THE UNIVERSITY OF ILLINOIS
LIBBiARY
OslSlO
Gedickte von Otto Sattler
New York,
1910.REI.TANA VERLAG
(ISAAC
GOLDMANN
CO.), 200—304 William Street.Für Amerika und Europa:
LEMCKE
& BÜECHNER, 30—33 West 37th Street,New York, Leipzig
—
London—
Paris.^fiit'^^~^^_'>r--•'•*rsr.
C——
\>o
I
Frau Minna Löner
und
Frau Clara R.uge
zugeeignet.
~i»j!»»mwjr-s!^*«^f-
INHALT.
Seite
Hochburg 9
Das Rauschen der Wälder 12
Aus des Schwungrads 12
Es blühen die Linden 13
Sehnsucht 14
Sonntag 16
In meiner Kammer 17
Zur keuchenden See vj
An
der Bucht 18Wenn
der Mittagfwind 20Die Priesterin 20
Dasweisse Himmelslicht 21
Meer, Sturm und Tod 22
Aus den Schloten 23
Der Sünde Garten 24
Noch tönt hier 28
Wintemacht 29
Waldschloss 29
Es war ein Morgen 30
Könnt ich doch ziehn 31
Port Jackson 32
Unter dem Gummibaum 33
Durch düstre Wolken 36
Morgen 36
Ein schwarzhaarig Mädel 37
Einmal 38
Ja, ich liebe dich 41
Grau ist die Stadt 41
Es schreit eine Stimme 41
Frühling 42
Die Finken 44
Es tönt ein Lied 45
Ostersonntag 46
Ein Gott geht 47
Zur heissen Sommerszeit 47
Des Himmels Strahlen 48
Ja Lieb, sei stolz! 49
5
Seite
Leben 49
Schatz, freue dich doch SO
Lieb war der Wind So
Wandern Si
Auf Eichenorgeln 52
Es dengelte der Bauer SJ
Der Hunger S4
Im Spital S4
Er brach zusammen 56
Der blaue Morgen S7
In weisse 57
Zum
Teufel auch! 57Ich ruh im Mittag S8
Das Eiland S8
Die Wüste 60
Nacht 64
Elisabeth 64
Es war kein Stern 65
Weisse Himmelsschiffe 67
Es streichelt mich die Nacht 67
Es hat ein Mensch 69
Not 69
König Belsazars Gelage 70
Es hat der Herbst 76
Auf dem zitternden See 76
Endlich 77
Winterblüten 78
Lustig pfeift der Wind J78
Mittag 79
Sarada 80
Swami Saradananda 83
Von fern 84
Wenn
der flammende Blitz 85Ich sah 85
Pago
—
Pago 86Heimatstädtchen 87
Es schimmert der See 88
Die Rosen nun blühen 88
Hongkong
:
I. Ankunft 89
II. Matrosentanz 90
III. Sonnentage 94
IV. Meerfrau 95
An
einem Mittag 98Seite
Der Spielmann Wind 99
Von fernher hör ich 99
Wohin IOC
Der Nebel loi
Sturm 102
Aus der Tiefe 104
Ich seh einen Greis 108
Es geht der Abend 109
Leid 109
Tote Liebe iio
Weihnacht iii
In schlafloser Nacht 112
Schwermut 113
Es glänzen fahl 113
Erst hat die Schwermut 116
Vom
Land Hartumen 117Es spielen die Wälder 118
Am
kleinen See 119Schwüle Nacht 120
Herbstnebel 125
Jerusalem 126
Maria 126
Magdalene 127
Schwarzblaue Wolken 128
Fata Morgana 129
Kam
wieder heim 133Uebermir 134
Ich komme von der See, Hurra1 134
Langsam, ganz langsam 135
Heimat 136
Die Wogen 137
Bella Sylva 138
Beim Jägerhüttchen 139
Wolkengespenst ., 140
Erinnern 140
Feierabend 141
Einst 141
Ich denk 142
Natur 143
Ein Kind spielt 144
Eines Banjos harter Klang 145
Der Seeadler 146
Martha 147
New
York 1507
Hochburg.
In
derNähe
meines Heimatstädtchens ragt auf einem Berge die grosse Ruine Hochburg.Auf den bröckelnden
Mauern
und Wällen wachsen Birken, zu denen aus der Tiefe des Burggjabens der Efeu klettert.Oben
schmiegt er sich an die weissen Stämme, und wie zitternd vor Sehnsucht bhckt er hinauszum
Kaiserstuhl und hinüber zu den Schwarzwaldbergen.Der
Efeu behütet auch ein GeheimnisIrgendwo in der Ruine hat er ein verborgenes
Gemach
umsponnen. Dort schläft seit hundert- ten von Jahren eine Jungfrau, von derman
weiss, dass sie schöner ist als ein strahlender Frühlingsmorgen.
Nur
ihre blaugrauenAugen
blicken so unsagbar traurig.
Wenn
nun in schwülen Sommernächten der Vollmondkommt,
sendet er sein Licht in dasGemach
und weckt das Fräulein, Zuweilen steht sie auf und kleidet sich in purpurene Ge- wänder.Und wenn
sie dann ihr schwarzesHaar
mit Efeu und Heckenrosen geschmückthat, geht sie langsam aus der
Burg zum
nahen Hornwald.Während
sie nun an dessenSaum
entlang
zum
Erlenbach schreitet, der in einem schmalen Tale fliesst, hörtman vom
Frei- burger Münster das Silberglöcklein läuten.Im
Gehen singt die Jungfrau mit dunklerStimme
ein sehnsüchtig traurig Lied.Das
klingt wie ein tiefes
Weh,
so quälend, als ob der Menschen Leid von uralten Zeiten her in diesem Lied Worte und Melodien fände. Die schla- fenden Vögel schrecken jäh in ihrerRuhe
auf, dieBäume
erschauern, und selbst in dieTräume
der schlummernden Menschen, die im nahen Dorfewohnen, schleicht dasLied sichein.
