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Entscheidungen - Unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen das Tabakerzeugnisgesetz

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Academic year: 2022

Aktie "Entscheidungen - Unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen das Tabakerzeugnisgesetz"

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- Bevollmächtigte: … -

1 BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 895/16 -

In dem Verfahren über

die Verfassungsbeschwerde der P… GmbH & Co. KG,

vertreten durch die W… GmbH,

diese vertreten durch die Geschäftsführer,

gegen 1. § 5 Absatz 1 Nummer 1, § 6 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1, § 18 Ab- satz 2 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nummer 3, § 34 Absatz 1 Num- mern 2 und 9, § 35 Absatz 1 und Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a des Gesetzes über Tabakerzeugnisse verwandte Erzeugnisse (Tabak- erzeugnisgesetz - TabakerzG) vom 4. April 2016 (Bundesgesetzblatt I Seite 569), zuletzt geändert durch Artikel 96 Elfte Zuständigkeitsanpas- sungsverordnung vom 19. Juni 2020 (Bundesgesetzblatt I Seite 1328), 2. §§ 12 bis 16 der Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie über Tabak-

erzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (Tabakerzeugnisverordnung - TabakerzV) vom 27. April 2016 (Bundesgesetzblatt I Seite 980), zuletzt geändert durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Tabakerzeug- nisverordnung vom 2. Mai 2019 (Bundesgesetzblatt I Seite 547) hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch

die Richter Paulus, Christ

und die Richterin Härtel

gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 8. September 2020 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenom- men.

G r ü n d e :

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das Gesetz über Tabakerzeugnisse und ver- wandte Erzeugnisse vom 4. April 2016 (BGBl I S. 569, TabakerzG) und die Verord- nung zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeug-

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7 nisse vom 27. April 2016 (BGBl I S. 980, TabakerzV).

I.

1. Die Beschwerdeführerin, die verschiedene Tabakerzeugnisse herstellt, wendet sich gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 TabakerzG, § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 TabakerzG in Ver- bindung mit §§ 12 bis 16 TabakerzV, § 18 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 TabakerzG und

§ 34 Abs. 1 Nr. 2 und 9, § 35 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a TabakerzG.

§ 5 Abs. 1 Nr. 1 TabakerzG verbietet das Inverkehrbringen von Zigaretten und Ta- baken zum Selbstdrehen, die ein charakteristisches Aroma haben oder Aromastoffe in ihren Bestandteilen enthalten oder sonstige technische Merkmale aufweisen, mit denen sich der Geruch oder Geschmack oder die Rauchintensität verändern lassen.

Die Vorschrift ist für Zigaretten und Tabake zum Selbstdrehen mit einem charakteris- tischen Aroma, deren unionsweite Verkaufsmengen 3 % oder mehr einer bestimmten Erzeugniskategorie ausmachen, erst ab dem 20. Mai 2020 anzuwenden (§ 47 Abs. 6 TabakerzG).

§ 6 Abs. 1 TabakerzG regelt, dass Tabakerzeugnisse nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn die Packungen und Außenverpackungen mit gesundheitsbezo- genen Warnhinweisen versehen sind, die in einer vom Bundesministerium für Ernäh- rung und Landwirtschaft auf Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 TabakerzG zu erlassen- den Rechtsverordnung vorgeschrieben sind. Entsprechende Vorgaben ergeben sich für Zigaretten und Tabake zum Selbstdrehen aus §§ 10 bis 14 TabakerzV und für Pfeifentabake aus §§ 15 und 16 TabakerzV. Vor Inkrafttreten des Gesetzes herge- stellte oder in den Verkehr gebrachte Tabakprodukte, die den bisherigen Vorschriften entsprechen, dürfen gemäß § 47 Abs. 1 TabakerzG bis zum 20. Mai 2017, das heißt für eine einjährige Abverkaufszeit, in den Verkehr gebracht werden beziehungsweise im Verkehr verbleiben.

Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 TabakerzG ist es verboten, Tabakerzeugnisse unter Ver- wendung irreführender werblicher Informationen auf Packungen, Außenverpackun- gen oder auf dem Tabakerzeugnis selbst in den Verkehr zu bringen. Eine Irreführung liegt gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 TabakerzG unter anderem dann vor, wenn sich die werblichen Informationen auf Geschmack, Geruch, Aromastoffe oder sonstige Zusatzstoffe oder auf deren Fehlen beziehen.

