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2. Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 1/15 und der Beklagte zu 14/15 zu tragen.

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FG Nürnberg, Urteil v. 03.07.2019 – 5 K 827/16 Titel:

Haftungsbescheid für Umsatzsteuer - persönliche Haftung des Geschäftsführers für unzutreffend angenommene Steuerfreiheit von innengemeinschaftlichen Pkw

Lieferungen nach Italien Normenketten:

AO § 34, § 69, § 191 Abs. 1 S. 1, § 149, § 167

UStG § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1, § § 6a Abs. 3, § 6a Abs. 4, § 17a Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 18 GmbHG § 35 Abs. 1

UStDV § 17a Schlagworte:

Umsatzsteuer, Unternehmen, Geschäftsführer, persönliche Haftung, grobfahrlässige Pflichtverletzung, Pkw Handel, innengemeinschaftliche Lieferung, Italien, Steuerfreiheit, Innergemeinschaftliche Lieferung, Belegnachweis, Transportbeleg, CMR-Frachtbrief, Vertrauensschutz, Versendungsbeleg, missing trader, steuerliche Nebenleistung, Säumniszuschlag, Zinsen, Umsatzsteuererklärung, Umsatzsteuervoranmeldung Fundstelle:

BeckRS 2019, 32929  

Tenor

1. Der Haftungsbescheid vom 07.12.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.06.2016, diese in Gestalt der geänderten Haftungsbescheide vom 27.10.2016 und vom 04.03.2019 wird dahin geändert, dass die Haftung für Umsatzsteuer 2005 aufgehoben sowie die Haftung wegen Zinsen zur Umsatzsteuer 2005 auf 13.222 € und die Haftung wegen Säumniszuschlägen zur Umsatzsteuer 2005 auf 700 € begrenzt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 1/15 und der Beklagte zu 14/15 zu tragen.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand 1

Streitig ist, ob der Kläger zu Recht gemäß §§ 34, 69, 191 Abs. 1 Satz 1 AO als ehemaliger Geschäftsführer der Firma B wegen zumindest grobfahrlässiger Pflichtverletzungen für deren Umsatzsteuerrückstände und steuerlichen Nebenleistungen hierzu haftet.

2

Der Kläger war Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 01.04.1998 gegründeten B in C-Stadt (vgl. Eintragung im Handelsregister). Deren Unternehmen umfasste zunächst eine Fahrschule und gemäß dem Gesellschafterbeschluss vom 26.05.2004 nun auch den An- und Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen.

3

Die B erwarb von mehreren inländischen Kfz-Händlern Pkw und verkaufte diese teilweise entweder selbst oder über einen weiteren Kfz-Händler an verschiedene Firmen in Italien, so z.B. an die Firmen D, deren Geschäfte E führte, und F. Die Firma F war zum 09.06.2005 gegründet worden und seit Juni 2005 in Italien steuerlich erfasst; sie trat im Geschäftsverkehr mit der gültigen Umsatzsteueridentifikationsnummer … auf.

Ihr gesetzlicher Vertreter war G, faktischer Geschäftsführer war E.

4

Die mit den Lieferungen an die Firma F zusammenhängenden Belege wie Rechnungen, Lieferscheine, Verbringensnachweise und Vollmachten wurden jeweils vom Kläger oder einer Mitarbeiterin (Frau H) erstellt bzw. bearbeitet; die maßgeblichen CMR-Frachtbriefe wurden von den Frachtführern vorbereitet und ggf.

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vom Kläger ergänzt. Die Fahrzeuge für die Lieferungen an die Firma F im Jahr 2005 wurden am Sitz der B bereitgestellt und von italienischen Speditionsunternehmen dort abgeholt. Dabei wurden die jeweiligen Lieferungen den Transportunternehmen vom Kläger avisiert, die Bezahlung der Transporte erfolgte seitens der Abnehmer.

5

Die im Jahr 2005 insgesamt sieben Kfz-Transporte mit Lieferungen an die Firma F erfolgten am 17.11.2005 mit zwei Transportfahrzeugen, am 18.11.2005, 24.11.2005, 25.11.2005, sowie am 02.12.2005 und am 15.12.2005 mit je einem Transportfahrzeug.

6

Die B hatte neben anderen auch die Kfz-Verkäufe an die Firma F als umsatzsteuerfreie

innergemeinschaftliche Lieferungen verbucht und in den Umsatzsteuervoranmeldungen und der

Jahreserklärung für 2005 erfasst; diese waren jeweils im Steuerbüro I in C-Stadt erstellt worden, ebenso wie die diesbezüglichen zusammenfassenden Meldungen gem. § 18a UStG.

7

Die vom Kläger unterzeichnete Umsatzsteuerjahreserklärung für 2005 vom 05.05.2006 wies insgesamt steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen von 3.518.990 € aus und ergab eine

Umsatzsteuererstattung i.H.v. 510.296,63 €; die Erklärung wirkte als Steuerfestsetzung.

8

Die Umsatzsteuern für 2007 bis 2009 wurden wegen fehlender Jahressteuererklärungen zunächst im Wege der Schätzung festgesetzt, so die Umsatzsteuer 2007 in Höhe von - 206.530,37 € mit dem

Änderungsbescheid vom 29.03.2010 und einem Nachzahlungsbetrag von 4.993,95 €, die Umsatzsteuer für 2008 in Höhe von 1.400 € mit dem Bescheid vom 28.06.2010 und einem Nachzahlungsbetrag von 2.368,62

€ sowie die Umsatzsteuervorauszahlungen für 2009 in Höhe von - 1.076,13 € mit Nachzahlungsbeträgen von 1.487,07 €.

9

Im Rahmen einer steuerstrafrechtlichen Überprüfung der Umsatzsteuer insb. für 2005 (insoweit Einleitung des Steuerstrafverfahrens am 10.09.2007) wurde festgestellt, dass bei 43 Liefervorgängen die

Transportpapiere nicht ordnungsgemäß ausgefüllt waren, nämlich bei 35 Lieferungen an die Fa. F und bei 8 Lieferungen an die Fa. D. In den CMR-Frachtbriefen hierzu war jeweils im Feld 1 unzutreffend die B

genannt worden, statt richtigerweise der Auftraggeber des Frachtführers, der die Beförderung erbracht hatte, nämlich der Empfänger der Lieferungen. Das Feld 24, in dem die Empfänger der Lieferungen den Erhalt der Fahrzeuge bestätigen sollten, war in den beanstandeten Geschäftsvorgängen fehlerhaft oder nicht zeitnah ausgefüllt worden oder es fehlten die Angaben vollständig.

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Im Laufe des Ermittlungsverfahrens reichte der Kläger im September 2007 Kopien der CMR-Frachtbriefe bezüglich der streitbefangenen Kfz-Lieferungen mit Empfangsbestätigungen der Firmen D und F jeweils im Feld 24 der CMR-Briefe und gesondert für die jeweiligen Fahrzeuge Übernahmebestätigungen der Käufer nach. Aufgrund weiterer Ermittlungen erteilten die italienischen Steuerbehörden zunächst Anfang des Jahres 2009 Auskunft über die italienische Transportfirma J, die Transporte von Lieferungen an die Fa. D sowie an die Fa. F im Jahr 2005 durchgeführt hatte mit der Aussage, die bezeichneten Kfz seien wie auf den Frachtbriefen angegeben in Deutschland abgeholt und an den aufgeführten Adressen in Italien entladen worden. Auf ein weiteres Ersuchen erging die Auskunft Anfang des Jahres 2010, dass die 34 beanstandeten Lieferungen an die Firma F jedenfalls tatsächlich nach Italien verbracht und im Sinne der normalen Umsatzsteuerbestimmungen für die innergemeinschaftlichen Lieferungen zugelassen worden waren. Allerdings habe es sich bei der Fa. F, vermutlich die Nachfolgefirma der Firma D, um eine Scheinfirma („missing trader“) mit nur fiktivem Sitz und ohne betriebliche Strukturen gehandelt, die Scheinrechnungen an italienische Pkw-Händler ausgestellt habe, die eigentlichen Nutznießer des Steuerbetrugs.

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Die Finanzbehörde folgte insgesamt den steuerlichen Feststellungen der Steuerfahndung lt. Bericht vom 03.07.2009. Hinsichtlich der beanstandeten Lieferungen nach Italien werde aus den Brutto-Erlösen von insoweit 1.515.850 € die Umsatzsteuer zu 16% geschuldet, also 209.082,76 €.

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Auf den Fahndungsprüfungsbericht vom 03.07.2009 dort Tz. D. 4. und Anlage 4 wird verwiesen.

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Die Finanzbehörde setzte mit dem Änderungsbescheid vom 16.09.2009 die Umsatzsteuer für 2005 auf - 235.366,07 € fest. Den Nachzahlungsbetrag von 274.930,56 € und die Zinsen hierzu von 39.860 € stellte sie zum 21.10.2009 fällig.

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Dem Einspruch der B wurde zunächst teilweise entsprochen, soweit unzutreffend ausgewiesene

Umsatzsteuer erhoben worden war; das Finanzamt setzte daher die Umsatzsteuer im Änderungsbescheid vom 16.12.2009 auf - 301.213,91 € herab und es verblieb ein Nachzahlungsbetrag von 209.082,76 €. Im Laufe des Einspruchsverfahrens wurde zudem die Lieferung eines PKW „VW Touareg“ mit einem Warenwert von 44.000 € an die Fa. D als innergemeinschaftliche Lieferung anerkannt. In der

Einspruchsentscheidung vom 31.03.2011 setzte das beklagte Finanzamt die Umsatzsteuer für 2005 daher auf - 307.282,87 € herab, wies den Einspruch im Übrigen aber als unbegründet zurück; es verblieb ein Rückforderungsbetrag in Höhe von 203.013,76 €.

