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Archiv "Kutane maligne Lymphome: Diagnostische Möglichkeiten — therapeutische Notwendigkeiten" (15.03.1990)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

ZUR FORTBILDUNG

Kutane

maligne Lymphome

Diagnostische Möglichkeiten — therapeutische Notwendigkeiten Wolfram Sterry

utane maligne Lymphome sind ebenso häufig wie der Morbus Hodgkin (1).

Es existiert eine Reihe von definierten Entitäten, die oft ein diagnostisch wegweisendes dermato- logisches Erscheinungsbild aufwei- sen und jeweils unterschiedlichen Therapieformen zuzuführen sind.

Vieles aus diesem vormals schillern- den Bereich diagnostischer Unschär- fe hat heute einem auf reproduzier- baren Kriterien basierenden Klassifi- kationsschema Platz gemacht, das im folgenden kurz umrissen werden soll.

Darüber hinaus haben kutane mali- gne Lymphome immer besonderes wissenschaftliches Interesse auf sich gezogen, da es sich um „Modeller- krankungen" handelt, bei denen sich die initialen Krankheitsphasen eines Lymphoms direkt sichtbar abspielen und so analysieren lassen. Daß ande- rerseits derartige frühe Krankheits- prozesse oft große diagnostische Schwierigkeiten bereiten, liegt in der Natur der Sache und stellt gewisser- maßen die Kehrseite dieser Medaille dar. Schließlich wird in der vorlie- genden Übersicht kurz auf die ge- genwärtigen ätiopathogenetischen Konzepte eingegangen.

Grundlage der

Klassifikation kutaner maligner Lymphome

Die Klassifikation kutaner mali- gner Lymphome basiert auf verschie- denen Kriterien, deren Wertigkeit in dieser Reihenfolge einzuordnen ist:

Kutane maligne Lymphome treten überwiegend im höheren Alter auf; die verschiedenen Entitäten lassen sich oft aufgrund ihres typi- schen Hautbefundes diagnostizie- ren, der für die Frühdiagnose das wichtigste Kriterium darstellt. Ihre Einteilung folgt der Kiel-Klassifika- tion; immunhistochemisch weisen sie überwiegend den Phänotyp von Helfer-T-Zellen auf. Pathoge- netisch stellen die frühen Stadien möglicherweise ein reaktives Ge- schehen dar, das den Boden für die Etablierung maligner Lym- phozytenklone bereitet, Für kuta- ne maligne Lymphome steten spezielle, wirksame, nichtaggres- sive Behandlungsverfahren zur Verfügung.

• a) klinisch-dermatologischer Befund; b) histo-, besonders zyto- morphologische Struktur

• a) immunologischer Phäno- typ; b) molekularbiologischer Geno- typ.

Sind zumindest die Kriterien der Kategorie 0 beurteilbar, so ist der Erfahrene meist ohne Schwierig- keiten in der Lage, die genaue Dia- Abteilung Dermatologie und Venerologie - Hautklinik - (Direktor: Prof. Dr. med.

Enno Christophers) der

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

gnose zu stellen. Probleme ergeben sich daher gelegentlich bei Einsen- dungsbiopsien, wenn dem histologi- schen Begutachter das klinische Bild nicht exakt bekannt ist, oder wenn das Biopsat nicht die ausreichende Größe und Qualität aufweist. An dieser Stelle noch ein Wort zur Wer- tigkeit des klinischen Befundes: frü- he Stadien der Mycosis fungoides oder die klein- und großfleckige Pa- rapsoriasis en plaques als verwandte Krankheitsbilder lassen sich aus- schließlich klinisch diagnostizieren;

zusätzliche Untersuchungen helfen hier nicht weiter. Vom Geübten ge- stellt, hat jedoch die Diagnose auf- grund des Hautbefundes eine hohe Zuverlässigkeit, auch wenn im Zeit- alter der labor- und computerge- stützten Medizin hier gelegentlich Zweifel geäußert werden. Unter Verwendung der oben genannten Kriterien lassen sich die in Tabelle 1 aufgeführten Entitäten abgrenzen.

