ihre weitere Ausbreitung. Ninive ward der Bibel

zufolge von Sinear aus gegründet; also kann die Landschaft, in

der Ninive lag, wo man sie auch suchen müge, nicht als ihr

Stammland gelten. Welches war denn ihre ursprüngliche Heimath?

Wir erlauhen uns eine Vermuthung hierüber.

Untei" den Königsnamen des Kanon, welche nach dessen

Ueberschrift und dem Ohigen zufolge als assyrische betrachtet

werden dürfen, ist der Name Poms besonders bedeutsam. Einen

Poms, König von Assur, kennt auch die Bibel. Oder sollte nicht

dieser Name ganz regelrecht in das hebräische Phul umgeschrie¬

ben werden können? Wir halten übrigens den Phul der Bibel

nicht für den Mitregenten Chinzir's, sondern glauben anderswo

nachgewiesen zu haben, dass Phul kein anderer König uls Nabo¬

nassar selbst sei. Pdruz , Pdru ist Name eines der Stammväter

(3)

484 Scheuchzer, xur Geschichte von Assur und Babel.

der fünf indischen Stümme und weist nuch dem Gebiet der ari¬

sclien Inder, zunKcbst nacb dem Penjäb hin. Hier wohnten die

Völker, welche von den Indern in Madhyade^a als Bähtka be¬

zeichnet werden, d. b. als Völker, die zwar mit ihnen stamm¬

verwandt wuren, aber ausserhalb des heiligen Landes wohnten,

und ohne dus hrahmanische Gesetz zu beobachten lebten.

Zu diesen Bähika gehörten u. a. die Oxydraker, die zu

.Alexanders Zeit im Penjäb nnd zwar zwischen dem Akesines und

Hydaspes und his zum Indus hin wohnten. Lassen (Ind. Alt. II,

S. ll'i.) glaubt, dass sie erst in einer relativ spätern Zeit dahin

eingewandert seien. Sie kommen nämlich in verschiedenen Ge¬

genden vor. Plinius (H. N. VI, c. 10. s. 18.) nennt sie zwischen,

den Derbikern am Oxus und den Baktrern, also viel weiter nach

Norden. .So erwähnt sie Ptolemäus (VI. c. 12, 4) unter dem

Namen 'O'^vdQÜyxui ih Sogdiana. Ihr Name kommt in mehrfachen

Formen vor. Strabo (Ih. \h, p. 687. 701.) nennt sie ^vögay.ni.

üass diese mit den Oxydrakern identisch sind, erhellt daraus,

dass beide in derselben engen Verbindung mit den Mallern zu¬

sammen genannt werden. Wegen der Umgebung, in welcher sie

aufgeführt sind, lassen sich auch die 2y.odQOt oder 2xväQoi des

Dionysius Periegetes ( v. 1142.) mit jenen identificiren. Diese

■Form ohne anlautenlien Vokal schliesst sich an Xudraka, den

Sanskritnamen der Oxydraker an. Das Fehlen der Ableitungs¬

sylbc ka ist unwesentlich. Das strabooische 2vdQa- xat weist

ferner darauf hin, dass man auch die 2oögui Diodors (ib. 17, 102.),

welche unterhalb der Einmündung des Pancanada in den Indus

wohnen, und die 2vdgoi im nördlichen Aracbosien (Ptolemaeus

VI, 20, 3.) als möglicherweise damit zusammengehörend herbei¬

ziehen darf, ohschon Lassen (Ind. Alt. I, 799 f.) die letzteren mit

den .^ddra zusammenbringt. Von den SvSquüui hinwieder sind

wobl nicht verichieden d'ia'^YSguy.at oder die indischen Miethstrup-

pen der Perser (Strabo Ih. 15, p. 687.). — Nun vermutben wir,

dass zwischen den Oxydrakern und Assyrern Zusammenhang he¬

steht. Aus 'O'^vSijH konnte im .Munde des Hebräers wohl Assur

werdeo, worin d sich dem folgenden r assimilirt hat. 2vdgoi

aber, oder Sudgai verhält sich zu 'O'^vägn-xat wie Sijgioi zu

^AaavQioi, wovon erstere; nur eine anfänglich ganz gleichbedeu¬

tende Abkürzung ist. Nach Strabo (Ih. 16, p. 7S7. ) gab es ja

Historiker, vrelche die Beherrscher von Bahylon und Ninus ge¬

radezu Syrer nannten.

Die Oxydraker sind als Bähika ein Volk ariscber Abstam¬

mung. Sie sind, aus ihrem Vorkommen in Sogdiana zu scblies¬

sen, wie andere arische Stämme aus Iran nach den Indniländern

eingewandert. Lässt sich nun uuch die arische Abstammung der

Assyrer nachweisen, se ist freilich der Beweis der Zusammen¬

gehörigkeit dieser beiden soweit entlegenen Völker noch lange

nicbt geleistet, aber doch ein erstes Hinderniss weggeräumt,

(4)

Scheuchter, zur Geschichie von 4ssur und Babel. 485

welches unsere Vermutht/ug von der Identität heider von vorne¬

herein ausscliliessen iniisste. Es war einzig die schlichte Wahr¬

nehmung, dass Oxydra- und Assur Namen sind, die sich voll¬

ständig decken und identisch sein künnen, welche uns auf jene

Vermuthung geführt hat. Wir glaubten sie aher aussprechen zu

sollen, weil es sich wohl der Mühe lohnt, jede Spur zu verfol¬

gen, welche einen neuen Anknüpfungspunkt zwischen dem ari-

ichen Indien und dem westlichen .Asien hieten könnle.

