Geldanleger
Wer hatte die richtige Nase?
Aus je 10 000 DM
— Ende 1983 angelegt — wurden bis zum Jahre 1993
bei Anlage in: Aktien*
34 252 DM Festverzins- lichen Wert- papieren * 21 589
Sparguthaben mit 12 Monaten Kündigungsfrhst*
Sparguthaben Immobilien * * mit gesetzlicher 14 600 14 233 Kündigungsfrist*
12 916 Gold 5 270
*Zinsen und Dividenden wieder angelegt
—Grundstücke und Eigenheime in Großstädten. ®Globus 1458
Aus 10 000 DM mußte man in den vergangenen zehn Jahren mindestens 12 417 DM erwirtschaften, um den Schwund des Geldwerts durch steigende Preise auszugleichen. Wer 1983 genau 10 000 DM in Gold anlegte, kann heute nur noch etwa 5 270 DM erlösen. Die Sparbuchsparer haben wenig- stens die Kaufkraft ihres angelegten Geldes erhalten können — aber nicht viel mehr. Wirklich die richtige Nase hatten hingegen geschickte Aktienkäu- fer. Ihr Aktiendepot ist heute im Durchschnitt, einschließlich wiederangeleg- ten Dividenden, fast dreieinhalbmal soviel wert wie 1983.
Angaben: Deutsche Bundesbank, RDM, IMF, DAX, eigene Berechnungen ❑
Geldanlage in der Schweiz
Konkurrenz für Luxemburg
E
in Dorn im Auge ist Bundesfinanzminster Theo Waigel das Groß- herzogtum Luxemburg, oder besser: seine Weigerung, sich einer Quellensteuer anzu- schließen. Noch hält Luxem- burg dem immer stärker wer- denden Druck aus dem Nach- barland stand. Das kann sich ändern, und damit ist der Fi- nanzplatz Schweiz wieder verstärkt in den Mittelpunkt des Interesses auch bei den deutschen Anlegern gerückt.Geholfen hat den Ban- kern auf der Züricher Bahn- hofstraße die Entscheidung der Schweizer Bürger vom Nikolaustag 1992, nicht dem Europäischen Wirtschafts- raum beizutreten. Was für die Schweizer Industrie und die großen Banken als Nachteil gewertet wird, gestaltet sich für die kleinen Banken, die hauptsächlich in der Vermö- gensverwaltung tätig sind, als ausgesprochener Standort- vorteil. Die Schweiz wird von Bundesbürgern, aber auch von Bürgern anderer EG- Staaten als sicherer Hort für Geldanlagen angesehen, si- cher auch vor dem Zugriff des Fiskus.
Ohnehin hat die Schweiz für große Vermögen nie ihre Anziehungskraft verloren.
Während Luxemburg vor al- lem die kleineren Anleger mit Anlagesummen ab 50 000 DM anzieht, bleiben die Schweizer Banker und Ver- mögensverwalter im allgemei- nen ihrer Linie treu, daß sich eine individuelle Vermögens- verwaltung erst ab 500 000 Schweizer Franken lohne.
Anders als in Luxemburg richten die Schweizer auch erst ab 500 000 Franken ein Nummernkonto ein.
Es finden sich dennoch Banken, die bereits ab 50 000 Franken Vermögen tätig wer- den. Aber hier gilt, daß man sich den Partner gut ansehen sollte. 1992 mußte die Spar- und Leihkasse in Thun ihre Schalter schließen. Auch eini- ge Bundesbürger sollen zu Schaden gekommen sein.
Ebenso wie Luxemburg hat die Schweiz jedoch ein Bankgeheimnis, das über je-
den Zweifel erhaben ist.
Schon das unabsichtliche Ausplaudern von Details über Beziehungen zwischen Kunde und Bank ist strafbar.
Auch gegenüber dem deut- schen Fiskus gilt das Bankge- heimnis. Allerdings wollen die Schweizer keine unseri- ösen Elemente: Gegen Geld- wäsche haben sie sehr strenge Bestimmungen erlassen. Bei Verdacht von Insiderverge- hen in einem fremden Land kann sich ebenso niemand hinter dem Schweizer Bank- geheimnis verstecken.
Beziehungen zu Brokerhäusern
In der Vermögensverwal- tung können sich die Schwei- zer, anders als Luxemburg, auf eine jahrzehntelange Tra- dition berufen. Schweizer Bankiers haben traditionell weit verzweigte internationa- le Beziehungen zu Broker- und Investmenthäusern, diegroßen Kundenvermögen zu- gutekommen. Ein Zeichen dafür ist die Vielzahl von Brokerhäusern aus den USA und Japan, die in der Schweiz ein Domizil gewählt haben.
Gold und Silber
Die Schweizer kennen zwar eine Verrechnungssteu- er von 35 Prozent (entspricht einer Quellensteuer, die Ab- geltungscharakter hat), aber es fällt den Schweizer Ban- kern nicht schwer, für deut- sche Anleger Emissionen zu finden, die steuerfrei sind.Mehrwertsteuerfrei ist wie in Luxemburg auch der Erwerb von Gold-, Silber- und Platin- münzen, von Edelmetallbar- ren und von Diamanten. Die- se Sachwerte sollten dann aber auch in einem Schweizer Depot aufgehoben werden, weil beim Import nach Deutschland eine entspre- chende Nachversteuerung vorgenommen wird.
Leichte Nervosität hatte die Schweizer ergriffen, als die große Steuerflucht im Zu- sammenhang mit der Zinsab- schlagsteuer zunächst völlig an ihnen vorbei ging. So bie- ten dortige Großbanken in- zwischen auch Investment- konten an, die spesenfrei in der Schweiz geführt werden.
Wie für die Vermögensver- waltung bei großen Kunden wird zunächst eine Referenz- währung bestimmt (zur Aus- wahl stehen Franken, Dollar und D-Mark). Der Anleger kann dann zwischen drei Fondsdepots wählen, die drei Risikoklassen repräsentieren.
Diesen Service bietet zum Beispiel die Schweizerische Kreditanstalt.
Andere Banken stellen Mischfonds (Aktien und Ren- ten) zusammen, die das exak- te Spiegelbild der Depots bil- den, die sie in der Verwaltung großer Vermögen zusammen- stellen und verwalten. Damit machen die Schweizer auch deutschen Banken Konkur- renz, die über ihre Luxem- burger Töchter eine Vermö- gensverwaltung mit Fonds an- bieten.
Erster Kontakt von zu Hause
Auch bei den Schweizer Instituten empfiehlt es sich nicht, aufs Geratewohl loszu- fahren, um eine Bankverbin- dung zu suchen. Eine vorheri- ge Kontaktaufnahme von der Bundesrepublik aus ist auf je- den Fall zu empfehlen.Schweizer Privatbanken sind in der Bundesrepublik vertre- ten, und die deutschen Groß- banken in Zürich bieten ebenfalls eine Vermögensver- waltung an. Die Mindestsum- me liegt bei 500 000 Schwei- zer Franken und damit etwa auf dem Durchschnittsniveau der einheimischen Institute.
Dr. Leo Fischer A1-2796 (76) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 42, 22. Oktober 1993