Entsprechende Straf- und Bußgeldvorschriften zu diesen Ge- und Verboten sind in

§ 34 Abs. 1 Nr. 2 und 9, § 35 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a TabakerzG geregelt.

2. Mit dem Tabakerzeugnisgesetz und der Tabakerzeugnisverordnung setzt der Bundesgesetzgeber die Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschrif- ten der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG (ABl Nr. L 127 vom 29. April 2014, im Folgenden: EUTPD II) in deut- sches Recht um.

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12 Nach Art. 7 Abs. 1 und Abs. 7 EUTPD II ist das Inverkehrbringen von Tabakerzeug-

nissen mit einem charakteristischen Aroma sowie von Tabakerzeugnissen, deren Be- standteile Aromastoffe enthalten, mit denen sich Geruch, Geschmack oder Rauchin- tensität verändern lassen, verboten. Nach Art. 8 bis 11 EUTPD II muss jede Packung und Außenverpackung von Rauchtabakerzeugnissen gesundheitsbezogene Warn- hinweise tragen, die in den Beschlüssen der Europäischen Kommission vom 24. September 2015 (Durchführungsbeschluss 2015/1735, ABl Nr. L 252 vom 29.

September 2015) und vom 9. Oktober 2015 (Durchführungsbeschluss 2015/1842 vom 9. Oktober 2015, ABl Nr. L 267 vom 14. Oktober 2015) konkretisiert werden.

Nach Art. 13 Abs. 1 Buchstabe c EUTPD II dürfen die Packung, Außenverpackung und das Tabakerzeugnis selbst keine Elemente oder Merkmale aufweisen, die sich auf den Geschmack, Geruch, eventuelle Aromastoffe oder sonstige Zusatzstoffe oder deren Fehlen beziehen. Nach Art. 23 Abs. 3 EUTPD II haben die Mitgliedstaa- ten für Verstöße gegen die aufgrund der Richtlinie erlassenen nationalen Vorschrif- ten Sanktionen festzulegen.

Die Richtlinie sieht eine Umsetzungsfrist bis zum 20. Mai 2016 vor (Art. 29 Abs. 1 EUTPD II). Übergangsweise dürfen die Mitgliedstaaten unter anderem das Inver- kehrbringen von vor dem 20. Mai 2016 hergestellten oder in den Verkehr gebrachten und gekennzeichneten Tabakerzeugnissen bis zum 20. Mai 2017 zulassen (Art. 30 Buchstabe a EUTPD II – Abverkauf von Altprodukten). Darüber hinaus gilt das Ver- bot des Inverkehrbringens für Tabakerzeugnisse mit einem charakteristischen Aro- ma, deren unionsweite Verkaufsmengen 3 % oder mehr einer bestimmten Erzeug- niskategorie darstellen, erst ab dem 20. Mai 2020 (Art. 7 Abs. 14 EUTPD II).

3. Die Beschwerdeführerin ist ihrem Vortrag zufolge ein Familienunternehmen. Der Schwerpunkt ihrer Produktion liegt in der Herstellung von Pfeifentabaken und Fein- schnitt-Tabak (Tabak zum Selbstdrehen), letzterer macht 61 % ihres Umsatzes aus.

Eine besondere Spezialität der Beschwerdeführerin ist die Produktion von mentholi- siertem Feinschnitt, der 20 % des Umsatzes ihrer Feinschnitte ausmacht. Daneben produziert sie Wasserpfeifentabak mit unterschiedlichen Aromen, Zigarillos, Rau- cherzubehör und eine kleine Serie aromatisierter Zigaretten.

4. Den Antrag der Beschwerdeführerin, eine einstweilige Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG dahingehend zu erlassen, das Inkrafttreten der beanstandeten Re- gelungen einstweilen auszusetzen, hat die Kammer mit Beschluss vom 18. Mai 2016 abgelehnt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Mai 2016 - 1 BvR 895/16 -).

5. Die Beschwerdeführerin hat neben der hiesigen Verfassungsbeschwerde eine Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben, mit der sie unter Ver- weis auf die behauptete Unionsrechtswidrigkeit der EUTPD II die Feststellung be- gehrt, dass die auch im Rahmen der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Vor- schriften der § 5 Abs. 1 Nr. 1 TabakerzG, § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 TabakerzG in Verbindung mit §§ 12 bis 16 TabakerzV, § 18 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 TabakerzG

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17 auf ihre Tabakerzeugnisse nicht anwendbar seien. Das Verwaltungsgericht Berlin

hat den Europäischen Gerichtshof um eine Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 2 AEUV zur Gültigkeit und Auslegung der maßgeblichen Vorschriften der EUTPD II er- sucht (VG Berlin, Beschluss vom 21. April 2017 - 14 K 172.16 -). Mit Urteil vom 30.

