• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Arzneimittel: Falsche Anreize" (14.12.2012)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Arzneimittel: Falsche Anreize" (14.12.2012)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 2512 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 109

|

Heft 50

|

14. Dezember 2012

ARZNEIMITTEL

Falsche Anreize

Patentrechte und Rabattverträge haben etwas gemeinsam:

Sie setzen falsche Anreize mit der Folge, dass in armen Ländern und in deutschen Krankenhäusern Medikamente fehlen.

L

ange Zeit war es das Problem der anderen. In Entwicklungs- und Schwellenländern gehört Arz - neimittelknappheit zum Alltag.

Doch inzwischen fehlen auch in deutschen Krankenhausapotheken zunehmend wichtige Medikamente.

Generika zur Therapie von Krebs oder Infektionen beispielsweise, die stets selbstverständlich zur Verfü- gung standen, sind heute mancher- orts nur noch mit Mühe zu bekom- men – wenn überhaupt. Doch das ist erst der Anfang. „Wenn sich an den Ursachen für die Liefereng - pässe nichts ändert, müssen wir bald auch in Deutschland mit einer Verschlechterung der Patientenver- sorgung rechnen“, sagt der Vorsit- zende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Prof. Dr.

med. Wolf-Dieter Ludwig.

Es geht ums Geld

Experten machen unter anderem die Rabattverträge zwischen Kranken- kassen und Arzneimittelherstellern für die jüngsten Probleme ver - antwortlich. Diese Verträge haben einen enormen Preiswettbewerb ent - facht, vor dessen Folgen die Ge - nerikahersteller nicht müde werden zu warnen. Denn wenn sich die Produktion eines Generikums nicht mehr lohnt, weil die Gewinnmar- gen zu klein werden, wird der Her- steller erwägen, es nicht mehr her- zustellen oder das Geschäft gleich ganz einstellen. Schließen die Kran - kenkassen dann auch noch Exklusiv - verträge mit einzelnen Herstellern, kann es bei Produktionsausfällen schnell zu Versorgungsengpässen kommen. Aktuelles Beispiel No - vartis: Als das Unternehmen Ende Oktober zwei Grippeimpfstoffe zu- rückziehen musste, sah sich die Konkurrenz nicht in der Lage, die Lücke zu füllen.

Eine weit größere Dimension hat der Mangel an Medikamenten in armen Ländern. Denn für viele Tropenkrankheiten gibt es bis heu te keine wirksamen Arzneimit- tel. „Gegen Leishmaniose zum Bei- spiel oder gegen Dengue-Fieber stehen auch im 21. Jahrhundert noch keine Medikamente zur Verfü- gung“, sagte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesforschungs- ministerium, Dr. med. Helge Braun, beim Forum „Menschenrecht auf Gesundheit und Patentschutz – ein Widerspruch?“ des Deutschen Ethik- rats Ende November in Berlin. Der Grund: Das geltende Patentrecht fördert die Orientierung am wirt- schaftlichen Erfolg und nicht die am medizinischen Bedarf. Oder, wie Dr. med. Cornelius Erbe vom Verband forschender Arzneimittel- hersteller (vfa) erklärte: „Für Phar-

mafirmen gibt es keinen Anreiz, etwas zu entwickeln, für das es keinen Return gibt.“

Das Problem ist nicht neu. „Seit vielen Jahren schon wissen wir, dass sich nur zehn Prozent der For- schung mit 90 Prozent der welt - weiten Gesundheitsprobleme be- fasst“, erklärte Prof. Dr. Albrecht Jahn von der Universität Heidel- berg. Das liege nicht nur daran, dass sich die Hersteller in armen Ländern ihre Investitionen nicht zurückholen könn ten. Es gebe auch bestimmte Erkrankungen, für die sich Forschung finanziell nicht lohne. Beispiel Infektionen: Bringe ein Unternehmen ein neues Anti- biotikum auf den Markt, sei das ausschließlich für die Fälle reser- viert, in denen alle übrigen Antibio- tika versagten. Das Marktpotenzial sei entsprechend gering. Jahns Fa- zit: „Der klassische Mechanismus funktioniert nicht mehr.“

Ergebnisse in 15 Jahren Wie löst man das Problem? Das Forschungsministerium sucht der- zeit Partneruniversitäten in Afrika, in denen mit deutscher Hilfe Medi- kamente gegen Tropenkrankheiten erforscht werden sollen. Aber: „Das geht nicht schnell“, sagte Braun.

Mit ersten Ergebnissen rechnet er in 15 Jahren.

„Wir richten uns nach den Anrei- zen im System aus“, betonte vfa- Vertreter Erbe. „Wenn wir etwas ändern wollen, müssen wir das System ändern.“ Man müsse nicht gleich die Systemfrage stellen, kon- terte Dr. med. Christiane Fischer von der BUKO-Pharma-Kampagne.

„Wir müssen einfach die Pharma - industrie mehr regulieren.“ Die Politik müsse der Pharmaindustrie vorgeben, welche Arzneimittel sie erforschen soll.

Und in Deutschland? Auf dem Generikamarkt gelten die Rabatt- verträge als Erfolgsgeschichte, weil die Krankenkassen mit ihnen Mil - liarden sparen. Der Wettbewerb richtet sich jedoch ausschließlich am Preis aus. Wer am billigsten ist, bekommt den Zuschlag. Das sind zwar klare Anreize, vielleicht aber

ja die falschen.

Falk Osterloh 50 bis 100 Millio-

nen Menschen erkranken pro Jahr weltweit am Dengue- Fieber, schätzt die Weltgesundheitsorga- nisation. Ein Arznei- mittel zur Behand- lung der Tropenkrank - heit gibt es nicht.

Foto: dpa

P O L I T I K

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Sollte einer- aus Versehen, oder gar, weil er es besser weiss - Herrn Samuel Schweizer schreiben, macht er sich verdächtig.. Es soll vorkommen, dass ein eifriger Pöschtler Herrn

Die längst überfällige Stellungnahme des Weltärztebundes dazu, dass Homosexualität eine natürliche Orientierung ist und keiner Therapie bedarf, wird hier als „Diktatur über

Daß unsereiner Bewerbungsmap- pen nicht umsonst bekommt, genausowenig wie Fotos, Briefmarken und Umschläge, scheinen die Herren Chefärzte nicht zu wissen.. Selbst bei

Für die Abrechnung von Leistungen durch nachgeordnete Ärzte ist es zumindest erforder- lich, dass der Chefarzt erreichbar und in der Lage ist, unverzüglich persönlich einzuwirken,

Die getuschte Federzeichnung hat rückwärts den Vermerk: Abriss wegen der angedinkhten 2 Altär naher Edlbach; die Teilzahlungen (42 fl.) erfolgten

Nikolaus und Wolfgang, beide in bischöflichem Ornate, der eine mit Buch und drei goldenen Äpfeln, der andere mit Pedum und Kirchenmodell.. Florian, als jüngling

fast allen Apotheken ein Mikro- filmlesegerät für das Lesen der Großen Deutschen Spezialitäten- taxe (Lauertaxe) vorhanden ist. Wer Karteikarten vorzieht, wird im Herbst

Von denjenigen Befragten , die auf die regelmäßige Selbstmedikation schwören , gaben zwei Drittel bis zu 90 Prozent an, das Präparat habe , ,sehr gut oder gut''