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Strategie eHealth Schweiz - von der Theorie in die Praxis | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Academic year: 2022

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Dossier

57 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 12-2008

Die Gesundheitsversorgung der Schweiz ist ausgeprägt dezentral und zum Teil klein- gewerblich organisiert. Die Spezialisierung und Arbeitsteilung in der Medizin sowie da- mit verbundene Kommunikationsprobleme nehmen zu. Die Informationen über die Pa- tientinnen und Patienten sind verstreut und werden meistens nur bei Überweisungen ganz oder teilweise an andere Leistungser- bringer weitergegeben. Für eine effiziente und qualitativ hochstehende Versorgung muss aber im Interesse der Patientinnen und Patienten jedem behandelnden Leistungser- bringer der Zugang zu relevanten Teilen von Krankengeschichten, Testresultaten und wei- teren Informationen möglich sein. An die- sem Punkt setzt die Strategie eHealth Schweiz an: Sie fordert, dass bis im Jahr 2015 die Menschen in der Schweiz den Fachleuten ih- rer Wahl unabhängig von Ort und Zeit rele- vante Informationen über ihre Person zu- gänglich machen und Leistungen beziehen können.

Herausforderungen bei der Umsetzung Die Herausforderungen bei der Umset- zung der Strategie eHealth sind zahlreich.

Zunächst sind sehr viele Akteure zu koordi- nieren, die jeweils unterschiedliche Ziele ver- folgen. Weiter lässt der noch fehlende inter- nationale Konsens über inhaltliche und technische Standards ein breites Spektrum von möglichen Lösungswegen offen und er- schwert die Diskussion. Im Alltag des Ge- sundheitswesens haben sich viele betriebs- interne und lokale Lösungen etabliert. Die Verknüpfung dieser Systeme stösst an zahl- reiche technische und organisatorische Hür- den. Durchgehende IT-Prozesse können nur etabliert werden, wenn die Bereitschaft zu Zusammenarbeit besteht. Im Gesundheitswe- sen sind diese Kultur und die Lernbereitschaft nicht sehr ausgeprägt. Schliesslich ist das Be- wusstsein für die Bedeutung des Themas eHealth bei vielen politischen Meinungsträ- gern, Akteuren im Gesundheitswesen, in den Medien sowie in der breiten Öffentlichkeit nach wie vor gering.

Skeptiker der Strategie eHealth Schweiz argumentieren immer wieder, der Nutzen von eHealth sei nicht belegt. Im Kreis der Personen, die sich vertieft mit dem Thema befassen, besteht international ein Konsens, dass eHealth einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Qualität und Patientensicher- heit leisten kann sowie die Effizienz des Ge- sundheitssystems verbessert. Das Koordina- tionsorgan hat deshalb eine Studie in Auftrag gegeben. Diese soll Anfang 2009 unter ande- rem Erkenntnisse dazu liefern, wie der Nut- zen von eHealth definiert, praktisch gemes- sen und dargestellt werden kann. Zudem werden bestehende Arbeiten zum Nutzen von eHealth aufgezeigt, und ein Katalog von Nutzenpotenzialen wird erstellt.

Anhörung zu Empfehlungen des Teilprojekts Standards und Architektur

Trotz dieser Herausforderungen herrscht in den Teilprojekten ein konstruktives Klima.

Das derzeit wichtigste Teilprojekt «Standards und Architektur» hat auf Anfang November 2008 fünf Empfehlungen vorgelegt, die in ei- ner Anhörung bei einem breiteren Kreis von Interessierten auf ihre Akzeptanz geprüft werden. Die Vorschläge enthalten auch die Einhaltung gemeinsamer technischer Stan- dards. Denn nur so kann im sehr dezentralen Gesundheitswesen langfristig eine Interope- rabilität erreicht werden – also die Zusam- menarbeit von verschiedenen Systemen, Techniken oder Organisationen. Und genau diese Zusammenarbeit strebt die Strategie eHealth Schweiz mit der folgenden Argu- mentationskette an: Höhere Interoperabilität führt zu höherer Verfügbarkeit von behand- lungsrelevanten Informationen; medien- bruchfreie Kommunikation führt zu weniger Übertragungsfehlern; höhere Verfügbarkeit und medienbruchfreie Kommunikation füh- ren zu besserer Behandlungsqualität und Ef- fizienz – potenziell auch mit Auswirkungen auf die Kosten.

Dieses Ziel ist für alle Beteiligten von Vor- teil. Für Patientinnen und Patienten ist das elektronische Patientendossier eine Chance, weil der erleichterte Einblick in die eigenen Daten mehr Eigenverantwortung ermöglicht.

Ärzte, Spitäler, Apotheker oder Pflegende können zum richtigen Zeitpunkt die relevan-

Strategie eHealth Schweiz – von der Theorie in die Praxis

Andrea Nagel Wissenschaftliche Mitarbeiterin eHealth, Bundesamt für Gesund- heit (BAG), Bern-Liebefeld andrea.nagel@

bag.admin.ch

Adrian Schmid MAS Projektmanagement, Leiter Geschäftsstelle

«eHealth» Bund-Kantone, Bern-Liebefeld

adrian.schmid@ehealth.

admin.ch

Seit Beginn des Jahres 2008 koor- dinieren Bund und Kantone ihre Aktivitäten im Bereich eHealth.