Wenn
sie dann des
Morgens
mit traurigem Sinn er-wachen, erzählen sie einander, dass ihnen wäh- rend der Nacht das Burgfräulein erschienen wäre.
Am
Erlenbach aber, dort,wo
dieBäume am
dichtesten stehen, zieht die Jungfrau die Ge- wänder
vom
blühenden Körper.Und wenn
siedann ins klare Wasser geht, wird selbst das fahle Mondlicht glühender, und die Flut
summt
ein wirres, wollüstiges Lied. Hastig
kommen
die schäumenden Wellen mit glitzernden Rän- dern auf sie zugestürzt,
und
es ist, als ob ausdem Schaum
viel hundert winzige, zappelndeHändchen
würden, die erregt die Jungfrau fas- sen möchtenNach dem Bad
geht sie mit zögernden Schrit- 10ten nach der
Burg
zurück.Und
aufs neue singt sie ihr unsagbar traurig LiedIch war als
Knabe
in schwülen Vollmond- nächten auf der Hochburg, imHomwald
undam
Erlenbach gewesen,um
das Fräulein zu sehen.Und
während ich auf sie wartete und mit schneller klopfendem Herzen lauschte, glaubte ich manchesmal ihr Lied zu hören.Und
zu mirkam
ein wehes und auch so frohes Sehnen—
das Sehnen nachdem Un-
bekannten, nachdem
Leben dort draussen in der grossen WeltIch
kam zum Leben
in der grossen Welt.Und
da war es mir oft, als hörte ich von ihm das Lied des Burgfräuleins singenII
Das
Rauschen derWälder
Das
Rauschen der Wälder tönt wie das rau- schende Meer;Von
schäumendenWogen
haben sie die Weisenher;
Des
MeeresWiegenlieder, der Erdegesungen^
Einst, als sie aus
dem
Schoss der See sich losgerungen.
—
-ö-
Aus
desSchwungrads
Aus
des Schwungrads tollem Sausen,Aus dem
Lärmen,dem
Gestampfe, Hörte ichs wie Sturmesbrausen, Feldgeschreivom
Freiheitskampfe!Hat
gewaltig stets geklungen.Bracht mir Hoffen, neues
Wagen, Hat vom
Siege mir gesungen,Von
den Ketten, die zerschlagen!Es
blühen die Linden.Es blühen die Linden, Es blühen die Rosen,
Fröhliche
Mädchen
Kränze binden—
Und
wie Kichern und wieKosen
Raunt es über reifende Felder,Durch die Wälder
—
Ein goldenes Funkelnauf Blätternund Moos.. .
Die Kessel, die dampfen.
Es
glühen dieWände,
Maschinen, die stampfen,Und
in der Hitze GlutenbrändeAchthundert Menschen emsig schaffen
—
Und
wollen erschlaffenWeiter!
Durch
sonnenheisse Fenster starrt dieNot
13
Sehnsucht.
Es geht die Maschine den gleichen
Gang —
Ich steh daran täglich zehn Stunden lang
—
Schieb ein, schieb aus kann bei der Arbeit träumen
Vergessen hab ich den Maschinensaal
Ich wandre durch ein leuchtend Frühlingstal Mit Vogelsang und blütenweissen Bäumen.
Aus
Büschen vor ein kleiner Tempel blinkt,Goldtürmchen blitzen, und ein
Weib
mir winkt—
Ich soll zu ihrem Liebesheime
kommen.
Ein schönes Weib, das wie der Frühling blüht,
Aus
schwarzenAugen
heisse Sehnsucht glüht—
Doch
keiner hat noch diesesWeib genommen.
Vor
mir fand keiner noch den schmalenWeg, Und
über die Klüfte den schwanken Steg,Der
hinzum
Tal die Sehnenden will leiten.Zum
schönsten Weib, das vordem
Tempelsteht,
Und
wartet sehnend dort, und betet, fleht,Dass einer soll nach ihr die
Arme
breiten.14
So
einer, den die Sehnsuclit hart zerwühlt,Der
liebend noch des Sehnens Leiden fühlt.Die
nimmer
ihn zurRuhe kommen
lassen.Und
dieser eine sichdem Weib
jetzt naht—
Sie schreitet zu mir auf
dem
Blumenpfad—
Und
zitternd sich vier heisseHände
fassen.Das Weib
zur goldnen Tempeltür mich führt.Und kaum
dass sie das feine Schloss berührt^Da
ist dieTür schon kUngendaufgesprungen.. .Wir
stehn imDämmerraum,
der purpurrot,Auf dem
Altar ein blaues Feuer loht.Und
Glöckchen haben leisewo
gesungen.Das Weib
an eine dunkle Säule lehnt.Und
sag^, es habe sich nach mir gesehnt In Einsamkeit schon viele hundert Jahre;Und
lacht,als würdenHarfenwo
gestimmtDann zum
Altar sie mich— zum
Lager nimmt.Und
löst sich dort die bläulichschwarzen Haare.Und
meine Sehnsucht löst ihr weiss Gewand, In unsernAugen
ist des Feuers Brand,Und
ewiger Liebe Opfer uns erschauern.Und
ein Lustjauchzen indem
Tempel schreit.Als jauchzt das Glück in ewiger Seligkeit, Will liebend alle Welten überdauern.
—
IS
Sonntag.
