sinnvoll, da das Sortieren und Ver- senden der Brillen in der Regel weit teurer ist als die Herstellung ein- fachster Starbrillen, was in Indien bereits für 1,80 DM möglich ist.
Es wurde beschlossen, die nächste Tagung in der ersten Hälfte des Juni 1979 in den Räumen der Christoffel- Blindenmission in Bensheim abzu- halten und dort besonders die Fra- gen der Partner in den Entwick- lungsländern zu diskutieren: Wie kann erreicht werden, daß dort ge- nügend geschultes einheimisches Personal vorhanden ist, das die Auf- gaben der augenärztlichen Versor- gung und Überwachung weiterführt, wenn die anfangs dort helfenden Ärzte aus Industrienationen wieder in ihr Land zurückgekehrt sind?
Dies ist in Anbetracht der hohen In- vestitionen, die von vielen Industrie- nationen in Entwicklungsländern zur Verhütung der Erblindung erfol- gen, von grundlegender Bedeutung.
Ohne die entsprechend ausgebilde- ten Partner in den Entwicklungslän- dern können diese Investitionen kei- nen Dauererfolg haben.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. Dr. h. c.
Wolfgang Leydhecker Universitäts-Augenklinik im Kopfklinikum Würzburg Josef-Schneider-Straße 11 8700 Würzburg
ZITAT
Sportliches Krankenhaus
„Ein modernes Krankenhaus benötigt Einrichtungen, die der Patient nutzen kann, wie Cafeteria, Musikzimmer, Hobby- und Sporträume".
Dr. rer. pol. Monika Wulf- Mathies, Mitglied des Ge- schäftsführenden Hauptvor- standes der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Trans- port und Verkehr (ÖTV), Stuttgart, bei einer Tagung des ÖTV-Landesbezirks Bayern in Nürnberg
Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen
MEDIZIN-DSCHUNGEL
Dr. Thäle hatte in einem Leserbrief (Heft 5/1979) ein „Zitat" von Dr. Klotz kritisiert.
Darauf antwortet dieser.
Schlicht —
aber trotzdem richtig
Eine lebende Sprache wie die unse- re birgt auf Grund der ihr innewoh- nenden Evolution die Möglichkeit, neue Worte zu entwickeln. Wenn für einen Zustand, der früher noch nicht existierte, der sich erst in letzter Zeit herausbildete, nach einer Bezeich- nung gesucht wird, so sollte es er- laubt sein, eine plastische Beschrei- bung zu benutzen.
Der von mir inaugurierte Begriff des
„Medizindschungels", der den Kol- legen Thäle in seiner philologischen Seele schmerzt, umschreibt nach meinem Dafürhalten genau jenen Zustand des derzeitigen deutschen Gesundheitswesens, der sich insbe- sondere aus der Sicht des Patienten darbietet.
Sehen Sie sich einmal die Verhält- nisse in einer Großstadt an. Hier reiht sich Facharztschild an Fach- arztschild, dazwischen ein paar Pro- fessorentitel und Subspezialistenan- kündigungen. Der aufgeklärte Pa- tient unserer Tage glaubt, für einen hohen Krankenkassenbeitrag auch den spezialgebildeten Fachmann konsultieren zu müssen.
Dieses Verfahren wird leider bei der sehr häufigen Multimorbidität ver- ständlicherweise zum Besuch von mehreren Spezialisten führen, von denen jeder eine Kapazität in seinem Fache, von der Tätigkeit der anderen Kapazität am selben Patienten keine Ahnung hat.
Als Folge hat uns die Mehrfachdia- gnostik die Kostenexplosion im Ge- sundheitswesen beschert, die Mehr- fachtherapie beschert dem Patien- ten als Folge unter Umständen eine Magenblutung. Schäden durch Arz- neimittelintoxikationen infolge Po- tenzierung der einzelnen, voneinan- der unabhängigen Therapieversu- che sind uns Allgemeinärzten nicht
unbekannt. Ist hier nicht der Haus- arzt — der nach den Grundsätzen des BPA nicht immer ein Allgemeinarzt sein muß — aufgefordert, in einer Koordination der Befunde und The- rapieempfehlungen den Patienten an die Hand zu nehmen und ihn durch diesen Dschungel, in dem vor lauter Einzelergebnissen das Ganze nicht mehr gesehen werden kann, sicher und ungefährdet hindurchzu- geleiten?
