• Keine Ergebnisse gefunden

Breitbandinternet: Verpassen die ländlichen Regionen den Anschluss? | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Breitbandinternet: Verpassen die ländlichen Regionen den Anschluss? | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

INTERNETANSCHLUSS

Die Volkswirtschaft  4 / 2020 39

Breitbandinternet: Verpassen die

ländlichen Regionen den Anschluss?

Firmen in peripheren Gebieten der Schweiz verfügen oft über einen unzureichenden Internet­

anschluss. In einzelnen Tälern haben regionale Akteure aber den Ausbau des Glasfasernetzes vorangetrieben.  Lorenz Bösch, Fabian Heimsch, Jürg Kuster, Markus Rach

F

ür Unternehmen in der Schweiz ist die Digitalisierung zu einem Faktor im inter- nationalen Wettbewerb geworden. Damit sie die neuen Geschäftsmöglichkeiten nutzen können, wird nebst technologischen Kom- petenzen vor allem auch eine leistungsfähige Infrastruktur benötigt. Dabei spielt ein leis- tungsfähiger Internetanschluss eine wichti- ge Rolle.

Eine unzureichende Breitbanderschlies- sung hat potenzielle Produktivitätsverlus- te zur Folge und kann die Kundenakquise er- schweren.1 Die Nachfrage nach Breitbandan- bindung wird von verschiedenen Faktoren wie der Anzahl Mitarbeitenden, den digita- len Applikationen oder der standortübergrei- fenden Vernetzung beeinflusst. Allerdings va- riieren die Bedürfnisse sogar innerhalb einer Branche stark, und aus dem Grad der Digitali- sierung kann nicht direkt auf die erforderliche Leistungsfähigkeit des Breitbandanschlus- ses geschlossen werden, denn es gibt zahlrei- che (auch hochwertige) digitale Anwendun- gen, die nicht zu grossen zu übertragenden Datenmengen führen.

Besonders datenintensiv sind bewegte Bilder. Dies zeigt sich etwa in der Hotellerie:

Dort hängt die Wahl des Internetanschlus- ses in erster Linie vom Bedarf der Gäste ab – beispielsweise für das Streaming von Filmen oder die TV-Nutzung – und nicht davon, ob das Hotel moderne Buchungsplattformen verwendet. Auch der Digitalisierungsgrad der Haustechnik ist zweitrangig. Surfen die Gäs- te eines mittelgrossen Hotels gleichzeitig auf

1 Bösch et al. (2019).

Abstract  Ein Breitband-Internetanschluss ist für Betriebe in der Schweiz wichtig. In einer vom Staatssekretariat für Wirtschaft initiierten Studie wurde die Internet-Er- schliessung in der Schweiz und insbesondere in den Zielgebieten der Neuen Regio- nalpolitik (NRP) untersucht. Unternehmen in grossstädtischen Gebieten sind häufiger mit leistungsstarken Technologien (Glasfaser) ausgestattet als jene in den NRP-Ziel- gebieten – allerdings gibt es auch periphere Gebiete mit hoher Erschliessungsquali- tät. Die Hälfte der NRP-Zielgebiete weist aber mittlere Download-Raten von unter 100 Mbit/s aus, was für verschiedene digitale Anwendungen nicht ausreicht.

dem Netz, dann werden rasch Download- Kapazitäten von mehreren Hundert Megabits pro Sekunde (Mbit/s) benötigt.

Unterschiedliches Tempo

Um allfällige Erschliessungslücken in der Schweiz zu erkennen, haben wir im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) untersucht, wie gut die Zielgebiete der Neuen Regionalpolitik (NRP) mit Breitband erschlos- sen sind.2 Folgende Bezeichnungen klassifi- zieren die Breitbandinfrastruktur: Breitband (1 Mbit/s bis 30 Mbit/s), Hochbreitband (30 Mbit/s bis 100 Mbit/s) und Ultrahochbreit- band (über 100 Mbit/s). Zur Einordnung: Für

2 Bösch et al. (2019).

das Streaming eines Films in Ultra-HD sind mindestens 15 Mbit/s nötig. Für die Ein- richtung eines Videokonferenzsystems im Unternehmen können ebenso schnell über 20 Mbit/s anfallen. Im Vergleich hierzu benö- tigt das Versenden einer E-Mail mindestens 1 Mbit/s mit Anhängen.