Es hat ein strahlender
Morgen
geblaut—
Ein sinnender, leuchtender Herbstsonntag -
Der
hat sich im ruhigen See geschaut,Und
im Marienbildam
Gartenhag Gegrüsst seist du, Maria.Die Kirchturmuhr zu schlagen begann
—
Zehn sprödharte Schläge, zitternd und schrill •
Doch
als der letzte Schlag zerrann.Da
ward es auf einmal so eigen stillIch sass
am Weg
und lauschteUnd
dannvom
ragendenTurme
klangDer
Glocken heiliges Sonntagslied—
Und
Fischer und Bauern folgtendem
Sang,Der
weithin schallte über Flut und Ried—
Ich hörte zu
—
ein HandwerksburscheDa kam
vorbei eine blühende Frau, Sie trug ein Gebetbuch in der Hand, IhreAugen
waren madonnenblau.Doch
trauerfarben war ihrGewand —
Ihr Antlitz aber schön wie der Sonntag.
Wie
flimmerndes Gold, so schien ihrHaar
Mein Blick sich jäh in ihrem fingEin Lächeln
—
und dasWeib
vorüber war—
Und
sehnend, traurig ich von dannen ging—
Es sangen noch
immer
die Glocken^
In meiner
Kammer.
Die
Not
in meine düstreKammer
schleicht—
Seh ihrenSchatten an den grauen
Wänden
Mir ist, als ob mit klebrig feuchtenHänden
Sie langsam meine hohlen
Wangen
streicht.Zum
Kusse sie'die welken Lippen reichtUnd
raunt,dasswenn
sich unsreLippen fänden.Dann kam
zu uns der Hass mit roten Bränden,Vor
derenFlammen
die Verzweiflung weicht...
Ich schaure
—
und beim trüben Flackerlicht Will ich derNot
ins harte Antlitz starrenDa
hör ich Schreie—
wievom
Hochgericht—
Ich seh ein kopflos
Weib
auf einem Karren—
Ihr blutig
Haupt
im Schmutz und plötz- lich brichtEin Wahnsinnslachen losvon tausend Narren.
—
-^
Zur keuchenden See
Zur keuchenden See der Nebel schleicht
—
Und
sieht sie gar schwül undbeklommen —
Da
neigt er sich nieder, berührt sie leicht -Und
aufspringend hat sie ihngenommen.
-17
An
der Bucht.Lieb,
nun komm
zur grünen Bucht,Hab
dir Muscheln dort gesucht, Dort die Flut so traulich singt.Auf zum
Riff dieWoge
springt—
Muss
verschäumend dort zerrinnen.Komm,
dort andem
weissen Strand, Hinter einer Felsenwand,Grosse Fächerpalmen stehn,
Wollen lind uns dort
umwehn —
Sonnenfäden uns umspinnen.
Ueber uns die
Möwen
fliehn,Fern die dunklen Schiffe ziehn.
Fern
zum Meer
derHimmel
sinkt,Femher
auch die Sehnsucht winkt—
Komm,
lass uns von Fernen sinnen.n.
Grüne Wellen silbern blitzen,
Schaum
zu unsern Füssen spritzen.Kommen
lustig herzum
Strand.Ganz
verwirrtesZeug
sie lallen,Krabbeln in den weissen Sand.
Kommen
von den Glutkorallen, Wollen, Liebchen, dir gefallen,Denn
du bist die schönste Frau Deutlich das die Wellen flüstern,Weiss es längst auch ganz genau.
Von
den Felsen her, den düstern.Wo
die Brandyng springtso lüsternZu
denBlumen
hoch empor.Summt
die grüne Flut die WeiseVon
der Wassergötter ChorUnd
derAbend
naht nun leise.Zündet zu der Götter Preise Seine Opferfeuer an.
Weithin Purpurflammen sprühen
—
Strandwärts treibt ein leerer Kahn.
Auf der Flut die
Flammen
glühen.Dort wie Feuerrosen blühen
—
Liebchens
Wangen
blühen mitNun
die Feuer niederbrennen—
Letzte Glut in
Wolken
glitt.Und
eskommt
aus DämmerfernenJetzt mit kleinen Flimmersternen
Langsam
die verträumte Nacht.Lässt uns enger nun umschlingen,
Hat
die Sehnsucht uns gebracht.19
Wassergötter drängend singen, Lauter ihre Lieder klingen,
Nehmen
selbst der Nacht die Ruh,Und
erregte Wellenkommen.
Und
mein Lieb sagt ganz beklommen, Leise nur:„O
Liebster du "-^
Wenn
derMittagwind
Wenn
der Mittag^ind durch die Wälder braust, Die sommergrünen Blätter fröhlich zaust.Dann
wirft noch die Sonne mit leuchtenderHand
In die Wälder einen weissgoldenen Brand;
Und
es sprühen im Laubgewirr die Funken, Gluten, von denBäumen
wohlig getrunken.-«-
Die Priesterin.
Es
steht ein Tempel auf ragendem Felsen,Wuchtig
drängt er hinaus insMeer —
Lichtschimmernde
Wogen
sich zu ihm wälzen.Und
wollenempor zum
Tempel so hehr.Im
Tempel sind flammende Opferfeuer, Die schürt eine junge Priesterin,Spielt heilige Lieder auf silberner Leier,
Und
singt, dass Lauschern wirdweh
zu Sinn.Ihr Antlitz ist wie aus Steinen gehauen, Ist wie in Schmerzen jäh erstarrt
—
In dunklen
Augen
dämonisches Grauen, Ein Blick wie tötender Stahl so hart.Doch
lehnt sie an des Tempels leuchtenden Mauern,Blickt einsam zur Wasser-Unendlichkeit
—
Dann kommt
in ihreAugen
sinnendes TrauernUnd
wehes Sehnen und wundes Leid.—
-^
Das
weisse HimmelslichtDas
weisse Himmelslicht meinAuge
durstig trinkt—
Ich starre in die flimmernde, heisse
Feme,
Wo
derHimmel
auf verdorrende Fluren sinkt.Als suche er dort durstig eine Zisterne.
