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Gehirnstrukturspezifische Analyse der analgetischen Potenz von Zootoxinen mittels funktioneller Magnetresonanztomograhie

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Academic year: 2022

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Gehirnstrukturspezifische Analyse der analgetischen Potenz von Zootoxinen mittels

funktioneller Magnetresonanztomographie

INAUGURAL-DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin – Doctor medicinae veterinariae –

(Dr. med. vet.)

Vorgelegt von Susanne Wolz-Richter

Forchheim

Hannover 2012

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: 1. PD Dr. rer. nat. Karl-Heinz Esser Institut für Zoologie

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Bünteweg 17

30559 Hannover

2. PD Dr. rer. nat. Andreas Hess

Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Fahrstr. 17 91054 Erlangen

1. Gutachter: PD Dr. rer. nat. Karl-Heinz Esser

2. Gutachterin: PD Dr. Manuela Gernert

Tag der mündlichen Prüfung: 18.12.2012

(3)

„Dosis sola facit venenum“

(Paracelsus)

(4)
(5)

Inhaltsverzeichnis

1  Einleitung ... 9 

2  Literaturübersicht ... 12 

2.1  Toxinologie ... 12 

2.1.1  Crotoxin ... 14 

2.1.2  Naja haje ... 16 

2.1.3  Walterinnesia aegyptia, Notechis ater niger und Pseudonaja affinis ... 16 

2.2  Grundlagen Schmerz ... 17 

2.3  Schmerzmatrix und Schmerzverarbeitung ... 18 

2.4  Schmerztherapie ... 20 

2.5  Magnetresonanztomographie und BOLD-Effekt ... 21 

2.5.1  Physikalische Grundlagen und Bilderzeugung ... 22 

2.5.2  Aufbau des Tomographen ... 25 

2.5.3  BOLD-Effekt und funktionelle MRT ... 25 

2.5.4  Mess-Sequenzen ... 26 

2.5.4.1  Echo-planar imaging (EPI) ... 26 

2.5.4.2  Rapid acquisition with relaxation enhancement (RARE) ... 27 

2.5.5  rCBV-Messungen ... 28 

3  Konzept der Arbeit ... 29 

4  Material und Methoden ... 31 

4.1  Versuchstiere ... 31 

4.2  Zootoxine ... 32 

4.2.1  Auswahl der Zootoxine ... 32 

4.2.2  Crotoxin ... 32 

4.2.3  Rohgift-Entnahme bei Naja haje und Walterinnesia aegyptia ... 32 

4.2.4  Lyophilisation ... 33 

(6)

4.2.5  Rohgift von Notechis ater niger und Pseudonaja affinis ... 34 

4.3  Versuchsgruppen ... 34 

4.4  Injektionen und Lösungen ... 35 

4.5  Dosis-Bestimmung ... 36 

4.6  Verhaltenstests ... 37 

4.6.1  Hargreaves-Test ... 38 

4.6.2  Tail-Flick-Test ... 39 

4.6.3  Rota-Rod-Test ... 40 

4.6.4  Open-Field-Test ... 40 

4.7  Magnetresonanztomographie ... 42 

4.7.1  Hyperalgesie-Modell ... 42 

4.7.2  Narkose ... 43 

4.7.3  Montage ... 43 

4.7.4  Tier-Monitoring ... 45 

4.7.5  Stimulation ... 45 

4.7.6  fMRT-Sequenzen und Messablauf ... 46 

4.7.6.1  Voreinstellungen ... 46 

4.7.6.2  BOLD-Experimente ... 50 

4.8  Datenauswertung ... 52 

4.8.1  Dosis-Bestimmung ... 52 

4.8.2  Verhalten ... 52 

4.8.3  Magnetresonanztomographie ... 54 

4.8.3.1  Auswertung in BrainVoyager QX ... 54 

4.8.3.2  Auswertung in Amira und MagnAn ... 57 

4.8.3.3  Hauptkomponentenanalyse ... 60 

4.8.3.4  Euklidische Distanz ... 62 

5  Ergebnisse ... 63 

(7)