Die Frage über die Nationalität der Assyrer ist in neuster

Zeit so entschieden worden, dass man sie entweder geradezu

als Semiten, oder doch als ein Mischvolk mit überwiegenden

semitischen Elementen hetrachtet ( M. v. Niebubr, Gesch. Assurs

und Babels S. 146. 321.). Und gewiss hat bei den Assyrern,

seit sie sich bleibend in sog. semitischen, oder vielmehr hamiti¬

schen Ländern niedergelassen, eine starke Miscbung mit sog.

semitischen Elementen Statt gefunden. Hier kommt weniger in

Frage, was die Assyrer im Lauf der Jahrhunderte geworden sind,

als wer sie ursprünglich waren. — Wenn aus Personennamen

ein Schluss auf die Nationalität gestattet ist, so ergäbe sich die

arische Herkunft der Assyrer aus ihren uns erhaltenen Naincn.

Schon längst hat man das arische Element in den Namen des

Regentenknnun »oerkannt. Wir wollen nicht behaupten, dass alle

diese Namen arisch, es mügen auch sog. semitische darunter sein.

Indess müchten wir zu ihrer Erklärung aus dem arischen einen

Beitrag liefern.

Xii'l^ipoi liesse sich mit skr. hinsra reissendes Thier, zu¬

sammenstellen, wenn man die assyrischen Namen unmittelbar aus

dem Sanskrit herleiten dürfte, und ihnen nicht das Zend eine

Stufe näher stände. .So ist zunächst an skr. sinha Löwe, zu

denken, welchem zend. hinzu entspräche. Beide Wörter führen

übrigens auf denselben Stamm bins verletzen, tödten zurück.

Wie die indischen Fürsten oft mit Tigern und Löwen verglichen

werden, so wäre der Löwenname aucb einem assyriscben Fürsten

als ehrenvolle Auszeichnung beigelegt.

MuQÖoxmnaSog wird, glauben wir, irrig geradezu mit Mero¬

dach Baladan identilicirt. Es sind zwei verschiedene Zusammen¬

setzungen, die nur den ersten Theil miteinander gemein haben.

Mardokempad halten wir für Mardokanaüui paiti (skr. pati) Herr

der Mardoka's (gen.' plur.). Wer aber diese Mardoka's seien

zeigt wohl die andere Zusammensetzung Merodach Baladan, d. b.

Merodach der Bala-Tödtcr; bala entweder verhärtetes vala Wolke,

oder geradezu skr. bala die personificirte (feindselige) Macht,

ein Dämon wie Vpitra, die den Segen der Regenwolke zurück¬

haltende Gewalt, dan von der Wurzel 'dhan = bau tödten. 1st

sonacb der Bala-Tödter dem Indra vergleichbar, der mit seinem

Blitzstrahl die Wolken öffnet, dass sie den Regen berabgiessen,

was liegt denn näher, als bei den Mardoka's an die Marut's zu

(5)

486 Scheuchxer , zw Geschichle von Assur und Babel.

denken, die Windgottheiten, die dem Indra in seinem Kampf

gegen den Wolken- oder Schlangendümon heislehen? Mardo¬

kempad wäre sonach ein assyrischer Rudra, der gefürchtete Be¬

herrscher der Sturmwinde, Marutfiirst. Er heisst aher auch gerade¬

zu-Merodach, d. i. der Marutisclie schlechthin, ein Gott ersten

Ranges in Bahylon, neben Bei (Jerem. f>0, 2.).

Wie die Marut's vom Zerreiben, Zermalmen (Wurzel mri

und mridj henannt sind, so waltet diese appellative Bedeutung

in MiaTjOifiogdaxog vor, welches vou Hitzig gewiss treffend durch

Zertreter der grossen Schlange erklärt worden ist (Ztschr. Bd.

Vlll, S. 217.). Nur ist Mardok, Mordak, Merodach zunächst

eine Ableitung von Marut mittelst der Ableitungssylbe ka.

Evil-.Merodach, EvnXf.iaQaäov/og (Joseph, c. Ap. 1, 20.),

die vierte Zusammensetzung dieser Art, möchten wir in ihrem

ersten Theil mit hu-vira (skr. su-vira) vergleichen und sonach

das Ganze erklären als der heldenreiche oder heldenkr^tige Ma¬

rut, d. h. ZermaTmer.

'IXovXtnog mag ein semitischer Name sein, wie 'ElovXaTo;,

der tyrische Künig zur Zeit Salmanassars. Wenn indess Benfey

(Monatsnamen, S. 126. 180, Anm. 1.) den Monatsnamen Elul mit

zend. haurvat vergleichen konnte, da cerebrales t mit 1 wecbselt,

so mag auch für llulaeus eine ähnliche Ableitung« etwa von zend.

aurvat Renner, Pferd, möglich bleiben, wohei sicb an daa Son¬

nenpferd Arvan der Veden denken lässt.

Nadiof und !/igy.iuro( haben wohl ähnliche Bedeutungen : der

zn Preisende und der Besungene. Nadius von ^nad tönen, prei¬

sen, nädya. Arkean etwa von /pb, ric, ein Particip. pass,

arkyäna besungen.