Und
ich suche den Himmel, und er sucht dieErde
—
Und
ich fühle, wie ich gross und eins mit ihm werde.—
21
Meer,
Sturm und
Tod.Das Meer
als ob ihmWunden
klafften,Verzweifelnd
Weh
die Flut erfülltUnd
noch viel tausend Leidenschaften,So
schauerlich sein Wasser brüllt.Es
brüllt dazu im tollen RasenDer
Sturmzum
wild erregtenMeer —
Und
in fanatischen EkstasenDer Himmel
haut ins Wogenheer.Er
haut mit Blitzen, mit den grellen, WirftDonner
seiner Göttermacht—
Die
Wogen
tosend aufwärts schnellen—
Und
brechendumpf — vom
Sturm verlacht ....Schwer keucht das
Meer
im heissen Ringen, In gelben Dünsten dampft sein Schweiss,Und
drüber hin mit schwarzen Schwingen Zieht jetzt derTod
im weiten KreisEr
ruft den Sturm—
will Menschen jagen Die packt er mitdem
stolzen Schiflf—
Das
schleudert er, bis es zerschlagenAm
gischtumbrausten steilen RiflfEr
wirft insMeer
die Menschenbeute - Die betet, kämpft, schreit voller QualUnd
auf sie stürzt die Wellenmeute, Verschlingt mit Gier das leckre Mahl .Da kommt vom
Sturm ein lachend Fluchen, Ein Jauchzen, dasdem
Sieger giltUnd
Sturm undTod
aufs neue suchenAuf
grausigemMeer
nach Menschenwild.-«-
Aus
den SchlotenAus
denSchloten prasselndeFlammen
schlagen, Umlodern die Berge, die seitwärts ragen.Und
sprühenempor
zu den ruhigen Sternen,Und
leuchten noch wallend in weiten Fer- nenUnd
stürzenzusammen
in den düstern Schlo- ten—
Und
Sternenlicht nurwo
dieBrände lohtenDoch
plötzlich—
wie ein fauchendesUnge-
heuer
Bricht aus den Schloten wieder loderndes Feuer
Und
weiter so fort die Nächte, dieTage Und
wird mir zur quälenden, drängenden Frage:
Ob
ich des Heiles Brände noch sehen werde—
Die Feuer
vom
Erlösungsfest der Erde,—
23
Der Sünde
Garten.Sonnenbrände schwelend weisse Gluten Weisse
Flammen
über grauen Heiden,Blumenarmen
MittagsheidenKeine Schatten mich zur
Ruhe
luden—
Ging dahin mit meinen Leiden, Meinen glutenheissen Sehnsuchtsleiden Einsamkeit und Sehnsucht zerrten
Mich zum
Sündengarten hin,Keine Pforten ihn versperrten, Jeder konnte zu ihm ziehn.
—
Und
ich zog durchs weite Land, Bis ich zudem
Gartenkam War
ein Gartenwundersam —
Drüben
an der HeideRand
Zwischen Feuerlilien blühten Weisse Nelken—
Rosen glühtenAus
den Büschen rot hervor.Heisse Bäche sah ich schäumen.
Kleine Teiche sach ich träumen In der Wiesen Blumenflor.
Aus
der Wiesen Blumenflor Hörte ich ein Kichern, Raunen,Und
ein Lachen wie von Faunen,Und
ein lustverlangend Stöhnen,Und
ein Quälen und einHöhnen Und
ein dürstend heisrer Schrei .Hörte auch ein seltsam Klingen, Zitternd Klingen,
Als ob Herzen
wo
zerspringen,Und
die Lieb gestorben seiBlaue Vögel auf den Zweigen Junger
Bäume
hört ich singen;War
ein Singen wiezum
Reigen,Wie zum
lustentflammten Reigen,Von
der Sünde aufgeführt.Von
der Liebe aufgeführt,Die mit heissen Sündenaugen Meiner Sehnsucht Gluten schürt .
Will von ihren Lippen saugen Ihrer Lüste wilde Schmerzen, Ihrer Lüste jauchzend
Weh —
Will ihr einen Altar bauen.
Weihen
ihr viel hundert Kerzen, Ihr, der liebsten aller Frauen, Ihr, des Lebens schönster Fee . .Dir, o Sünde, gilt mein Beten, Leidenschaften, nie zertreten.
Blühen, Sünde, dir allein.
Will dich fiebernd an mich reissen.
Will in Qualen dich noch preisen - Dir nur gilt mein sehnend Schrein
25
Glut begehrend, mit Erwarten Ging ich weiter in
dem
Garten—
Und
sah Gräber jetzt von jenen, Die im Taumel dort versanken, Die versankenMit
dem
ungestillten Sehnen....
Und
eskamen
leichteWinde Und
verwehten grüne Ranken,An dem Hag
die Weinlaubranken .Und am Hage
sah ich lehnen Plötzlich nun die nackte Sünde ...Mit Jasmin im schwarzen
Haar
Lächelnd dort die Sünde war.Bleich war sie, und weisse Brüste Sah ich mir entgegen wogen, Weisse Glieder, die wohl küsste.
Taumelnd
küssteJeder, den sie hingezogen
—
Hingezogen an den weichen Unersättlich liebereichen
Blütenweissen Leib der Lust
—
Weiss wie Maienkirschenblust . . . .
Ihre
Augen
schwarz und heiss,Bannend wie ein Zauberkreis;
Augen
drohend und so kühl,Und
so gierig und so schwül,Wie
der Leidenschaften Rasen, Keuchend wilde Lustekstasen, Gluten,Flammen
anzufachen—
Locken, rufen
—
toll betören—
Sünde will nun mir gehören! . , . .