5.1  Manuskript 1: Antinociceptive activity of crotoxin in the central nervous system: A

functional Magnetic Resonance Imaging study ... 63 

5.1.1  Abstract ... 63 

5.1.2  Introduction ... 64 

5.1.3  Material and Methods ... 67 

5.1.3.1  Behavioral tests ... 68 

5.1.3.1.1  Hargreaves test ... 68 

5.1.3.1.2  Tail-flick test ... 68 

5.1.3.1.3  Rota-rod test ... 69 

5.1.3.1.4  Open-field test ... 69 

5.1.3.2  Functional MRI ... 69 

5.1.3.3  Statistical analysis ... 72 

5.1.3.3.1  Behavioral tests ... 72 

5.1.3.3.2  Functional MRI ... 72 

5.1.4  Results ... 75 

5.1.4.1  Effects of crotoxin in behavioral tests ... 75 

5.1.4.2  Effects of crotoxin in fMRI ... 76 

5.1.5  Discussion ... 84 

5.1.6  Conclusion ... 88 

5.1.7  Acknowledgements ... 88 

5.2  Manuskript 2: Antinociceptive potential of raw venom of Egyptian Cobra and Black Tiger Snake: A functional Magnetic Resonance Imaging study ... 89 

5.2.1  Abstract ... 89 

5.2.2  Introduction ... 90 

5.2.3  Material and Methods ... 92 

5.2.3.1  Dose determination ... 93 

5.2.3.2  Snake venoms ... 93 

5.2.3.3  Inflammation model ... 94 

(8)

5.2.3.4  Behavioral tests ... 94 

5.2.3.4.1  Hargreaves test ... 94 

5.2.3.4.2  Tail-flick test ... 95 

5.2.3.4.3  Rota-rod test ... 95 

5.2.3.4.4  Open-field test ... 95 

5.2.3.5  Functional MRI ... 95 

5.2.3.6  Statistical analysis ... 98 

5.2.3.6.1  Behavioral tests ... 98 

5.2.3.6.2  Functional MRI ... 98 

5.2.4  Results ... 100 

5.2.4.1  Dose determination ... 100 

5.2.4.2  Effects of the venoms in behavioral tests ... 100 

5.2.4.3  Effects of the venoms in functional MRI ... 103 

5.2.5  Discussion ... 118 

5.2.6  Conclusion ... 120 

5.2.7  Acknowledgements ... 121 

6  Diskussion ... 122 

7  Zusammenfassung ... 128 

8  Summary ... 129 

9  Anhang ... 130 

10  Literaturverzeichnis ... 135 

11  Abkürzungsverzeichnis ... 144 

12  Abbildungsverzeichnis ... 147 

13  Tabellenverzeichnis ... 148 

14  Danksagung ... 149 

(9)

1 Einleitung

„Tiere leiden genauso unter Schmerzen wie Menschen“. Dieser Satz der „Initiative tiermedizinische Schmerztherapie“ (ITIS), einem Fachgremium mit Vertretern aller tiermedizinischen Fakultäten in Deutschland, verdeutlicht die Relevanz einer adäquaten Schmerztherapie in der modernen Veterinärmedizin. Die effektive analgetische Therapie verschiedener Schmerzarten stellt einen großen Teil der täglichen tiermedizinischen Praxis dar und steht auch deshalb im Fokus der pharmakologischen Forschung. Insbesondere bei geriatrischen Patienten mit onkologischen oder arthrosebedingten Veränderungen sollte eine wirkungsvolle Schmerzmedikation Hauptbestandteil der Therapie sein, um im Sinne des Tierschutzes das Leiden der Patienten zu minimieren und diesen auch noch im fortgeschrittenen Alter eine hohe Lebensqualität zu ermöglichen. In der Tiermedizin ist die medikamentöse Behandlung von akuten und chronischen Schmerzen durch verschiedene Faktoren begrenzt, wie unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW), Arzneimittelrückstände in tierischen Lebensmitteln oder auch Medikationskosten. Zur Auswahl stehen bei der Schmerztherapie überwiegend Medikamente aus zwei großen Arzneimittelklassen, den nichtsteroidalen Antiphlogistika NSAIDs (non steroidal antiinflammatory drugs) und den Opioiden. Auch im humanmedizinischen Bereich sind die Themen Schmerz und Schmerztherapie nach wie vor aktuell. Nach dem Dossier der Deutschen Schmerzliga e.V. vom Januar 2010 leiden in Deutschland 12 bis 15 Millionen Menschen an länger andauernden oder immer wiederkehrenden Schmerzen. An solchen Zahlen lässt sich die erhebliche Problematik von Schmerzleiden und deren Medikation auch in der Humanmedizin ablesen.