Aus meiner Großstadtpraxis, in der ich bei bestem Kontakt mit den Kol- legen der einzelnen Fachsparten ar- beite, weiß ich von der dringenden Notwendigkeit der hausärztlichen Führung unserer Patienten. Ich habe jedoch dabei nie das Gefühl gehabt, ich würde bei diesem meinem Tun
„Interessenpolitik unter dem Deck- mantel der Interessen der Patienten betreiben", und mein Kammerpräsi- dent und Freund, Kollege Bechtoldt, hat mich in all den Jahren noch nie bezichtigt, ich würde „Schützengrä- ben für Verteilungskämpfe auf- werfen".
Dr. med. Helmuth Klotz Vizepräsident
der Bundesärztekammer und Vorsitzender des BPA Belfortstraße 9/IX
5000 Köln 1
GEBIETSBEZEICHNUNG
Zu einer Stellenausschreibung: zunächst ein Leserbrief, dann eine Erläuterung der berufsrechtlichen Lage durch die Bun- desärztekammer, bei der die Redaktion eine Stellungnahme erbeten hatte.
Anachronismus
In Heft 48 vom 30. 11. 78 des Deut- schen Ärzteblattes wird von einer chirurgischen Abteilung eines Kran- kenhauses der Regelversorgung im nordwestdeutschen Raum im Anzei- genteil eine Stelle ausgeschrieben für einen Facharzt für Chirurgie und Urologie. Das Ansinnen dieser Aus- schreibung ist ein Anachronismus und widerspricht nicht nur der Wei- terbildungsordnung, sondern auch der Berufsordnung. Die Urologie ist ein selbständiger Fachbereich, die BRIEFE AN DIE REDAKTION Blindheit
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 15 vom 12. April 1979 1035
Spektrum der Woche Aufsätze · Notizen Briefe an die Redaktion
klare Definition des Faches gibt den Stellenwert im interdisziplinären Verbund. Eine chirurgische Abtei- lung ist nicht berechtigt, stationäre und ambulante urologische Versor- gung durchzuführen. Solche Maß- nahmen durch einen Facharzt für Urologie in Oberarztstellung einer chirurgischen Abteilung ausführen zu lassen muß schlicht als berufspo- litische Unverschämtheit bezeichnet werden.
Dr. med. Knipper Ehrenpräsident des Berufsverbandes der Deutschen Urologen Altredstraße 9
2000 Harnburg 76
Anmerkung:
Seit Mitte der 30er Jahre entwickel- ten sich zunächst an Universitätskli- niken und später an größeren Kran- kenanstalten Abteilungen für Urolo- gie. Sie waren fast immer Bestand-
Arzteschwemme 1901
Aus der Grußadresse zum Jah- reswechsel am 1. Januar 1901 im Gorrespendenz-Blatt für Schwei- zer Aerzte:
"Die Zahl der Ärzte hat ... stark
zugenommen; kaum gibt es noch einen kleinen Bezirk, der nicht einen oder mehrere Ärzte hätte, und überall werden Klagen laut über die Überfüllung des Ärzte- Standes. Diese neuen Verhältnis- se haben für manche Kollegen eine empfindliche Verschlimme- rung ihrer materiellen Lage zur Folge gehabt. Der Kampf ums Dasein wird für den praktischen Arzt immer schwerer, und dabei muß häufig die rein ideale Seite unseres Berufes wohl oder übel in den Hintergrund zurückge- drängt werden. Auf der anderen Seite ist das Ansehen des Arztes im Publikum in den letzten Jahr- zehnten zweifellos gesunken. Der alte Hausarzt, der zugleich ein
teile zunächst der chirurgischen Ab- teilungen und wurden erst nach vie- len Jahren selbständige Einrichtun- gen der Krankenhäuser.