Januar 2019, Planta Tabak-Manufaktur, C-220/17, EU:C:2019:76 hat der Europäi- sche Gerichtshof die Vorlagefragen beantwortet und insoweit keinen Verstoß gegen europäisches Recht durch die EUTPD II festgestellt. Die Beschwerdeführerin hat sich daraufhin im Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht mehr geäußert.

II.

Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Regelungen des Tabakerzeugnisgesetzes und der Tabakerzeugnisverordnung (dazu 1.). Dane- ben macht sie geltend, infolge eines verzögerten Erlasses der innerstaatlichen Vor- schriften zur Umsetzung der EUTPD II in ihren Rechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG verletzt zu sein (dazu 2.).

1. a) Die angegriffenen Regelungen beträfen ihre Berufsausübungsfreiheit. Art. 12 Abs. 1 GG sei verletzt, da das Tabakerzeugnisgesetz keine angemessenen Über- gangsfristen zur notwendigen Umstellung der Produktionsabläufe vorsehe. Außer- dem sei das in § 18 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 TabakerzG enthaltene Verbot, Ta- bakprodukte unter Verwendung irreführender werblicher Informationen in den Verkehr zu bringen, unverhältnismäßig, da aromatisierte Tabakprodukte zwar herge- stellt werden dürften, ein Hinweis auf das Aroma auf der (Außen-)Packung und dem Tabakprodukt jedoch verboten sei. Gleiches gelte für die Verpflichtung zu gesund- heitsbezogenen Warnhinweisen in § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 TabakerzG, die ange- sichts der seit Jahren abnehmenden Anzahl von Rauchern an der Gesamtbevölke- rung sachlich nicht gerechtfertigt sei.

b) Art. 14 Abs. 1 GG sei verletzt, da es an einer angemessenen Übergangsfrist für die notwendig werdende Produktionsumstellung fehle. Zudem sei das Verbot des

§ 18 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 TabakerzG unverhältnismäßig und führe zur Ver- nichtung der betroffenen Marken.

c) Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, da das Verbot charakteristischer Aromen und Aro- mastoffen in § 5 Abs. 1 Nr. 1 TabakerzG in Verbindung mit der Übergangsregelung des § 47 Abs. 6 TabakerzG zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung führe.

Menthol-Zigaretten dürften demnach noch bis zum 20. Mai 2020 in den Verkehr ge- bracht werden. Mentholisierter Feinschnitt sei vom Anwendungsbereich der Über- gangsvorschrift hingegen nicht erfasst.

d) § 47 Abs. 6 TabakerzG verstoße zudem gegen das Bestimmtheitsgebot, da die Reichweite der Übergangsregelung unklar sei. Es sei nicht erkennbar, welche Pro- dukte unionsweite Verkaufsmengen von 3 % oder mehr einer bestimmten Erzeugnis- kategorie hätten.

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21 e) Eine Prüfung der angegriffenen Vorschriften des Tabakerzeugnisgesetzes und

der Tabakerzeugnisverordnung am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes sei eröffnet. Zwar setzten die Vorschriften zwingende Vorgaben der Richtlinie EUT- PD II um. Diese Vorgaben seien jedoch ihrerseits nicht mit Unionsgrundrechten ver- einbar, so dass die Prüfungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts nur bis zur Ungültigkeitserklärung derselben durch den Europäischen Gerichtshof suspendiert sei. Eine entsprechende Vorlage nach Art. 267 AEUV durch das Bundesverfassungs- gericht werde angeregt. Maßgebend hierfür seien insbesondere folgende Verstöße gegen Unionsgrundrechte: Die Regelungen zu gesundheitsbezogenen Warnhinwei- sen in Art. 8 bis 11 EUTPD II verstießen gegen Art. 16 GRCh, der in seinem Wesens- gehalt betroffen sei, und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da keine angemesse- nen Übergangsfristen für eine geordnete Produktionsumstellung vorgesehen seien.