Aus diesem Grund ist es Aufgabe der Forschung, nach neuartigen Substanzen zu suchen, die in Zukunft neue Wege in der Schmerztherapie eröffnen können. Ein Ansatz hierfür ist die Toxinologie, die Wissenschaft der Toxine, die von Tieren synthetisiert werden. Tierische Gifte, wie die Zootoxine verschiedener Schlangenarten, enthalten eine große Anzahl an hocheffektiv und hochspezifisch wirkenden Inhaltsstoffen, die durch ihre Fähigkeit zur Neuromodulation für die Schmerzforschung interessant sein können.

(10)

Die vorliegende Arbeit beschreibt die Untersuchung von fünf verschiedenen Zootoxinen aus Schlangengiften auf ihre antinozizeptive Potenz mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT). Dies ist ein recht junges bildgebendes Verfahren zur Darstellung funktionell aktiver Regionen im Organismus, insbesondere im Gehirn.

Zum Einsatz kamen Crotoxin, eine bereits in der Humanmedizin klinisch etablierte Substanz aus dem Gift der Südamerikanischen Klapperschlange (Crotalus durissus terrificus) sowie die Rohgifte der Ägyptischen Kobra (Naja haje), der Schwarzen Wüstenkobra (Walterinnesia aegyptia), der Schwarzen Tigerotter (Notechis ater niger) und der Braunschlange (Pseudonaja affinis).

Ziel der Untersuchungen war ein erstes Screening dieser zum Teil noch nicht genauer charakterisierten Zootoxine auf schmerzhemmende Bestandteile. Dieses Screening wurde an Labornagern (männlichen Wistar-Ratten) etabliert. Zu Beginn wurden verschiedene Verhaltenstests durchgeführt, an die sich dann fMRT-Messungen des Gehirns anschlossen. Mit der sogenannten BOLD (blood oxygenation level dependent)-Bildgebung konnte am lebenden Tier in Narkose die Aktivität einzelner Gehirnstrukturen unter Einfluss verschiedener Substanzen gemessen werden. Während der Messungen wurden die Tiere mit Hitzereizen an den Pfoten stimuliert.

Schmerzhemmende Effekte zeigten sich dann in Form reduzierter Gehirnaktivität in Arealen der Schmerzverarbeitung. Um neben analgetischen auch mögliche antihyperalgetische Wirkungen der untersuchten Zootoxine zu detektieren, wurde vor Beginn der fMRT-Messungen eine einseitige Hyperalgesie erzeugt. So konnten an einem Versuchstier sowohl analgetische als auch antihyperalgetische Effekte nachgewiesen werden. Diese Methodik ermöglicht es, die antinozizeptiven Effekte von Zootoxinen tierschonend in Narkose zu beobachten und hat das Potential, die in der toxinologischen Forschung noch häufig angewendeten schmerzhaften Verhaltens- versuche zukünftig zu reduzieren.

Alle Fortschritte, die durch die pharmakologisch-toxinologische Forschung in der Humanmedizin im Bereich Schmerzmanagement erzielt werden, kommen zeitverzögert auch der Veterinärmedizin zu Gute. Möglicherweise können neuartige analgetische Substanzen zum Beispiel Vorteile im Hinblick auf Arzneimittel-

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rückstände in tierischen Lebensmitteln bieten, an die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gedacht werden kann.

(12)

