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Archiv "DÄ-Wortwechsel: Blick ins Ausland" (21.09.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 38⏐⏐21. September 2007 A2573

B R I E F E

puppte sich als ehemals befürwortete Möglichkeit, den Nachwuchs billig zu verschleißen. Ärztliche Arbeitsbe- dingungen sind über Jahre auch durch ärztliche Hierarchieentschei- dungen so miserabel geworden, dass Medizinstudenten nach den ersten zwei Praktika in deutschen Kranken- häusern schon mal wissen, was sie nicht mehr werden wollen. Auf dem letzten Deutschen Ärztetag wurde, da die derzeitige Weiterbildungsordnung nicht EU-fähig war, ein Internist er- funden, der sich nicht mehr niederlas- sen darf. Das sind alles Entscheidun- gen von Ärzten für Ärzte. Eine Nach- wuchsförderung als Motivation kann ich dabei nicht erkennen. – Wer so entscheidet, darf sich nicht nur nicht wundern, warum keiner mehr Arzt werden will, sondern der nimmt diese Entwicklung billigend in Kauf.

Jürgen Schichterich,In der Laag 34, 54570 Oberstadtfeld

Blick ins Ausland

„(Eine) Geschichte ist die Summe der Dinge, die uns nicht erzählt wurden“, könnte man in Anlehnung an Don DeLillo sagen. Man mache sich keine Illusionen über die Ausbildung im Ausland. Wie ungut muss es um die Weiterbildung hier bestellt sein, wenn man die ganz beträchtlichen Mühen mit fremder Bürokratie, einer oder mehreren neuen Sprachen auf sich nimmt. Ein neues soziales Um- feld muss man sich erst schaffen.

Auch in Irland oder Australien kann und muss man locker 80 bis 100 Wo- chenstunden arbeiten, nicht ausnahms-, sondern normalerweise. 72 Stunden Wochenenddienst sind die Regel. Auch dort muss man kämpfen um das, was man erreichen will, es herrscht großer Konkurrenzdruck. Man muss wissen, dass es z. B. im australasiatischen Raum eine klinikinterne Beurteilung gibt, die man nie zu sehen bekommt und die, bei Fehlverhalten, wie Wi- derspruch oder zu selbstständigem Arbeiten, wenn auch nur subjektiv durch den „consultant“ so empfunden, als tatsächliches Zeugnis eine Weiter- beschäftigung im englischsprachigen Raum zunichte machen kann . . . Sur- fen kann man vielleicht in den vier Wochen Jahresurlaub. „Partydoctors“

heißen dort unwissende europäische

Jungärzte, die auf Abenteuer aus sind. Tatsächlich herrscht ein eisernes Regime. Arbeiten und Maul halten, auf die feine englische Art jedoch.

Verglichen damit, arbeitet man in den nordischen Ländern immer mit einem ungläubigen Staunen, das sich auch so schnell nicht legen will. Familie hat absolute Priorität. Dennoch ver- dienen Ärztinnen immer noch bedeu- tend weniger als Ärzte, ein nach wie vor hochaktuelles politisches Thema.

Alles ist zwar gut organisiert, aber al- les kann auch sehr lange dauern, bis es umgesetzt wird. Wenn man als Pä- diater auf der Intensiv weiterarbeiten will, geht das nicht, weil die von Anästhesisten geleitet wird, Herzka- theter werden von Radiologen mono- polisiert etc. Zu viel Einsatz ist uner- wünscht, man sei schließlich nicht in Deutschland. Niedergelassene Fach- ärzte gibt es nicht. Wie klingen also die Weisen dieser internationalen Rattenfänger, denen wir folgen? Klar strukturierte Facharztausbildung mit Mentorenbetreuung, „handledare“

genannt in Schweden und wörtlich begriffen: an der Hand führen. Zwi- schenanalysen, um das Erreichen der Qualität und Ziele zu gewährleisten.

Ermöglichung vernünftiger Familien- planung mit selbstverständlicher Kin- derbetreuung ab sechs Monaten und Weiterbeschäftigung, Kindergeld, ob- ligatorischer Vaterschaftsurlaub von mindestens drei Monaten usw. Kate- gorisch bezahlte Dienste und Über- stunden, sodass man als Assistenzarzt in Irland zwar immense Arbeitszeiten hat, dafür am Ende des Monats 6 000 bis 7 000 Euro Nettogehalt, wissend, es handelt sich um die begrenzte Zeit

der Weiterbildung. (Bei solchen Gehältern muss man sich im Klaren sein, dass das Geld irgendwo fehlen muss.) 1 500 bis 3 000 Euro, die je- dem Assistenten jedes Jahr zustehen, um davon Kongresse, Fortbildungen, Kurse, Fachbücher oder einen neuen Laptop zu bezahlen. Flache Hierar- chien. (Respekt ist keine Frage der Hierarchie. Hierarchien dienen dazu, Machtpositionen zu festigen.) Kran- kenpflegepersonal, mit dem man auf egalitärer Basis arbeitet und das nach einer hervorragenden universitären Ausbildung eine vollkommen selbst- ständige Arbeitsgruppe darstellt . . . Mafiose Strukturen gibt es dort wie hier, O-Ton Melbourne, Universitäts- klinik: „You have to butter up to the ICU mafia if you are to survive.“

Verglichen mit anderen Ländern, ist unser Gesundheitssystem nicht so schlecht, jedoch klar reformbedürf- tig. Wir haben eine sehr gute Ausbil- dung, wenn wir sie denn bekommen.

Und es gibt sie, die großartigen klini- schen Lehrer. Hier. Wenn wir kompe- tente Fachärzte/innen wollen, müssen wir sie wirklich wollen und in diese Menschen investieren. Finanziell, mit glasklaren Strukturen, klaren Per- spektiven, flacher Hierarchie, Aner- kennung, Respekt und Begeisterung.

Von Anfang an. Es handelt sich um erwachsene Menschen, nicht um er- ziehungsbedürftige Kinder . . . PS:

Die bislang beststrukturierte und ef- fektivste Ausbildung habe ich in ei- nem kleinen zentralamerikanischen Land erhalten. „Ich erwarte, dass du mich übertriffst“ forderte damals meine Mentorin.

Anita Dumitrescu,Lehrter Straße 22, 10557 Berlin

Fotos:Georg J.Lopata

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