Kutane maligne Lymphome

sind überwiegend

Helfer-T-Zell-Lymphome

Wahrscheinlich bedingt durch die über Adhäsionsmoleküle ge- steuerte Affinität zur Haut sind etwa zwei Drittel der Hautlymphome T- Zell-Lymphome; unter diesen wie- derum sind mehr als 90 Prozent phä- notypisch den Helfer-T-Zellen zuzu- ordnen, die durch das Oberflächen- molekül CD4 charakterisiert sind.

Die im folgenden kurz skizzierten T- Zell-Lymphome der Haut sind daher A-832 (36) Dt. Ärztebl. 87, Heft 11, 15. März 1990

(2)

Tabelle 1: Übersicht über die wichtigsten Entitäten kutaner maligner Lymphome

Entität Klinik Zytologie Linie Therapie

T, CD4+

1. Mycosis fungoides ekzematöse Herde, dann Plaques und Tumoren

klein, zerebriform, mit Epidermo- tropismus, Eos, Plasmazellen

PUVA, Retinoide + PUVA, später schnel- le Elektronen 2. Sdzary-Syndrom Erythrodermie,

Lymphadenopathie, Leukämie

wie bei Mycosis fungoides

T, CD4+

Winkelmann- Schema, PUVA

pleomorph T,

CD4+

3. pleomorphes T-Zell-Lymphom, klein- bis mittel- großzellig

Papeln und Knoten, seltener Plaques

Röntgentherapie bei Einzelherden und rein kutanem Befall;

sonst aggressive Che- motherapie und Ganzhautelektronen- therapie

4. pleomorphes T-Zell-Lymphom, mittel- bis groß- zellig

Papeln und Knoten pleomorph T, DC4 +

wie 3.

5. großzellig anapla- stisches Lymphom

Papeln und Knoten großes Zytoplasma, ovalärer Kern, kohäsives Wachstum

wie 3.

6. T-immunoblasti- sches Lymphom

Knoten, oft untere Extremitäten

basophiles Zyto- plasma, prominenter Nukleolus

T, DC4 +

wie 3.

B 7. Immunozytom langsam wachsende,

hufeisenförmige Tumoren

klein, radspeichen- artiger Kern

Röntgentherapie der Einzelherde

8. Keimzentrums- lymphome

bogige, langsam sich vergrößernde Herde

klein, gekerbt (cc) oder groß, heller Kern, randständige Nukleolen (cb)

Röntgentherapie, schnelle Elektronen oder Chemotherapie wie 6.

9. B-immunoblasti- sches Lymphom

Knoten basophiles Zyto-

plasma, promi- nenter Nukleolus in aller Regel CD4-positiv; Aus-

nahmen (CD8 + , CD4 + /CD8 + , CD4 — /CD8 —) sind extrem selten und sollten zunächst Anlaß sein, die gestellte Diagnose kritisch zu über- denken.

Mycosis fungoides: „Klassisches"

Lymphom der Haut mit sehr langge- strecktem Verlauf (unbehandelt bis zu 15 oder 20 Jahren), an dessen Be- ginn an Ekzeme erinnernde Verän- derungen stehen (2). Allmählich ver- dicken sich diese Herde zu Plaques,

und terminal wachsen rasch Tumo- ren auf (Abbildungen 1 a und b).

Lymphknoten und innere Organe sind bei der Autopsie sehr oft befal- len, führen aber klinisch nur selten zu Symptomen. Zytologisch ist die Mycosis fungoides durch kleine Lym- phozyten mit zerebriformem Zell- kern gekennzeichnet.

Mzcuy-Syndrom: Lymphom von intermediärer Malignität mit der Trias leukämisches Blutbild, genera- lisierter Hautbefall (Erythrodermie,

Alopezie, Palmarkeratosen) und Lymphadenopathie (3). Die Tumor- zellen sind zytologisch von denen der Mycosis fungoides nicht zu unter- scheiden.

Klein- bis minelgro ßzelliges pleo- morphes T-Zell-Lymphom: Dermale Knötchen, Knoten oder Plaques, ag- gregiert oder disseminiert, beherr- schen das Bild dieser Entität (Abbil- dung 2), die erst seit wenigen Jahren aufgrund der erweiterten Kiel-Klas- sifikation (Suchi und Mitarbeiter, 87, Heft 11, 15. März 1990 (39) A-835 Dt. Ärztebl.