Aufgrund der heterogenen Bedürfnisse der einzelnen Unternehmen haben wir ver- schiedene Nachfrageszenarien erstellt. Diese reichen von einer geforderten Übertragungs- leistung von 10 Mbit/s bis hin zu 1000 Mbit/s.

Das Angebot an Breitbandinfrastruktur wur- de anhand der physischen Internetanschlüs- se eines Betriebs analysiert – Mobilfunktech- nologien wie 5G wurden nicht berücksichtigt.

Entscheidend für die Internetkapazität ist, ob das Glasfasernetz bis in die Büros reicht oder ob die letzte Meile mit Kupferleitungen er- schlossen ist. Während durchgängige Glasfa- seranschlüsse symmetrische Download- und Upload-Datenraten von 1000 Mbit/s ermög- lichen, variiert die Bandbreite bei Mischfor- men von Glasfaser und Kupfer stark. So redu- ziert neben der Limitation der Kupferleitung beispielsweise auch eine längere Distanz zum Anschlusspunkt der Glasfaser die Kapazität.

Abb. 1: Erschliessungslücken nach Nachfrageszenarien und Gemeindetypen (2018)

FHNW UND HANSER CONSULTING / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

Download 10 Mbit/s

Nachfrage-Szenario

Download 80 Mbit/s

Download 100 Mbit/s Download 30 Mbit/s

Upload 80 Mbit/s

Download 300 Mbit/s

Download 1000 Mbit/s

0% 10% 20% 30% 40% 50%

Erschliessungslücke

60% 70% 80% 90% 100%

  Grossstädtische Gemeinden         Städtische Gemeinden        Periurbane ländliche Gemeinden        Alpine Tourismuszentren        Periphere ländliche Gemeinden        Schweiz

(2)

INTERNETANSCHLUSS

40 Die Volkswirtschaft  4 / 2020

Glasfaser bietet Stabilität

Auffallend sind die Unterschiede zwischen Download- und Upload-Geschwindigkeit.

So sind bei der kupferbasierten ADSL-Tech- nologie Downloads von 7,9 Megabits pro Se- kunde möglich – die Upload-Geschwindig- keit ist jedoch auf 0,6 Mbit/s beschränkt.

Wenn das Gebäude ans Glasfasernetz ange- schlossen ist – die Büros aber weiterhin mit Kupferleitungen verbunden sind (Fibre to the Building) –, betragen die Download- und die Upload-Geschwindigkeit 285 Mbit/s und 66,9 Mbit/s. Nur Betriebe mit einer Glasfa- sererschliessung bis in die Betriebsräumlich- keiten (Fibre to the Home) verfügen über symmetrische Download- und Upload-Ka- pazitäten von je bis zu 1000 Mbit/s, was für verschiedene digitale Anwendungen wie etwa Cloud-Applikationen wichtig ist.

Im Jahr 2018 waren noch 2 Prozent der Betriebe mit ADSL erschlossen. Nach wie vor weitverbreitet ist der Kupferanschluss im primären Wirtschaftssektor: 17 Prozent der Forst- und Landwirtschaftsbetriebe ge- hen über ADSL ins Internet. Demgegenüber verfügt im tertiären Sektor lediglich 1 Pro- zent der Firmen noch über einen solchen An- schluss.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Glas- fasertechnologie: Nur 4 Prozent der Betrie- be des primären Sektors sind ans Glasfaser- netz angeschlossen – gegenüber 36 Prozent im tertiären Sektor. Diese markanten Unter- schiede sind vor allem darauf zurückzufüh- ren, dass sich viele Landwirtschaftsbetriebe in einer ländlichen Region befinden, die nicht mit Breitbandinternet erschlossen ist.