BrjXißoc und PtjyfßTjXog enthalten, so scheint es,' den Namen

des Gottes Bei. In letzterem Namen könnte überdies ein räjä,

König, stecken. Wir fangen freilich an zu zweifeln , dass der

babylonische Bei ursprünglich identisch mit dem kanaanitischen

Baal gewesen und nicht vielmelir erst durch spätere Synkrasis

mit demselben verschmolzen worden sei. ünter den Wörtern,

die hei der Erklärung aus dem Arischen in Betracht kommen

könnten, führen wir an zend. vairya, nach Burnouf derjenige,

von welchem man Gewährung seiner Wünsche erflehen muss,

also gleichsam ein personiilcirter Wunsch wie in unserem Alter¬

tbum. Zunächst heisst vairya der Anzubetende, das entsprechende

skr. värya das Erwünschte, das höchste Gnt. Belibus erinnert

an eine Form wie varivas Verehrung im Sinne von Geschenk,

Segen. Wir brauchen knum zu bemerken, dass diese Deutungen

nur Versuche sind, den Sprachkennern, deren Aufmerksamkeit

wir auf diese Namen lenken möchten, znr Berichtigung und Er¬

gänzung vorgelegt.

l47iaQuruäiog wird kaum etwas anderes sein als: ein anderer

Nadius, wie wir sagen Nadius II.: apara =s alius.

(6)

Scheuchzer, zur Geschichte von Assur und Babel. 487

Nun die mit Nebo zusammengesetzten Namen. Vor allem

Nebukadnezar, wobei wir die Form Nabucodrossor zu Grunde

legen, wie jn aucb die Kibel eine Form Nebucadrezzar kennt.

Wir tbeilen Nabu-cod-rossor. Nabu bringen wir mit skr. napät,

zend. napa (Nominativ napö) zusammen. Die eigentlicbe Be¬

deutung dieses Wortes ist Bnkel , in den Veden gewöbniicb

binter apäm , Knkel des Wassers , eine Bezeichnung des Feuers,

nach der Vorstellung, dass das Feuer aus dem Wasser, der Blitz

aus der Wolke erzengt werde. Den letzten Theil rossor halten

wir für eine Ableitung der Wurzel ruc leuchten, wovon sich skr.

rucira, leuchtend, fiudet. Der mittlere Theil cod ist längst mit

persischem khodä verglichen worden, dieses bekanntlich aus zend.

qadhäta scibsterschaffen , unerscliafi'en — entstanden. Nabucod-

russor wäre sonach: das Fener, der leuchtende Gott. Wir setzen

dabei freilich voraus, dass die Vorstellung vom Feuer als Enkel

oder .Spross des Wassers den Ariern so geläufig gewesen sei,

duss sie beim Ausdruck ,, Spruss", besonders wenn in Verbindung

mit dem Begriff des I.,euclitens gesetzt, gleich an das Wasser¬

erzeugte Feuer dachten, auch wenn die Bezeichnung apSm weg¬

blieb, so dass das Wort napö, „Enkel" als stehende Bezeichnung

des Feuers galt. Agni heisst mitunter geradezu: der kräftige

Enkel, ohne dass apäm beigefügt ist. Stellte sich dies als un¬

statthaft heraus, so liesse sich Nabo vielleicht als skr. nabhas

(nahlio), Wolke, Uimmel, fassen, und der Name Nabukodrossor

wäre zu erklären als: der unerschaffene (qadhäta) leuchtende

Aether, wobei die. Vorstellung vun dem glänzenden Leibe des

Varuua zu Grunde läge.

Der erste und letzte Theil des Namens Nabu-cod-rossor

findet sich in Nabonassar, das wir gleich Naborassar nehmen,

mit Vertauschung der liquidae n und r. Dem Obigen zufolge

wäre die Bedeutung : leuchtendes Feuer, oder der leuchtende Aether.

— In Ivahorosoarcbod ist cod -rossor umgestellt, labo = nabo,

wie Labynetus gleich Nahonedus. Nabonadius, der preiswürdige

Nebo, io einer der vorgeschlagenen Bedeutungen: f'euer oder

Aether.

Für die Deutung von Nabo als uaptar apäm spricbt viel¬

leicht die Zusammensetzung Neboschasban (Jerem. 39, 13). Für

den zweiten Theil derselhen bietet sich Choaspes, skr. sva^va,

„mit schönen Pferden versehen", cho aus hu=8u entstanden. Dem

naptar apäm, dessen gewöhnliches Beiwort aurvatu^pa, ,,der mit

raschen Pferden" ist, entspräche Nebo mit schönen Pferden.

Wasser und Feuer durchdringen sich in diesen Vorstellungen

wechselseitig. Das aus dem Wasser geborne Feuer mehrt hin¬

wieder als Agni „die Tropfen des Wassers." Durch die Wasser¬

quellen aber werden schöne Pferde gezeugt; daher könnea diese

dem Nebo in solcber Verbindung zugeschrieben werden.

Nabopolasar und Thiglath-pileser haben den zweiten Tbeil

(7)

488 Scheuchzer , zur Geschichle von Assur und Babel.

der Zusauiinensetzung mit eioander gemein, Tbiglatli hat schon

Gesenius ' für identisch mit dem Namen Tigris gehalten, der im

Persischeo Pfeil hedeutet, von der Wurzel (ik laedere , tig, tij,

schärfen. Pileser, Polasar »st uns puras-gara, Burgen, Wolken-

Spalter, von ^ri findere, pur, Feste. Der erste Name wäre also:

das Feuer — der zweite: der Pfeil des Blitzgottes, der die

Festen oder Wolken spaltet.