Das Verbot von charakteristischen Aromastoffen in Art. 7 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 1 EUTPD II sei sachlich nicht gerechtfertigt, daher unverhältnismäßig und verstoße ge- gen Art. 16 GRCh. Zudem sei die Übergangsregelung des Art. 7 Abs. 14 EUTPD II unbestimmt, da die Reichweite der Ausnahmeregelung unklar bleibe, und verstoße zudem gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 20 GRCh, da die Anwendung des 3 %-Kriteriums zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung von men- tholisiertem Tabak zum Selbstdrehen und Menthol-Zigaretten führe. Das Verbot irre- führender Werbung nach Art. 13 Abs. 1 Buchstabe c EUTPD II verstoße gegen Art. 17, Art. 11 und Art. 16 GRCh, da bestimmte aromatisierte Tabakerzeugnisse zwar weiterhin legal produziert werden dürften, ein entsprechender Hinweis darauf aber unzulässig sei.

2. Daneben begründe der späte Erlass der Vorschriften zur Umsetzung der Richtli- nie durch den nationalen Gesetzgeber eine eigenständige Verletzung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Es wäre dem Gesetzgeber möglich gewesen, die Vor- schriften zur Umsetzung der Richtlinie geraume Zeit vor deren Anwendbarkeit ab dem 20. Mai 2016 zu erlassen, um rechtzeitig die für eine Umstellung der Produkti- onsabläufe notwendige Rechtsklarheit zu schaffen. Dies hätte es ihr – der Beschwer- deführerin – ermöglicht, die Produktionsabläufe vor Geltung des neuen Rechts nahe- zu vollständig umzustellen und so monatelange Produktionsausfälle zu vermeiden.

Insoweit sei das Bundesverfassungsgericht auch nicht an einer Prüfung am Maßstab der deutschen Grundrechte gehindert, da das Unionsrecht den Gesetzgeber nicht an einem frühzeitigen Erlass der Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie hindere.

III.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die hierfür nach § 93a Abs. 2 BVerfGG erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Die Verfassungsbeschwerde hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin erforderlich, da sie unzulässig ist.

1. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1, Abs. 2

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24 Nr. 1 TabakerzG in Verbindung mit §§ 12 bis 16 TabakerzV und § 18 Abs. 2 Satz 1,

Satz 2 Nr. 3 TabakerzG wendet, fehlt es zwar nicht an ihrer Betroffenheit im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG. Sie ist auch nicht auf den rechtskräftigen Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu verweisen, da sie nachvollziehbar dargetan hat, dass die angegriffenen Regelungen sie zu kostenintensiven und nicht mehr kor- rigierbaren Umstellungen ihrer Produktion zwingen (vgl. BVerfGE 43, 291 <387>; 60, 360 <372>). Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch unzulässig, da es teilweise an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt und eine Überprüfung der angegriffenen Rege- lungen am Maßstab der deutschen Grundrechte ausgeschlossen erscheint.

a) Das Rechtsschutzbedürfnis ist entfallen, soweit sich die Beschwerdeführerin durch die zur Umsetzung von Art. 7 Abs. 14 EUTPD II ergangene Übergangsrege- lung des § 47 Abs. 6 TabakerzG beschwert sieht. Denn mit der – nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde – erlassenen Regelung des § 34 Abs. 3 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 4 Buchstabe d Doppelbuchstabe aa TabakerzV in der Fassung vom 17.

Mai 2017 wurde klargestellt, dass diese Übergangsfrist nicht nur für Menthol-Zigaret- ten, sondern auch für mentholisierten Feinschnitt gilt. Davon geht auch der Europäi- sche Gerichtshof aus, der festgestellt hat, dass mit § 34 Abs. 3 TabakerzV das 3 %- Kriterium des Art. 7 Abs. 14 EUTPD II konkretisiert worden sei (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2019, Planta Tabak-Manufaktur, C-220/17, EU:C:2019:76, Rn. 69). Damit hat sich die hinsichtlich der Übergangsvorschrift geltend gemachte Beschwer erle- digt. Die Beschwerdeführerin hat gerade gerügt, es verstoße gegen den Bestimmt- heitsgrundsatz und das Gleichbehandlungsgebot, dass die Übergangsregelung le- diglich für Menthol-Zigaretten, jedoch nicht für mentholisierten Feinschnitt gelte. Ein trotz Erledigung fortbestehendes Sachentscheidungsinteresse (vgl. BVerfGE 33, 247