Stadt­Land­Graben

Den prozentualen Anteil der Betriebe in einer Region, deren Breitbandanbindung nicht genügt, um ein bestimmtes Nachfra- geniveau nach Down- und Upload-Kapazi- täten zu befriedigen, bezeichnet man als Er- schliessungslücke. Beim Nachfrageszenario mit einer Download-Kapazität von 80 Mbit/s beträgt diese beispielsweise 36 Prozent (sie- he Abbildung 1). Dabei zeigt sich ein Stadt- Land-Graben: Während in peripheren Ge- meinden über die Hälfte der Unterneh- men ungenügend erschlossen ist, ist dies in grossstädtischen Gemeinden nur bei rund einem Viertel der Fall. Die grösste Er- schliessungslücke findet sich mit 63 Prozent im Nachfrageszenario mit einer Upload-Ka- pazität von 80 Mbit/s – wobei auch hier der Unterschied zwischen Stadt und Land mar- kant ist. Die Wettbewerbsfähigkeit der sub-

Abb. 2: Regionale Erschliessungslücken gemäss Nachfrageszenario 80 Mbit/s Download-Kapazität (2018, in %)

Bei Abb. 2 «in %» ausnahmsweise im Titel belassen.

Stefan Sonderegger

Leventina Poschiavo Schanfigg

FHNW UND HANSER CONSULTING / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

Dargestellt ist die Abdeckung respektive die Erreichbarkeit der Betriebsgebäude in der Schweiz durch 5G-Antennen. Blau eingefärbte Gebäude werden von 0 bis 3 Antennen erreicht. Sie sind schlecht er- schlossen. Kommt hinzu: Die Topografie ist in der Grafik nicht berücksichtigt, und die Erschliessung mit 5G ist nur anhand der Distanz zur Antenne und deren Sendeleistung abgebildet. Zudem kann ein Nutzer in einem Betriebsgebäude aufgrund der blossen Erreichbarkeit mit 5G-Antennen nicht sicher sein, dass

«sein» Anbieter eine dieser Antennen betreibt.

optimal erschlossenen Räume als Unterneh- mensstandorte kann dadurch beeinträch- tigt werden.

Die meisten NRP-Regionen sind relativ schlecht erschlossen, wie die Studie zeigt.3

3 Die Auswertung basiert auf Daten der Swisscom. Ein- zelne Regionen sind womöglich mit anderen Anbietern besser abgedeckt als dargestellt.

Beim Nachfrageszenario mit einer Down- load-Kapazität von 80 Mbit/s weisen bei- spielsweise die Regionen Urserental (UR), Stoos-Muotathal (SZ), Oberes Reusstal (UR), Hinteres Schächental (UR), Thal (SO), Prätti- gau/Davos (GR), Région La Gruyère (FR) und Äussere Seegemeinden (UR) eine Erschlies-

Abb. 3: Abdeckung der Betriebsgebäude in der Schweiz mit 5G-Antennen (2020)

Betriebsgebäude nach Anzahl 5G-Antennen in Reich- weite (ohne Berücksichtigung der Topografie)

Anzahl Antennen

FHNW UND HANSER CONSULTING / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

0% 50% 100%

0 50 100

(3)

INTERNETANSCHLUSS

Die Volkswirtschaft  4 / 2020 41

Literatur

Lorenz Bösch, Fabian Heimsch, Jürg Kuster und Markus Rach (2019). Breitbanderschliessung in den Zielgebie- ten der Neuen Regionalpolitik, Studie im Auftrag des Seco, 19.12.2019. Begleitung seitens Seco: Jacqueline Hofer, Ressort Regional- und Raumordnungspolitik.

Lorenz Bösch

Ingenieur, Partner Hanser Consulting, Zürich

Jürg Kuster

Dr. phil. nat., Projektleiter Hanser Consulting, Zürich

Fabian Heimsch

Prof. Dr., Dozent für Statistik und Business Analytics, Fachhochschule Nordwest­

schweiz, Olten

Markus Rach

Prof. Dr., Dozent für Statistik und Business Analytics, Fachhochschule Nordwest­

schweiz, Olten sungslücke von mindestens 80 Prozent auf

(siehe Abbildung 2).

Eine periphere Lage bedeutet aber nicht automatisch eine schlechte Erschliessung.