Nergal-scbarezer (Jerem. 39, 13.), derselhe Name wie Nt/-

QtyaaaoXaaaagog, in welchem das schliessende I in Nergal dem fol¬

genden s assimilirt, die liquidae r und I in scharezer vertauscht sind. Für nergal, transponirt rengal, bietet sich >^ rij , rösteni

fiiij , glühend. Die Ableitung rinjra , welcber rengal geradezu

entspräche, findet sich freilich im Sanskrit nicht, aher doch

fijra glühend. Nergal, wenn man die Versetzung vun r und n

JUigiebt, wäre sonach: der Fenerrothe, Glühende, später Be¬

zeichnung des Planeten Mars; ITvQSfig; in der alten Zeit gewiss

ein Beiname Agni's. — Scharezer könnte man versucht sein

in sor-ezer zu trennen und „Herr des Feuers" zu erklären , ezer

für skr. athar, zend. ätar, Feuer, genommen. Allein wir (rennen

lieber schar-rezer und fassen rezer als skr. rucira , leuchtend,

wie in Nabukodrossor, schar durch den Uebergang von schahr

aus kbshatra, Herrscher entstanden. Das Gante biesse: „der

Glühende (Agni), der leuchtende Herrscher".

Es versteht sich wobl von selbst, dass bei dieser Zusam¬

menstellung mehrerer Formen desselben Namens die Identität der

Personen, die denselhen Namen trugen, nicht behauptet sein soll.

Wenn man sicb mehr und mehr überzeugt, dass man bei

diesen assyrischen Namen auf dem Boden vediscber Anschauun¬

gen steht, so lässt sicb auf den Kreis dieser Vorstellungen von

dem Kampf des blitzführenden Gottes mit deUi Wolken- oder

Schlaiigendämon auch noch der Name des assyrischen Feldberrn

Tharthan ^''^saj. 20, 1.) beziehen. Tbortban ist wohl der

Scblangenbezwinger Thradtaona, der Held Feridun. Sollte nicht

von diesem Heros der iranischen Mythologie auch die Völker¬

schaft der Dardanier benannt sein (Herodot 1, 189.), durch deren,

Gebiet der Gyndes floss? Gyndes, der laut rauschende, bn-nada,

von /nad tönen, wie kbpsrau aus hu^ravd.

Wenn wir naeh dem Bisherigen die Assyrer als ein ur¬

spriinglicb arisches Volk betrachten, was lässt sich über die Na¬

tionalität der Chaldäer sagen? Eine besondere Schw{ierijg;keit

scheint uns darin zu liegen, genügend zu erklärep, ' wie di«

Griechen dazu gekommen sind, den hebräischen Namen Khasdim

durcb XuXduToi wiederzugeben. Darüber weiterbin Einiges. Für

jetzt lassen wir den Chaldäernameu bei-Seite und halten uns an

das biblische Khasdim.

Wie schön berührt finden wir gegeit JSDde des 7. Jahrhun¬

derts vor, Chr. eine Herrschaft der Khasdim in Babel. Die Assyrer

(8)

Scheuchzer, zur Geschichle von A*$ur und Babel. 4g9

siod. in deo Hintergrund getreten. Statt der Gefabr vor Assur

zittert Palästina jetzt vor den Kbasdim. Wer sind denn diese

Kbasdimi Ks drängt sicb die Wahrnehmung auf, sie seien auch

dem Worte nach nichts anderes als die Kscbatrija's von Babjlon.

Kbasd, anders punktirt khsad, halten wir für dasselbe Wort wie

zend. kbsbaeta, skr. ksbaita, wie das mehr abgeleitete k'bsbaya-

tbiya der persischen Keilschriften. Die Bedeutung alier dieser

Pormen ist Herrscher, oder zum herrschenden Stamm gebörend,

von der gemeinsamen Wurzel kshi herrschen. Das mit obigen

gleicbbedeutende skr. ksbatriya kommt eunächst von kshatra,

Herrschaft, einer Ableitung derselbea Wurzel kshi mittelst der

Ableitungssylbe tra. Das persische k'bsbayutbiya muss jedenfalls

diese weitere Bedeutung neben der engern : König, gebabt haben.

In der grossen Inschrift von Behistun und in der von Rawlinson

mit A bezeichoeten .ersten der kleinem (Journal of the royal

asiat. soc, vol X., p. I. u. XXIII.) zählt Darius seine Vorfahren

auf und sagt, achte seines Geschlechtes seien k'sbayathiyo ge-

wesen. Dieses sollte man nicht mit reges übersetzen; denn ge«

rade die Aufgezählten waren nicht Könige, wobl aber ^Glieder

des berrscbenden Stammes, principes (vgl. Herodot, Ib. VW, 11.).

Die genannten Formen khsba^ta, ksbaita, k'bshayatiya glauben

wir nun nicht bloss in dem hehr, kbasd oder khsad zu erkennen,

sondern wir halten dafür, aucb die Griecben haben dieses Wort

mit Umstellung von ksh durcb 2xv9-tjs wiedergegeben. Nun

versteben wir, wie man sagen konnle: Persae qui suot origiui-

ttts Scytbae (Ammian. Marceil., Ib. 31, 2.). Ihre k'bshayatiya,

denken wir, waren eben diese Skythen, und Veranlassung, dass-

mso das ganze Volk so bezeichnete. Scytbae, Kbasdim begriff

nicbt die ganze Nation in sicb, sondern nur eine Abtbeilung der¬

selben, war nicht Volks-, sondern Stundesname. ^ finden wir,

dass derselbe hei unter sich gunz entlegenen Völkern vorkommt.