<257 f.>; 50, 244 <248>; 81, 138 <140>; 91, 125 <133>; 99, 129 <138>) lässt das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht erkennen.

b) Die Verfassungsbeschwerde ist auch insoweit unzulässig, als die Unvereinbar- keit der ansonsten noch angegriffenen Regelungen des TabakerzG mit Grundrech- ten gerügt wird.

aa) Das Bundesverfassungsgericht übt grundsätzlich keine Kontrolle über unions- rechtliches Fachrecht aus und überprüft dieses Recht nicht am Maßstab der Grund- rechte des Grundgesetzes, solange die Unionsgrundrechte einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell bieten, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, zumal den We- sensgehalt der Grundrechte generell verbürgen; maßgeblich ist insoweit eine auf das jeweilige Grundrecht des Grundgesetzes bezogene generelle Betrachtung (vgl.

BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 f.>; 125, 260 <306>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 -, Rn. 47 a.E. – Recht auf Ver- gessen II; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 27. Mai 2020 - 1 BvR 1873/13, 1 BvR 2618/13 -, Rn. 84 – Bestandsdatenauskunft II). Diese Grundsätze gelten nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch für die Über- prüfung innerstaatlicher Rechtsvorschriften, die zwingende Vorgaben in deutsches

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27 Recht umsetzen (vgl. BVerfGE 118, 79 <95 ff.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten

Senats vom 11. März 2020, - 2 BvL 5/17 -, Rn. 65). Verfassungsbeschwerden, die sich gegen in diesem Sinne verbindliches Fachrecht der Europäischen Union richten, sind danach grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfGE 118, 79 <95>; 121, 1 <15>; 125, 260 <306>; siehe hingegen zur bundesverfassungsgerichtlichen Kontrolle am Maß- stab der Unionsgrundrechte im Fall der Überprüfung der Anwendung von zwingen- dem Recht der Europäischen Union und der Anwendung innerstaatlicher Vorschrif- ten, die zwingendes Unionsrecht umsetzen, BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 -, Rn. 52; die Möglichkeit bundesverfas- sungsgerichtlicher Kontrolle am Maßstab der Unionsgrundrechte im Fall der Norm- prüfung offenlassend jetzt BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 -, Rn. 51 a.E.; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Februar 2020 - 2 BvR 739/17 -, Rn. 116 – Einheitliches Patentgericht).

Ausgehend davon ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Die angegriffenen Regelungen des TabakerzG setzen zwingende Vorgaben der Richtlinie EUTPD II um (bb). Angesichts der nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erscheint es auch ausgeschlossen, dass eine Überprüfung der angegriffenen Regelungen durch das Bundesverfas- sungsgericht am Maßstab der deutschen Grundrechte eröffnet ist, weil der Europäi- sche Gerichtshof die maßgeblichen zwingenden Vorgaben der Richtlinie aufgrund ei- ner Vorlage wegen der von der Beschwerdeführerin dargelegten Verletzung von Unionsgrundrechten für nichtig erklären könnte (cc).

bb) Mit den angegriffenen Regelungen des TabakerzG setzt der Gesetzgeber – wo- von auch die Beschwerdeführerin ausgeht – die zwingenden unionsrechtlichen Vor- gaben der Art. 7 Abs. 1 und Abs. 7, Art. 8 bis 11 und Art. 13 Abs. 1 Buchstabe c EUTPD II um (vgl. bereits BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Mai 2016 - 1 BvR 895/16 -, Rn. 31). Soweit dem nationalen Gesetzgeber Gestal- tungsspielräume verbleiben, wie hinsichtlich der Gestaltung der verpflichtend umzu- setzenden Warnhinweise und Informationsbotschaften (Art. 9 Abs. 1, Art. 9 Abs. 4 Buchstabe a und Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e Ziff. i und ii EUTPD II), betrifft dies nicht die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte grundrechtliche Be- schwer. Den in Art. 11 Abs. 1 Satz 1 EUTPD II eingeräumten Gestaltungsspielraum, der es den Mitgliedsstaaten freistellt, Rauchtabakerzeugnisse mit Ausnahme von Zi- garetten, Tabak zum Selbstdrehen und Tabak für Wasserpfeifen vom kombinierten Text-Bild-Warnhinweis auszunehmen, hat der nationale Gesetzgeber zugunsten ei- ner umfassenden Freistellung genutzt (§§ 15 bis 16 TabakerzV), so dass die Be- schwerdeführerin insoweit nicht beschwert ist.

