Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 27–28|
9. Juli 2012 A 1403 GESUNDHEITSMINISTERKONFERENZGute Versorgung steht im Mittelpunkt
Der demografische Wandel beschäftigt die Länder. Sie fordern von mehreren Akteuren, sich um genügend Fachkräfte zu bemühen – auch in den Pflegeberufen. Eine neue
Bedarfsplanung findet ihre Zustimmung, sofern sie keine übermäßigen Kosten nach sich zieht.
D
er Vorsitz in der Gesundheits- ministerkonferenz der Län- der (GMK), der jährlich wechselt, kann einem Landesminister zu mehr Bekanntheit auf Bundesebene ver- helfen. Stefan Grüttner (CDU) aus Hessen war im vergangenen Jahr als GMK-Vorsitzender häufig Ge- sprächspartner von Medienvertretern.Das hatte allerdings auch mit den Debatten um das GKV-Versorgungs- strukturgesetz (GKV-VStG) zu tun.
Das Saarland fiel mit dem GKV- Vorsitz Anfang des Jahres nicht auf.
Die dortige Koalition war geschei- tert, zunächst konnte sich niemand profilieren. Mittlerweile hat Andre- as Storm (CDU) als Landesgesund- heitsminister Fuß gefasst und war Gastgeber beim GMK-Treffen am 27. und 28. Juni. Die 16 Ministerin- nen und Minister befassten sich vor allem mit der Sicherstellung einer guten gesundheitlichen Versorgung.
Sie fordern einen gemeinsamen
„Strategieplan“ mit dem Bund, um den Fachkräftebedarf im Gesund- heitswesen und damit eine gute Versorgung „sicherzustellen und generationenfest“ zu gestalten. Zwar zählt zu den Vorschlägen, alternati- ve Zulassungsmodelle zum Medi- zinstudium zu entwickeln, anders als die Bundesregierung, die mit dem GKV-VStG vor allem die Si- cherung des ärztlichen Nachwuch- ses in den Vordergrund gestellt hat, zielen die Vorschläge der Länder aber vor allem auf die Pflegekräfte und weitere Fachberufsgruppen im Gesundheitswesen ab.
Angeregt werden Info- und Imagekampagnen, Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungsfä- higkeit und zum Einbezug von Migranten, aber auch eine rasche Zusammenführung der Pflegefach- ausbildungen, eine Weiterentwick- lung der Pflegeberufe durch neue
Ausbildungsangebote und durch- lässigere Ausbildungs-, Aufstiegs- und Nachqualifizierungsmöglich- keiten. Auch eine „Verbesserung der Arbeitsteilung“ zwischen allen Berufsgruppen schwebt den Län- dern vor. Detaillierter ist der Be- schluss, der auf eine stärkere Übertragung ärztlicher Leistungen abstellt, nicht formuliert.
Die neue Bedarfsplanung für den vertragsärztlichen Bereich, an der der Gemeinsame Bundesausschuss arbeitet, hat die GMK als „wichti- gen Schritt“ gewürdigt. Die Länder verlangen aber, dass sich dadurch weder die Versorgung verschlech- tert noch dass es zu „übermäßi gen Kostensteigerungen durch eine un- realistische Ausweitung von Arzt - sitzen“ kommt. Angemahnt wird auch ein späteres Zusammenspiel mit den neuen Handlungsoptionen auf regionaler Ebene: Die Länder appellieren ausdrücklich an die Kas - senärztlichen Vereinigungen, neue Instrumentarien „umfänglich zu nut - zen“, um ihren Sicherstellungsauf- trag zu erfüllen.
Weiterhin haben sich die Länder dagegen ausgesprochen, den Bun- deszuschuss an den Gesundheits- fonds einmalig um zwei Milliarden Euro zu kürzen. Statt kurzfristiger Beitragsrückerstattungen an Versi- cherte zu ermöglichen, solle man lieber die Rücklagemöglichkeiten der gesetzlichen Krankenversiche- rung ausweiten.
Einstimmig einigen konnte sich die GMK auf den Vorschlag, der Bund solle sich an den Kosten der Behandlungen bei ungewollter Kin- derlosigkeit beteiligen. Bislang er- statten die Krankenkassen für drei Behandlungen die Hälfte der Kos- ten, den Rest müssen betroffene Paare selbst zahlen. Die Hälfte die- ses Eigenanteils, also ein Viertel der gesamten Kosten, soll in Zukunft der Bund übernehmen. Die Kassen werden aufgefordert, ihren Kosten- anteil zusätzlich auf mindestens 62,5 Prozent zu erhöhen.
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Sabine Rieser
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Alle Beschlüsse im Wortlaut sowie eine Kurzübersicht:www.aerzteblatt.de/121403.
Einig fürs Foto, uneinig bei der Praxisgebühr – auch das gehört zur GMK. Ein vom Land Ham- burg eingebrachter Antrag, sie abzuschaffen, fand keine Mehrheit. Elf von 16 Ländern sprachen sich dafür aus, zwei weniger als notwendig .
„Das Ergebnis ist ein deutliches Signal an den Bund, dass die übergroße Mehrheit der Länder die Gebühr abschaffen will“, ur- teilte die schleswig-holsteinische Gesund - heits ministerin, Kristin Alheit. Ihr bayerischer Kollege, Marcel Huber, hatte erklärt, wer diese Zuzahlung abschaffen wolle, müsse Vorschläge zur Gegenfinanzierung machen.
Mehrere KVen, etwa in Baden-Württemberg und Hamburg, haben derweil Kampagnen gegen die Praxisgebühr gestartet.
DIE PRAXISGEBÜHR BLEIBT
Foto: saarland.de