Oie pontischen Skoloter hatten ihre Skythen , d. h. ibre ksba-

trija's, ibren Herrseberstamm, wie die Assyrer in Babylon ibre

kbasdim, die Perser ihre' k'bsbuyathiya's. Da Herodot dem gricr

chischen Sprachgebrauch folgt, welcher den skythischen Nameo

anf die ganze Nation der Skoloter ausgedebnt hat, so bezeichnet

er den herrschenden Stumm derselben stets als die „königlichen

Skythen" (Ib. 4, 20. 22. 56. 57. 120.). Nun iat aber „kö¬

niglich" gewiss nicbts anderes als die Uebersetzung voo „Skythe",

ksbaita. Wenn wir uns dem griechischen Sprachgebrauch an¬

sehliessen, so dürfen wir die eigentliche Bedeutung von Skytbe

nicht aus dem Auge lassen, Scbon längst hat man Zusammen¬

hang zwiscben den Kbasdim Uabakuks, den ungenannten

Hirtenvölkern des Jeremias (c. 6, 3.) und den Skythen Herodots

vermuthet, die um 630 v. Cbr. das westliche Asien verheerten.

Durch obige Deutung dieser Nsmen wird die Zusammengehörig¬

keit der gepanpten Stämme näher begründet. Dies fiibrt notb»

3 2

(9)

490 Scheuchzer , zur Geschichle von Assur und Babel.

wendig auf die Frage nacli der Nationalität der Skythen. C. G.

Niebubr ist in seiner Untersuchung über die Geschichte der Sky¬

then (kleine Schriften, S. 395.) davon ausgegangen, dass nur

demjenigen Theii der weitverbreiteten Nation, der sicb nach

Buropa gezogen und sicb die Länder vom Don bis an den Ister

unterworfen habe, der skythische Name mit Recht zukomme.

Das asiatische Skythieo trage diesen Namen nur durch .Missver¬

stand der Macedonier, die den Jaxartes für den Tanais hielten.

Allein die Sache lässt sich auch umkehren. Weil die Macedo¬

nier den skythischen Namen in jenen Gegenden hörten, so konn¬

ten sie glanben, am Tanais zn sein. Jedenfalls ist die Existenz

asiatischer Skythen so gut bezeugt, dass wir ibre Erwähnung

nicht blossem Missversländniss zuschreiben dürfen. Die euro¬

päischen Skythen aber, die Niebubr alleiu als solcbe anerkennt,

erklärt er nacb den Beschreibungen, die Uerodot und Hippo¬

krates von ihrem Aussehn, Körperhau, F^ichensart und Sitten

machen , geradezu fiir ein mongolisches Volk. Nun sind ibre

Sitten allerdings abschreckend genug; es ist aber nicht zu ver¬

gessen, dass sie sich bei der Uebersiedelung des Stammes in ein

kälteres Klima wesentlich ändern konnten. .Auch M. v. Niehuhr

bält die Skytiien für Tataren (Geschichte Assur's und Babel's,

S. 124, Ann. 1. S. 150, A. 3.). Wir erblicken'in ibnen viel¬

mebr ein Glied der arischen Völkerfamilie, welcbes freilich in

der Nachbarschaft so äusserst roher Völker, wie die Androphagen

geschildert werden, ebenfalls verwilderte. Grade die uns erhal¬

tenen skythischen Worte und Namen indessen, welche oach Niebubr

Vater und Sohn den Beweis für ihre nordasintische oder tatarische

Abstammung vollenden sollen, scheinen so gebaut, dass sie wohl

noch einmal ziemlich vollständig aas uosern indogermanischen

Sprachen erklärt werden könnten. Wir machen aucb hierin einen

Versnch.

Vor allem ist der Name des höchsten Goltes der heiligen

Scbriften Zoroasters, des weisen Mazdäo, zu erkennen in Qufii-

ixaaädag und 'OxTn-uaaudr]g (Herodot, Ih. 4, 59. 80.). ddmi,

weise, welchem 6a/.it entspräche, ist freilich selbst synonym mit

Ormuzd, sodass Mazdäo als Eigenname zu fassen ist, bei wel¬

cbem die appellative Bedeutung zurücktritt. 'Oxree, der Anfang

des zweiten Namens, ist wohl zendisches aokhta oder ukhta, ge¬

sprochen, angerufen, von der Wurzel vac; also: der „Mazda"

genannte. — Dnter den übrigen von Herodot angeführten Götter¬

namen liesse sich Tußirl, die skythische Hestia, als die Himmels-

veste', das Firmament fassen, eine Ableitung der skr. Wurzel

stambh, befestigen , mittelst der weiblichen Endung ti und mit

Abfall des anlautenden s. Die Wurzel stambh wird gerade vom

Feststellen des Himmelsgewölbes in den Veden gebraoebt. —

OhoavQot bedentet vermuthlich : Bargen •, d. i. Wolkeospattor.