Unter dem Dach des Koordina- tionsorgans eHealth laufen Umset- zungsarbeiten der Strategie eHealth Schweiz. Eine Geschäfts- stelle unterstützt Bund und Kan- tone in ihren Bemühungen. In sechs Teilprojekten mit Beteili- gung aller Akteure wird nun an der Umsetzung der Strategie gearbei- tet, um bis zum Jahr 2015 dem Ziel eines einrichtungsübergreifenden elektronischen Patientendossiers näherzukommen. Erste Vorstellun- gen, wie die Architektur dazu aus- sehen soll, liegen seit Anfang No- vember vor. Mit der Einführung der Versichertenkarte auf den

1.1.2010 wird das Thema eHealth konkret und für die Menschen in der Schweiz erstmals fassbar.1

1 Weitere Informationen zum Thema sind abrufbar unter www.ehealth.

admin.ch.

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Dossier

58 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 12-2008

ten Informationen einsehen. Für die Privat- wirtschaft wiederum sind einheitliche Stan- dards aus Kostensicht interessant, da Entwicklungen für viele Kunden und Projek- te wiederverwendet werden können. Anwen- der und Käufer von Systemen ihrerseits kön- nen über Standards eine gewisse Herstellerneutralität erreichen. Durch die bessere Austauschbarkeit von Komponenten verringert sich die Gefahr von Monopolstel- lungen einzelner Anbieter. Die Investitionen werden damit besser geschützt.

Im Gesundheitswesen gibt es zahllose Ab- läufe und Prozesse, die mit Unterstützung der IT besser gestaltet werden könnten. Ge- genwärtig stehen jedoch zwei Hauptprozesse im Vordergrund, da sie sehr häufig vorkom- men und für die Qualität der Versorgung äusserst relevant sind:

Austausch von Informationen entlang einer Behandlungskette: Zuweisung von Patien- ten und Rücksendung von Berichten und Befunden entlang des ganzen Behand- lungspfades (Hospitalisierung und Aus- trittsbericht, Verlegung und Verlegungs- berichte, Laborauftrag und -befunde, Radiologieauftrag und -befunde etc.);

Medikamentenverordnung: Zusammen- führung von Daten vorausgegangener Verordnungen von Medikamenten («me- dication history») zur Überprüfung der Verträglichkeit, der Risiken oder zur An- passung der Dosis.

Dem föderalistischen System der Schweiz entsprechend, ermöglichen die Vorschläge zur Architektur dezentrale Strukturen, die nach identischen Prinzipien funktionieren.

Grundsätzlich bleiben die Informationen bei der behandelnden Person, welche die Daten

erhoben hat. Damit diese Vernetzung von dezentralen Systemen möglich ist, werden u.a. die folgenden Basiskomponenten der eHealth-Architektur vorgeschlagen:

Sicheres Netzwerk: Vernetzung aller Sys- temteilnehmenden und gesicherte Nach- richtenübermittlung;

Patienten-Index: Etablieren von dezen- tralen Patientenverzeichnissen zur ein- deutigen Identifikation der im Schweizer Gesundheitswesen in Behandlung stehen- den Personen auf verschiedenen Ebenen (organisationsbezogen, lokal, regional, international) nach gleichen Prinzipien (Master-Patient-Index-Funktionalität mit verschiedenen Identifikationsmerkma- len);

Index der Behandelnden: Integration von dezentralen Health-Professional-Verzeich- nissen zur eindeutigen Identifikation und als Grundlage für die Authentisierung der behandelnden Personen sowie Indices von Gesundheitseinrichtungen nach gleichen Prinzipien und mit definierten Qualitäts- anforderungen. Basierend auf diesen In- dices ist eine dezentrale Rollenverwaltung gemäss einem national etablierten Rah- menkonzept für Berechtigungen und Rol- len anzustreben;

Dokumentenregister: dezentral organisier- te Daten-Register, in denen Verweise auf die behandlungsrelevanten Gesundheits- daten eines Patienten registriert werden können;

Dokumentenablage: dezentrale Dokumen- tenablagen bei den Erstellern der Doku- mente oder beauftragten Dienstleistern;

Berechtigungssystem: Zur Sicherstellung des Datenschutzes ist ein generelles rollen- basiertes Berechtigungssystem zu erstel- len. Themen wie Protokollierung, Archi- vierung sowie sinnvoller und kontrollierter Einsatz von Kopien sind zu regeln;

Zugangsportal: dezentrale Zugriffsmög- lichkeit für Patienten zur Einsicht in ihre Daten und zur Dateneinsichtsverwaltung.

Ausblick

Wenn die ersten Vorschläge zur Um- setzung der Strategie eHealth Schweiz auf Akzeptanz stossen, kann der Steuerungsaus- schuss des Koordinationsorgans von Bund und Kantonen im Frühjahr 2009 ein wichti- ges Signal in Richtung der Vernetzung geben.

Geplant ist eine Empfehlung an alle Akteure, bei zukünftigen Neu- und Ersatzinvestitio- nen im IT-Bereich die Einhaltung der techni- schen Standards sicherzustellen. Die Strategie eHealth Schweiz fordert, dass

die Menschen in der Schweiz bis 2015 im Gesundheitswesen den Fachleuten ihrer Wahl unabhängig von Ort und Zeit relevante Infor- mationen über ihre Person zugänglich machen und Leistungen beziehen können. Mit der Einführung der Versichertenkarte 2010 wird eHealth erstmals konkret.

Quelle: BAG/Die Volkswirtschaft

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