MEDIZIN
Schlußwort
Beide Stellungnahmen unter- streichen deutlich meine ursprüngli- che Intention bei der Formulierung dieser Übersicht, nämlich bekannt- zumachen, für welche Indikationen und aus welchen Gründen die „Hy- perbare Oxigenationstherapie"
zweifelsfrei therapeutische Vorteile bietet.
Am Schiffahrtmedizinischen Institut der Marine werden durch- aus in Zusammenarbeit mit Klini- ken der Universitäten und der Bun- deswehr Erkrankungen mit hyper- barer Oxigenation behandelt, wel- che über das Spektrum der in dem Aufsatz genannten hinausgehen, immer jedoch ergänzend zu den klassischen Methoden schulmedizi- nischer Therapie und immer auf dem Boden physiologischer Überle- gungen, die die Annahme einer Wirkung mit Wahrscheinlichkeit begründen.
Kernpunkte unserer Vorstel- lungen sind, daß nekrotisches Ge- webe und abgestorbene Zellen grundsätzlich nicht wieder zum Le- ben und zur Funktion gebracht wer- den können, daß jedoch die Ab- wehr- und Abräumfunktion durch Sauerstoff unter Überdruck dann unterstützt werden kann, wenn die hierfür zuständigen Zellen in Hypo- xie ihren Funktionsstoffwechsel eingestellt haben, ohne abgestorben zu sein; weiter gehen wir von der Annahme aus, daß für Gewebsarea- le mit chronischer Hypoxie die langdauernde intermittierende Ga- be von Sauerstoff im Überdruck durch allmähliche Gefäßeinspros- sung zu einer Verbesserung der Sauerstoffversorgung führt, so daß das Gewebe auch nach Beendigung der „Hyperbaren Oxigenationsthe- rapie" noch funktions- und überle- bensfähig bleibt.
Herrn Dr. Wonhas mag schei- nen, daß, durch die Beschränkung auf gesicherte Aspekte der HBO, diese Therapieform unterwertig zur Darstellung gekommen sei, aber ge- rade der Beitrag von Dr. Lamm und.
Prof. Arnold unterstreicht, wie ab- hängig die Auswahl von Therapie- formen von den Kenntnissen ist, die wir über die einer Erkrankung zu-
DISKUSSION / FÜR SIE REFERIERT
grundeliegenden pathophysiologi- schen Zusammenhänge haben. Die in meiner Übersicht dargestellten zweifelhaften Wirkungen der HBO, insbesondere am Beispiel der Störungen des Gehörorgans, finden ihre Bestätigung in den Aussagen dieser Autoren. Wir behandeln zwar am Schiffahrtmedizinischen Institut auch Störungen des Gehör- organs, wie Knalltraumen, Hörsturz und Tinnitus, aber wir lehnen es ab, diese Erkrankungen für die Anwen- dung der HBO in Erwägung zu zie- hen, wenn die Störung stabil ist, al- so keine Progredienz zeigt, und zu- gleich älter als vier Wochen ist. In- nerhalb dieses Vier-Wochen-Zeit- raums erwarten wir um so eher ein Ansprechen auf HBO, je früher ein Patient in Behandlung kommt.
Dieses erscheint uns in Über- einstimmung auch mit den von Lamm dargestellten Befunden:
Wenn die die Störungen verursa- chende Hypoxie der Haarzellen nur lange genug angehalten hat, dann ist von einer irreversiblen Schädi- gung auszugehen, für die die An- wendung von HB 0 nicht die ge- ringste Chance einer objektiven Er- holung bietet.
Angesichts der vielen alternden Patienten, die an zum Teil quälen- dem Tinnitus leiden, ist es zwar ver- ständlich aber nicht zu rechtferti- gen, ihnen eine Therapieform anzu- bieten, die einerseits teuer ist, ande- rerseits nur sehr beschränkt aus- sichtsreich erscheint. Über die Langzeiterfolge bestehen meines Wissens keine ermutigenden Er- kenntnisse und die Besserungen in 11 bis 28 Prozent sind eher als gra- duell einzustufen.
Es wäre verhängnisvoll, wenn diese sinnvolle und in vielen Fällen hilfreiche Therapiemethode durch eine voreilige und zu breite Anwen- dung bei nicht ausreichend belegten Behandlungsindikationen durch Ausbleiben des Erfolges zu unrecht in Mißkredit geriete.
Dr. med. Eyke Bettinghausen Flottenarzt
Schiffahrtsmedizinisches Institut der Marine
Kopperpahler Allee 120 24119 Kronshagen
Akuter Herpes zoster:
7 Tage Aciclovir ausreichend?
In einer doppelblinden, rando- misierten kontrollierten Studie ver- glichen englische Autoren die Wirksamkeit einer konventionellen 7-tägigen Aciclovir-Monotherapie (5x 800 mg Aciclovir) mit der einer zusätzlichen Prednisolongabe (40 mg Prednisolon über drei Wochen in ausschleichender Dosierung) oder einer 21tägigen Aciclovir-The- rapie mit oder ohne Zusatz von Prednisolon. 400 Patienten mit ei- ner nicht länger als 72 Stunden be- stehenden Hauteffloreszenz wur- den in die Studie eingeschlossen, untersucht wurden das Abklingen der Hauterscheinung, die Schmerz- freiheit und das Auftreten einer postherpetischen Neuralgie.
In der mit Steroiden behandel- ten Gruppe ließ sich eine schnellere Abheilung der Effloreszenzen nachweisen, ebenso kam es bei den Patienten in der Akutphase zu ei- nem rascheren Rückgang der Schmerzen. Der schnelle Schmerz- rückgang ließ sich auch in der über 21 Tage mit Aciclovir behandelten Gruppe nachweisen. Nachuntersu- chungen über sechs Monate zeigten jedoch zwischen den einzelnen Gruppen keine signifikanten Unter- schiede bezüglich der erstmaligen oder dauerhaft anhaltenden Schmerzfreiheit.
Die Autoren sehen in der ver- längerten Therapiedauer mit Aci- clovir oder der zusätzlichen Steroid- gabe keinen Vorteil gegenüber der konventionellen siebentägigen Aciclovir-Monotherapie. acc
Wood, M. J., et al.: A randomized trial of acyclovir for 7 days or 21 days with and without prednisolone for treatment of acute herpes zoster. N. Engl. J. Med.
1994; 330: 896-900.
Dr. Wood, Dep. of Infection and Tropi- cal Medicine, Birmingham Heartlands Hospital, Bordesley Green E., Birming- ham B9 5ST, England
Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 48, 2. Dezember 1994 (65) A-3367