Mit olto vergleicht sich skr. vi^n, Veste, im Sin« von Wölk«;

(10)

Scheuchzer, zur Geschichle von Assur und Babel. 491

mit avQOi sltr. Qara von Wz. ^ri, spalten. Der skythische

OhoavQOi; würde sonach genau dem assyrischen Pileser ent¬

sprechen, und wäre dem Apollo wohl in dessen Eigenschaft als

xoitr.oQ an die' Seite gestellt. — ^xuinuats (Herodot, lib. 4, 120.)

köunte „Uerr der Erde" heissen, wenn man annehmen dürfte,

dass nehen dem sonst in skythischen Namen vorkommenden paiti,

Herr, auch die andere Form , die sich im griech. noaig findet,

gebräuchlich gewesen sei. 2y.w wäre durch skr. kshä, Erde, zu

erklären. Für 'Iduvt^vgoog bietet sicb Wz. thwercQ creare, und

skr. idä, Erde, Weise, Opfer; also etwn: Schöpfer der Erde. —

üer Name des dritten Königs, der gegen Darius focht, des

Ta'i'ixig erinnert an skr. taksb, hauen, zimmern, und könnte eben¬

falls ursprünglich ein Gottesname , Bezeicbnung des Schöpfers

als Bildner sein, ein skythischer Tvasblpi, Zimmerer, oder ge¬

radezu Takshaka, der Baumeister der Götter. — 'Agianttäijg

(Herodot, 4, 76.) erklärt sich von selbst als airya-paiti Arier-

Fürst. Dieser paiti findet sich auch im Namen Snagyunti&jjg,

bei dessen erstem Theil ollenfalls skr. sphurj , donnern , tosen,

in Betracht fiele, so dass das Ganze bedeutete: Herr des Donners,

oder des Tosens der Winde, ein skythischer Murutrürst *). —

Tagyaaog , der skythische Adam, ist wohl auch seiner Bedeu¬

tung nach der Erdgeborne', üer erste Theil liesse sich geradezu

mit lat. lerra, der zweite mit skr. jan, gignere zusammenhalten. —

Tpaanug (Herod. 4, 6.), der Name einer der vier Stämme,

klingt an skr. tura, schnell, und a^va, zend. a^pa an, also: „die

mit raschen Pferden". UuQuXurui, Bezeichnung des königlicben

.Stämmes, ist wohl eine Ableitung von einem Wort wie skr. para

esimius , vgl. lat. prae, unser: vor, für; also: die Vornebmeo,

Fürsten. — Auch andere skythische Wörter steben nicht ganz

vereinzelt in uns;ern Sprachen da: oUq, Mann'(Herod. 4, 110.),

hat skr, Viru, lat. vir, unser wer; natö., tödten, ebenso skr. bädh, quälen, griech. nuriw, nut-uaau), seihst französ. : battre zur Seite.

Mit uQifia, eins (Herod. 4, 27.), können wir freilich höchstens

„er" iu unserm „erster" und. etwa die Endung ma einiger Ordi-

nalien in Skr. und Latein vergleichen; es ist aber auch nicbt

tatarisch , wenigstens könute man es nur gezwungen mit einem

der drei verschiedenen Grundwörter für die Einzahl in letzterer

Sprachfamilie zusammen bringen (Schott, das Zahlwort in der

tsebudiscben Sprachenclasse). ^nov , Auge, gemahnt an lat.

specio, island, spä, unser spähen, sodass das Auge als Späher

gefasst wäre. — Auch die Namen der Flüsse in Skythien tragen

kein- anderes Gepräge, als die bisher betrachteten. Borysthenes

lautet in seinem ersten Tbeil wie zend. bereza, berezot, erhaben,

mächtig, vielleicbt glänzend. 'Ynuxvgig scheint ein Compositum aus

t) Oer lillbuuiscbe üonoergolt Perkuaas, skr. Farjaiiyai , scheiol eioe erweiterte Form von sparg, mit Abfall des uoUaleoden 8.

Bd. XVf. 32

(11)

492 Scheuchier, zur Geschichle von Assur und Bald.

Wz, vif) giessen, und kara macliend, etwa: Ergüsse machend.

Ygyig von Wz. srij, ausgiessen. Tvquc, das weitverhreitete dur,

Wasser. Ffgoog und Tüva'tg sind wohl vom Rai^schen, Tönen

benannnt; zum ersteren vergleiche maiv skr. gar (gri), rufen,

jar rauschen, lat garrio, yrigvo); zum letztern skr. stau, attrai,

tonare, tönen. Wir legen indess auf diese Plussnaraen für un¬

sern nächsten Zweck kein entscheidendes Gewicht, da sie zum

Theil auch von den Kimmeriern, die dieses Land vor den Sky¬

then innehatten, herrühren könnten. So nannten ja die Skythen

den Tanais wie den im fernsten Osten iiiessenden Jaxartes Silis.

Es ist dies wohl allgemeiner Flussname. Wir haheu auch in

Zürich eine SihI, die ihren Namen zwar von undeutscheu Kelten,

aher gewiss nicht von Tataren hekommen hat. Es lässt sich

dazu skr. Qal, g^l, sal vergleichen, worin der Begriff der Bewe¬

gung, des Laufens liegt.