Wankte
näher doch mit Lachen, Nie gehörtem grausam LachenWies
die Sünde aufein Grab—
Das zum
Liebespfühl sie gab Jäh erschauernd blieb ich stehen—
Hab
die Sünde angestarrtZu
mirkams
wieModerwehen —
Fühlte
Hände
feucht und hart.Und
dieHände
wurden Tatzen, Schwere Tatzen—
Wollten mir das Herz zerdrücken, Langsam, folternd mich ersticken . . . .
Wo
die Sünde hat gestandenWaren
derVerwesung
Fratzen Grauenhafte, breite Fratzen, DerenAugen
lodernd branntenUnd
es welkten jetzt die Wiesen—
Keinen Bach sah ich
mehr
fliessen—
Immer
blässer ward der Rosen Rot.Und
vorbei war nun der Reigen, 27Von
derBäume
dürren Zweigen Blaue Vögel fielen totDunkel wurds es
kamen
neue Fratzen IhreAugen
brannten durch die NachtImmer
schwerer fühlte ich die Tatzen—
Irgendwo ward grausam noch gelacht
Da
begann mein Herz zu stockenUm
mich wars nun wüst und leerFernher klangen Totenglocken
Und
der Garten war nichtmehr
-^
Noch
tönt hierNoch
tönt hier aus fünf Eichen der Urwaldsang,Den
hier einst Tausende gesungen, Ein Hymnenlied, ein eherner Klang, Als obwo
die Glocken geklungenDoch
fernher tönts von Eisen,Dampf
und MotorkeuchenUnd
will der letzten EichenSang
verscheu- chen.—
Winternacht.
Mit kalt funkelnden
Augen
blickt die Nacht, Blickt grausam zu der Stadt verschneite Dächer,Zum
Elend, das inTräumen
schaut den Rächer;Zum
Elend, das auf Winterstrassen wacht,Dem
alle Türen sorglich zugemachtUnd
einer wankt—
und sinktzum
SchneeUnd
hat ein weiches Lager nun gefundenEs nimmt
der Schlaf ihm allesWeh, Hat
ihnvom
Elend ewiglos gebunden EinWalzertönt—
einjungesMädchen
lachtDoch
kalt und grausam blickt zur Stadt die Nacht.—
^
Waldschloss.
Im
vergessenenWald am
Berge drobenIst ein lianenumsponnenes Schloss
—
Von
Aesten gebaut,vom
Aetherduftumwoben Und
bewachtvom
schwarzen Zedemtross.Ein uraltes Waldschloss mit knorrigen Mauern, Heimlichen Höfen, Gängen,
manchem
Saal—
Ein Flüstern rings, erwartungsvolles Lauern, Als
käme
seltsamesvom
weiten Tal29
Lange
schon ist es so und kehrt jedenTag
wieder,
Und
biszum Abend
es flüstert und raunt—
Dann kommen
Vögel mit schillerndem Gefieder,Grün und golden, mit
Augen
erstaunt.Kaum
dass insSchloss die Abendglutendringen.Da
beginnen die Vögel mit einem Lied,Das
klingt, als ob hundert Silberglöckchen singen.Und
klingt, bis die Nachtzum Walde
zieht.Dann kommt vom
Schloss ein jungesWeib
geschritten.
Mit schimmernden
Augen
geht sie durchs Land, Geht lächelnd und langsam, mit leisen Tritten,Wie Wunder
suchend, die niemand noch fand.—
-^
Es war
einMorgen
Es
war einMorgen
leuchtend und frisch.Es
funkelteTau
in jedem Gebüsch,Und
glänzte auf jedem grünen Halm,Und
die Lerche sang ihren Morgenpsalm,Und
sah fern den Nebel schweben.Der
sankzum
Tal, zur blühenden Au,Und
wogte zerrinnend in lichtem Grau.Hoch
oben ein kreisendes Habichtpaar, 30Und
dann eine blitzende Schwalbenschar, Die verschwand hinterm Hügel voll Reben.Und
in denSommermorgen
klang Mein Wanderlied, ein Frohgesang Ich ging dahin in raschem Schritt,Und
Finken, Drossela sangen mit—
Und
unser Lied, das galtdem
Leben!-^
Könnt
ich doch ziehnKönnt
ich doch ziehn zu jenem Sonnenlande,Wo immer Blumen
blühn in Lüften lind.Wohin
das Elend keine Boten sa^idte.Die Menschen gut, die Häuser Tempel sind.
Und wo
die Frauen nicht verblühen.Die Herzen nur für Liebe glühen
Dort ist dein
Heim —
habs träumend oft ge- sehen,Und
schaute dich, du heissbegehrte Frau,Und
sah dich sehnend mir entgegen gehen.So
blütenschön und rein wie Morgentau Willst weihend mir die Liebe geben.Die reich beglückt mein armes Leben,
—
31
Port Jackson (SYDNEY).
Als Gottnatur
vom
Schaffen ausgeruhtUnd
sinnend dachtean des FriedensHarmonien,Da
war ihr Bild die buchtenreiche blaue Flut,Darinnen kleine Inseln wölbend sich erheben;
Und
weit insLand
die grünen Hügelreihen ziehen,Und
Vögel, die verträumt darüber schweben,Und
sehn belaubteBäume
übers ganze Jahr;Blumen, die im Winter blühen.
Und
dieRuhe
nur, mitAugen
gütig, klar.Als wüsst die Welt nichts
mehr
vonNot
und Mühen,Als war verstummt der
Kämpfe
wilder Ruf,Und
ewiger Frieden schongekommen
Als GottnaturihrSchaffen wieder aufgenommen,
Sie nach
dem
Bilde dannPort Jackson
schuf.
—
32
Unter
dem Gummibaum.