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Die steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger ergaben, dass ihm keine

Verschleierungsmaßnahmen und kein kollusives Zusammenwirken mit den italienischen Betrugsfirmen nachgewiesen werden konnte. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass der Kläger wusste oder hätte wissen müssen, dass es sich bei der Fa. F um einen „missing trader“ gehandelt habe. Mit Verfügung vom 18.11.2011 stellte die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts das Steuerstrafverfahren gegenüber dem Kläger nach § 170 Abs. 2 StPO ein, weil kein Nachweis geführt werden konnte, dass es sich bei den strittigen Kfz-Lieferungen tatsächlich nicht um innergemeinschaftliche Lieferungen gehandelt habe.

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In dem bei Gericht geführten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Umsatzsteuerbescheides für 2005 (FG Nürnberg Az. 2 V 201/11; beigezogen) trug die B vor, die Voraussetzungen des § 17 a UStDV zum Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferungen seien erfüllt. Es lägen vor: das Doppel der

Rechnungen, die CMR-Frachtbriefe als handelsüblicher Beleg, die Empfangsbestätigungen der Fa. F über den Erhalt der Waren als zurück gefaxte Durchschläge der CMR-Briefe und die eigenen

Übernahmebestätigungen der Firma F, sowie die italienischen Zulassungsbestätigungen und die

Versicherung des Spediteurs als Nachweis der Lieferungen der Fahrzeuge nach Italien. Die B verfüge mit den CMR-Frachtbriefen über einen ordnungsgemäßen Nachweis für innergemeinschaftliche Lieferungen.

Innergemeinschaftliche Lieferungen seien auch deshalb nachgewiesen, weil die Empfängerfirma F die Durchschläge der CMR-Frachtbriefe in Feld 24 abgestempelt und an sie zurück gefaxt habe, ebenso wie auch für die Lieferungen an die Firma D. Damit sei der Nachweis geführt, dass die Fahrzeuge nach Italien gelangt seien. Außerdem lägen Bestätigungen der Firma F vor, in denen diese die Übernahme der ausgeführten Fahrzeuge unter Angabe des Abholers und des Abgabeortes erklärten. Weiter lägen

Versicherungen der Spediteure vor, in denen diese versicherten, die Fahrzeuge entgegengenommen, nach Italien verbracht und an die Firma F weitergegeben zu haben.

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Der für Umsatzsteuern zuständige 2. Senat des FG Nürnberg gewährte mit dem Beschluss vom 30.11.2011 (Az. 2 V 201/11) die Aussetzung der Vollziehung in vollem Umfang. Der 2. Senat begründete die

Entscheidung u.a. wie folgt:

„Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2005.

a) Ein CMR-Frachtbrief ist nach der Rechtsprechung des BFH auch dann als Versendungsbeleg gem. § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 UStDV anzuerkennen, wenn er keine in Feld 24 des CMR-

Frachtbriefes vorgesehene Bestätigung über den Warenempfang am Bestimmungsort enthält (BFH-Urteile vom 12.05.2009 a.a.O. und vom 04.05.2011 XI R 10/09 (Rn. 18), DB 2011, 1675). Soweit sich das

Finanzamt für seine gegenteilige Auffassung auf das BMF-Schreiben vom 06.01.2009 (BStBl I 2009, 60 Rz.

38) ersetzt durch das BMF-Schreiben vom 05.05.2010 Rd. 37, 38 beruft, hält dies der gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Im Übrigen ist, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung, die Bestätigung von der Empfängerin nachgeholt und an die Antragstellerin gefaxt worden; dies gilt auch für die Firma D.

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b) Entgegen dem BMF-Schreiben vom 05.05.2010 Rd. 36 setzt die Beurteilung als Versendungsbeleg i.S.d.

§ 10 Abs. 1 UStDV ferner nicht voraus, dass der Auftraggeber des Frachtführers (Versender) den Frachtbrief unterzeichnet hat (BFH-Urteil vom 17.02.2011 V R 28/10, BFH/NV 2011, 1448 Rd. 25). Das Gericht hält deshalb bei summarischer Prüfung auch die Auffassung des Finanzamts, die CMR-Frachtbriefe nicht anzuerkennen, da in Feld 1 die Antragstellerin als Versender eingetragen ist, für unzutreffend.

Außerdem sind in dem Formular, so wie es dem Gericht vorliegt, in den Feldern für Adressdaten nur Angaben für den Versender, den Empfänger und den Transporteur vorgesehen. Es ist deshalb nachvollziehbar, wenn sich die Antragstellerin als Veräußerin der Kfz als Versender versteht.

c) Außerdem liegt auch nach Mitteilung der italienischen Behörden im Rahmen des Rechtshilfeersuchens eine innergemeinschaftliche Lieferung vor. Denn danach …geht hervor, dass die mitgeteilten Pkw tatsächlich nach Italien verbracht wurden und im Sinne der normalen Umsatzsteuerbestimmungen für die innergemeinschaftlichen Lieferungen zugelassen wurden.“ Damit ist wohl unstreitig, dass die Kfz nach Italien versendet oder befördert worden sind und deshalb den Liefermitgliedstaat physisch verlassen haben (vgl. EuGH-Urteil vom 07.12.2010 C-285/09 Rz.41 m.w.N., UR 2011, 15).“

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Die Klage der B wegen der Umsatzsteuer 2005 wies das Finanzgericht Nürnberg mit Urteil vom 28.05.2013 (Az: 2 K 417/11; beigezogen) dagegen als unbegründet ab.

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Insbesondere wird die Klageabweisung wie folgt begründet:

„Im Streitfall liegt ein sogenannter Versendungsfall gem. § 17 a Abs. 4 UStDV vor, da die Pkw der Klägerin durch selbständige Spediteure abgeholt wurden. In diesem Fall soll der Unternehmer den Nachweis durch (1.) das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14 a des Gesetzes) und (2.) durch einen Beleg entsprechend § 10 Abs. 1 UStDV führen. Ein solcher Beleg ist insbesondere auch ein CMR-Frachtbrief (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV). Der CMR-Frachtbrief ist umsatzsteuerrechtlich als Versendungsbeleg anzuerkennen, wenn er die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV bezeichneten Angaben enthält. CMR-Frachtbriefe stellen keine ausreichenden Versendungsbelege dar, wenn sie z.B. keine Angaben zum Auslieferungsort, zum Ausstellungstag oder als Auslieferungsort einen Ort im Inland enthalten (BFH-Urteil vom 17.02.2011 V R 28/10, BFH/NV 2011,1448).

Ein CMR-Frachtbrief ist nach der Rechtsprechung des BFH dagegen auch dann als Versendungsbeleg gem. § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 UStDV anzuerkennen, wenn er keine in Feld 24 des CMR-Frachtbriefes vorgesehene Bestätigung über den Warenempfang am Bestimmungsort enthält (BFH- Urteile vom 12.05.2009 V R 65/06, BStBl II 2010, 511 und vom 04.05.2011 XI R 10/09, DB 2011, 1675).

Unschädlich ist auch, wenn der CMR-Brief nicht vom Auftraggeber des Frachtführers unterzeichnet ist (BFH-Urteil vom 17.02.2011 V R 28/10, BFH/NV 2011,1448). Gemäß Art. 6 Abs. 1 Nr. b des CMR- Übereinkommens (BGBl II 1961, 1119 in der Fassung des Protokolls vom 5. Juli 1978, BGBl II 1980, 721) muss jedoch ein CMR-Frachtbrief den Namen und die Anschrift des Absenders enthalten; es handelt sich dabei um konstitutive Frachtbriefangaben. Unter diesem Absender ist der Vertragspartner des Frachtführers zu verstehen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH)-Urteil vom 27. April 2006 I ZR 162/03, TranspR 2006, 361 unter II.1.b.aa; FG München Urteil vom 09.11.2011 3 K 2748/09, rechtskräftig, EFG 2012, 886).

Gemessen an vorstehenden Grundsätzen hat die Klägerin den Belegnachweis für die

innergemeinschaftliche Lieferung nicht erbracht. Die Klägerin hätte nach den Vorgaben des CMR- Übereinkommens in dem vorliegenden CMR-Frachtbrief nicht als Absender (Feld 1) aufgeführt werden dürfen. Denn die Klägerin ist nicht der Vertragspartner des Spediteurs gewesen. (BGH-Urteil vom 27. April 2006 a.a.O. unter II.1.b.bb). … Der vorliegende Frachtbrief ist jedoch in Bezug auf den Auftraggeber der Versendung (vgl. § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG; § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 1 und Nr.

2 Buchst. b UStDV) unrichtig und damit kein ordnungsgemäßer Belegnachweis. Der CMR-Frachtbrief enthält in seinem Feld 1 (mit der Bezeichnung: Absender, Name, Anschrift, Land) ausschließlich Name und Anschrift der Klägerin; im Feld 22 (= Unterschrift und Stempel des Absenders) findet sich nur die

Unterschrift der Klägerin bzw. ihres Geschäftsführers; damit geriert sich die Klägerin als „Absender“ der Lieferung. Tatsächlich ist es aber zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin nicht der Auftraggeber (Vertragspartner) der im Streitfall tätig gewordenen Speditionen -im Wesentlichen der Spedition Kwar.

Es kann dahingestellt bleiben, ob ein derartiges Vorgehen bei der Ausstellung von CMR-Frachtbriefen -so wie es die Klägerin darstelltüblich ist. In Anlehnung an die neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum

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Belegnachweis steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen durch CMR-Frachtbriefe, die unter anderem Angaben zum Auslieferungsort und zum Ausstellungstag erfordern (BFH-Urteil vom 17.02.2011 V R 28/10, BFH/NV 2011, 1448 unter II.3.b), erachtet der Senat die vorliegenden Angaben im CMR-

Frachtbrief als nicht ausreichend zum Nachweis der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung, weil die nach Art. 6 Abs. 1 des CMR-Übereinkommens erforderlichen zwingenden Angaben nicht vorliegen.

Gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) des CMR-Übereinkommens muss der CMR-Brief Name und Anschrift des Absenders enthalten. Absender ist dabei immer der Vertragspartner des Frachtführers; dies war jedoch unstreitig in keinem Fall die Klägerin, die sich jedoch mit ihrem Firmenstempel in Feld 1 des CMR-Briefs als Absender und Vertragspartner der Spediteure gerierte. Der dem Belegnachweis dienende vorliegende CMR-Frachtbrief ist damit inhaltlich falsch und stellt deshalb keinen Nachweis i.S.d. § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr.

2 i.V.m § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV dar. Darüber hinaus ist damit auch die erforderliche Angabe des

Auftraggebers gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b UStDV falsch. Denn Auftraggeber war in keinem Fall die Klägerin, sondern die Empfängerfirma. Der Frachtbrief enthält damit auch nicht den Namen und die

Anschrift des Auftraggebers des Spediteurs, wie es § 10 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b UStDV verlangt. Ein CMR- Frachtbrief muss aber für einen ordnungsgemäßen Belegnachweis die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV bezeichneten Angaben enthalten (BFH-Urteile vom 17.02.2011, V R 28/10 BFH/NV 2011, 1448 und vom 14.12.2011 XI R 18/10, BFH/NV 2012, 1006). Nicht erforderlich ist demgegenüber nach der BFH-

Rechtsprechung, dass der CMR-Brief vom Absender unterschrieben ist (BFH-Urteil vom 14.12.2011 XI R 18/10, BFH/NV 2012, 1006). Auch Art. 6 CMR-Übereinkommen bzw. § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV sehen ein solches Erfordernis nicht vor. Insoweit erachtet es der Senat als unschädlich, dass in Feld 22 nicht die Empfängerfirma bzw. deren Vertreter unterschrieben haben, sondern ebenfalls die Klägerin bzw. ihr Geschäftsführer.

In Anbetracht des erheblichen Umfangs der von der Klägerin unter Nutzung eines CMR-Briefs getätigten innergemeinschaftlichen Lieferungen, der überschaubaren Angaben, die ein solcher CMR-Frachtbrief enthalten muss, und es nach der Rechtsprechung keiner Unterschrift des Empfängers bedarf, erachtet es der Senat als unverzichtbar, dass die verbleibenden wenigen Angaben richtig sind und der tatsächlichen Vertragslage und ihrer Durchführung entsprechen. Ist jedoch ein CMR-Brief inhaltlich unrichtig, ist auch nicht mehr eindeutig und leicht nachprüfbar (vgl. § 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV). Der Senat folgt damit der im Urteil des FG München vom 09.11.2011 (3 K 2748/09 rechtskräftig, EFG 2012, 886) vertretenen

Rechtsauffassung.

… Zweifel an der Richtigkeit der Belegangaben ergeben sich auch deshalb, weil die Erstellung der im Übrigen vorgelegten Belege, die im Wesentlichen den in § 17 a Abs. 2 UStDV entsprechen (Kaufvertrag und Rechnung (auf einem Blatt) ohne Unterschrift und ein weiteres Exemplar mit Stempel und Unterschrift der Käuferin bzw. deren Geschäftsführer, Lieferschein, Verbringungsnachweis und Vollmacht für den Spediteur (auch jeweils mit Stempel und Unterschrift der Empfängerfirma) nicht zur Nachweisführung für die innergemeinschaftliche Lieferung geeignet sind. Denn sie entsprechen nicht dem tatsächlichen

Geschehensablauf. Die Schreiben sind sämtlich von der Klägerin erstellt und tragen alle nahezu

ausnahmslos als Datum das Lieferdatum des CMR-Briefes und als Ausstellungsort C-Stadt. Die Unterlagen zeigen keinerlei Gebrauchsspuren, wie Fax-Kennung oder Knick-Falten auf, im Gegensatz zu den ebenfalls bei den Akten befindlichen originalen CMR-Briefen. Wenn der Geschäftsführer der Klägerin hierzu in mündlichen Verhandlung angegeben hat, es könne so sein, dass Herr E sich am Tag der Abholung zur Unterschriftsleistung in C-Stadt befunden oder der Spediteur die Unterlagen mit zum Empfänger nach Italien genommen habe oder er auch die Unterlagen einige Tage oder eine oder zwei Wochen liegen gelassen habe, wenn er wusste, dass E wieder in C-Stadt vorbeikam und dann den Stapel abzeichnete oder er selber gelegentlich die Unterlagen beim Empfänger vorbeigebracht habe, wenn er mit dem PKW oder Flugzeug in Italien gewesen sei, so können zwingend die Angaben zu Ort und Datum zusammen mit der Unterschrift des Geschäftsführers E nur dann zutreffen, wenn E am Liefertag in C-Stadt war. Da dies auch nach dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung nur ausnahmsweise der Fall gewesen sein dürfte und darüber hinaus auch keinem Vorgang zuordenbar war, sind die Belege entweder falsch, jedenfalls aber nicht eindeutig und leicht überprüfbar (§ 17 a Abs. 1 UStDV).

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es sich nach Angaben der italienischen Behörden zumindest bei der Firma F um einen sog. missing trader handelte. Zweifel hinsichtlich des Empfängers und des Bestimmungsorts der Lieferungen ergeben sich auch deshalb, weil der Geschäftsführer der Klägerin in den von ihm erstellten Lieferscheinen für die F stets als Bestimmungort L-Stadt angegeben hat, der

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Geschäftssitz der F, jedoch in den CMR-Briefen regelmäßig als Zielort M-Stadt, ca. 550 km weiter südlich, angegeben ist. In M-Stadt befindet sich nach Angaben des Geschäftsführers der Klägerin ein großes Autohaus, in dem der Geschäftsführer der F, E, ein Büro besessen und dort Vermittlungsgeschäfte getätigt habe. Das Autohaus selbst habe einem anderen Unternehmer gehört. In diesem Zusammenhang werden die Zweifel zu Empfänger und Bestimmungsort erhärtet, weil auch in den Fällen der Empfängerfirma D mit Sitz in N-Stadt ebenfalls M-Stadt laut CMR-Briefen Auslieferungsort war. Demgegenüber ersetzt die sog.

qualifizierte Bestätigungsabfrage zur USt-Id.-Nr. nicht den Belegnachweis (BFH-Urteil vom 12.05.2011 V R 46/10, BStBl II 2011, 957).“

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Das Gericht ließ im Urteil vom 28.05.2013 (Az. 2 K 417/11) die Revision gegen die Entscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, weil -soweit erkennbar- noch keine höchstrichterliche Entscheidung dazu vorgelegen habe, inwieweit fehlerhafte Angaben in Feld 1 des CMR-Briefes zu einem unvollständigen oder falschen Belegnachweis mit der Folge führen, dass eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nicht vorliege und Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG nicht zu gewähren sei.

21

Im Zusammenhang mit der von der B erhobenen Revision (Az. BFH XI R 34/13) stellte die B auch beim BFH einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides für 2005, der jedoch mit Beschluss vom 09.07.2014 abgelehnt wurde (Az. BFH XI S 19/13; vom Kläger vorgelegt).

22

Der BFH führte zur Begründung im Wesentlichen folgendes aus:

„b) … cc) Der Senat hat im Streitfall keine ernstlichen Zweifel an der nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen Würdigung des FG, wonach die streitbefangenen CMR-Frachtbriefe nicht als

Versendungsbelege i.S. von § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV a.F. anzuerkennen sind, weil diese in Feld 1 der Frachtbriefe zu Unrecht die Antragstellerin und nicht den jeweiligen Vertragspartner der Spediteure als Leistungsempfänger enthielten. Das FG ist insoweit von zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Würdigung der Umstände des Einzelfalls verstößt bei der gebotenen summarischen Betrachtung auch nicht gegen Denkgesetze und

Erfahrungssätze.

(1) Ein CMR-Frachtbrief i.S. von Art. 6 des Übereinkommens vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (BGBl II 1961, 1120) kann zwar in

Versendungsfällen - wie hier - als geeigneter Beleg für den geforderten Nachweis der Steuerbefreiung einer inner-gemeinschaftlichen Lieferung anzuerkennen sein (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.3.; in BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 23 ff., und in BFHE 233, 374, BStBl II 2011, 797, Rz 17). Dies setzt aber voraus, dass derartige Belege die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV

erforderlichen Angaben enthalten (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 24; vom 14. Dezember 2011 XI R 18/10, BFH/NV 2012, 1006, Rz 26 ff.).

In § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStDV ist u.a. geregelt, dass in dem CMR-Frachtbrief auch der Name und die Anschrift des Vertragspartners des Spediteurs genannt ist. Diese Voraussetzung ist nach den vom FG getroffenen, den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen bei allen streitbefangenen CMR- Frachtbriefen nicht erfüllt. Vielmehr war hier die Antragstellerin als Absender eingetragen, die nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG aber nicht der Vertragspartner des Frachtführers war (vgl.

BFH-Urteil vom 24. August 2004 VII R 50/02, BFHE 206, 488, BFH/NV 2004, 1742, unter II.1.).

(2) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht aus der bisher hierzu ergangenen Rechtsprechung des BFH.

Zwar setzt die Anerkennung eines CMR-Frachtbriefes als Versendungsbeleg in diesem Sinne nicht voraus, dass er eine Bestätigung über den Warenempfang am Bestimmungsort enthält (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.3.c), oder das jeweilige Feld 24 vollständig ausgefüllt ist (BFH-Urteil in BFHE 233, 374, BStBl II 2011, 797, Rz 18). Außerdem ist es auch nicht erforderlich, dass der CMR- Frachtbrief vom Auftraggeber des Frachtführers unterzeichnet wurde (BFH-Urteile in BFHE·233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 25, und in BFH/NV 2012, 1006, Rz 24 f.).