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1987 [4]) abgegrenzt wird. Früher wurden diese Fälle als „atypische Mycosis fungoides" oder Mycosis fungoides d'embl6e klassifiziert, da das histologische Bild - gekennzeich- net durch variable Kern- und Zell- morphologie bei relativ konstanter Zellgröße - auch im Verlauf einer Mycosis fungoides auftreten kann.

Pleomorphe T-Zell-Lymphome bei Mycosis fungoides entsprechen einer Tumorprogression mit Übergang in einer höher malignes Lymphom.

Großzellig pleomorphes T-Zell- Lymphom: Das Krankheitsbild ist ge- kennzeichnet durch rasch aufschie- ßende, kutan-subkutane Knoten von rötlicher bis bräunlicher Farbe (Ab- bildung 3 a). Der klinische Verlauf ist gelegentlich außerordentlich ag- gressiv und durch die üblichen The- rapieverfahren nicht zu beeinflussen.

Zytologisch finden sich große, mor- phologisch variable, blasse Tumor- zellen mit einzelnen eingestreuten Immunoblasten (Abbildung 3 b).

T-immunoblastisches Lymphom:

Entspricht klinisch dem großzellig pleomorphen T-Zell-Lymphom der Haut, ist allerdings sehr an den Bei- nen lokalisiert; Immunoblasten sind der vorherrschende Zelltyp.

Großzellig anaplastisches Lym- phom der Haut: Dieser erst vor kur- zem als „Kil-Lymphom" am Lymph- knoten beschriebene, dort unbehan- delt hochgradig maligne verlaufende Lymphomtyp kann sich an der Haut primär oder im Verlauf anderer T- Zell-Lymphome entwickeln (5). Zy- tologisch fallen meist zytoplasmarei- sche Zellen mit großen ovalären Kernen und vielen atypischen Mi- tosen ins Auge. Das primäre großzel- lig anaplastische Lymphom der Haut hat eine deutlich bessere Prognose als sein Pendant im Lymphknoten.

B-Zell-Lymphome der Haut sind meist von niedriger Malignität und

charakteristischer Klinik

Unter den B-Zell-Lymphomen der Haut werden solche der Plasma- zellen und ihrer Vorstufen (lympho- plasmozytoides Immunozytom und Plasmozytom), Keimzentrumslym-

Abbildung 1 a: Mycosis fungoides in der Frühphase. Ekzematöse Herde sowie flach erhabene Plaques nach bereits jahrelangem Bestand der Erkrankung

Abbildung 1 b: Mycosis fungoides im Tu- morstadium. Aus Plaques sind durch Ver- dickung und Konfluenz große Tumoren ent- standen

phome (zentrozytisches, zentrobla- stisch-zentrozytisches und zentrobla- stisches Lymphom) und das immu- noblastische Lymphom unterschie- den. Mit entsprechender Erfahrung lassen sich bereits klinisch die jeweili- gen Verdachtsdiagnosen stellen.

Lymphoplasmozytoides Immu- nozytom: Mehrere oder auch solitäre braunrote Knoten, meist am Stamm, mit zentraler Abheilungstendenz und dann bogigem Aussehen sind ty- pisch (6). Zytologisch sieht man Plas- mazellen und Vorstufen, immunphä- notypisch sind alle Zellen durch Pro- duktion desselben Immunglobulin- Isotyps charakterisiert.

Keimzentrumslymphome: Unab- hängig von ihrer Zytologie sind die Keimzentrumslymphome überwie-

gend von niedriger Malignität und verlaufen bei primärem Hautbefall auch unbehandelt über viele Jahre ohne Übergreifen auf innere Ogane (Abbildung 4) (7). Eine Reihe dieser Patienten weist positive Borrelienti- ter auf.

B-immunoblastisches Lymphom:

Klinisch und zytologisch entspricht dieses Lymphom dem T-immunobla- stischen Lymphom (8).