Der Name endlich des mittleren ihrer drei Archegeten, Ar-

poxais (Herodot 4, 5.), verknüpft die europäischen Skythen wie¬

der mit ihren asiatischen Stammgen<ossen nnd leitet anf die letzteren

zurück. In Arpuxais ist der biblische Arphachsad zu erkennen

(1. Mos. 10, 22. 24.), wovon der medische Arhakes eine dritte

Form aufweist. In allen drei Formen glauben wir ein günirtes

skr. ribhukshin zu erkennen, sodass die Participialform ribhukshant

oder -ksban dem arphakhshad , ribhukshin dem yigno'^aig ent¬

spräche. Ribhukshin ist Beherrscher der Ribhus , jener nähren¬

den Genien des Wachsthums oder eher noch jener erfinderischen,

schöpferischen Wesen, die den Göttern ihre kunstvollen Geräthe

anfertigen. Die Ribhus sind schon dem Worte nach gewiss

nichts anderes, als unsere altdeutschen Elben oder Elfen. Elhe,

Alp möchten wir daher nicht mit uhf('g, weisses Uantmal, son¬

dern mit uXcpw, uhfuiiü) zusammenstellen, darin nicht den Begriff

der Weisse, sundern der Erfindungsgabe, Kunstfertigkeit sehen

(vgl. Grimm, Mythol. 2. Ausgahe, .S. 413). In Arpoxais, Ar¬

phachsad hätten wir also einen Elberich, Elbkünig; denn die Punk¬

tntion klisliad entspricht genau dem oben bei kbasd angeführten

skr. ksbaita, zend. klishaeta, herrschend, königlich. Das Bedeut¬

same ist, dass Arphachsad, in dem schon das Alterthum den Ar¬

chegeten der Chaldäer, d. h. der Khasdim erhlickte, in der Linie

Sems, als Stammvater der Hebräer erscheint. Hier reicht der

conventionelle Begriff des Semitischen nicht aus. Arphachsad ist

ein arisches Wort, der ihm zu Grunde liegende Begriff den

Völkern unserer .Spraehfamilie eigenthümlich. Wie heisst er denn

ein Sohn Semsi Wer sind denn die Semiten? Wir wUrden

sagen: die .Semiten der Bibel sind Völker arischer Abstammung,

die aber in ursprünglich hamitischen Länder hamitische Sprache

angenommen haben, und sn in die Mitte gestellt, das Bindeglied

zwischen den sogenannten Indogernamen und den Hamiten bil¬

den. Linguistisch fallen ja die sogenannten Semiten des ge-

(12)

Scheuchzer, zur Geschichle von Assur und Babel. 493

wülinlicliCD Sprucligebrauclis durchaus mit den Hamiten zusammen.

Dass dessen ungeachtet in der Bibel Semiten und Hamiten so

scharf unterschieden .werden , muss seinen Grund in etwas an¬

derem als in der Sprache, ehen in der Abstammung hahen. Die

Israeliten uder der palästinensische Zweig der Hebräer haben zwar

die hamitische .Sprache Canaans angenommen; allein ihre arische

Abstammung ist in Erinnerung gehlieben, da ihr Stammvater aus

der Heimat der Khasdim — wir denken zunäclist an Babylonien —

hergeleitet wird. Eine Spur ursprünglicher Gemeinschaft in

Sprache und Vorstellungen zwischen Hebräern und Indogermanen

scheint in der Erwähnung der Nepbilim (1. Mos. 6, 4.) übrig,

die im Hebräischen keinen passenden Sinn geben wollen, aber

verständlich werden, wenn [man an das aus der Nephele, der

Nebel wölke geborene Kentaut-engeschlecht denkt. Aus unserm

Alterthum sind die Nibelungen zu vergleichen.

Das nähere Eingehen auf ihre Namen sollte zeigen, dass die

Skythen arischer Herkunft seien und es rechtfertigen, wenn sie in

die Untersuchung üher die Khasdim von Babel herein gezogen

wnrden sind. Dass die Khasdim ursprünglich kein Volk waren

und vun den Assyrern in ihrer seitherigen Heimat angesiedelt

wurden, sagt die vielbesprochene Stelle Jes. 23, 13. Dieses

Zeugniss ist der Annahme güustig, dass Khasdim Standes-, nicht

Volksuame sei. Damit steht nicht im Widersprucb, wenn sie bei

Daniel suwohl uls bei Strabo bald als Volksstamm, qivXov, hald

als ()ie gelehrte Priesterkaste erscbeinen. Der Herrscherstaud

konnte mit der Zeit in die beiden Stände der Krieger und Prie¬

ster sicb trennen, wie sich bei den arischen Indern allmälig ein

besonderer Priesterstand bildete. In Bahel aber waren die Be¬

dingungen der Entstehung eigentlicher Kasten eben so wohl vor¬

handen. Babel war ja der Ort der Sprachenvermengung, hier

trafen Stämme von zwei grossen Völkerfamilien zusammen, die

Dynastien des Berosus zeigen, wie verscbiedenen Nationen seine

successiven Beberrscber angehörten. Der Grundstock der Be¬

völkerung war kuscbitiscb (1. Mos. 10, 8. 10. Micha c. 5, 5.),

die letzteu Eroberer arische Assyrer. Dass es in Babel eine be¬

sondere Priesterkaste gab, war von jeher bekannt. Das Vor¬

handensein eines eigenen Herrscherstammes sollte die Erklärung

des Namens Khasdim nacbweisen.