(7)

Der BFH hat ein Absehen von diesen handelsrechtlich geforderten Angaben in den entschiedenen Fällen für gerechtfertigt gehalten, weil diese Angaben umsatzsteuerrechtlich nicht geboten waren. Wenn aber - wie im Streitfall - der Vertragspartner des Spediteurs als Leistungsempfänger entgegen der ausdrücklich geforderten Angaben in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStDV nicht - bzw. unzutreffend - genannt wird, ist bei der gebotenen summarischen Betrachtung die Würdigung des FG nicht zu beanstanden, wonach dies nicht den Anforderungen an einen eindeutigen und leicht nachprüfbaren Nachweis genügt. Dies hat der BFH bereits geklärt (vgl. Urteil in BFH/NV 2012, 1006, Rz 24,26 ff.; vgl. allgemein zu § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV BFH-Urteil in BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 24; so auch FG München, Urteil in EFG 2012, 886), so dass sich die Antragstellerin auch nicht mit Erfolg darauf stützen kann, das FG habe im Hinblick auf diese Rechtsfrage die Revision wegen grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zugelassen. … (3) Auch die Annahme des FG, die Antragstellerin könne sich insoweit nicht mit Erfolg darauf berufen, die entsprechenden Angaben seien ihr nicht zumutbar gewesen (§ 17a Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 UStDV), ist bei der gebotenen summarischen Betrachtung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn nach den bindenden Feststellungen des FG war es der Antragstellerin bekannt, dass sie nicht

Vertragspartnerin des Frachtführers war. Sie hätte nach zutreffender Auffassung des FG daher bei Abholung der Fahrzeuge darauf hinwirken können, den wirklichen Auftraggeber des Frachtführers in den Frachtbrief einzutragen, zumal sie nur durch die Übergabe an einen Befugten die Befreiung von der eigenen Leistungspflicht habe sicherstellen können.

(4) Ferner begegnet die Würdigung des FG, dass hinsichtlich der Firma F der nach der Rechtsprechung des BFH erforderliche Abnehmernachweis nicht in ausreichender Weise geführt war, bei summarischer Prüfung gleichfalls keinen revisionsrechtlichen Bedenken.

Denn die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung setzt nach der Rechtsprechung des BFH ferner voraus, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des leistenden Unternehmers die Person des Abnehmers („Erwerbers“) der Lieferung bekannt ist, da sonst das Ziel, Steuereinnahmen dadurch auf den Bestimmungsmitgliedstaat zu verlagern, dass der Erwerber der innergemeinschaftlichen Lieferung in diesem Mitgliedstaat Steuerschuldner ist, nicht erreicht werden kann (BFH-Urteile in BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 17, und in BfH/NV 2012, 1006). Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das FG bindend festgestellt, dass es sich nach Angaben der italienischen Behörden bei der Firma F um einen sog. „missing trader“ - ein Scheinunternehmen - gehandelt habe und außerdem Ungereimtheiten zur Richtigkeit des behaupteten Unternehmenssitzes dieser Firma hervorgehoben.

Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung des FG, der wahre Abnehmer der entsprechenden Lieferungen sei nicht nachgewiesen und die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang vorgelegte sog.

qualifizierte Bestätigungsanfrage könne den erforderlichen Nachweis nicht ersetzen, nicht zu beanstanden (vgl. auch BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957). Soweit die Antragstellerin hierzu ergänzend ausführt, sie habe nicht vorsätzlich durch Verschleierung der Identität des wahren Abnehmers an einer Steuerhinterziehung im Bestimmungsmitgliedstaat mitgewirkt (vgl. EuGH-Urteil

…R… in Slg. 2010, I-12605, BStBl II 2011, 846), hat das FG im Streitfall seine Entscheidung ersichtlich auch nicht auf eine derartige Annahme gestützt. …

c) Da das unter dem Aktenzeichen XI R 34/13 geführte Revisionsverfahren demnach bei der gebotenen summarischen Betrachtung keine Erfolgsaussichten hat, war der Antrag auf AdV zurückzuweisen.“

23

Am 20.11.2014 stellte der BFH das Revisionsverfahren (Az. XI R 34/13) ein, nachdem die B mit Einwilligung des beklagten Finanzamts die Revision zurückgenommen hatte.

24

Bereits am 15.08.2014 hatte die B einen Eigenantrag auf Eröffnung der Insolvenz gestellt, weil in Folge der AdV-Ablehnung die Umsatzsteuerforderung fällig geworden war (vgl. Insolvenz Akte AG Nürnberg, Az. 81 IN 1232/14; beigezogen).

25

Aufgrund des Gutachtens des beauftragten Rechtsanwalts wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg - Insolvenzgericht - vom 04.12.2014 der Eigenantrag der B mangels Masse abgewiesen. Im Gutachten vom 27.10.2014 wird u.a. ausgeführt, im Geschäftsjahr 2007 sei ein Jahresfehlbetrag von ca. 19.000 €

erwirtschaftet worden. Die wesentliche Insolvenzursache sei die Festsetzung von

(8)

Umsatzsteuernachforderungen für den Veranlagungszeitraum 2005 in Höhe von ca. 210.000 € im Jahr 2007 gewesen. Daraufhin sei der Geschäftsbetrieb insb. wegen der bestehenden Unklarheiten über den Ausgang der schwebenden finanzgerichtlichen Verfahren heruntergefahren worden. Eine Motivation, den EGweiten Fahrzeughandel im vorherigen Umfang fortzusetzen sei nicht mehr vorhanden gewesen; der Geschäftsbetrieb habe im Jahre 2013 brach gelegen. Nach der Ablehnung des Aussetzungsantrages für Umsatzsteuer 2005 durch den BFH sei die Steuerforderung von 209.082,72 € fällig gestellt worden und habe aus liquiden Mitteln der Firma nicht mehr bedient werden können. Zum 31.12.2013 habe ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von 173.166,10 € bestanden. Die GmbH sei

zahlungsunfähig und überschuldet.

26

Auf das Gutachten wird Bezug genommen.

27

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 04.12.2015 wies das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels die Kosten deckender Masse ab.

28

Versuche, die Steuerschulden bei der GmbH beizutreiben, blieben ohne Erfolg; die Gesellschaft ist aufgelöst.

29

Für den Zeitraum von 31.12.2006 bis 31.12.2009 nahm das beklagte Finanzamt den Kläger nach Anhörung als Geschäftsführer der B mit dem Haftungsbescheid vom 07.12.2010 für deren Umsatzsteuerschulden für 2005 und 2007 bis 2010 nebst Zinsen und Säumniszuschlägen hierzu mit einem Gesamtbetrag von 270.662,68 € in Anspruch.

30

Wegen der Begründung und der Darstellung der maßgeblichen Steuern und steuerlichen Nebenleistungen sowie der Ermessenserwägungen wird auf die Ausführungen im Haftungsbescheid verwiesen.

31

In dem fristgerecht angestrengten Einspruchsverfahren lehnte das Finanzgericht Nürnberg durch den damals für Haftungssachen bezüglich Umsatzsteuer zuständigen 2. Senat den bei Gericht gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides in vollem Umfang ab (Az. 2 V 478/15;

beigezogen).

32

Im Beschluss vom 20.10.2015 führt der 2. Senat u.a. folgendes aus:

„Nach Überprüfung im summarischen Verfahren hat das Finanzamt sein Ermessen, den Antragsteller als Haftungsschuldner gem. § 69 AO in Anspruch zu nehmen, rechtsfehlerfrei ausgeübt.

a) Der Antragsteller war Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der B. In dieser Eigenschaft war er verpflichtet, die Steueranmeldungen und Steuererklärungen der GmbH zutreffend und rechtzeitig abzugeben und die von der GmbH geschuldeten Steuern zu entrichten. In der Umsatzsteuererklärung 2005 hat er unzutreffend Kfz-Lieferungen an die Firmen D und F nach Italien als steuerfreie

innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt, was zu einer Reduzierung der vom Antragsteller in der Umsatzsteuererklärung 2005 errechneten Erstattung i.H.v. 510.296,63 € und zu einer

Umsatzsteuernachforderung i.H.v. 203.013,76 € führte. Mit Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom

28.05.2013 Az. 2 K 417/11 ist die Klage der B wegen Umsatzsteuer 2005 abgewiesen worden. Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem die B die Revision beim Bundesfinanzhof zurückgenommen hat (vgl. Beschluss des BFH vom 20.11.2014 Az. XI R 34/13). Die Rechtsauffassung, dass das unvollständige oder fehlerhafte Ausfüllen des CMR-Frachtbriefes in Feld 1 dazu führt, dass eine Lieferung nicht mehr als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung anerkannt werden kann, hat der BFH in seinem Beschluss vom

09.07.2014 Az. XI S 19/13 bestätigt, mit dem er den Antrag der B, den Umsatzsteuerbescheid 2005 von der Vollziehung auszusetzen, abgelehnt hat.

b) Das Finanzamt ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller im Streitfall schuldhaft gehandelt hat.

(9)

Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich großem Maße verletzt. Dazu gehört, dass er unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen oder die einfachsten, ganz naheliegenden

Überlegungen nicht anstellt (Loose in Tipke/Kruse AO/FGO-Kommentar, § 69 AO Tz. 26). Nach der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass die Frage, welche Anforderungen an eine haftungsbegründende grobe Fahrlässigkeit eines Geschäftsführers i.S. des § 69 der Abgabenordnung zu stellen sind, nicht allgemein beantwortet werden kann, sondern sich nach den Besonderheiten des einzelnen Falls richtet (BFH-Beschluss vom 05.03.1998 VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1325, m.w.N.). Danach stimmt das Gericht in der Gesamtschau dem Finanzamt zu, wenn es von einer groben Fahrlässigkeit des Antragstellers ausgeht.

