Kunst und Antiquitäten
spendende Urmutter, als Ziel erotischer Phantasien, um nur einige Beispiele des fa- cettenreichen Frauenbildes von Borowski anzuführen.
In seinen von Schrecken einflößenden Phantasiege- stalten bevölkerten Objek- ten, die Ausdruck der allge- meinen und persönlichen Existenzangst sind, beweist sich Borowski auch als Mei- ster des Porträts, wenn Zeit- genossen Eingang in seine Themenwelt finden. Porträts, die, über eine fast photogra- phisch genaue Wiedergabe hinausgehend, den Darge- stellten in seinen wesent- lichen Charakterzügen bloß- legen. Viele seiner Arbeiten sind reich an Zitaten aus Ge- schichte, Mythologie und Li- teratur, an Bezügen zur Ver- gangenheit und Gegenwart, deren innere Zusammenhän- ge sich erst nach längerer Auseinandersetzung erschlie- ßen.
Die Farbe spielt in den Arbeiten Borowskis eine wichtige Rolle. Ob es einfar- bige Uberfänge sind — hier bevorzugt er das tiefe Rubin- rot, das teilweise das Bedroh- liche steigert, teils durch sei- ne Wärme die Angst mildert
— oder ob er partielle, mehr- farbige Überfänge wählt, die einzelne Themen abgrenzen oder verbinden, stets werden die Bilder durch den Einsatz der Farbe verdichtet und ver- deutlicht. In diesem Kontext wird auch deutlich, warum die Überfanggravur auf Glas für Borowski das adäquate Ausdruckmittel ist. Denn hier setzt die Wirkung des sich verändernden Lichts stets neue Schwerpunkte, macht Nuancen, Details und Zusammenhänge sichtbar.
Die Wirkung des Lichts stei- gert und verwandelt die In- tensität der Bilder, sie betont das geheimnisvoll Unheim- liche, gibt den Figuren eine innere Leuchtkraft und ver- stärkt den Eindruck der Le- bendigkeit der von Borowski geschaffenen Welt mehr, als es in einem anderen Material möglich wäre. Sicher ist es auch kein Zufall, daß sich Borowski zur Verarbeitung
der ihn bedrängenden Pro- bleme dieser soviel Geduld und Disziplin erfordernden Technik unterwirft, wobei das von ihm heute in Zusam- menarbeit mit Kazimir Try- gar gestaltete Rohglas Anre- gung und Herausforderung zur Umsetzung seiner Ideen bietet.
Formal arbeitet Borowski auf zwei Ebenen. Einmal sind seine bewußt schlicht ge- haltenen Gefäße Bildnis- träger, das andere Mal steht die äußere, manchmal durch Sandstrahl aufgebrochene Form im inneren Zusammen- hang zu den durch die klassi- sche Radgravur gestalteten Bildinhalten.
Nach Abschluß der Gra- vurarbeit wird die Oberfläche sowohl der Gefäße wie der Objekte meist durch ein leichtes Säurebad mattiert.
Auch die von Borowski zeit- weise geübte Technik des nachträglichen Überfangens der gravierten Stücke mit farblosem Glas, der späteren Verformung, auch Verzer- rung der Darstellung durch weiteres Ausblasen zur end- gültigen Gestalt, kann eine reizvolle Steigerung der Wir- kung der Gravur durch eine zusätzliche Tiefe erzielen.
Dafür ist allerdings die Fein- heit, die Detailgenauigkeit der Gravur, in der ja die Stär- ke Borowskis liegt, Voraus- setzung, sonst bleibt es ein technisch interessantes Spiel mit oberflächlicher Wirkung.
Die Bedeutung dieses Künstlers, der sich als Pinsel das Graveurzeug und als Leinwand das Glas gewählt hat, liegt in der perfekten Handhabung seines Mate- rials, in der Tatsache, daß er zur Bewältigung seiner Le- bensprobleme eine Möglich- keit gefunden hat, vor allem aber darin, daß er in seinen Arbeiten die Probleme, Äng- ste und Obsessionen von vie- len von uns offenlegt, scho- nungslos das darstellt, was vielfach verdrängt wird. Man kann die Arbeiten Borowskis schätzen oder ablehnen, aber man muß ihre Qualität aner- kennen.
Monica Trüjen
Planetenmaschine (nach der Restaurierung) von Johann Ge- org Neßtfell
Meisterwerk des wissen- schaftlichen Uhrenbaus — Die während des Zweiten Welt- kriegs im Bayerischen Natio- nalmuseum stark beschädigte Planetenmaschine des fränki- schen Kunstschreiners und Instrumentenbauers Johann Georg Neßtfell (1694-1762) konnte wiederhergestellt werden. Die 238 cm hohe Planetenmaschine, die sich bis 1877 in Würzburg befand, zählt zu den größten und be- deutendsten astronomischen Demonstrationsmodellen des deutschen 18. Jahrhunderts.
Studioausstellung im Bayeri- schen Nationalmuseum Mün- chen bis zum 8. Januar 1989
Medizin und Naturwissen- schaften — Ebenso seriöse wie qualitätsvolle Antiquariatsar- beit leistet Horst-Joachim Lange seit 1982 in 7501 Marx- zell. Seine Schwerpunkte sind Medizin, Naturwissen- schaften und deren Randge- biete, die als Varia rangieren.
Der Katalog 8/88, der zur Zeit vorliegt, demonstriert so recht das Konzept von Horst- Joachim Lange: Nicht mehr als 250 Titel sollen angeboten werden. Die Kataloge sollen zwar nicht aufwendig gestal- tet, aber optimal informativ sein: Welche zeitgenössische
Bedeutung haben Autor und Buch, was gibt es Wissens- wertes aus dem Umfeld? Das Antiquariat übernimmt auch Schätzungen und restauriert alte Bücher fachgerecht in ei- gener Werkstatt. EB
Der Katalog kann kosten- los angefordert werden beim Antiquariat Horst-Joachim Lange, Hirschweg 15, 7501 Marxzell, Telefon 0 72 481 54 17
Empire und Biedermeier
— Die Firma Prinz & Möller, 2000 Norderstedt, ist auf hochwertige Biedermeier- und Empire-Möbel deutscher und speziell norddeutscher Provenienz und auf Innenein- richtungen im Stil dieser Epochen spezialisiert. Sie bietet daher neben den Mö- beln auch Gemälde, Glas, Porzellan und Silber aus die- ser Zeit an. Ein bemerkens- wert schönes Stück ist der hier abgebildete Wäsche- schrank aus Birkenholz, zu dessen klarer Architektur sich ein Pendant im Hambur- ger Museum für Kunst und Gewerbe findet. EB
Prinz & Möller, Ochsen- zoller Straße 187/189, 2000 Norderstedt, Telefon 0 401 5 23 99 15
Wäscheschrank, Brandenburg, um 1815, Birke auf Tanne fur- niert, vergoldete Bronze-Ap- plikationen, Höhe 189 cm A-3390 (106) Dt. Ärztebl. 85, Heft 47, 24. November 1988