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Gegen hohe Preise – für Wettbewerb | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Stellungnahmen

24 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 3-2013

Niemand zahlt gerne «zu viel» für ein Produkt oder eine Dienstleistung. Der weit verbreitete Unmut gegen eine empfundene Übervorteilung beim Einkauf ist daher nach- vollziehbar. Die Frage ist, ob eine moralische Diskussion rund um den «gerechten» Preis zweckmässig ist und welche Massnahmen anzustreben sind. Auch Economiesuisse kämpft dezidiert gegen das Phänomen der Hochpreisinsel Schweiz. Eine vertiefende Analyse wurde im vergangen Jahr publiziert.1 Tiefere Preise können jedoch nicht einfach

«herbeireguliert» werden – das wäre plan- wirtschaftlich. Anzusetzen ist bei der Stimu- lierung des Wettbewerbes durch Marktöff- nung und durch ein ökonomisch orientiertes Wettbewerbsrecht.

In Europa weist die Schweiz zusammen mit Norwegen und Dänemark das höchste Preisniveau auf. Offensichtlich gibt es für die Preisdifferenzen in der Schweiz wichtige kos- tenseitige Gründe. Ein in der Diskussion da- bei oft vernachlässigter Kostentreiber stellt auch die Kleinheit des Schweizer Marktes dar. «Economies of scale» (Grössenvorteile) lassen sich in der Schweiz schlechter realisie- ren als etwa in Deutschland mit seiner rund zehn Mal grösseren Bevölkerung.

Gegen regulatorische Abschottung Preisunterschiede stimmen sehr stark mit dem Wohlstand eines Landes gemessen am Bruttoinlandprodukt überein. Das Phäno- men der Hochpreisinsel besteht im Vergleich zum Ausland vor allem dort, wo die Märkte regulatorisch abgeschottet sind. Ein beson- derer Fall ist der Agrarmarkt. Preisdifferen- zen lassen sich von den Anbietern einfacher durchsetzen, wenn Unterschiede in den Re- gulierungen bestehen. Daher ist es wichtig, das Cassis-de-Dijon-Prinzip konsequent umzusetzen. Leider besteht die Tendenz, bei Produktvorschriften immer wieder abzuwei- chen. Dazu gehören etwa Angaben über die Herkunft, den Energieverbrauch oder die zu verwendende Sprache. So sehr solche Anga- ben aus Konsumentensicht auch wünschbar sein mögen.

Private Abschottungen und Absprachen können den Markt und die freie Preisbildung ebenso behindern wie staatliche Barrieren.

Dagegen muss konsequent vorgegangen wer-

den. Dies hat die Weko mit ihren – allerdings noch nicht rechtskräftigen – Leitentscheiden beispielsweise in den Fällen Gaba/Elmex, Ni- kon oder BMW auch getan. Zusätzlich will der Bundesrat gegen Absprachen mit einem Verbot von fünf Typen horizontaler und ver- tikaler Abreden mit Rechtfertigungsmöglich- keiten vorgehen und so den Wettbewerb sti- mulieren. Eine Abschottung kann ein Anbieter auch durchsetzen, wenn er Markt- macht besitzt. Nur dann kann er sich unab- hängig von den übrigen Marktteilnehmern verhalten. Dagegen kann bereits mit dem be- stehenden Kartellgesetz eingegriffen werden.

Kein überschiessender Eingriff in die Vertragsfreiheit

Die Motion Birrer-Heimo und ähnliche Vorstösse verlangen weitergehende Eingriffe.

So sollen Anbieter unter dem Motto «Ge- währleistung der Einkaufsfreiheit» verpflich- tet werden, Schweizer Nachfrager im Ausland zu beliefern, auch wenn keine Marktmacht vorliegt. Dies wäre ein schwerwiegender Ein- griff in die Vertragsfreiheit.

Die Motion ist in der Praxis nicht durch- setzbar. Sie verlangt eine Belieferungspflicht zu den im Ausland geltenden Preisen und Geschäftsbedingungen. Damit müssten die Schweizer Wettbewerbsbehörden zur Fest- stellung eines Missbrauches die genauen Be- dingungen feststellen und vergleichen. Dazu gehören neben den Preisen weitere Punkte wie Lieferbereitschaft, Mengenverpflichtun- gen, Rabatte, Serviceleistungen, Werbekos- tenbeiträge und vieles mehr. Ohne Einblick in alle Verträge kann das nicht festgestellt werden. Den Schweizer Behörden mangelt es aber an Kompetenzen, solche Unterlagen aus dem Ausland einzufordern.

Ein überschiessender Eingriff wäre nicht verfassungskonform. Art. 96 BV deckt Wett- bewerbsbehinderungen im Sinne von schäd- lichen Absprachen oder bei Vorliegen von Marktmacht2. Alle Eingriffe, die darüber hin- ausgehen, verletzen die Grundsätze einer marktwirtschaftlichen Orientierung, die mit dem Verfassungsartikel zur Wirtschaftsfrei- heit zu Recht hochgehalten wird.

Gegen hohe Preise – für Wettbewerb

Niemand bezahlt gerne hohe Preise. Zudem sind höhere Kosten auch ein Konkurrenznachteil.

Economiesuisse ist gegen eine künstliche Hochpreisinsel. Tiefere Preise können aber nicht «herbei- reguliert» werden. Viele preis- treibende Faktoren sind hausge- macht. Notwendig ist ein konse- quentes Vorgehen gegen Abschot- tungen und Barrieren sowie eine Förderung des Wettbewerbes.

Dies bedeutet eine konsequente Umsetzung des Cassis-de-Dijon- Prinzips und eine entschlossene Marktöffnung. Künstliche Eingrif- fe in die Preisbildung oder die Vertragsfreiheit sind aber kontra- produktiv und ordnungspolitisch nicht akzeptabel.

Thomas Pletscher Mitglied der Geschäfts- leitung economiesuisse, Zürich; Mitglied der Eidg.

Wettbewerbskommission WEKO

1 Vgl. www.economiesuisse.ch, Themen, Regulatorisches, Konsumentenpolitik, 3.12.2012: Eine «Lex Nivea» für

«gerechte» Preise?

2 Nach der herrschenden Lehre ist dabei der Begriff der Marktmacht weitgehend analog der «Marktbeherr- schung» nach Art. 4 Abs. 2 KG auszulegen: «Nur Unter- nehmen, die sich weitgehend unabhängig von den ande- ren Marktteilnehmern verhalten können, sind in der La- ge, missbräuchliche Preise durchzusetzen.» (Reto Ja- cobs, Kommentar zur Schweizerischen Bundesverfas- sung, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2008, N 29 zu Art.

96).

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