Maßgebend hierfür ist, dass der Antragsteller als Alleingeschäftsführer der B eine besondere

Pflichtenstellung hatte. Er musste als Geschäftsführer der B und der für sie alleine maßgeblich Handelnde die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der strittigen Kfz-Lieferungen als innergemeinschaftliche Lieferungen i.S.d. § 6a Abs. 1 UStG nach § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV nachweisen. Da der Antragsteller im Streitfall in der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2005 in ganz erheblichem Umfang Umsätze aus steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen -nämlich i.H.v. 3.518.990 €- angegeben hatte, hatte er auf die Ordnungsmäßigkeit des Belegnachweises ein besonderes Augenmerk zu legen. Er hatte als Geschäftsführer die Pflicht, sich über die Einzelheiten und Erfordernisse des Buch- und

Belegnachweises zu informieren. Bei Zweifeln oder Unsicherheiten hätte er sachkundige Hilfe für Einzelfragen oder für die Behandlung von Vorgängen einholen müssen. Denn er war derjenige, über den die Geschäftsanbahnung und die Abwicklung lief. Er hatte den Kontakt zu den Abnehmern und den Spediteuren. Schließlich hatte der Antragsteller selbst auch Erfahrung im Umgang mit steuerfreien

innergemeinschaftlichen Lieferungen. Dies erschließt sich daraus, dass im Umsatzsteuerbescheid 2005 der B vom 16.12.2009 nach der steuerlichen Überprüfung steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen i.H.v.

2.003.140 € anerkannt worden sind. In diesen Fällen waren die Nachweispflichten erfüllt. Für den

Antragsteller musste zum Zeitpunkt der Abgabe der Umsatzsteuererklärung klar sein, dass ein fehlerhafter Nachweis zur Versagung der Steuerfreiheit führt. Ungeklärt war lediglich, inwieweit die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung trotz mangelhafter Nachweise anzuerkennen ist. Wer sich in dieser Situation als Geschäftsführer nicht über die sachliche, inhaltliche und formale Richtigkeit der Belege, so auch der CMR-Briefe selbst informiert oder z.B. geschulte Exportsachbearbeiter einsetzt, handelt nach Auffassung des Gerichts grob fahrlässig. Nach den Feststellungen im Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 28.05.2013 war nicht nur das Feld 1 des CMR-Briefes fehlerhaft, sondern es war zusätzlich auch das Feld 24 nicht oder nicht vollständig ausgefüllt. Es waren darüber hinaus auch die vom Antragsteller für die streitigen Lieferungen im Übrigen vorgelegten Belege nicht zur Nachweisführung für die

innergemeinschaftliche Lieferung geeignet, denn sie entsprachen nicht dem tatsächlichen

Geschehensablauf. Wie in den Gründen des Urteils des FG Nürnberg vom 28.05.2013 unter Ziff. 4 ausgeführt ist, waren sämtliche vorgelegte Schreiben (Kaufvertrag, Rechnung, Lieferschein, Verbringungsnachweis, Vollmacht für den Spediteur) vom Antragsteller erstellt. Sie trugen nahezu ausnahmslos als Datum das Lieferdatum des CMR-Briefes und als Ausstellungsort den Sitz der B. Das Gericht hat hierzu nach dem entsprechenden Vortrag des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung festgestellt, dass in diesen Belegen die Angaben zu Ort und Datum zusammen mit der Unterschrift des Geschäftsführers der Empfängerin nur dann zutreffen, wenn der Geschäftsführer der Empfängerin am Liefertag am Sitz der B war. Der Antragsteller hat hierzu vorgetragen, dass er Unterlagen auch einige Tage oder ein oder zwei Wochen liegen gelassen habe, wenn er wusste, dass der Geschäftsführer wieder am Sitz der B vorbeikam und dann den Stapel abzeichnete. Damit wirkte der Antragsteller in diesen Fällen aktiv und in voller Kenntnis der Umstände an der Erstellung von Belegen mit, deren Angaben nicht dem

tatsächlichen Geschehensablauf entsprachen. Die Belege waren damit entweder falsch oder jedenfalls aber nicht eindeutig und leicht überprüfbar, wie es § 17a Abs. 1 UStDV als Voraussetzung für die

innergemeinschaftliche Lieferung fordert.

Der Antragsteller hat seine Sorgfaltspflicht zusätzlich auch deswegen grob verletzt, weil er aus den ihm kenntlichen Angaben Zweifel am Bestimmungsort der Lieferungen haben musste. Im Urteil des FG Nürnberg vom 28.05.2013 ist hierzu festgestellt (Gründe 5.): „Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es sich nach Angaben der italienischen Behörden zumindest bei der Firma F um einen sog. missing trader handelte. Zweifel hinsichtlich des Empfängers und des Bestimmungsorts der Lieferungen ergeben sich auch deshalb, weil der Geschäftsführer der Klägerin in den von ihm erstellten Lieferscheinen für die F stets als Bestimmungort L-Stadt angegeben hat, der Geschäftssitz der F, jedoch in den CMR-Briefen regelmäßig als

(10)

Zielort M-Stadt, ca. 550 km weiter südlich, angegeben ist. In M-Stadt befindet sich nach Angaben des Geschäftsführers der Klägerin ein großes Autohaus, in dem der Geschäftsführer der F, E, ein Büro besessen und dort Vermittlungsgeschäfte getätigt habe. Das Autohaus selbst habe einem anderen Unternehmer gehört. In diesem Zusammenhang werden die Zweifel zu Empfänger und Bestimmungsort erhärtet, weil auch in den Fällen der Empfängerfirma D mit Sitz in N-Stadt ebenfalls M-Stadt laut CMR- Briefen Auslieferungsort war. Demgegenüber ersetzt die sog. qualifizierte Bestätigungsabfrage zur USt-Id.- Nr. nicht den Belegnachweis (BFH-Urteil vom 12.05.2011 V R 46/10, BStBl II 2011, 957).“

33

Auf die Entscheidung des FG Nürnberg (Az. 2 V 478/15) wird wegen der Ausführungen im Einzelnen Bezug genommen.

34

Der Einspruch hatte teilweise Erfolg; in der Einspruchsentscheidung vom 02.06.2016 setzte das beklagte Finanzamt den Haftungsbetrag auf 256.081,85 € herab.

35

Insoweit wird auf die Darstellung der Haftungssumme in der Einspruchsentscheidung verwiesen.

36

In der Einspruchsentscheidung führt das beklagte Finanzamt u.a. aus, die Umsatzsteuerschuld für 2005 und die Zinsen hierzu seien niedriger festzusetzen gewesen und aufgrund von Verrechnungen habe sich die Steuerschuld gemindert. Auf eine Haftung für Umsatzsteuer für das 3. Quartal 2009 und das 1. Quartal 2010 werde verzichtet, für die Umsatzsteuern 2007, 2008 und das 2. Quartal 2009 hafte der Kläger nur anteilsmäßig; jedoch verbleibe es bei der vollumfänglichen Haftung für die Umsatzsteuer 2005. Der Haftungszeitraum umfasse den 07.06.2006 bis 31.10.2009.

37

In wesentlichen Teilen verweist des beklagte Finanzamt in der Begründung seiner Einspruchsentscheidung

„um Wiederholungen zu vermeiden“ auf den Beschluss des Finanzgerichts Nürnberg über die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheides (Az. 2 V 478/15).

38

Auf die Einspruchsentscheidung vom 02.06.2016 wird Bezug genommen.

39

Der Kläger hat fristgerecht Klage erhoben und beantragt, den Haftungsbescheid vom 07.12.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.06.2016, diese in Gestalt der geänderten Haftungsbescheide vom 27.10.2016 und zuletzt vom 04.03.2019 aufzuheben.

40

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte vor:

41

Die Klage richte sich gegen seine haftungsmäßige Inanspruchnahme als damaligen alleinigen Geschäftsführer der B für deren Umsatzsteuerschulden aus 2005 und weiteren Jahren. Der Umsatzsteuerbescheid für 2005 sei bestandskräftig. Die Änderung des Bescheides habe auf einer Nichtanerkennung von 43 innergemeinschaftlichen Kraftfahrzeuglieferungen, die als umsatzsteuerpflichtig behandelt worden seien, beruht. Bei der rechtlichen Beurteilung seien ausschließlich für den Nachweis der Verbringung der Kraftfahrzeuge in das europäische Ausland die CMR-Frachtbriefe berücksichtigt worden.

Es seien die Felder 1 und 24 nicht ordnungsgemäß ausgefüllt gewesen, weshalb kein leicht überprüfbarer Beleg für diese Lieferungen bestanden haben solle. Im Laufe des damaligen Verwaltungsverfahrens seien jedoch für all diese Fahrzeuglieferungen noch weitere Unterlagen vorgelegt worden, die den Anforderungen eines Verbringungsnachweises im Sinne des § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV genügten; insoweit werde auf die Akten des FG Nürnberg (Az. 2 K 417/11) verwiesen.

42

Diese Unterlagen und Belege seien Gegenstand der Buchhaltung gewesen, die dem Steuerberater der B für die Buchführung und die Erstellung der Voranmeldungen überlassen worden seien. Ihm, dem Kläger, seien seinerzeit von der mit den Aufgaben betreuten Steuerberaterin in C-Stadt keine Hinweise gegeben worden, dass die Unterlagen nicht den umsatzsteuerlichen Vorschriften entsprechen würden und deshalb

(11)

nicht die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorgelegen hätten. Die Steuerberaterin habe ihn als Geschäftsführer der B gezielt über die umsatzsteuerlichen Voraussetzungen der

innergemeinschaftlichen Lieferungen und über die Entwicklung hierzu auf dem Laufenden gehalten und die Einhaltung der Voraussetzungen mit ihm besprochen und er habe sich auch mit anderen Autohäusern über Erfahrungen zu dieser Thematik ausgetauscht, um Fehler zu vermeiden. Entsprechend der steuerlichen Beratung habe er, der Kläger, die nach § 17a Abs. 2 UStDV erforderlichen Belege für jeden einzelnen Vorgang zusammengetragen und den Buchhaltungsunterlagen beigefügt, die im Rahmen der monatlichen Buchhaltung und Umsatzsteuervoranmeldung dem Steuerberater auch vorgelegen hätten. Diese

Vorgehensweise sei in vorangegangenen steuerlichen Prüfungen nicht beanstandet worden.