I.
Bei Sydney ist ein
Gummibaum
Mit schlankem
Stamm
und breiten Aesten;Er
steht an eines Hügels Saum,Hat
kleine Vögel dort zu Gästen,Und
ist mein Freund.Wenn
ich bei diesemBaume
bin Ist bald meinUngemach
vergessen—
Ich strecke mich im Schatten hin
Und
träum, ich hätte was zu essen—
Treu ist die Not.
II.
Hab
auf den Schiffen mir Arbeit gesucht,Und
dann bei einem Metzgermeister, Ging hin,wo man
Profite bucht,War
irgend was—
lügimmer
dreister.Doch
hab ich nun für heut genug, Lieg friedlich untermGummibaume, Es
folgt mein Blick derWolken
Zug, Die leuchtend ziehn im Weltenraume.Und
in den blauen Buchten ziehn Gekräuselt kleine Schimmerwellen;33
Von meinem Baum
zwei Vögel fliehnZum Weg
hinab,wo
Hündlein bellen.Die rennen fort
—
und still wirds nun—
Die dunklen Schatten werden weiter
Mich
lässt der Landschaft Frieden ruhn Als war mein Leben leicht und heiter.-IIL
Ein schwarzes Schiff zur Heimat fährt,
Wohin
der Lenz nun wiederkehrt—
Nimm,
Schiflf, mit meine Grüsse.Nach
Deutschland ist derWeg
so weitHeim kommt
das Schifif zur Rosenzeit,Wenn
hier beginnt der Winter.Doch
bleibt meinBaum
wohlimmer
grün,Und
hier wohlimmer Blumen
blühnAuf
all den Inseln, Hügeln.Und wenn
mir auch kein Glück hier winkt.Die Stadt dort drüben leuchtend blinkt.
Als könnt das Glück noch
kommen.
Möcht
gar nicht mitdem
Schiffe heim,Vom
Glück ich untermBaume
träum, Bei Vögeln und bei Blumen.Vom
Glück, das tausendNamen
hat,Und
fands noch nicht in dieser Stadt,Und
kann doch Lieb nur heissenIV.
Was
singt, was spielt die Flut ?Wie
seltsam klingen dieseTöne
DieWeise geht
—
sei auf der Hut, sei auf derHut
Und
jetzt einWeib
in reifer FrauenschöneSteigt aus
dem
Wasser dort empor.Bekleidet nur mit Sonnenflor.
Und
über sie ein golden Strahlen bricht,Und
weisseArme
sie zur Sonne hebt,Begehrend als verlange sie das Licht,
Das heiss auf ihren Brüsten bebt
Und
Licht des Weibes Sehnsuchtsaugen trinken,Darin des
Himmels
und des Meeres Schim-mer
blautSekunden nur
—
und schon seh ich dasWeib
versinkenWer
wars?Hab
ich die Meerfrau dort geschaut ? 35Durch
düstreWolken
Durch
düstreWolken
zuckt des Leuchtturms Licht—
Blitzschnell sein Strahl
am Himmel
kreist—
Der
roteMond
dieWolken
jäh zerreisstUnd
horcht, wie erregt die See nun spricht.—
-«-
Morgen.
Noch
ist es NachtWie
im Gebet ver-sunken
Ist die Natur
Doch
jetzt, mitHänden
lind,Ganz
langsam, wie noch halbvom
Schlafe trun- ken.So
leise streichelndkommt
der Morgenwind.Natur fährt auf! beginnt sich schnell zu re-
gen
Ein hellerScheinweithin
am Himmel
ziehtUnd
Purpurgluten dröhn der Nacht entgegen, Die ihre Schleier rafft und eilig fliehtUnd
jetzt dort— Flammen
hinterHöhen
sprühen
Die Sonne
kommt
mitblitzend weissem Licht—
Wie
Seligkeit, so seh ichs wiederglühenAuf
einemwehen
Menschenangesicht.—
36
^^
Ein schwarzhaarig
Mädel
Ein schwarzhaarig Mädel Rosen prägt—
Zehntausend blaue Rosen
—
In die einst als Albumbüchlein trägt
Manch
Mädel die Sprüche, die losen.Mit Lick und Brack die Maschine geht,
Daran das schwarzhaarig Mädel steht
Und
prägt die blauen Rosen.Und
hat in seinem krausenHaar
Eine Rose, eine feurig rote,Und
hat ein schwarzfeurig Augenpaar, Das längst mein Herz schon bedrohte.Mit Lick und Brack gehts immerzu
—
Mir
nimmt
eine Frage alle Ruh:Wer
gab ihr die Rose, die rote?Nun
lächelt das Mädel so seltsam verträumt,Und
hat die Maschine vergessen—
Die hat die Sonne leuchtend umsäumt, Will selbst goldene Röslein pressen
Lick und Brack
—
die Maschine geht leerDas
Mädel sinnt—
und mir wird so schwerIchkann siewohl
nimmer
vergessenZ7
Einmal
Vorwärts! tönt der Gebieter Ruf
—
Das
Wort, das Gold den Herren schuf—
Mehr
Gold!—
Vorwärts!Und
das Triebwerk lässt die Räder sausen,Und
Stahlund
Eisen dröhnend brausen—
Und
Vorwärts! der Ruf, der wie Peitschengfellt
—
Und
die Maschinen rasseln, und derHammer
fällt
—
Und
wir schaffen in treibender, ruhloser Hast,Nur
Vorwärts! nurVorwärts! undjakeine Rast,Nur
weiter geschaflft und geschunden—
Vorwärts!
Doch
horch! Ists nicht, als ob ein ander Rufen klingt—
?