cc) Die von der Beschwerdeführerin angeregte Vorlage an den Europäischen Ge- richtshof zur Frage der Vereinbarkeit der den angegriffenen Regelungen des Tabak- erzG zugrundeliegenden zwingenden Vorgaben der EUTPD II mit Unionsgrundrech- ten mit dem Ziel, den Weg für eine Überprüfung am Maßstab der deutschen Grundrechte durch eine Ungültigerklärung dieser Vorgaben zu eröffnen, kommt an-

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29 gesichts der Entwicklung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht

(mehr) in Betracht.

Unmittelbar nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde befasste sich der Europäi- sche Gerichtshof in den Urteilen vom 4. Mai 2016 Philip Morris Brands u.a., C-547/

14, EU:C:2016:325 und Republik Polen, C-358/14, EU:C:2016:323 unter anderem mit Art. 7, Art. 8 bis 11 und Art. 13 EUTPD II. Der Europäische Gerichtshof stellte klar, dass Art. 114 AEUV die geeignete Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der EUTPD II sei (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u.a., C-547/

14, Rn. 54 ff.). Außerdem bestätigte der Europäische Gerichtshof die Verhältnismä- ßigkeit des in Art. 7 Abs. 1 und Abs. 7 EUTPD II enthaltenen Verbots des Inverkehr- bringens von Tabakerzeugnissen mit einem charakteristischen Aroma (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u.a., C-547/14, EU:C:2016:325, Rn. 168 ff. und Republik Polen, C-358/14, EU:C:2016:323, Rn. 78 ff.). Zu Art. 8 Abs. 3, Art. 9 Abs. 3, Art. 10 Abs. 1 Buchstabe g EUTPD II führte der Europäische Gerichtshof fer- ner aus, dass diese Regelungen nicht offensichtlich ungeeignet seien oder offen- sichtlich über das hinausgingen, was erforderlich sei, um das Ziel zu erreichen, aus- gehend von einem hohen Schutz der menschlichen Gesundheit, die Bedingungen für das Funktionieren des Binnenmarkts für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeug- nisse zu verbessern (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u.a., C-547/14, EU:C:2016:325, Rn. 192 ff.). Schließlich stellte der Europäische Gerichts- hof klar, dass das Verbot des Art. 13 Abs. 1 Buchstabe c EUTPD II, auf ein bestimm- tes Aroma oder dessen Fehlen hinzuweisen, selbst wenn die Information inhaltlich zutreffend sei, mit der Meinungs- und Informationsfreiheit des Art. 11 GRCh und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar sei (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Mai 2016, Phi- lip Morris Brands u.a., C-547/14, EU:C:2016:325, Rn. 146 ff.).

Die Vereinbarkeit der für die angegriffenen innerstaatlichen Regelungen maßgebli- chen, zwingenden Vorschriften der EUTPD II mit primärem Unionsrecht hat der Eu- ropäische Gerichtshof insbesondere in dem Urteil vom 30. Januar 2019, Planta Ta- bak-Manufaktur, C-220/17, EU:C:2019:76 bestätigt. Das Urteil erging auf Vorlage des Verwaltungsgerichts Berlin im Rahmen der von der Beschwerdeführerin parallel zur Verfassungsbeschwerde geführten Feststellungsklage, mit der sie – wie in hiesi- ger Verfassungsbeschwerde – die Unionsrechtswidrigkeit der den angegriffenen Vor- schriften des TabakerzeugnisG zugrundeliegenden Regelungen der EUTPD II gel- tend machte. Der Europäische Gerichtshof bekräftigte, dass Art. 7 Abs. 1 und Abs. 7 EUTPD II verhältnismäßig sei und auch die Übergangsregelung nach Art. 7 Abs. 14 EUTPD II nicht gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit verstoße (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2019, Planta Tabak- Manufaktur, C-220/17, EU:C:2019:76, Rn. 29 ff.). Außerdem befasste sich der Euro- päische Gerichtshof ausdrücklich mit der Frage, ob es den Mitgliedstaaten gestattet sei, ergänzende Übergangsfristen neben der Frist nach Art. 29 Abs. 1 EUTPD II für die Anwendbarkeit der Vorgaben der Richtlinie ab dem 20. Mai 2016 und der Frist für den Abverkauf von Altprodukten nach Art. 30 EUTPD II festzulegen. Dies wird vom