43

Gegen die aufgrund der Fahndungsprüfung geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 habe er beim Finanzgericht Nürnberg Klage erhoben und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt; diesem sei mit Beschluss vom 30.08.2011 (Az. 2 V 201/11) stattgegeben worden. Das FG Nürnberg habe damals

ernsthafte rechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geänderten Steuerfestsetzungen zum Ausdruck gebracht; hierzu werde auf die Ausführungen des Beschlusses verwiesen. Allerdings sei das FG Nürnberg im Hauptsacheverfahren mit Urteil vom 28.05.2013 (Az. 2 K 417/11) zu der Erkenntnis gekommen, dass die zum Nachweis der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen beigebrachten CMR-Frachtbriefe im Feld 1 unzutreffend ausgefüllt worden seien und auch die übrigen Nachweise nach § 17a Abs. 2 UStDV nicht dem tatsächlichen Geschehensablauf entsprochen hätten; insoweit werde auf die Ausführungen in dem Urteil verwiesen. Jedoch habe das Finanzgericht in dem Urteilsspruch die Revision wegen

grundsätzlicher Bedeutung der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Frage, ob fehlerhafte Angaben im Feld 1 des CMR-Frachtbriefes zu einem unvollständigen oder falschen Belegnachweis führten, zugelassen, weil diese rechtliche Beurteilung nicht abschließend geklärt sei.

44

Aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen EuGH- und BFH-Rechtsprechung wären nach heutigem Stand der Rechtsprechung die Kfz-Lieferungen als nicht umsatzsteuerpflichtig zu behandeln. Bereits aus diesem Grund sei der Haftungsbescheid aufzuheben, weil es an einer objektiven Pflichtverletzung fehle. Es sei bei der rechtlichen Beurteilung nach dem Urteil des BFH vom 24.07.2014 (V R 44/13) zu berücksichtigen, dass der BFH von der früheren Rechtsprechung, nach der der Unternehmer die Steuerfreiheit für

innergemeinschaftliche Lieferungen ausschließlich beleg- und buchmäßig nachweisen habe können, Abstand genommen habe und der Unternehmer nunmehr berechtigt sei, das Vorliegen der

Voraussetzungen der Steuerfreiheit auch objektiv nachzuweisen.

45

Im Hinblick auf die Urteile EuGH C - 108/17 und BFH XI R 20/14 sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Lieferungen an die Firma F aus dem Jahr 2005, bei denen der im Feld 3 des CMR-Frachtbriefs angegebene Ort der Warenlieferung von der im Feld 2 des CMR-Frachtbriefes sowie in der Rechnung angegebenen Adresse der Firma F abweiche, bei dem im Feld 3 angegebenen Lieferort um eine

Zweigniederlassung der Firma F gehandelt habe. Zumindest sei dies ihm, dem Kläger, von Mitarbeitern der Firma F so dargestellt worden. Er sei bei seinen Besuchen in Italien bei der Firma F teilweise auch in deren Büro in M-Stadt empfangen worden und habe davon ausgehen dürfen, dass die Lieferungen direkt zur Firma F gehen würden. Ihm lägen auch jeweils Frachtbriefe mit einer entsprechenden Empfangsbestätigung in Feld 24 vor; die Durchschläge seien ihm zeitnah zu den Lieferungen zugesandt worden.

46

Bei dem Abnehmer, der Firma F, habe es sich um ein Unternehmen gehandelt; die entsprechenden

Bestätigungen gemäß § 18 e UStDV über die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer hätten vorgelegen. Auch seien die Fahrzeuge nach Italien befördert worden. Der gesetzlich erforderliche Belegnachweis sei erbracht worden. Folglich habe er, der Kläger, davon ausgehen dürfen, dass es sich bei dem Lieferort M-Stadt um die Niederlassung bzw. einen Standort der Firma F gehandelt habe. Die B habe die jeweiligen Verträge mit der Firma F vereinbart und die jeweiligen Kraftfahrzeuge seien an den Standort der Firma F in M-Stadt geliefert worden; Anhaltspunkte für ein Reihengeschäft bestünden folglich nicht.

47

Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 15.11.2017 C-274/16 und C-375/16) sei der Abzug der entrichteten Vorsteuer aus Rechnungen zu gewähren, in denen die Anschrift angegeben sei, unter der der

(12)

Rechnungssteller postalisch zu erreichen sei, auch wenn dort keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt werde.

Die EuGH-Rechtsprechung sei vom Bundesfinanzhof im Urteil vom 21.06.2018 (V R 25/15) umgesetzt worden; der Vorsteuerabzug könne nicht durch nationale formelle Regelungen eingeschränkt werden. Diese bezüglich des Vorsteuerabzugs ergangenen Urteile seien entsprechend auf den Belegnachweis bei

innergemeinschaftlichen Lieferungen anzuwenden und ein Grund für die Versagung der

Umsatzsteuerfreiheit würde entfallen. Aus den vorgelegten Belegen sei ersichtlich, wer Lieferer und wer Abnehmer der streitgegenständlichen Lieferungen gewesen sei und wohin diese befördert worden seien.

48

Es werde eine gutachterliche Stellungnahme von Rechtsanwalt O, Fachanwalt für Transport- und

Speditionsrecht, vorgelegt. Wie Rechtsanwalt O ausführe, sei es in der Praxis nicht unüblich, dass sowohl im Feld 1 des CMR-Frachtbriefs als auch im Feld 22 nicht von dem Vertragspartner des Frachtvertrages, dem Auftraggeber des Frachtführers, unterzeichnet und abgestempelt werde. Dies sei in Fällen, in welchen der Empfänger den Frachtführer beauftragt habe, die Ware bei einem Dritten abzuholen, eine in der Praxis übliche und verbreitete Vorgehensweise und dem Umstand geschuldet, dass kein Vertreter des Empfängers bei Abholung der Ware vor Ort sei. Aus den von Rechtsanwalt O dargelegten Gründen könne daraus nicht geschlossen werden, dass den CMR-Frachtbrief keine Nachweisfunktion zukomme.

49

Unklar sei nach der Begründung in den angefochtenen Bescheiden, wegen welcher Pflichtverletzung er, der Kläger in Anspruch genommen werde. Er werde wohl nicht wegen des unzutreffend ausgefüllten Feldes 1 in den CMR-Frachtbriefen haftungsrechtlich in Anspruch genommen, sondern weil er diesen Fehler

umsatzsteuerrechtlich als unbeachtlich angesehen und dementsprechend die Umsatzsteuer unzutreffend angemeldet habe. Bezüglich der Anforderungen, einen Frachtbrief ordnungsgemäß auszufüllen, fehle es aber wie dargelegt bereits an einer objektiven Pflichtverletzung.

50

Nach den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung zur Geschäftsführerhaftung falle ihm, dem Kläger, keine grobfahrlässige Verletzung der steuerlichen Pflichten zur Last. Er habe sich seinen steuerlichen Berater gerade im Hinblick auf eine besondere Qualifizierung in dem von ihm benötigten Bereich ausgesucht.

Darüber hinaus habe er sich regelmäßig über die umsatzsteuerlichen Voraussetzungen für die innergemeinschaftlichen Lieferungen durch den Steuerberater informieren lassen. Entsprechend der Beratung habe er die erforderlichen Belege für jeden einzelnen Vorgang zusammengetragen und den Buchhaltungsunterlagen beigefügt, die im Rahmen der monatlichen Buchhaltung vorgelegt worden seien;

Beanstandungen seien nie erfolgt.

51

Er, der Kläger, habe sich jedenfalls in einem entschuldbaren Rechtsirrtum über die um-satzsteuerliche Beurteilung der streitigen innergemeinschaftlichen Lieferungen befunden. Ausweislich der Entscheidung des FG Nürnberg im Aussetzungsverfahren (Az. 2 V 201/11) seien drei Berufsrichter zu demselben Ergebnis gekommen, dass grundsätzlich bei summarischer Prüfung hinsichtlich der streitigen Lieferungen von einer Steuerfreiheit auszugehen sei. Insbesondere habe das Gericht eine nicht ordnungsgemäße Ausfüllung des Feldes 1 in dem CMR-Frachtbriefen als kein Hindernis für die Ordnungsmäßigkeit der Frachtbriefe bzw. der Steuerfreiheit der Lieferungen angesehen. Vielmehr habe das Gericht ausgeführt, dass er, der Kläger, nachvollziehbar als Verkäufer sich als Versender in Sinne des Feldes 1 der CMR- Frachtbriefe habe verstehen können. Wenn das mit drei Berufsrichtern besetzte Gericht bei summarischer Prüfung zu der Einschätzung gekommen sei, dass die Voraussetzung einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorlägen, müssten sich weder er noch der Steuerberater der B eine grobfahrlässige Verletzung steuerlicher Pflichten bei der Anmeldung innergemeinschaftlicher Lieferungen entgegenhalten lassen. Von ihm, dem Kläger, oder seinem steuerlichen Berater könne keine höhere umsatzsteuerrechtliche Kenntnis verlangt werden als von einem mit Berufsrichtern besetzten Gericht.

52

Mangels gegenteiliger Rechtserkenntnis habe der 2. Senat des FG Nürnberg einen etwaigen Fehler bei dem Ausfüllen des Feldes 1 des CMR-Frachtbriefes als nicht relevant angesehen; bei Feld 24 habe es sich auf eine dem BMF-Schreiben vom 06.01.2009 widersprechende BFH-Rechtsprechung berufen können.