Die zur Erfassung der Krank- heitsausbreitung kutaner maligner Lymphome erforderlichen Stadien- untersuchungen entsprechen mit ge- ringen Modifikationen denen bei no- dalen Lymphomen (Tabelle 2) (9).

Pathogenese und Tumorprogression maligner Lymphome:

Mycosis fungoides als Modellerkrankung

Maligne Lymphome, wie alle malignen Tumoren, weisen mit zu- nehmender Krankheitsdauer eine Steigerung der biologischen Aggres- sivität auf: Tumorprogression. Sie ist bedingt durch die genetische Instabi- lität der Tumorzellen mit Ausbil- dung von Subklonen und nachfol- gender Selektion derjenigen Subklo- ne, die biologische, das heißt Wachs- tumsvorteile besitzen. Das Wesen der Tumorprogression läßt sich ver- anschaulichen, wenn man zum Bei- spiel Plaques und Tumoren bei My- cosis fungoides vergleicht. Plaques vergrößern sich sehr langsam, Tumo- ren wachsen explosionsartig; die Subklone aus Tumoren sind auch in der Lage, in extralymphatische Ge- webe einzudringen. Zytologisch sind die malignen Lymphozyten aus Pla- ques klein, mit gewundenem Zell- kern und zeigen kaum Mitosen; in Tumoren hat sich ihre Größe ver- doppelt bis verdreifacht, die Mor- phologie ist variabel, und zahlreiche atypische Mitosen sind erkennbar.

Phänotypisch ist, neben einer zuneh- menden Expression von Aktivie- rungsantigenen, der Verlust von T- Zell-spezifischen Oberflächenmole- külen ebenfalls ein Zeichen der zu- nehmenden Entdifferenzierung.

Chromosomenaberrationen finden A-838 (42) Dt. Ärztebl. 87, Heft 11, 15. März 1990

(4)

sich in Plaques kaum, in Tumoren je- doch zahlreich. Bemerkenswerter- weise betreffen die Bruchstellen der Chromosomen solche Gene, die für die spezifische Zellfunktion relevant sind (zum Beispiel T-Zell-Rezeptor- Gen) oder Zellwachstum und -diffe- renzierung steuern (zum Beispiel Onkogene wie c-myc, c-erb B und viele andere).

Entscheidend für unser pathoge- netisches Verständnis ist die Beant- wortung der Frage, wann sich der maligne Klon etabliert. Mit moleku- larbiologischen Techniken können heute klonale T-Zell-Proliferationen identifiziert werden, wenn sie mehr als fünf Prozent der untersuchten Zellpopulation ausmachen. Den- noch ist es bislang nicht gelungen, in den ekzematösen Frühveränderun- gen der Mycosis fungoides einen Klon zu identifizieren.

Ist der Klon in diesen frühen Lä- sionen noch zahlenmäßig zu klein, um mit heutigen Methoden nachge- wiesen zu werden, oder ist er (noch) nicht vorhanden? Vieles spricht für die zweite Möglichkeit. Sowohl bei experimentell induzierten Lympho- men bei Mäusen, aber auch bei Ep-

Tabelle 2: Klinische Stadienunter- suchungen bei kutanen malignen Lymphomen

genaue physikalische Untersu- chung

Dokumentation der Hautverän- derungen auf Erhebungsbögen und Fotografien

Hautbiopsien (möglichst einige Biopsien tiefgefroren aufbewah- ren)

Röntgen-Thorax

Abdomen-Computertomographie oder Ultraschall

Knochenmarksbiopsie (fakultativ bei Mycosis fungoides Stadium IA bis IIA)

Biopsien vergrößerter Lymphkno- ten und von Organen (zum Bei- spiel Leber) mit pathologischen Befunden

Abbildung 2: Pleomorphes T-Zell-Lymphom der Haut, klein- bis mittelzellig; zahlreiche teils dermale, teils subkutan gelegene Kno- ten mit Nekroseneigung

stein-Barr-Virus-induzierten B-Zell- Lymphomen bei immunsupprimier- ten Patienten ist eine Frühphase ab- grenzbar, in der zahlreiche Klone ak-

Abbildung 3 a: Pleomorphes T-Zell-Lym- phom der Haut, großzelliger Typ; rasch wachsender Knoten im Stirnbereich mit Te- leangiektasien