Die Chaldäer, statt deren wir die Khasdim substituiren dür¬

fen, bewohnten nacb Strabo (Ib. XVI, p. 739, 767.) eine ausge¬

dehnte Landschaft im südiicben Babylonien, die bis an, den Per¬

sischen Golf reichte und die Sumpfgegenden am Eupbrat ein¬

scbloss. Es fällt diese wohl grösstentheils mit der Landschaft

Satrapene zusammen, welche Curtius (Ib. ö, c. 2, 1.) zwiscben

Babylon iind Susa erwäbnt, und die daber benannt sein wird,

dass sie den Kscbatrija's als Wohnsitz angewiesen war. Denn

der ganze Stand der letztern und nicbt bloss die Statthalter der

(13)

494 Scheuchzer, zur Geschichte von Assur und Babel.

einzelnen Provinzen können unter den Satrapen verstanden wer¬

den. Die grosse Macht und Bedeutung der Khasdim in Babvlon

zeigt sich daraus, dass sie hei der Erledigung des Thrones unter

ihrem eigenen Vorsteher die Regierung in die Uand nahmen

(Joseph, c. .4p. I, c. 19). Ihre grosse .Anzahl und Macht war

ohne Zweifel die (Irsache, dass hier in Babylon der assyrische

Name vor dem ihrigen zurücktrat, ohne indess gänzlich von dem¬

selben verdrängt zu werden.

Wie konnten aber die Griechen sie Chaldäer nennen? Die

Annahme, die ursprüngliche Form sei Card, woraus tbeils Casd,

theils Cald geworden, hat gegen sich, dass aus Casd zwar Card

werden könnte; aber nicht umgekehrt. Wir glauben nicht, dass

die Khasdim mit Karducben oder Kurden zusammenhangen, son¬

dern vermuthen, kbasd = kshaita , Herrscher, sei in eine Form

des gleichbedeutenden aramäischen schalat, „herrschen" übersetzt,

und dieses von den Griechen mit Anschluss an einen vorhandenen

Volksnamen in XaXSuToi umgeschrieben worden. — Der ursprüng¬

liche Standesnamc Kbasd, Skythe, konnte leicht zum Volksnamen

werden. In ersterer Bedentung scheint er gefasst werden zu

mUssen, wenn Arsakes, der .Stifter des Partlierreichs, ein Skythe

heisst (Strabo, Ib. XI, p. 515.). Zwar werden die Parther selbst

von den Skythen abgeleitet; allein Arsakes scheint von Geburt

nicht den Parthern, sondern den Daern angehört zu haben (Justin,

hist. ib. 41, c. 1. c. 4, 6.). Aus Cornelius Nepos (Datames, c. 1

u. 2.) wissen wir, dass die Dynasten Paphlagoniens Skythen

waren; denn die Mutter des Datames, die diesem Geschlecht an¬

gehörte, heisst eine .Skythin. In Kleinasien scheint dieser Stan-

desunterscbied zwischen den arischen Uerrschern und den alten

Landesbewohnern, wie z. B. den Kariern, noch lange festgehal¬

ten worden zu sein. So werden noch im Colosserbrief (c.3, II.)

ßuQßugog und ^xvd^Tjg einander entgegengesetzt, wo unter den

erstern die nicbt arische Bevölkerung verstanden scheint. Das

Verhältniss dieser kleinasiatischen Skythen, als der Nachkommen

der alten Herrscher, zu jenen mag in demjenigen der ehenfalls

sporadisch vorkommenden Radsebputen zu der übrigen Bevölke¬

rung, z. B. in Guzerat, eine etwelche Analogie hesitzen.

(14)

495

Denkschrift über eine der wichtigsten archäolo¬

gischen Entdeckungen, welche zu Jerusalem

gemacht werden könnte.

Von

Dr. tli. Otto TheniuH , zu Dresden.

Vorbemerkung.

Naclidem der Verfasser zunächst bei einer Regierung und

darauf hei einer mit reichen Mitteln versehenen wissenschaftlichen

Gesellschaft vergeblich dufür sich bemüht hat, dass aiif Grund

des im Nachstehenden Dargelegten an Ort und Stelle Unter¬

suchung vorgenommen werden möchte, hat er auf deu Rath

uod Wunsch des ihm befreundeten um die Kenntniss Palästinas

und Jerusalems hochverdienten Dr. Tobler sich bestimmt, die Er¬

gebnisse seiner Forschung der Oeffentlichkeit zu übergeben, da¬

mit denjenigen, welche durch ihre Verhältnisse in den Stand

gesetzt sind , der Sache am Orte selbst nachzugehen, hierzu Ver¬

anlassung uud Weisung gegeben , zugleich aber auch für den

Fall zufälliger Entdeckung Zeugniss niedergelegt sei über das,

was durch wissenscbaftlicbe Forschung schon früber aufgefunden

worden ist.

Unter den archäologischen Entdeckungen der Neuzeit steben

unstreitig diejenigen voran, welche in dem F^ande der alten As¬

syrier hei dem heutigen Mossul auf der Stätte, wo einst Ninive

stand, thcjis von BoUa, theils von Layard durch Aufgrabungen

der dort vorhandenen Schuttbügel gemacht worden sind. Es ist

durch diese Entdeckungen wie die allgemeine, so die Cultur-

und Kunstgeschichte in der erfreulichsten Weise gefördert, und

aucb der heiligen Geschichte hier und da eine willkommene Er¬

gänzung, Bestätigung oder Aufhellung gebracht worden. Wäh¬

rend nun aber die Ergebnisse dieser Entdeckungen im Ganzen

doch mehr ein allgemein wissenschaftliches Interesse haben, so

künnte auch obne Aufwendung von Kosten, wie sie im alten

Assyrien nötbig gewesen sind, im heiligen Lande,-in Jerusalem

eine Entdeckung gemacht werden, welche für die biblische

Wissenschaft, für die heilige Archäologie, für die Geschichte

des Gottesreiches von der grössten Bedeutung sein würde,

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