Ausgehend von diesem Sachverhalt und dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 19.01.1985 (V R 88/85, BFHE 211, 407, BStBI. 2006, 397 Rn. 14), wonach dem Geschäftsführer kein Schuldvorwurf i.S.d. § 69 AO

(13)

gemacht werden könne, wenn ein mit drei Berufsrichtern besetztes Finanzgericht zur gleichen rechtlichen Einschätzung gekommen sei wie der Geschäftsführer, liege ein entschuldbarer Rechtsirrtum des

Geschäftsführers vor.

53

Selbst wenn das Gericht im Urteilsverfahren (Az. 2 K 417/11) zu der Rechtsauffassung gelangt sei, dass kein ordnungsgemäßer Beleg für die beanstandeten Lieferungen vorliegen würde, sei die Rechtslage gleichwohl ungeklärt und unübersichtlich gewesen. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass er, der Kläger, bei Einholung einer Auskunft eine steuerlich zweifelsfreie Antwort erhalten hätte; in diesem Falle sei der Rechtsirrtum entschuldbar (vgl. BFH-Urteil vom 6.02.1985 VII R 109/78, BFH/NV 1986/189).

Dass die Rechtslage ungeklärt und unübersichtlich gewesen sei, ergebe sich auch aus den Gründen des Urteils des Finanzgerichts, in dem die Revision zum BFH zugelassen worden sei; insoweit werde auf die Ausführungen in dem Urteil des FG Nürnberg verwiesen.

54

Zu Unrecht ziehe das beklagte Finanzamt in Zweifel, dass er, der Kläger, aufgrund eines Rechtsirrtums entschuldigt sei. Es gehe bei dieser Frage nicht um die Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung, sondern um die Frage, ob in Anbetracht der vom Gericht geäußerten Zweifel und der insoweit zugelassenen Revision die Anmeldung der Umsatzsteuer durch ihn als Geschäftsführer der B als grob fahrlässig oder aber als entschuldbar anzusehen sei. Dem stehe auch nicht der Beschluss des Gerichts über die

Aussetzung der Vollziehung im hier streitgegenständlichen Haftungsbescheid entgegen (FG Nürnberg, Az.

2 V 478/15).

55

Es dürfe auch nicht verkannt werden, dass im Rahmen einer Amtshaftung nach § 839 BGB das

Verschulden der fachkundigen Behörde beschränkt sei. Beurteile ein Kollegialgericht das Verhalten einer Behörde als pflichtgemäß, gelte in der Berufungsinstanz grundsätzlich die Amtspflichtverletzung als nicht mehr vom Amtsträger verschuldet (ständige Rechtsprechung vgl. BFH in NJW 1986, 2309). Die rechtliche Beurteilung sei in entsprechender Weise auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Selbst wenn man ihm, dem Kläger, besondere Fachkunde im Hinblick auf umfangreiche innergemeinschaftliche Lieferungen abverlangen sollte, könne auch er sich über die rechtlichen Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferungen genauso entschuldbar irren, wie ein Fachgericht. Dies gelte vorliegend insbesondere deshalb, weil die Rechtslage bezüglich der Folgen des unzutreffend ausgefüllten Feldes 1 im CMR-Frachtbrief zum damaligen Zeitpunkt nicht geklärt gewesen sei. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum liege daher vor, wenn dieser bei Einholung einer Auskunft bei einem Sachverständigen nicht zweifelsfrei geklärt werden könne (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.1985 VII R 109/78, BFH/NV 1986, 189). Hinsichtlich der Beurteilung eines Rechtsirrtums sei es erforderlich zu prüfen, ob nach den vorliegenden Unterlagen die rechtlichen Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt seien. Hier sei die

Rechtsprechung in Bezug auf ein unzutreffend ausgefülltes Feld 1 eines CMR-Frachtbriefes auch im Jahr 2013, also auch 8 Jahre nach den tatsächlichen Vorgängen, ungeklärt gewesen. Würde der

Geschäftsführer für solche offenen Rechtsentwicklungen und unklaren Rechtslagen nach § 69 AO haften, würde aus einer Verschuldenshaftung eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung. Ihm, dem Kläger seien nicht mehr Rechtskenntnisse bei der Anmeldung der Umsatzsteuer 2005 zuzumuten gewesen, als hinsichtlich der Rechtskenntnisse eines mit drei Berufsrichtern besetzten Finanzgericht.

56

Er, der Kläger, habe sich jedenfalls nach Kräften bemüht, den umsatzsteuerlichen Anforderungen entsprechend der Beratung durch seinen Steuerberater gerecht zu werden und er sei daher rechtsirrig zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Voraussetzungen erfüllt gewesen seien, zumal die Fahrzeuge seiner Erkenntnis nach auch tatsächlich in das Bestimmungsland gelangt seien.

57

Abschließend sei noch einmal darauf hinzuweisen, dass aufgrund der nachträglich vorgelegten Unterlagen zweifelsfrei feststehe, dass die streitbefangenen Fahrzeuge in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert worden seien. Es lägen die entsprechenden Belege und Nachweise, die doppelten Rechnungen, die Lieferscheine und die unterzeichneten Empfangsbestätigungen der Abnehmer sowie der

Verbringungsnachweise vor. Wenn daher die CMR-Frachtbriefe laienhaft oder fehlerhaft ausgefüllt worden seien, könne daraus nicht geschlossen werden, dass die Umsatzsteuerfreiheit zu verwehren sei.

(14)

58

Ein CMR-Frachtbrief sei, neben seiner Funktion die notwendigen Informationen für den Frachtführer zusammenzufassen, vor allem als Übernahmequittung und Ablieferungsquittung zu sehen. Diese

Funktionen erfüllten insbesondere die Felder 22, 23 und 24. Genau dies habe die Steuerberaterin ihm, dem Kläger, dargelegt. Durch die Unterzeichnung des Feldes 22 durch ihn, den Kläger, die Unterzeichnung des Feldes 23 durch den Spediteur und die Bestätigung des Empfängers im Feld 24 würden die vorgelegten CMR-Frachtbriefe ihrer Funktion als Übernahmequittung nachkommen. Durch die Unterzeichnung des Feldes 24 durch den Empfänger erfolgte die Quittierung der vollständigen und schadensfreien Ablieferung (Ablieferungsquittung). Aus den vorgenannten vorgelegten Belegen sei eindeutig ersichtlich, dass die streitgegenständlichen Lieferungen nach Italien befördert worden seien, wer Empfänger sei und, dass der Empfänger die Lieferung vollständig erhalten habe.

59

Es fehle zudem an einem kausalen Zusammenhang zwischen einer Pflichtverletzung und dem Steuerausfall. Ein solcher Kausalzusammenhang sei insbesondere in Fällen der Verletzung von

steuerlichen Erklärungspflichten erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 06.03.2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100). Zur Begründung der Kausalität bedürfe es der Feststellung, dass die Steuerschuldnerin, hier die B, nach Feststellung der Umsatzsteuerschuld zu der Zahlung in der Lage gewesen sei (vgl. BFH I R 129/83 BFH/NV 1998, 409). Da bei Anmeldung der innergemeinschaftlichen Lieferungen als umsatzsteuerpflichtig eine entsprechende Umsatzsteuerschuld anzumelden und abzuführen gewesen wäre, jedoch eine

entsprechende Umsatzsteuerausweisung in Verkennung der Rechtslage irrtümlich nicht erfolgt sei, hätten bei der Steuerschuldnerin, der B, keinerlei finanzielle Mittel zur Verfügung gestanden, um diese

Verbindlichkeiten ganz oder teilweise ausgleichen zu können; denn es hätten keine entsprechenden Umsatzsteuerzahlungen der Käufer bereitgestanden. Aus diesen Gründen erstrecke sich die Haftung auch nicht auf Säumniszuschläge, die ab dem Zeitpunkt der Überschuldung und Zahlungsfähigkeit der B festgesetzt worden seien.

60

Hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit der GmbH werde darauf hingewiesen, dass diese bereits im Jahr

2005/2006 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen sei und daher die im Jahr 2006 fällige Umsatzsteuer für 2005 nicht ganz oder anteilig hätte gezahlt werden können. Es habe ein in Höhe von 57.019 €

ausgewiesener nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag bestanden; dem bewerteten Umlaufvermögen seien kurzfristige Verbindlichkeiten gegenübergestanden, mit denen die Ware vorfinanziert worden seien. Die Forderungen seien durch Eigentumsvorbehalt der Lieferanten gesichert gewesen. Es hätten auch keine stillen Reserven bestanden, so dass sich der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag in den Folgejahren weiter erhöht habe. Schließlich sei die Eröffnung des

Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B mit Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 04.12.2014 mangels Masse abgelehnt worden; insoweit werde auf die Insolvenzakten verwiesen. Daraus folge, dass das beklagte Finanzamt auch bei ordnungsgemäßer Anmeldung der Umsatzsteuer für die streitigen innergemeinschaftlichen Lieferungen die Steuerschulden nicht hätte realisieren können; dies insbesondere deshalb nicht, weil die innergemeinschaftlichen Lieferungen als umsatzsteuerfrei ausgewiesen worden seien und deshalb laut den Kaufverträgen kein Ersatz der Umsatzsteuer gegen die ausländischen Käufer der Kraftfahrzeuge bestanden habe. Eine mögliche Vollstreckung der festgesetzten Umsatzsteuerschuld 2005 im Jahre 2006 hätte auch in Anbetracht der üblichen Lieferung der Kraftfahrzeuge unter

Eigentumsvorbehalt nicht erlangt werden können. Aus diesem Grunde lägen auch die Voraussetzungen für den jedenfalls teilweisen Erlass der gegen die B festgesetzten Säumniszuschläge vor.

61

Unzutreffend sei der Vortrag des beklagten Finanzamts, die B habe in der Folgezeit einseitig

Verbindlichkeiten in Höhe von 436.972 € gemindert. Aus den Bilanzen seit dem Geschäftsjahr 2005 ergebe sich, dass keinerlei finanzielle Mittel freigesetzt worden seien, mit welchen Verbindlichkeiten getilgt werden hätten können. Es sei lediglich zu einem vermögensumschichtenden Passivtausch gekommen, indem das Umlaufvermögen zugunsten der Verbindlichkeiten vermindert worden sei; ein Ertrag sei somit nicht erwirtschaftet worden; Befriedigungsmöglichkeiten für Dritte hätten sich daraus nicht ergeben.