Der Deutsche Ärztetag trug bereits 1956 dieser Entwicklung Rechnung, indem er in die damalige Facharzt- ordnung einen "Facharzt für Urolo-
gie" bzw. "Facharzt für Krankheiten
der Harnwege" einführte.
Nach der derzeit gültigen Weiterbil- dungsordnung muß ein Arzt eine mindestens 1jährige Tätigkeit in der Chirurgie und eine 4jährige Tätigkeit in der Urologie nachweisen, bevor ihm die Anerkennung als "Urologe"
erteilt werden kann.
Die Weiterbildung in Chirurgie ist im ersten oder zweiten Jahr der Weiter- bildung abzuleisten. Die vom Vor- stand der Bundesärztekammer be- schlossenen "Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung" ordnen Operationen an Niere, Harnleiter, Blase, Prostata, Penis und Skrotum
Freund und Berater der Familie war, wird immer seltener und an seine Stelle tritt der nüchterne, geschäftliche Verkehr zwischen Arzt und Patient. Das Kranken- kassenwesen mit seiner gewalti- gen Organisation drückt in vielen Ländern schwer auf den ärztli- chen Stand und hat zu der Herab- setzung seines Ansehens nicht wenig beigetragen. Mit einem Worte, die Lage des ärztlichen Standes ist heute eine sehr ern- ste, und ohne Pessimist zu sein, kann man für die nächste Zukunft schwere Krisen und harte Kämp- fe voraussehen."
Kommentar von Prof. Dr. D. von Zerssen, der der Redaktion den Fund mitteilte: Es mag heute manchen Kollegen trösten, daß offenbar unsere Vorfahren (ver- mutlich nicht nur in unserem südwestlichen Nachbarland) mit ähnlichen Problemen und Sorgen beschäftigt waren wie heute.
1036 Heft 15 vom 12. April 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT
sowie die transurethralen Operatio- nen eindeutig dem Urologen zu. Da- neben erscheint es selbstverständ- lich, daß ein in der Weiterbildung zum Chirurgen stehender Arzt im Rahmen der Abdominalchirurgie auch Kenntnisse und Erfahrungen in der operativen Therapie an Niere, Harnleiter und Blase sowie Hoden und Nebenhoden erwerben muß.
Da nun aber seit über 20 Jahren ein eigenständiges Gebiet ,,u-rologie"
be'steht, ist es vom berufspolitischen Standpunkt aus nicht zu vertreten, einem Kollegen, der nach qualifi- zierter Weiterbildung sowohl die An- erkennung als Chirurg als auch als Urologe erworben hat, zuzumuten, im Rahmen des "allgemeinen chir- urgischen Betriebes eingesetzt zu werden."
Der von einem Krankenhaus der Re- gelversorgung im nordwestdeut- schen Raum gesuchte zweite Ober- arzt für die chirurgische Abteilung sollte nach Auffassung der das Inse- rat aufgebenden Verwaltung im we- sentlichen die Betreuung sowohl der stationären als auch der ambu- lanten urelogischen Patienten über- nehmen. Derartige Überlegungen sind nicht neu, wenn man insbeson- dere daran zurückdenkt, daß gleiche Regelungen früher einmal in der Chirurgie und Gynäkologie anzu- treffen waren.
._ Anscheinend haben die Verant- wortlichen dieses nordwestdeut- schen Krankenhauses noch nichts von den seit Jahren bestehenden Bestrebungen der deutschen Ärzte- schaft gehört, deren Ziel es ist, mög- lichst vielen Ärzten die Möglichkeit zu geben, auch in Krankenhäusern den ärztlichen Beruf in eigenverant- wortlicher Tätigkeit auszuüben.
ln diesem Falle, insbesondere, nach- dem bereits sechs Belegabteilungen an diesem Krankenhaus vorhanden sind, wäre es wohl sicher das Ver- nünftigste gewesen, einem Urolo- gen die Möglichkeit zu geben, ent- weder als Leiter einer eigenen urelo- gischen Abteilung oder aber als Be- legarzt dort operativ urelogisch tätig
zu werden. br 1>