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Alarm schlagen für die Krisenhilfe

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Academic year: 2022

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Bayerisches Ärzteblatt 12/2002 657

KVB informiert

Dass die bayerische Landeshauptstadt nicht nur eine Weltstadt mit Herz ist, sondern auch ein so- zialer Brennpunkt mit einer Suizidrate, die um 37 % höher liegt als der Bundesdurchschnitt, das erfuhren die Teilnehmer der Pressekonfe- renz „Stadtweites Krisenversorgungskonzept für Menschen in psychischen Krisen“ des Münchner Vereins „Krisenhilfe“ Ende Oktober. Der Verein stellte Studienergebnisse zur Nutzung des psychotherapeutischen und psychiatrischen Ver- sorgungsangebots vor. Die sich daraus ableiten- de Forderung der Münchner Krisenhelfer: Eta- blierung einer stadtweiten Krisenversorgung für die sprechstundenfreie Zeit über eine zentrale Anlaufstelle und mit einer einheitlichen Notruf- nummer.

„Die Krisenhilfe München ist davon über- zeugt, dass die Kooperation zwischen psycho- sozialen Einrichtungen, Psychiatern und Psychotherapeuten die notwendige Versor- gungsqualität für psychisch Erkrankte verbes- sert, kostengünstiger ist, Chronifizierung der Erkrankungen entgegenwirkt und unnötige stationäre Behandlungen vermeidet“, erklärte die Vorsitzende Dr. Andrea Schleu vor der Presse. Aus diesem Grund fanden seit Jahres- beginn mehrere Gespräche auf politischer und fachlicher Ebene statt mit dem Ziel, ein tragfähiges Konzept zu erarbeiten. Dabei ka- men die Träger der psychosozialen Einrich- tungen Münchens, der Bezirk Oberbayern, die Stadt München, die Kassenärztliche Ver- einigung Bayerns (KVB) sowie Betroffene und Angehörige zu einem weitgehenden Konsens. Die Umsetzung des Konzepts ist je- doch ins Stocken geraten, weil auf Seiten der Krankenkassen sich bisher nur die Regional- krankenkassen und die Betriebskrankenkas- sen bereit erklärt haben, das Projekt zu finan- zieren. Dr. Schleu dazu: „Wir würden gerne zum 1. Januar 2003 anfangen, deshalb müssen wir Alarm schlagen, damit sich die Kranken- kassen bewegen.“

Mobile Hilfe

Ansatz des Konzepts ist neben der Integra- tion der ärztlichen und psychotherapeuti- schen Versorgung auch das Bereitstellen eines niedrigschwelligen Angebots für die Betroffe- nen. Das Problem für Angehörige, wenn ein solches Angebot nicht existiert, erläuterte Kristian Gross von der Aktionsgemeinschaft der Angehörigen Psychisch Kranker Mün- chen: „Die Angehörigen haben kaum Alter- nativen. Wenn die Situation dramatisch wird, müssen sie zur Polizei gehen.“ Gross sprach sich insbesondere für einen mobilen Krisen- dienst aus. In dieser Forderung werden die Angehörigen auch von den Betroffenen

unterstützt. Gottfried Wörishofer von den Münchner-Psychiatrie-Erfahrenen: „Die Hil- fe muss zum Patienten kommen, weil wäh- rend der Krise irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem für den Erkrankten keine Selbst- einschätzung mehr möglich ist.“ Diese Schlussfolgerung leitet sich auch aus den Er- fahrungen des Atriumhauses, einem Psychi- schen Krisenzentrum im Münchner Süden, ab. Vor etwa zwei Jahren wurde am Atrium- haus modellhaft der Mobile psychiatrische Krisendienst München Süd eingerichtet. Die Chefärztin des Atriumhauses, Dr. Gabriele Schleuning, unterstützt nachhaltig die Forde- rung nach einem münchenweiten mobilen Krisendienst, für dessen Alarmierung eine bis Mitternacht besetzte Telefon-Leitstelle not- wendig sei. Die zeitliche Festlegung auf die Abendstunden wird auch vom Studienergeb- nis zur Beurteilung der Krisenberatungsge- spräche im Münchner Elisenhof durch die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München gestützt. Demzufolge werden die meisten Anrufe zwischen 19 und 20 Uhr ge- tätigt, eine zweite Spitze folgt etwas später zwischen 22 und 23 Uhr. Weiter weisen die Ergebnisse der Studie auf eine hohe Zufrie- denheit und eine gute Versorgung der Patien-

ten hin: Sowohl die Betroffenen als auch die behandelnden Ärzte gaben dem psychiatri- schen/psychotherapeutischen Krisendienst im Elisenhof Bestnoten. Die LMU-Studie zeigt außerdem, dass besonders Patienten aus unte- ren sozialen Schichten über eine zentrale Einrichtung leichter den Zugang zur Hilfe- stellung finden. Last but not least konnte die Studie auch beweisen, dass Patienten mit „re- levanten klinischen Beschwerden“ den Eli- senhof aufsuchen. Damit wird das Hauptar- gument einiger Krankenkassen-Vertreter widerlegt, die behauptet hatten, dass die In- anspruchnahme des Bereitschaftsdienstes im Elisenhof rein angebotsinduziert sei.

Fazit: innovatives Konzept

Die vielfältigen Erfahrungen der Münchner Krisendienste und die vorgestellten Studien- ergebnisse sprechen für den Aufbau einer stadtweiten Krisenversorgung. Die Beteilig- ten hoffen, dass dieses innovative Projekt nicht auf der Zielgeraden zusammenbricht, weil einige Krankenkassen kein Geld dafür aufbringen möchten.

Michael Anschütz (KVB)

Alarm schlagen für die Krisenhilfe

Präsentierten Erfahrungen und Studienergebnisse:

Diplom-Psychologin Judith Gastner, Dr. Dr. Dorothea Huber, Dr. Andrea Schleu und Dr. Markos Maragkos (v. li.).

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Dort stehen Ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung:

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