Horch
auf!Das
Rufen wie ein Glücksschrei zu uns dringt—
Und
hat das Glücksverlangen jäh entzünden—
Die Sehnsucht in
dem
SklavenherzUnd
horch nur, horch!Das
Ruien wie Sturm- glocken dröhntUnd
jetzt—
horch! Ein Geläute, das wieHymnen
tönt.Und
uns die Botschaft singt:„Es ging das
Menschentum
euch nicht verloren,Auch
ihr seid für dieHöhen
auserkoren,Wo
die Freiheit ihre Gaben bringtKämpft! und enden wird auch eure Qual, Hofft! und wagt es nur ein einzig
Mal Den Weg
zu gehen, der zuHöhen
weist.Wo
der Freie unsrer ErdeSchönheit preistEinmal
—
einmal nur Freimenschen seid!"So tönt der Ruf!
— Wir
lauschen wie befreit. ..
Doch
Vorwärts! Vorwärts! gellt das alteRufen
—
Maschinen stampfen wie zehnhundert Rosse Hufen.
Vorwärts! Vorwärts nur! Geschafift, geschunden!
Vorwärts!
Doch
horch? Klingts nicht, als würden Ketten aufgebunden?!
Als jauchze auf der Sklaven Herz?!
Vorwärts! Vorwärts! Keine Pausen!
Hört ihr nicht die Räder sausen?
Vorwärts doch und schafft, ihr armen Tröpfe!
Für euch gibts keinen
Höhenzug
Der
andre Ruf—
ein Donnerwort:Nun
ists ge;Erlösungswort: Genug!
genug!
Hört nur, wie das ehern schallt
Genug
!Genug
!
39
Und
jetzt, ihr Armen, hoch die Köpfe!Und
die Fäuste geballt!Genug!!
Die Sklavenfurcht will endlich weichen
Und
die Herren—
die erbleichenHa!
sie hören jetzt das tausendfache Grollen—
Und
jetzt den tausendfachen Schrei:Wir
wollen!
Ja, wir wollen einmal jetzt die Tiefen fliehen,
Als Freimenschen zu den
Höhen
ziehen,Wo
keine Fronmehr
drückt, sodumpf
und schwer,Wo nimmer
gellt eines Herrn Gebot—
Wir
wollen! auchwenn
mit uns zieht dieNot —
Vorwärts!
Und
die Fabrik ist still und menschenleerJa, ich liebe dich
Ja, ich liebe dich, du neue Zeit,
Ich lieb dein dampfumzischtes Eisenkleid, Die blauen elektrischen Funken.
Doch wenn
ich durch die alten Wälder gehUnd
sie von unsrer Zeit verwüstet seh,Ist mir, als wäre uns ein grosses Glück ver- sunken.
—
<h Grau
ist die StadtGrau ist die Stadt, der
Himmel
grau.Und
drüben eine Totenau Mit Kreuzen und mit Steinen.Die Sonne nicht zu
kommen
wagt, Der Schmerz in vielen Häusern klagt.Viel hundert Menschen weinen,
—
<h
Es
schreit eineStimme
Es schreit eineStimme
in düstrer NachtUnd
schreit aus eines Alten Kehle—
Die Stimme ist es der zerrissnen Seele
Und Wald
und Vögel sind erwacht41
Der
Wahnsinnsruf zu ihnen schallt:„Jetzt bin ich Gott! Ihr Kreaturen, läutet Glocken!"
Um
den Rufer schwirren die Vögel erschrocken,Und
jäh erschauernd zuckt derWald Und
gellend jetzt der Jubelruf:„Ich hab der Ewigkeiten
Thron
bestiegen,Vor
mir derHimmel
und die Welten liegen—
Ich bins
—
ich! der das Universum schuf!"Und
jetzt ein Lachen, das wie Kindesfrohsinn klingt—
Und Wald
und Vögelganz versunken schauen—
Es
gehtderMensch
als wie auf Himmelsauen—
Glückselig er nun eine
Hymne
singt.—
-^
Frühling.
Auf meiner
Werkbank
blinkt ein Sonnenstrahl,Der
sich durchs Kellerfenster stahl.Und
der mit leuchtend feinen StrichenVon
Frühlingslust ein Bild mir malt.Doch
eh ichs hab so recht erfasst.Da
ist er wiederum entwichen;Er
hatvom
Frühling nur geprahlt,Vom
Lenz, der nichtzum
Keller passt,Zu
Staub und Alltagssorgen—
Zur mühevollen Arbeitslast, Die heute gleich wie morgen.
Und
draussen ist derBlumen
Duft, Millionen Knospen springen,Und
alle Vögel singenIn frühlingsjauchzender Seligkeit
Im
Keller doch ist Moderluft, Dort ist das trübe Leid,Zu dem
wir alle hier verdammtNur
draussen jauchzt die Frühlingswelt, Dort überall die Freude quellt.Die Lust jetzt wie die Sonne flammt
—
Will alle Schranken sprengen
Und
wir He!—
fühlt ihr diese Lebens- kraftIn diesem
Raum, dem
engen? !Ist eure Lebenslust erschlafft?
Will nicht die Sehnsucht unsre Herzen spren- gen? !
So fragt ich sie, die mit mir standen In diesem dumpfen Kellerloch, Als Antwort sie ein Lachen fanden Wies Sklaven eigen, die im Joch
Sich eingelebt, nicht lieben, hassen,
um
Erlösung ringen,43
Die jedem Lasttier gleich ihr elend Dasein stumpf verbringen
Da
packte mich der Zorn, der Sehnsucht heiss VerlangenIch warf mein
Werkzeug
fort und bin davon gegangen;Und
ging hinauszum
Sonnenschein, Zur Welt wie neu und kindesrein,Und
voller Kraft und Frühlingsglut—
Und
ich nun frei und voller Mut!—
-»-
Die Finken.