Abbildung 3 b: Großzelliges pleomorphes T-Zell-Lymphom der Haut. Die mittel- bis großzelligen malignen Lymphozyten weisen eine erhebliche Variabilität der Kemform auf (Pleomorphie); beachte die Mitosen

tiviert sind: polyklonale Aktivierung (10). Diese Phase entspricht einer immunologischen Maximalantwort auf ein den Organismus bedrohen- des Geschehen. Die polyklonale Ak- tivierung mit einer gewissen geneti- schen Instabilität der stimulierten Lymphozyten ist offenbar Vorausset- zung für die Entstehung eines auto- nom wachsenden (malignen) Klons.

Wichtiger noch für therapeuti- sche Überlegungen ist die Tatsache, daß die polyklonale Aktivierung durch Beseitigung des auslösenden Agens reversibel ist (zum Beispiel Aciclovir-Gabe bei EBV-assoziierter Lymphadenopathie und Lymphozy- tose bei Immunsupprimierten!).

Dies gestattet die Formulierung der überprüfbaren Hypothese, daß die ekzematösen Frühveränderungen der Mycosis fungoides der polyklo- nalen Aktivierung entsprechen und bei Aufdeckung des auslösenden Agens durch entsprechende Maß- nahmen reversibel sein müssen.

Therapie kutaner maligner Lymphome:

nichtaggressive

Therapieverfahren durch lokalisatorische

Besonderheit möglich

Neben den klassischen Thera- pieverfahren, die in der Behandlung maligner Lymphome bewährt sind - ionisierende Strahlen und Chemo- therapie -, haben sich durch die leichte Zugänglichkeit sowie die frü- he Erkennbarkeit kutaner Lympho- me Therapiemodalitäten etabliert, die trotz einer minimalen Toxizität einen kurativen Einsatz ermög- lichen. Typisches Beispiel ist die PU- VA (Psoralengabe intern plus UVA- Bestrahlung)-Therapie, die 1973 an der Wuppertaler Hautklinik durch Oberste-Lehn und Mortazawi (11) aus der Taufe gehoben wurde. Neu- ere Entwicklungen sind die system- ische Gabe von Retinoiden oder In- terferon-a 2 a und b (12). Im folgen- den sind die heute zur Therapie von Hautlymphomen zur Verfügung ste- henden Möglichkeiten kurz kom- mentiert.

A-840 (44) Dt. Ärztebl. 87, Heft 11, 15. März 1990

(5)

FÜR SIE REFERIERT

PUVA: Therapie der Wahl bei früher Mycosis fungoides, Stadium IA bis IIA. Langzeit-Vollremissio- nen („Heilungen") sind bei 20 bis 30 Prozent möglich! Als adjuvante The- rapie bei fortgeschrittenen Stadien der Mycosis fungoides und beim S6- zary-Syndrom wertvoll. Bemerkens- wert ist, daß das Krankheitsgesche- hen selten PUVA-resistent wird, das heißt Rezidive sprechen auf erneute PUVA-Therapie meist gut an.

Retinoide: Aus dieser Gruppe synthetischer Abkömmlinge der Vit- amin-A-Säure sind besonders Etreti- nat (in Kombination mit PUVA bei PUVA-resistenten Mf-Fällen), Iso- tretinoin (wie Etretinat) sowie Aroti- noide (auch als Monotherapie wirk-

Abbildung 4: Zentroblastisches Lymphom der Haut. Große Knoten im Bereich des Rük- kens. Nach Exzision Vollremission seit nun- mehr acht Jahren

sam, bis hin zur Vollremission) ein- gesetzt worden. Die Dosierung sollte immer relativ hoch gewählt werden;

den recht ausgeprägten aktuellen Nebenwirkungen steht eine geringe Langzeittoxizität entgegen.

Interferon-a 2 a/2 b: Derzeit in der experimentellen Erprobung, zeigt ihr Einsatz bei verschiedenen Lymphomen zur Hoffnung berechti- gende Erfolge.