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33 Europäischen Gerichtshof verneint. Darin liege auch kein Verstoß gegen den Grund-

satz der Verhältnismäßigkeit, weil der Zeitraum von zwei Jahren, über den die Mit- gliedstaaten verfügten, um die Bestimmungen zur Umsetzung der am 19. Mai 2014 in Kraft getretenen EUTPD II zu erlassen und sicherzustellen, dass den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern ausreichend Zeit zur Anpassung an die Vorgaben der Richt- linie bleibe, angemessen sei. Überdies dürften die Mitgliedstaaten nach Art. 30 EUT- PD II den Abverkauf von Altware zulassen (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2019, Planta Tabak-Manufaktur, C-220/17, EU:C:2019:76, Rn. 71 ff.). Hinsichtlich des Ver- bots irreführender Werbung nach Art. 13 Abs. 1 Buchstabe c EUTPD II bestätigte der Europäische Gerichtshof, dass dieses auch unter dem Gesichtspunkt der Beschrän- kung der Verwendung von Markennamen verhältnismäßig sei und daher nicht gegen das Eigentumsrecht nach Art. 17 GRCh verstoße (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2019, Planta Tabak-Manufaktur, C-220/17, EU:C:2019:76, Rn. 91 ff.).

In Anbetracht dieser Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist das Vor- bringen der Beschwerdeführerin zur Unionsrechtswidrigkeit der hier maßgeblichen zwingenden Vorgaben der EUTPD II überholt. Davon geht anscheinend auch die Be- schwerdeführerin aus. Sie hat selbst nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 30. Januar 2019 (Planta Tabak-Manufaktur, C-220/17, EU:C:2019:76), das auf Vorlage des Verwaltungsgerichts Berlin im Rahmen der von ihr geführten Feststel- lungsklage ergangen ist und die von ihr auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren aufgeworfenen Fragen zur Vereinbarkeit der Richtlinie mit Unionsgrundrechten maß- geblich klärt, nicht versucht darzulegen, weshalb ihrer Anregung einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gleichwohl noch gefolgt werden sollte. Damit kommt eine Vorlage mit dem Ziel, den Weg zu einer Überprüfung der angegriffenen Rege- lungen des TabakerzG am Maßstab der deutschen Grundrechte durch eine Ungülti- gerklärung der zugrundeliegenden zwingenden Vorgaben der Richtlinie zu eröffnen, nicht (mehr) in Betracht.

dd) Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, dass die Unionsgrundrechte mit Blick auf die dargestellte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs den vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Schutz zumal des Wesensgehalts der hier in Rede stehenden Grundrechte generell verfehlt. Dafür gibt es auch keine Anhaltspunkte.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch insoweit unzulässig, als die Beschwerde- führerin den Erlass der Vorschriften zur Umsetzung der EUTPD II durch den nationa- len Gesetzgeber als verspätet rügt.

a) Allerdings ist insoweit die Prüfung am Maßstab der Grundrechte eröffnet, weil die Rüge einen Bereich betrifft, in dem das Unionsrecht den Mitgliedstaaten Gestaltungs- spielraum lässt (vgl. BVerfGE 121, 1 <15>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 -, Rn. 42). Die gemäß Art. 32 EUTPD II am 19.

Mai 2014 in Kraft getretene Richtlinie schreibt zwar vor, dass sie ab dem 20. Mai 2016 anzuwenden ist (Art. 29 Abs. 1 EUTPD II). Die Mitgliedstaaten waren jedoch

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36 unionsrechtlich nicht gehindert, die Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie schon

vor diesem Zeitpunkt zu erlassen. Daher steht der Rüge, der Gesetzgeber sei grund- rechtlich verpflichtet gewesen, die Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie so rechtzeitig zu erlassen, dass die Normadressaten die notwendigen Maßnahmen zur Umstellung der Produktionsabläufe vor Anwendung der Neuregelung ab dem 20. Mai 2016 hätten durchführen können, nicht bereits der Anwendungsvorrang des Unions- rechts entgegen (vgl. bereits BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Mai 2016 - 1 BvR 895/16 -, Rn. 30).

b) Es kann dahinstehen, ob Gründe vorliegen, nach denen das Rechtsschutzbe- dürfnis trotz Erledigung des verfolgten Begehrens – hier mit Erlass der innerstaatli- chen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie – ausnahmsweise fortbesteht (vgl.

