• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "„Am Beispiel der Mediziner: Agonie der Friedensbewegung“: Schwarz-gelbe Karte" (07.11.1984)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "„Am Beispiel der Mediziner: Agonie der Friedensbewegung“: Schwarz-gelbe Karte" (07.11.1984)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ARZTEBLATT

BRIEFE AN DIE REDAKTION

„Am Beispiel der Mediziner:

Agonie der Friedensbewegung"

Zu dem Artikel von Dr. med. Frank Praetorius, in Heft 35/1984, Seite 2475 ff.:

Falscher Weg

Statt die Friedensbewe- gung jetzt nach satirischen Diagnoseversuchen zum Durchhalten aufzufordern, wäre es besser gewesen, Herr Praetorius hätte sich rechtzeitig, zum Beispiel mit der Schreibmaschine, am Kampf gegen die ato- mare Bedrohung beteiligt.

Vielleicht wäre mit seiner Hilfe der Vorwurf der man- gelnden Flexibilität oder der abgegriffenen Parolen nicht nötig geworden. Ist es nicht verständlich, daß Frustration um sich greift, daß Vertrauen zu den Poli- tikern angegriffen ist, ja auch, daß grenzwertig ge- waltfreie Aktionen zuneh- men mußten angesichts der neuen Raketen, die in- zwischen weitgehend ab- gelehnt werden? Eine Be- wegung braucht konkrete Ziele. Ein Hauptziel der Friedensbewegung war es, die atomare Nachrüstung zu verhindern. Es hat nicht geklappt, so daß neue kon- krete Ziele gefunden wer- den müssen. Hierbei kann der Absatz zur „Therapie"

der Agonie von Herrn Prae- torius einige Hilfe geben.

Jedoch nicht die Friedens- bewegung, die sich aus ei- ner Vielzahl verschieden- ster Gruppierungen zu- sammensetzt und nicht nur aus „utopischen Pazifi- sten", kann für Resigna- tion und Ohnmacht verant- wortlich gemacht werden, sondern die reale Politik.

Erst einmal abzuwarten, wie u. a. junge Ärzte und Studenten in engagiertem Handeln Zeit für den Kampf gegen den Atomtod opferten, wie sehr sie sich die Zähne ausbeißen muß- ten an der Masse der Teil- nahmslosen und Abwar- tenden, und sich jetzt fast

schadenfroh darüber zu wundern und es zu kritisie- ren, daß sie nicht durchhal- ten können, ist ein falscher Weg, der wenig Mut macht.

cand. med. Helmut Outzen Leutfresserweg 29a 8700 Würzburg

Merkmal des Totalitarismus

Kollege Praetorius kommt in seinem Artikel ... zu ei- nigen bemerkenswerten Einsichten. Er erkennt so- gar, daß es hier letztlich um das angeblich unaus- weichliche „lieber rot als tot" geht. Dazu paßt aller- dings nicht, daß er sich wundert, daß Linke der Motor dieser Kampagne sind — wenn auch in der Masse der Gutgläubigen, Verwirrten oder Hysteri- schen oft schwer auszuma- chen. Der Schafspelz (Sor- ge um den Bestand der Menschheit) über dem konkreten Zweck (Verhin- derung der militärischen Gleichwertigkeit des We- stens) ist aber doch allzu dürftig.

Kollege Praetorius schlägt nun vor, der infolge ratio- naler Gegenargumente und sich verflüchtigender Emotionen auf den harten Kern schrumpfenden Be- wegung aus ihrer Abseits- stellung zu helfen. Nach Beispiel des Moskauer Kardiologen-Weltkongres- ses soll das Atomwaffen- Thema auch bei uns in wis- senschaftliche Kongresse und den Ärztetag Eingang finden. Hier möchte ich wi- dersprechen und daran er- innern, daß es ein Merkmal des Totalitarismus ist, mit politisch-militärischen Fra-

gen in alle Bereiche der Gesellschaft einzudringen.

Vom Kindergarten bis zum Sportverein, der Kirchen- gemeinde, Gewerkschaft, dem Roten Kreuz und Be- rufsverband sollen sich al- le der vorgegebenen „gro- ßen Frage", dem abstrak- ten Frieden, widmen. Sind wir auch schon so weit?