2 Literaturübersicht

2.1 Toxinologie

Eines der bekanntesten Beispiele für die Entwicklung eines therapeutisch hochwirksamen Pharmakons aus tierischen Giften ist Captopril (Mebs, 2002). Dies ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der ACE (angiotensin converting enzyme)-Hemmer, das in der Humanmedizin insbesondere zur Behandlung der arteriellen Hypertonie und im tiermedizinischen Sektor vorwiegend bei Patienten mit Herzinsuffizienz eingesetzt wird. Captopril verursacht als Inhibitor des Angiotensin-konvertierenden Enzyms eine verminderte Bildung von Angiotensin II aus Angiotensin I, was durch die nachlassende Konzentration des potenten Vasokonstriktors Angiotensin II zu einer Abnahme des Gefäßtonus und dadurch zu einer Senkung des Blutdrucks führt. Die zu Grunde liegende Wirksubstanz mit dem Namen Teprotid stammte ursprünglich aus dem Gift von Bothrops jararaca, der brasilianischen Lanzenotter (Ondetti et al., 1971). SAR (structure-activity relationship)-Studien von Teprotid gaben damals Hinweise darauf, dass möglicherweise schon allein die Aminosäure-Sequenz Phenylalanin-Alanin-Prolin in Teprotid an die Substrat-Bindungsstelle des Angiotensin-konvertierenden Enzyms andocken kann (Cushman und Ondetti, 1980, 1999). Weitere Studien und die Integration einer Sulphhydryl-Gruppe führten schließlich zu dem jetzt auch oral bioverfügbaren Präparat Captopril (Cushman und Ondetti, 1999). Captopril stellt formal ein Kondensationsprodukt aus der Aminosäure Prolin und 3-Mercapto-2-methylpropionsäure dar (Abb. 1).

Abb. 1: Strukturformel von Captopril

(13)

Nicht nur Captopril, sondern auch eine Vielzahl weiterer Wirkstoffe konnten nur durch die intensive Erforschung von aus der Natur stammenden Substanzen für die Medizin nutzbar gemacht werden. Diese waren sowohl mikrobiellen, z.B. Penicillin aus Penicillium chrysogenum (Fleming, 1929), botanischen, z.B. Atropin aus Atropa belladonna [Phillip Lorenz Geiger, geb. 1785] oder zoologischen Ursprungs, z.B.

Tirofiban aus Echis carinatus (Hartman et al., 1992). Durch die Vielfalt und das unterschiedliche Zusammenwirken der einzelnen Komponenten stellen Zootoxine ein reiches Reservoir für die Forschung dar. „Der hohe Selektionswert der Gifte hat im Verlauf der Evolution zu zahlreichen Wirkstoffen geführt, die chemisch originell, pharmakologisch überaus spezifisch und toxikologisch hoch wirksam sind“

(Habermann, 2001). Besonders die hochpotenten Gifte bestimmter Schlangenarten stehen hierbei im Vordergrund. Bereits im Jahre 1972 wurde von Lee das ansteigende Interesse an der Chemie und Pharmakologie der Schlangengifte thematisiert:

„Increasing interest in animal toxins, especially those from snake venoms, has generated many significant contributions to the literature on this field” (Lee, 1972). In diesem Sinne stellt Lee seine Erkenntnisse über die Aminosäurestruktur und die biochemischen Grundlagen einiger Polypeptidtoxine von Schlangen vor. Die klinische Relevanz der genauen biochemischen Aufklärung wird von Dokmetjian und Mitarbeitern folgendermaßen ausgedrückt: „Snake venom toxicity is the consequence of a combination of peptides and proteins whose identification and characterization are of great importance to understand envenomation and develop new clinical treatments”

(Dokmetjian et al., 2009). Im Jahre 2003 erschien in der renommierten Fachzeitschrift Nature ein Review von Lewis und Garcia mit dem Titel „Therapeutic potential of venom peptides“. Hierin wurden alle Ergebnisse der toxinologischen Forschung bis zu diesem Zeitpunkt vorgestellt. In dieser Arbeit wurden Vorteile und Chancen, aber auch Risiken und Probleme bei der späteren Verabreichung von Formulierungen aus Zootoxinen dargestellt. Nicht nur mögliche neurologische Nebenwirkungen, sondern auch die geringe orale Bioverfügbarkeit der Substanzen stellen die Forschung vor einige Probleme, die es in Zukunft noch zu lösen gilt (Lewis und Garcia, 2003).

Auch Toxine von Spinnen, bestimmten marinen Schnecken (z.B. Kegelschnecken der Gattung Conus spp.) und Skorpionen, erweckten schon früh das Interesse

(14)

verschiedener interdisziplinärer Forschungsgruppen (Livett et al., 2004).