62

Schließlich würde die Begründung des Haftungsbescheids und der Einspruchsentscheidung nicht den rechtlichen Anforderungen einer sachgerechten Ermessensentscheidung genügen. Der angefochtenen

(15)

Einspruchsentscheidung sei nicht zu entnehmen, auf welcher Grundlage oder aufgrund welcher

Erwägungen die Finanzbehörde zu den für ihre Entscheidungen erforderlichen, von ihr selbst zu treffenden tatsächlichen Feststellungen und zu ihren rechtlichen Folgerungen gelangt sei. Die Einspruchsentscheidung enthalte lediglich die Formulierung, dass der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen werde. Im

Folgenden werde ausgeführt, dass, um Wiederholungen zu vermeiden, auf den Beschluss des

Finanzgerichts zum Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids zur Umsatzsteuer 2005 der B I.L. vom 20.10.2015 (Az.: 2 V 478/15) verwiesen werde; es werde lediglich allgemein Bezug

genommen auf die vorgenannte finanzgerichtliche Entscheidung. Für ihn, den Kläger, sei aus der vorgenannten Formierung nicht erkennbar aus welchen Gründen die Beklagte seinem Rechtsstandpunkt nicht folgen könne.

63

Zum gesamten Vortrag des Klägers im Klageverfahren wird auf die hierzu eingereichten Schriftsätze verwiesen.

64

Das beklagte Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

65

Es führt hierzu im Wesentlichen Folgendes aus:

66

Es verweise umfassend auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und ergänzend auch auf § 166 AO, wonach der Kläger mit materiell-rechtlichen Einwendungen gegen die Umsatzsteuerfestsetzung ausgeschlossen sei; er habe die Steuerpflicht der streitbefangenen Lieferungen bis zum Abschluss des Revisionsverfahren durch Rücknahme (BFH XI R 34/13) erfolglos bestritten. Zu prüfen sei eine

Pflichtverletzung im Haftungszeitraum; spätere Erkenntnisse aufgrund Rechtsprechungsänderungen seien nicht zu berücksichtigen.

67

Aus den streitbefangenen CMR-Frachtbriefen gehe hervor, dass jeweils die B in dem Feld 1 der

Frachtbriefe als Absender für den Transport der Fahrzeuge nach Italien aufgeführt gewesen sei, jedoch sei die Beauftragung der Transporte nicht durch die B erfolgt.

68

Auf einen Rechtsirrtum hinsichtlich der Pflichtverletzung könne sich der Kläger nicht berufen, weil er aufgrund seiner Kontakte zu Abnehmern und Spediteuren auch Erfahrung im Umgang mit

innergemeinschaftlichen Lieferungen besessen habe. Dies spiegele sich in der weitgehenden Anerkennung steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen wieder, für die davon ausgegangen worden sei, dass die Frachtbriefe nicht zu beanstanden gewesen seien. Der Kläger habe leichtfertig die beanstandeten

Lieferungen als steuerfrei angesehen, weil er die in Feld 1 der CMR-Frachtbriefe vorgesehene Angabe über den Absender, auch wenn diese falsch ausgefüllt worden sei, als Nachweis für ausreichend angesehen habe, ohne sich darüber vergewissert zu haben, wer der Empfänger und Abnehmer der Lieferung sei. Dem Kläger sei aus seiner gesamten Geschäftstätigkeit bewusst gewesen, dass der Auftraggeber der

Speditionen zu erfassen gewesen sei.

69

Der BFH habe in seinem Urteil vom 22.07.2015 - V R 38/14 (BStBI. II 2018, 498) dargelegt, dass die Angabe des Verkäufers in dem CMR-Frachtbrief als Absender und damit als Vertragspartei des Frachtvertrags zur Steuerpflicht der Lieferung führe, wenn der jeweilige Abnehmer einen selbständigen Transportbeauftragten beauftragt hat. Die CMR-Frachtbriefe seien in diesen Fällen somit unrichtig, weil sie nicht den zutreffenden Absender auswiesen. Bestünden berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumen könne, so sei die Lieferung steuerpflichtig. Die bestehenden Zweifel habe der Kläger auch nicht durch andere objektiv feststehende Tatsachen, z.B. den Nachweis der zeitnahen straßenverkehrsrechtlichen Anmeldung der Fahrzeuge im jeweils anderen Mitgliedstaat ausräumen können. Es sei daher nicht auszuschließen, dass noch weitere Vertragspartner vorhanden gewesen seien und ob ein Reihengeschäft vorgelegen habe. Ein direkter Lieferweg nach Italien habe nicht nachvollzogen werden können. Zudem habe der Kläger grob fahrlässig gehandelt, soweit auf den streitbefangenen Frachtbriefen auch Unterschrift, Ort und Datum fehlten.

(16)

70

Die nicht bindende Entscheidung des Finanzgerichts im summarischen AdV-Verfahren zur Hauptsache USt 2005 (2 V 201/11) indiziere keinen entschuldbaren Rechtsirrtum des Klägers. Auch die Informationen durch den Steuerberater könnten den Kläger nicht entschuldigen, da diese nur die gesetzlichen und

verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen der Steuerfreiheit im Allgemeinen betroffen hätten. Im Hinblick auf den großen Umfang der innergemeinschaftlichen Lieferungen der B im Streitjahr 2005 und dem Umstand, dass der Kläger selbst die maßgeblichen Geschäftsbeziehungen gepflegt und er die Einzelheiten des Geschehensablaufs gekannt habe, habe es ihm oblegen, sowohl selbst das Erforderliche zu tun, die Belegnachweise richtig und vollständig zu erfüllen, als auch die Ergebnisse der Buchführung zu überprüfen und schließlich die inhaltlich richtigen Angaben zu machen.

71

Soweit vom beklagten Finanzamt Lieferungen, die ursprünglich vom Fahndungsprüfer beanstandet worden seien, nachträglich als steuerfreie Lieferungen anerkannt worden seien, habe das an der Auskunft der italienischen Behörden gelegen, dass bei diesen Lieferungen die Kfz tatsächlich bestimmungsgemäß an die Empfänger in Italien gelangt seien; gleichwohl seien auch in diesen Fällen die CMR-Frachtbriefe nicht zutreffend ausgefüllt gewesen. Eine andere Beurteilung hätten die Lieferungen an die Firma F erfahren, weil insoweit die italienischen Behörden mitgeteilt hätten, es habe sich bei diesem Unternehmen um einen

„missing trader“ gehandelt. Ein direkter Lieferweg nach Italien habe nicht nachgewiesen werden können.

72

Den Einlassungen des Klägers, es sei bei einer vorangegangenen Prüfung nicht zu Beanstandungen gekommen, könne nicht gefolgt werden, weil diese Prüfung hauptsächlich wegen der nicht fristgerecht eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen 1 - 12/04 und 1/2005 erfolgt sei und zu geänderten Umsatzsteuervorauszahlungsfestsetzungen geführt habe.

73

Die Begründung des Klägers, es fehle an einem kausalen Zusammenhang hinsichtlich der Pflichtverletzung mit dem Steuerschaden, komme nicht zum tragen, weil die Umsatzsteueranmeldungen für 2005 zur Steuererstattung geführt hatten. Sei es durch eine unvollständige Umsatzsteuererklärung zur Auszahlung von Vorsteuern gekommen, was bei korrekter Erfüllung der Anmeldungspflicht wegen des Ausgleichs zwischen Umsatzsteuern und Vorsteuern verhindert worden wäre, hafte der Verantwortliche bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit für den ausgezahlten Betrag in voller Höhe, da dem Finanzamt dadurch die Möglichkeit der Aufrechnung entzogen worden sei; es komme daher auf die Zahlungsfähigkeit des

Schuldners nicht an, weil es sich nicht um eine Zahlungsverpflichtung, sondern um eine zu Unrecht erlangte Steuererstattung gehandelt habe; insoweit greife auch der Grundsatz einer nur anteiligen

Tilgungsverpflichtung für den Geschäftsführer nicht. Damit bestehe auch der adäquate

Kausalzusammenhang zwischen der unkorrekten Umsatzsteueranmeldung für 2005 und dem eingetretenen Schaden.

74

Hinsichtlich der Haftung für Umsatzsteuer 2007, 2008, 2009 und steuerlichen Nebenleistungen sei darauf hinzuweisen, dass anhand der vorgelegten Kontoblätter die Zahlungen von Lieferantenschulden etc. bis Ende Oktober 2009 ersichtlich sei und somit von einer Benachteiligung des beklagten Finanzamts gegenüber anderen Gläubigern ausgegangen werden müsse.

75

Nach § 69 Satz 2 AO umfasse die Haftung auch die in Folge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge. Insoweit werde der streitbefangene Haftungsbescheid jedoch teilweise

zurückgenommen, weil festgesetzte Säumniszuschläge auch auf einen Zeitraum der Zahlungsunfähigkeit der GmbH entfallen seien.

76

Mängel in der Ermessensentscheidung lägen nicht vor. Der angefochtenen Einspruchsentscheidung sei zu entnehmen, aufgrund welcher Unterlagen oder Erwägungen die Finanzbehörde zu den für ihre

Entscheidung erforderlichen, von ihr selbst zu treffenden tatsächlichen Feststellungen und zu ihren rechtlichen Folgerungen gelangt sei. Die Begründung in der Einspruchsentscheidung sei so gehalten, dass der Rechtsbehelfsführer habe erkennen können aus welchem Grunde die Entscheidung seinem

Rechtsstandpunkt nicht gefolgt sei. Es läge eine ausreichende Entscheidungsbegründung vor, da die

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