Dr. med. Reinhard Gnauck Aukammallee 33

6200 Wiesbaden

Widerstandswille geschwächt

Der Aufsatz ... gibt eine sehr gute zusammenfas- sende Aufklärung über die Friedensproblematik und verdient daher weite Ver- breitung. Allerdings kann ich dem Urteil nicht zu- stimmen, daß sich die so- genannte Friedensbewe- gung bereits in Agonie be- finde. Die Lebensfähigkeit von mit den Tatsachen im Widerspruch stehendem Glauben wird m. E. gefähr- lich verkannt. Ferner bin ich nicht der Auffassung, daß die von der Friedens- bewegung heraufbe- schworene Hauptgefahr die durch ihre Agonie be- wirkte Resignation ist. Die- se Hauptgefahr ist viel- mehr, daß der Wider- standswille der freien Welt geschwächt und damit die Potenz der Diktatur ge- stärkt, die Kriegsgefahr ebenso vermehrt wird wie die der Unterwerfung un- ter Diktatur, beides völlig unnötig und objektiv grundlos. Es ist auch kei- neswegs die Agonie der Friedensbewegung zu wünschen, sondern deren Korrektur von idealem un- realistischem Irrtum in mindestens ebenso idea- les, aber gleichfalls von realistischer Erkenntnis der tatsächlichen Sachver- halte getragenem Han- deln ...

Hans Kaegelmann, Arzt Dorfstraße 10

5531 Üxheim-Flesten

Schwarz-gelbe Karte

Diagnose falsch, Patient wohlauf, möchte man dem Autor beim Lesen des Arti- kels zurufen. Aber im Ernst: Es ist eben nicht wie nach '68. Die Studentenbe- wegung war eine elitäre, politisch isolierte Schicht, deren Anliegen von der Mehrheit der Bevölkerung nicht verstanden wurde.

Dies führte in der Tat zu Resignation und Sektierer- tum. Die Friedensbewe- gung hingegen ist auch nach Stationierungsbe- schluß eine politische Mas- senbewegung, die in allen Schichten der Bevölke- rung verankert ist. Sie hat, nach einer Phase des Nachdenkens, aus dem mißlungenen Versuch, die Stationierung im Herbst '83 zu verhindern, mittel- und langfristige Perspekti- ven entwickelt und sich weiter stabilisiert. Abrü- stung, Nicaragua, Arbeits- zeitverkürzung und Sozial- abbau sind keine unred- liche Absicht, Themen zu vermischen, wie der Autor meint, sondern sei Ver- such, Zusammenhänge darzulegen. Wer für Frie- den und Abrüstung eintritt, muß militärische Interven- tionen und deren Versuch, sei es in Afghanistan, Gre- nada oder Nicaragua, ver- urteilen. Und Aufrüstung einerseits und Sozialabbau andererseits sind bekannt- licherweise die zwei Seiten einer Medaille.

Fazit: Resignation und Pessimismus sind in der Friedensbewegung nicht anzutreffen, dagegen der lange Atem, den man braucht, um neue politi- sche Mehrheiten zu schaf- fen, die bei den nächsten Wahlen den Stationie-

rungsparteien die schwarz- gelbe Karte zeigen.

Walter Usinger Espenweg 2 6733 Hassloch

3294 (6) Heft 45 vom 7. November 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Und was soll die Verbiegung, ge- linde gesagt, von Inhalt und Ten- denz des Tätigkeitsberichtes der Bundesärztekammer 1978, aus dem — aus dem Zusammenhang gerissen — ein

Das Bekenntnis zu So- lidarität dürfe „aber nicht dazu füh- ren, dass wir von Wettbewerb und Transparenz überhaupt nicht mehr sprechen dürfen“.. Rösler wurde bei der Aussprache

Offizielle Veröffentlichungen der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung als Herausgeber des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES — Ärztliche Mitteilungen sind

Es kann nicht Aufgabe der Ärzte sein, als Ärzte politisch zu raten, weil sie als Fachleute dann unglaubwürdig werden: zum Beispiel auf der einen Seite für Nachrüstung aus

internationaler Ebene kon- sequent, ihr Thema von den kontroversen politi- schen Auffassungen auf anderen Gebieten als der Nuklearrüstung freizuhal- ten (s. Letztlich weil

internationaler Ebene kon- sequent, ihr Thema von den kontroversen politi- schen Auffassungen auf anderen Gebieten als der Nuklearrüstung freizuhal- ten (s. Letztlich weil

Raus cykliihe Darftellung der Zeit Friedrichs des Großen ift Sum bufchs Ausgangspunft, doch legt er von diefem aus eine gewaltige Strecte zurüd, Was bei Rauch Anlauf und

[r]