Bekanntermaßen sind Zootoxine reich an Protein- und Peptid-Verbindungen, die zum Beispiel auch das Potential besitzen, analgetische Wirkungen zu entfalten. So haben die Toxine der Tiere in der Schmerzforschung Einzug gehalten. Im Bereich der Erforschung von Zootoxinen der Meeresschnecken der Gattung Conus gelang erst vor Kurzem der wissenschaftliche Durchbruch. Wie Livett und Mitarbeiter 2006 zeigten, stellen diese Komponenten einen völlig neuen Ansatz in der neurologischen Schmerztherapie dar: „The high specificity exhibited by these novel compounds for neuronal receptors and ion channels in the brain and nervous system indicates the high degree of selectivity that this class of neuropeptides can be expected to show when used therapeutically in humans” (Livett et al., 2006). Mit Ziconotid (Handelsname:

Prialt®) wurde Ende 2006 dann erstmals ein Zootoxin aus der marinen Kegelschnecke Conus magus als Arzneimittel für die intrathekale Schmerztherapie zugelassen.

2.1.1 Crotoxin

In der vorliegenden Studie wurde Crotoxin als Beispiel für eine pharmakologisch bereits gut charakterisierte Substanz verwendet. Crotoxin ist ein Protein, das aus dem Gift der Südamerikanischen Klapperschlange Crotalus durissus terrificus stammt (Slotta und Fraenkel-Conrat, 1938a). Crotalus durissus terrificus gehört zur Familie der Viperidae, nimmt aber toxinologisch eine Sonderstellung unter den Vipern ein.

Obwohl die Zootoxine der Familie Viperidae im Allgemeinen wenig neurotoxisch, dafür aber stark zyto- und hämotoxisch sind, ist das bei dieser Unterart von Crotalus durissus nicht der Fall. Hier herrscht eindeutig die neurotoxische Komponente vor (Mackessy, 2010). Crotoxin besteht aus zwei Untereinheiten. Diese sind eine schwach toxische und basische Phospholipase A2 (PLA2) (Komponente B oder Crotoxin B, CB) in Kombination mit einem nicht toxischen, sauren und nicht enzymatischen Polypeptid genannt Crotapotin (Komponente A oder Crotoxin A, CA) (Aird et al., 1985, 1986;

Aird et al., 1990). Nachdem die kristalline Struktur von Crotoxin bereits 1938 durch Slotta und Fraenkel-Conrat aufgeklärt wurde (Slotta und Fraenkel-Conrat, 1938a), widmete man sich in den folgenden Jahren den verschiedenen Wirkungen dieses Proteins. Klassische Wirkungen von Crotoxin sind seine Neurotoxizität (Brazil, 1966), Myotoxizität (Breithaupt, 1976; Gopalakrishnakone et al., 1984; Gutierrez et al.,

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2008a), Nephrotoxizität (Amora et al., 2006; Hadler und Brazil, 1966) und Kardiotoxizität (Hernandez et al., 2007; Santos et al., 1990). Des Weiteren konnten verschiedene Studien zeigen, dass Crotoxin auch analgetische (Nogueira-Neto Fde et al., 2008; Zhang et al., 2006; Zhu et al., 2008), immunmodulatorische (Cardoso und Mota, 1997; Zambelli et al., 2008), antiinflammatorische (Nunes et al., 2010; Sampaio et al., 2006; Sampaio et al., 2003; Sampaio et al., 2005), antimikrobielle (Diz Filho et al., 2009; Soares et al., 2001) und antikanzerogene (Baldi et al., 1988; Cura et al., 2002; Yan et al., 2006) Effekte aufweist. Die analgetische Wirksamkeit von Crotoxin ist sowohl im Tiermodell (Nogueira-Neto Fde et al., 2008; Zhang et al., 2006; Zhu et al., 2008), als auch am Patienten (Cura et al., 2002) bereits gut erforscht, wobei sich der Wirkstoff als sehr ergiebig erwiesen hat (Dr. Paul Reid, Celtic Biotech Ltd., Dublin, Ireland, mündliche Mitteilung). Eine Studie von Cura hat gezeigt, dass Crotoxin einen völlig neuen Ansatz in der Tumortherapie darstellt und die Möglichkeit bietet, die Anwendung und damit die Nebenwirkungen von Opioiden bei tumorbedingten Schmerzen zu reduzieren (Cura et al., 2002). Auch die neurotoxischen Nebenwirkungen bei den Patienten ließen sich zufriedenstellend bekämpfen, wie in dieser Studie gezeigt werden konnte. Für die vielfältigen oben genannten Wirkungen von Crotoxin ist der Aufbau aus zwei Untereinheiten essentiell. Weder die basische noch die saure Proteinkomponente des Zootoxins von Crotalus durissus terrificus entfaltet für sich genommen das volle Potential des Giftcocktails (Lee, 1972).

