Die Information:
Bericht und Meinung BEKANNTMACHUNG DER BUNDESÄRZTEKAMMER
DER WISSENSCHAFTLICHE BEIRAT DER BUNDESÄRZTEKAMMER TEILT MIT:
Empfehlung zur Beachtung
der ärztlichen Schweigepflicht bei der Verarbeitung personenbezogener Daten in der medizinischen Forschung
(d) Es ist entweder nicht mög- lich oder nach Art und Aufwand im Verhältnis zu einem etwai- gen Schaden für den Patienten/
Probanden nicht zumutbar, die Einwilligung einzuholen.
(e) Es ist gewährleistet, daß die Verarbeitung der personenbe- zogenen Daten auf die primäre wissenschaftliche Fragestel- lung begrenzt bleibt.
Die medizinische Forschung kann auf die Nutzung (daten- schutzrechtlich Verarbeitung:
Erfassung, Speicherung, Über- mittlung, Veränderung und Auswertung) personenbezoge- ner Daten nicht verzichten. Bei der Durchführung von For- schungsvorhaben müssen auf der Grundlage ärztlich-berufs- rechtlicher und datenschutz- rechtlicher Bestimmungen die nachstehenden Grundsätze be- achtet werden:
In der medizinischen For- schung dürfen personenbezo- gene Daten nur aufgrund ge- zielter wissenschaftlicher Fra- gestellungen verarbeitet wer- den. Die Datenerfassung und Datenspeicherung darf nur in dem Umfange erfolgen, der zur Erreichung der Forschungszie- le unbedingt erforderlich ist.
Wissenschaftlich und rechtlich unbedenklich können diese Da- ten nur für diejenigen Zwecke verarbeitet werden, für die sie gezielt erhoben worden sind.
Die Verwendung von Daten für andere als die ursprünglichen Erhebungszwecke ist — auch in anonymisierter Form — wissen- schaftlich nur dann vertretbar, wenn die Vergleichbarkeit der neuen Fragestellungen mit dem Entstehungszusammenhang der Daten gegeben ist.
© Die Verarbeitung personen- bezogener Daten in der medizi- nischen Forschung unterliegt — vorrangig vor der Beachtung datenschutzrechtlicher Vor- schriften — dem Gebot der ärzt- lichen Schweigepflicht (vgl.
u. a. die Bestimmungen der Da- tenschutzgesetze und des So- zialgesetzbuches). Personen- bezogene Daten dürfen dem- entsprechend, unbeschadet der im folgenden dritten Absatz aufgestellten Grundsätze, in der medizinischen Forschung nur mit der Zustimmung der be- troffenen Patienten oder Pro- banden verarbeitet werden.
Forschungsvorhaben sind nicht a priori ein höherwertiges Rechtsgut als der Vertrauens- schutz des Individuums.
® Die Verarbeitung personen- bezogener Daten in der medizi- nischen Forschung ist ohne ausdrückliche Einwilligung der Patienten oder Probanden nur zu rechtfertigen, wenn alle fol- genden Voraussetzungen er- füllt sind:
(a) Die zu bearbeitende For- schungsproblematik kann nicht durch andere Methoden als durch die Verarbeitung perso- nenbezogener Daten geklärt werden.
(b) Schutzwürdige Belange des Patienten/Probanden wer- den nach menschlichem Er- messen durch die Verarbeitung der personenbezogenen Daten nicht beeinträchtigt.
(c) Das Forschungsvorhaben läßt nach Fragestellung, For- schungsmethodik und Qualität der Durchführung einen we- sentlichen Nutzen für die weite- re Entwicklung der Medizin in Wissenschaft und Praxis er- warten.
(f) Die organisatorischen und technischen Maßnahmen sind ausreichend, einen unberech- tigten Zugriff Dritter auf die per- sonenbezogenen Daten zu ver- hindern.
(g) Die Daten oder ihr Perso- nenbezug werden nach Ab- schluß des medizinischen For- schungsvorhabens gelöscht.
Muß damit gerechnet werden, daß zu einem späteren Zeit- punkt eine erneute Bearbeitung des Datenmaterials notwendig werden kann, dann darf die Lö- schung hinausgeschoben wer- den, sofern die unter (a) bis (f) genannten Voraussetzungen für diesen Zeitraum zutreffen.
In Konfliktfällen muß der Arzt nach bestem Wissen und Ge- wissen Güterabwägungen zwi- schen dem Forschungsziel ei- nerseits und den Individual- rechten der Patienten/Proban- den andererseits vornehmen.
® Die Verarbeitung nicht per- sonenbezogener, anonymisier- ter, insbesondere statistischer Daten ist in der medizinischen Forschung weder durch die Verpflichtung zur Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht noch durch datenschutzrechtli- che Vorschriften beeinträch- tigt. Dennoch muß beachtet werden, daß auch aus diesen Daten keine Rückschlüsse auf bestimmte Personen gezogen werden können, oder ein Per- sonenbezug nur mit unverhält- nismäßig hohem Aufwand her- gestellt werden könnte.
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 30 vom 23. Juli 1981 1443