Im Gespräch mit der Bundesvorsitzenden des Berufsverbandes der Arzthelferinnen, Frau Maria Brunner: der Hauptreferent Professor Dr. phil. Wolfgang Jantzen
Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen
TAGUNGSBERICHT
Fortbildung:
auch für
Arzthelferinnen wichtig
180 Teilnehmerinnen aus drei Nationen
in der „Akademie
für Arzthelferinnen-Fortbildung"
in Bad Nauheim
Daß berufliche Fortbildung das Hauptanliegen des Berufsverbandes der Arzthelferinnen ist, hat Bundes- vorsitzende Maria Brunner, schon bei verschiedenen Anlässen hervor- gehoben. Tatkräftige Unterstützung fand sie bei der Realisierung vor al- lem durch die Landesärztekammer Hessen und durch deren Vizepräsi- denten, den Leiter der Carl-Oele- mann-Schule in Bad Nauheim, Dr.
med. H. J. Rheindorf. So konnte vor Jahresfrist im Bereich des ärztlichen Fortbildungszentrums mit der „Aka- demie für Arzthelferinnen-Fortbil- dung" eine Institution geschaffen werden, die es auch Arzthelferinnen ermöglicht, ihr fachliches Wissen zu erweitern.
Mitte Juli 1978 hatte der Berufsver- band der Arzthelferinnen daher zu einem dreitägigen Treffen auf inter- nationaler Ebene in die Nauheimer Akademie eingeladen. Es ging dem Verband vor allem darum, Kollegin- nen auch aus den europäischen Ländern zu einem Gedankenaus- tausch zu gewinnen, in denen ent- sprechende Berufsorganisationen bestehen. 20 Arzthelferinnen aus der Schweiz, fünf aus den Niederlanden trafen mit den deutschen Teilneh- merinnen zusammen.
Das Nauheimer Fortbildungspro- gramm umfaßte Kurse in Reanima- tion, Hygiene, stellte neue Verband- techniken vor und bot verschiedene Laborkurse an. Fachliteratur wurde an Bücherständen vorgestellt und fand lebhaften Zuspruch.
Mittelpunkt und zugleich Abschluß der Veranstaltung war der Vortrag des Diplompsychologen Professor Dr. phil. Wolfgang Jantzen (Bre- men): „Psychologie für die Arzthel- ferin in der Praxis". Es muß in die- sem Zusammenhang daran erinnert werden, daß der Berufsverband der Arzthelferinnen sich seit Jahren dar- um bemüht, das Thema „Psycholo- gie" in die Arzthelferinnen-Ausbil- dung zu integrieren. Mit einer popu- lärwissenschaftlichen Darstellung der Freudschen Theorien „Das Spukschloß im Innern" hatte Jant- zen seinerzeit lebhaften Beifall ge- funden. Die Verbandszeitschrift
„Praxis und Helferin" druckte die Arbeit ab und brachte damit die Dis- kussion zum Thema „Psychologie"
weiter in Gang. Aus diesem Grunde war Professor Jantzen gebeten wor- den, während der jetzigen Bad Nau- heimer Tagung das Thema „Psycho- logie für die Arzthelferin in der Pra- xis" zu behandeln.
Der Referent betonte, ihm komme es nicht darauf an, neue Technologien anzubieten; er wolle vielmehr das Verständnis für die reale psychische Problematik des Krankseins und sei- ner medizinischen Behandlung wek- ken. Wörtlich führte er aus: „Ich möchte nach einer Bestimmung des
Gegenstandes der Psychologie und der Skizzierung allgemeiner Merk- male menschlicher Tätigkeit auf Probleme von Gesundheit und Krankheit zu sprechen kommen und dabei herausarbeiten, daß Krankheit sowohl ein organisches Prozeßge- schehen wie eine spezielle soziale Lebensform darstellt. In einem drit- ten Schritt möchte ich eine Modell- vorstellung zur psychischen Verar- beitung von Krankheit entwickeln, um dann am Verhältnis von Krank- heit und Medizin den gesellschaftli- chen Umgang mit Krankheit zu skiz- zieren. Schließlich möchte ich auf die reale und mögliche Funktion der Arzthelferin in den bis hier skizzier- ten Prozessen eingehen und einige Anregungen für die weitere Diskus- sion der Berufsrolle der Arzthelferin formulieren."
Der Referent holte weit aus, um Zu- sammenhänge und Hintergründe aufzuzeigen, die auch die Situation der Arzthelferin in der Praxis bestim- men. Dabei ging er von der bissigen Meinungsäußerung des Generaldi- rektors der Weltgesundheitsorgani- sation (WHO), Halfdan Mahler, aus : Die medizinischen Fakultäten bilde- ten Ärzte nicht für die gesundheitli- che Versorgung eines Volkes aus, sondern „für eine medizinische Pra-
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 34 vom 24. August 1978 1911
Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen
Arzthelferinnen- Fortbildung
xis, die blind ist gegenüber allem, was nicht Krankheit und Technolo- gie in der Medizin" heiße. Und er erinnerte auf der anderen Seite an die These, daß der wichtigste Faktor für die Vorhersage der Lebenser- wartung die Arbeitszufriedenheit sei (nach einem Befund, zu dem eine Sonderkommission des Gesund- heitsministeriums der USA in einer über 15 Jahre durchgeführten Stu- die gekommen ist).