BVerfGE 91, 125 <133>; 81, 138 <140 f.>). Jedenfalls ist eine Verletzung von Grund- rechten nicht in einer den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG genügenden Weise dargetan.

Die Beschwerdeführerin zeigt nicht substantiiert auf, wann konkret in dem zweijäh- rigen Zeitraum zwischen dem Erlass der Richtlinie am 19. Mai 2014 (Art. 32 EUTPD II) und deren Anwendbarkeit am 20. Mai 2016 der Gesetzgeber welche Vorschriften zur Umsetzung hätte erlassen sollen, um unzumutbare Belastungen infolge eines nicht ausreichenden Zeitraums für die Umstellung der Produktionsabläufe zu vermei- den. Es wird schon nicht hinreichend berücksichtigt, dass insoweit nur die spezifi- schen Folgen des als verspätet gerügten Erlasses von Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie relevant sein können und die aus den Vorgaben der Richtlinie selbst resultierenden Nachteile von vorneherein außer Betracht bleiben müssen. Daher geht der Verweis der Beschwerdeführerin auf die infolge der notwendigen Produkti- onsumstellung anfallenden Investitionskosten sowie die wegen der Produktionsstille- gung während des Umstellungsprozesses und der Marken- und Produktverbote an- fallenden Ertragseinbußen ins Leere. Im Übrigen führt die Beschwerdeführerin lediglich aus, dass ein früherer Erlass von Vorschriften zur Umsetzung der EUTPD II es ihr ermöglicht hätte, die erforderlichen Umstellungen der Produktion nahezu voll- ständig bis zum Inkrafttreten des TabakerzG am 20. Mai 2016 vorzunehmen. Da- durch hätten monatelange Produktionsausfälle vermieden werden können; die Ge- samtbelastung wegen „fehlender Übergangsfrist“ belaufe sich auf 1,9 Millionen Euro.

Konkrete Darlegungen zu Produktionsausfällen, die gerade bei Erlass des innerstaat- lichen Rechts zu einem bestimmten, nach Ansicht der Beschwerdeführerin grund- rechtlich gebotenen Zeitpunkt vor dem 20. Mai 2016 vermeidbar gewesen wären, fehlen jedoch.

Es kommt hinzu, dass auch nach Auffassung der Beschwerdeführerin erst die im Oktober 2015 vorliegenden Durchführungsbeschlüsse der Europäischen Kommissi- on die Richtlinie hinsichtlich eines für die Produktionsumstellung wesentlichen Be- reichs, nämlich der technischen Spezifikationen für das Layout, die Gestaltung und die Form der kombinierten gesundheitsbezogenen Warnhinweise für Rauchtabak- erzeugnisse und zur genauen Anordnung des allgemeinen Warnhinweises sowie der

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39 Informationsbotschaft auf in Beuteln verkauftem Tabak zum Selbstdrehen vollständig

und vollziehbar gemacht haben; letzte Korrekturen seien noch im Februar 2016 auf Unionsebene erfolgt. Es wird jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ein inso- weit ohnehin nur kurze Zeit vor dem Inkrafttreten des Tabakerzeugnisgesetzes am 20. Mai 2016 möglicher Erlass innerstaatlichen Rechts unzumutbare Belastungen verhindert hätte.

Abgesehen davon kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ei- ne isolierte frühzeitige Teilumsetzung bereits hinreichend konkretisierter Vorgaben der Richtlinie in nationales Recht sinnvoll möglich gewesen wäre. Die Bundesregie- rung hat in ihrer Stellungnahme nachvollziehbar darauf verwiesen, dass das Tabak- erzG einheitlich habe erlassen werden müssen, weil alle Regelungen aufeinander bezogen seien und eine Zersplitterung des Gesetzgebungsverfahrens die politische Willensbildung und den gesetzgeberischen Entscheidungsprozess erheblich kompli- ziert hätte. Hierzu verhält sich die Verfassungsbeschwerde nicht.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgese- hen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Paulus Christ Härtel

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Bundesverfassungsgericht, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2020 - 1 BvR 895/16

Zitiervorschlag BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 8. Septem- ber 2020 - 1 BvR 895/16 - Rn. (1 - 39), http://www.bverfg.de/e/

rk20200908_1bvr089516.html

ECLI ECLI:DE:BVerfG:2020:rk20200908.1bvr089516

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