Es
singt, es klingt, es schmettert laut - Ein Finke singtum
eine BrautKein Finklein lässt sich rühren
Er
lockt, er stockt, er singt aufs neu.Schwört einem Finklein ewige Treu Mit tausendfachen Schwüren
Da
hüpft und schlüpft insLaub
hineinDas
Finklein wie ein Liebchen fein—
Wenns
das nun wirklich bliebe?Es
glüht und sprüht des Finken Blick, Verheisst ein gar so grosses Glück—
Das
Finklein träumt von LiebeDa
naht zur Tat der Finke schon,Der
keck verlangt der LiebeLohn —
Möcht
mal das Finklein küssenDas
tut so gut, doch wills noch nicht -Die Lieb ihm durchs Gefieder bricht -
Das
Finklein hat halt müssen.—
-«-
Es
tönt ein LiedEs
tönt ein Lied in die Nacht hinaus—
Einer Harfe sehnend Singen Die alte Frau im kleinen
Haus
Lässt die Saiten wie Schluchzen klingen.
Es
brennt dieLampe
aufdem
Tisch—
Im
hellen Scheine spielt die Alte, IhrAuge
ist noch klar und frisch,Nur
im Gesicht somanche
Falte.Ein Alter in
dem
Lehnstuhl sitztUnd summt
des Liedes Weise, In seinenAugen
die Träne blitzt—
Und
es weint derMann
nun leise.Und
langsam sich der Greis erhebt,Und
sehnend blickt er zur Weite—
Die Frau wie ein junges Mädel bebt
Und
stellt die Harfe zur Seite.45
Kein Lied
mehr
indem Zimmer
klingt—
Doch
beide weinen müssen—
Und
der Greis wie jung seinWeib
umschlingtUnd
bedeckt ihr Gesicht mit Küssen<h
Ostersonntag.Es prangte die Stadt im Ostersonntagblühen,
Auf
Dächern war der Mittagsonne Sprühen,Von Türmen
scholl der Glocken Hosianna Singen,Und
überall war Spriessen und Knospen- springen—
In
meinem
Herzen Auferstehungsseligkeit Ich sass auf einem Rain bei Schlehdornbüschen, Bei jungen Gräsern mit Veilchen dazwischen;Von
grünendenBäumen
die Vögel sangen.Als wollte Allliebe die Welt empfangen.
Und
nahe schon die AuferstehungszeitDoch
frohe Menschen sind vorbeigekommen Und
haben meine Freude baldgenommen.
Ein Geldstück warf mir einer hin zu Füssen,
Und
einen andern sah ich spöttisch grüssen;Ein Kind rief: „Mutter, sieh
am
Rain denVagabund — —
"
Da
ging ich langsam fort, soweh
und eigen wund.—
46
Ein Gott geht
Ein Gott geht über des Abendhimmels Gluten- matten
—
Aufblühn die FeuerHlien wunderbar
—
Und
lächelnd bricht er sie, gibt sie den düstern Schatten—
Die flechten sie der Nacht als Sterne ins blaue Haar.
—
-»-
Zur heissen Sommerszeit Zur heissen Sommerszeit,
Da
hat einAbend
ein Städtchen umglüht, Dort zogen wir ein so hungrig und müd,Und kamen
zu zweit—
Ich
und
die Not.Es hat der
Himmel
aufgeloht,Hell blitzte des Kirchenkreuzes Gold, Es blitzten
Mädchenaugen
so hold—
Den Mädchen
Gruss ich bot;Und manche
hat denDank
genickt.Doch
andre haben mich angeblickt.Als war ich der schlimmste Vagabund, Nicht wert einen Kuss von frischem
Mund,
Ein Mensch,dem
nichts geglückt.Der mit der
Not
nur reist.47
Und
mancher Bürger, stolz und feist,Behaglich rauchend vor
dem Hause
sass,Und
hatte neben sich ein volles Glas,Tabakwölkchen hatten ihn umkreist
—
Jeder sah mich verächtlich an
—
Nur
weil ich einWandersmann
Doch
hab ich die Biedern ausgelacht—
Für mich
war
ja auch ein Bett gemacht,Das
mir die Nacht ersann.Irgendwo im stillen Wald.
Und
den fand ich bald.Das
Städtchen lag fern imDämmergrau, Es kam
die Nacht, kornblumenblau, IhrWillkommen
mir galtUnd
dann träumt ich unter einemBaum
Die
Not
lag erschlagenam
Waldessaum.—
-ö-
Des Himmels
StrahlenDes
Himmels
Strahlen über denAhorn
fliessen,Und
Lichttropfen rinnen hinunter zu Wiesen,Und
tropfen mir zitternd aufs sehnende Herz—
Und
es zieht mein Sehnen himmelwärts.—
48
Ja Lieb, sei stolz!
Ja Lieb, sei stolz! sei stark!
Zum
Arbeitsvolke wir gehören,Zu
der Menschheitewigem
Mark,Das nimmer
zu zerstören!Sei stolz, mein Lieb, und stark!
Und
funkelt Reichtum dir entgegen—
Dann Kopf
hoch. Lieb!Uns
ist dieMacht zum
letzten Hieb—
Wir
sinds, die unsre Welt bewegen.Wir, das Arbeitsvolk des Geistes und der
Hand
Lass stolz uns schreiten
zum
freien Zukunfts- land!—
-«-
Leben.
Es strahlt der
Morgen
in leuchtendem Glanz—
Die Täler zerreissen die Nebelgewänder
—
In der Alpenfirnen frischweissen Kranz
Flicht nun die Sonne rotgoldne Bänder.
Es atmen die Wälder so wohlig und frei
—
Es jubeln die Vögel die altneuen Lieder
—
Von
den Feldern schallt Burschen- undMäd-
chengeschrei
—
49