So sind die Bündner Regionen Poschiavo und Schanfigg ähnlich gut erschlossen wie gross- städtische Regionen. Das Gleiche gilt für die Leventina im Tessin. Diese Regionen ha- ben den Glasfaserausbau in Eigeninitiative mit Netzanbietern vorangetrieben und zum Teil finanziell unterstützt. Umgekehrt gibt es auch im Mittelland verschiedene Regio- nen, die nicht optimal erschlossen sind – bei- spielsweise das freiburgische Greyerzerland oder das Luzerner Seetal.

Mögliche Massnahmen des Bundes

Was kann der Bund beziehungsweise die Re- gionalpolitik tun, um die Erschliessungs- lücken dort, wo sinnvoll, zu schliessen?

Wichtig ist es, die nationalen und regiona- len Infrastrukturanbieter auf bestehende Versorgungslücken aufmerksam zu machen.

Deshalb sind regelmässige Datenerhebun- gen sinnvoll.

Bei der Erweiterung des Glasfasernet- zes sollten die Infrastrukturanbieter und die Gemeinden prüfen, ob sie bestehende Lei- tungen – wie etwa Stromleitungen als Leer-

rohre – nutzen können. Dadurch könnte man die Tiefbaukosten wesentlich verringern.

Eine Möglichkeit wäre es, die Eigentümer be- stehender Leitungsnetze per Gesetz dazu zu verpflichten.

Ausserdem könnte die öffentliche Hand den Breitbandausbau mit finanziellen Beiträ- gen an die nicht amortisierbaren Ausbaukos- ten in dünn besiedelten Regionen unterstüt- zen. Denkbar wäre etwa ein Impulsprogramm

«Breitband». Ebenso scheint es wichtig, dem digitalen Wandel durch die Schaffung und Nutzung digitaler Kompetenzen in den Be- trieben zusätzlichen Schub zu geben.

5G für Randgebiete?

Eine Alternative zum Glasfasernetz ist der leistungsstarke Mobilfunkstandard 5G. Der- zeit bauen die Telekomanbieter schweizweit ein 5G-Netz auf (siehe Abbildung 3). Die neue Technologie ermöglicht beispielsweise mo- bile und flächendeckende Anwendungen für betriebs- und branchenübergreifende Wert- schöpfungsketten. Solche innovativen An- wendungsfelder gilt es zu beobachten und im Austausch mit Akteuren der Wirtschaft, der Politik und der Wissenschaft zu entwickeln.

Auch für das NRP-Gebiet stellt 5G eine Chance dar. Allerdings stellen sich aufgrund der vielen Täler und Berge und der grossen

Zahl an weit auseinanderliegenden Gebäu- den noch eine Reihe von Fragen zum flächen- deckenden Einsatz von 5G – zum Beispiel zum bestehenden wie auch zum notwendi- gen Ausbau an 5G-Antennen.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ebenso real ist die wirtschaftliche Baisse, zu der auch die Zent- ren des Skitourismus beitragen: Sie haben hohe Investi- tionen in Infrastrukturen und Zweitwohnungen getätigt,

Der Bundesrat hat die Ergebnisse der Eva- luation zur Kenntnis genommen und beauf- tragte das Departement für Wirtschaft, Bil- dung und Forschung (WBF), einen Revisionsentwurf

vationstätigkeit in Schweizer Regionen Das Territorialexamen 2011 der OECD für die Schweiz gibt Einblicke in die Beson- derheiten der Innovationstätigkeit und der Regionen

Eine wettbewerbsfähige Wirtschaft zeichnet sich durch eine erfolgreiche bisherige Entwicklung (Per- formance Index), durch eine hohe Anziehungskraft auf

Auf dem Weg zur Selbstfindung der Fach- hochschulen zeichnet sich zudem eine Entwicklung ab, die viele Dozierende beun- ruhigt: In den meisten Fällen sind die

Auf internationaler Ebene ma- chen die Weltorganisation für Tourismus (UNWTO) und die Organisation für wirt- schaftliche Zusammenarbeit und Entwick- lung (OECD)

Eine Untersuchung der Erreichbarkeit als Einflussfaktor für das Wachstum von Regio- nen, welche BAK Basel Economics 2005 durchgeführt hatte, brachte doppeldeutige

Der Nutzen wäre in der Tat gross, wenn Erdöl durch erneuerbare Energien und Energie- effizienz substituiert würde: Zum einen wür- de unsere Gesundheit von einer