Somit stehe Krankheit in ursächli- chem Zusammenhang mit gesell- schaftlichen Zuständlichkeiten, wie Virchow es bereits 1849 vorausge- ahnt hatte. "Die Medizin hat uns un- merklich in das sociale Gebiet ge- führt und uns in die Lage gebracht, jetzt selbst an die großen Fragen un- serer Zeit zu stoßen." Nachdem Pro- fessor Jantzen die gesellschaftliche Eingebundenheit der niedergelasse- nen Ärzte und ihrer Tätigkeit aufge- zeigt hatte, stellte er die Frage, wo in diesem Rahmen der Platz für die Arzthelferin sei. Ihre Rolle werde eingeengt, je stärker ärztliches Han- deln nach ökonomischen Gesichts- punkten ausgerichtet sei. Wörtlich sagte er: "ln der hier ansetzenden Diskussion um das Aufgreifen des Präventivaspektes, der sozialpoliti- schen Seite der Medizin, sind we- sentliche Problembereiche ange- sprochen, die auch für die weitere Diskussion des Berufsbildes der Arzthelferin von Bedeutung sein
' ~ >-~-
~- -
sollten. Nicht zuletzt verweist die Diskussion innerhalb der Weltge- sundheitsorganisation auf die not- wendige Verbindung der Interven- tion von Medizinern, technischem und Pflegepersonal mit psychologi- schen und sozialen Situationen, in der der Patient oder die Familie sich befinden, auf die notwendige Denk- richtung."
Bundesvorsitzende Frau Maria Brunner wies im Anschluß an den Vortrag von Professor Jantzen dar- auf hin, daß demnächst konkrete Maßnahmen des Verbandes für die psychologische Schulung der Arzt- helferinnen folgen würden. Die mehr als 150 Arzthelferinnen, die aus allen Teilen der Bundesrepublik für drei Tage nach Bad Nauheim gekommen waren, übten teilweise auch Kritik an ihren Arbeitgebern, den niederge- lassenen Ärzten. Anlaß zu Unzufrie- denheit bietet die nach ihrer Auffas- sung oftmals "außerordentlich schlechte tarifmäßige Bezahlung".
Das Kostendämpfungsgesetz werde unter anderem auch auf ihrem Rük- ken ausgetragen.
Trotz eines sehr anspruchsvollen und vielseitigen Aufgabengebietes stehe die Arzthelferin auf einer der untersten Stufen der Gehaltsskala.
Nach Angaben des Berufsverbandes sind derzeit in der Bundesrepublik Deutschland knapp 100 000 Arzthel-
ferinnen tätig. BD
Das Auditorium im großen Hörsaal der Cari-Oelemann-Schule in Bad Nauheim, in der das dreitägige Treffen der Arzthelferinnen stattfand Fotos: H. Gebhard
1912 Heft 34 vom 24. August 1978
DEUTSCHES ARZTEBLATT
BEKANNTMACHUNGEN
Kassenarztsitze
Niedersachsen
Von der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen werden folgende Kassen- arztsitze als vordringlich zu besetzen ausgeschrieben:
Wolfenbüttel, Nervenarzt. ln der Kreis- stadt Wolfenbüttel, ca. 51 000 Einwoh- ner, mit einem Einzugsgebiet von weite- ren 30 000 Einwohnern, ist die Niederlas- sung eines Nervenarztes dringend erfor- derlich. ln Wolfenbüttel ist bisher kein Nervenarzt niedergelassen. Praxisräum- lichkeiten stehen zur Verfügung.
Wolfsburg-Fallersleben, Allgemeinarzt bzw. praktischer Arzt. ln der ehemals selbständigen Stadt Fallarsleben (ca.
12 000 Einwohner) ist die Niederlassung eines weiteren Allgemeinarztes bzw.
praktischen Arztes dringend erforderlich geworden.
~ Einem der zugelassenen Bewerber wird gemäߧ 5 I der Richtlinien der Kas- senärztlichen Vereinigung Niedersach- sen für Maßnahmen zur Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung eine Umsatzgarantie in Höhe von DM 30 000 vierteljährlich für die Dauer eines Jahres gewährt.
Nähere Auskunft erteilt die Kassenärztli- che Vereinigung Niedersachsen, Be- zirksstelle Braunschweig, An der Petri- kirche 1, 3300 Braunschweig, Postfach 3040, Telefon: 05 31/4 40 36.
Arbeitsmedizinischer Einführungslehrgang
Westfalen-Lippe
Die Ärztekammer Westfalen-Lippe führt in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Gewerbearzt für den Aufsichtsbezirk Westfalen letztmalig einen arbeitsmedi- zinischen Einführungslehrgang in der Zeit vom 27. November bis zum 8. De- zember 1978 in Bochum durch. Die Teil- nahmegebühr beträgt DM 200. Interes- sierte Kolleginnen und Kollegen können sich für eine Teilnahme an diesem Kurs direkt mit dem Kursleiter, Herrn Medizi- naldirektor Dr. med. Günther Jancik, Ma- rienplatz 2-6, 4630 Bochum, Telefon:
02 34-6 05 75 bis 78, in Verbindung setzen.