Röntgenstrahlen: Mittelharte Röntgenstrahlen eignen sich zur Be-

handlung solitärer Lymphomherde bei fehlender systemischer Beteili- gung, oder in der adjuvanten Thera- pie fortgeschrittener Krankheitsbil- der.

Schnelle Elektronen: In frühen Stadien der Mycosis fungoides eben- so wirksam wie PUVA; hier fallen die Langzeitnebenwirkungen einer Ganzhaut-Elektronentherapie (Haarverlust, Schwitzvermögen stark reduziert, Hautatrophie) negativ ins Gewicht. Bei ausgedehntem Hautbe- fall bei allen Lymphomarten generell wertvoll; technisch sehr aufwendig (Dosimetrie zum Beispiel der Fin- gerzwischenräume!).

Chemotherapie:

• Winkelmann-Schema: nied- rig-dosiert Chlorambuzil (zwei bis sechs mg/d) plus Prednisolon (10 bis 20 mg/d) zur Langzeittherapie des S&ary-Syndroms äußerst wirksam.

€0

Aggressive Polychemothera- pie (COPBLAM und ähnliche): bei hochgradig malignen kutanen Lym- phomen mit generalisiertem Hautbe- fall, ohne die Möglichkeit der isolier- ten Bestrahlung einzelner Herde mit ionisierenden Strahlen.

Es versteht sich aus dem hier Dargelegten, daß die optimale Be- treuung von Patienten mit kutanen malignen Lmyphomen eine ver- trauensvolle interdisziplinäre Zu- sammenarbeit voraussetzt; hierfür möchte ich an dieser Stelle meinen Kollegen aus den medizinischen und radiotherapeutischen Kliniken sowie den Instituten für Pathologie in Kiel und Köln herzlich danken.

Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonder- druck, anzufordern über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Wolfram Sterry Universitäts-Hautklinik

Schittenhelmstraße 7 2300 Kiel 1

Ärzte unter Streß

Zur Feststellung der Ursachen von Streß im Beruf, assoziiert mit ei- nem hohen Maß an Berufsunzufrie- denheit und psychem Mißbefinden bei praktischen Ärzten in England erstellten die Autoren eine Multiva- rianz-Analyse aus umfangreichen Daten vertraulicher Fragebögen von 1817 praktischen Ärzten (4000 Fra- gebögen wurden versandt, 1928 wur- den zurückgesandt, 1817 konnten für die Analyse verwendet werden). Die Daten bezogen sich auf unabhängige Variablen wie Berufsstreß, demogra- phische Faktoren und Angaben zur eigenen Person. Abhängige Varia- blen waren psychische Gesundheit, Berufszufriedenheit, Alkoholkon- sum und Rauchen.

Im Vergleich zu anderen Grup- pen waren Berufszufriedenheit so- wie positive Hinweise für psychisches Wohlbefinden bei den praktischen Ärztinnen vorhanden. Demgegen- über wiesen die Ärzte signifikant über der Norm liegende Werte für Angstzustände auf, zeigten weniger Berufszufriedenheit und tranken mehr Alkohol als ihre Kolleginnen.

Die Analyse enthüllte vier Streßfak- toren im Beruf, die höhere Werte für Unzufriedenheit und Mangel an mentalem Wohlbefinden voraussag- ten:

• Anforderung im Beruf und Er- wartungshaltung des Patienten,

• Konflikt mit der Familie,

• ständige Unterbrechungen bei der Arbeit und zu Hause,

• Verwaltungsarbeiten in der Pra- xis.

Die Autoren kommen zu dem Schluß, es wäre empfehlenswert, ei- nen Beratungsdienst für praktische Ärzte und andere im Gesundheits- wesen Tätige, die psychisch unter dem Druck ihrer Arbeit leiden, ein- zurichten. Lng

Cooper, C. L. et al.: Mental health, job sat- isfaction, and job stress among general practioners, Brit. Med. Journ. 298 (1989) 366-3709.

Professor Cary L. Cooper, Department of Organisational Psychology, University of Manchester Institute of Science and Tech- nology, PO Box 88, Manchester M60 1QD, Großbritannien.

Dt. Ärztebl. 87, Heft 11, 15. März 1990 (47) A-843

Referenzen

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