Zusammen aber, in Form einer Protein-Komplementation, kann die volle Stärke der Neuromodulation erreicht werden (Hendon und Fraenkel-Conrat, 1971). Dies zeigt deutlich, dass erst die Zusammensetzung vieler Zootoxine ihre biologische Funktionalität ausmacht.

In diesem Wissen wurden in der vorliegenden Arbeit auch Rohgifte verschiedener Schlangenarten untersucht, deren Wirkkomponenten zukünftig noch auf der molekularen Ebene zu identifizieren sind. Um Probleme wie Zyto- oder Hämotoxizität möglichst zu minimieren, wurden nur Schlangenarten aus der Familie Elapidae ausgewählt, da in deren Gift im Allgemeinen die neurotoxischen Komponenten überwiegen (Mackessy, 2010).

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2.1.2 Naja haje

Das Rohgift der Ägyptischen Kobra (Naja haje; drei bekannte Unterarten: N. h. haje, N. h. arabica und N. h. legionis) wurde für die vorliegende Studie ausgewählt, da aktuell aus dem Gift einer nahe verwandten Art (Naja naja atra) analgetische Komponenten isoliert werden konnten. Es gelang der Forschergruppe um Wei-jian Jiang (Pharmakologische Abteilung, Guangzhou General Hospital in Guangdong, China) im Jahr 2008, ein neues antinozizeptives Toxin aus dem Gift dieser Kobra-Art zu isolieren, es zu charakterisieren und seine analgetische Potenz zu zeigen (Jiang et al., 2008). Aktuell konnte von derselben Arbeitsgruppe in ihrer Arbeit „Peripheral and spinal antihyperalgesic activity of najanalgesin isolated from Naja naja atra in a rat experimental model of neuropathic pain“ (Liang et al., 2009) neben der analgetischen auch eine antihyperalgetische Wirksamkeit nachgewiesen werden. Dies lässt vermuten, dass auch Bestandteile aus dem Gift der Ägyptischen Kobra (Naja haje) das Potential besitzen, analgetisch zu wirken und damit neue Möglichkeiten zur Schmerzbekämpfung zu eröffnen.

2.1.3 Walterinnesia aegyptia, Notechis ater niger und Pseudonaja affinis

Über die Rohgifte der Schwarzen Wüstenkobra (Walterinnesia aegyptia), der Schwarzen Tigerotter (Notechis ater niger) und der Braunschlange (Pseudonaja affinis) ist noch wenig bekannt. Das Gift der Schwarzen Wüstenkobra verursacht Lähmungen und den raschen Tod des Beutetieres. Bisher stellt nur eine Studie Daten zur Struktur der Proteine zur Verfügung, die in diesem Gift enthalten sind (Tsai et al., 2008). Das Gift der Schwarzen Tigerotter ist dem der Östlichen Tigerotter (Notechis scutatus) sehr ähnlich und enthält sowohl potente Neurotoxine als auch Prokoagulantien (Rao et al., 2003; Williams und White, 1989; Williams et al., 1988).

Das Gift der Braunschlange hat ebenfalls neurotoxische (PLA2, α-Neurotoxine) und prokoagulative Inhaltsstoffe (Judge et al., 2002). Bisher gibt es keine Hinweise auf antinozizeptive Effekte dieser drei Zootoxine. Alle drei Schlangenarten gehören, wie auch Naja haje, der Familie Elapidae an, in deren Giften neuromodulatorische Komponenten überwiegen (Mackessy, 2010), was schmerzhemmende Wirkungen grundsätzlich möglich erscheinen lässt.

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Durch das Screening von Zootoxinen aus den Giften verschiedener Schlangenarten lassen sich möglicherweise noch weitere interessante Stoffe für die Forschung finden.

Das Hauptaugenmerk der vorliegenden Studie lag hierbei auf der Suche nach neuen Analgetika. Außerdem sollte es erstmals gelingen, durch die funktionelle Magnetresonanztechnik auch die mögliche zentralnervöse Wirkweise der Testsubstanzen zu charakterisieren.

2.2 Grundlagen Schmerz

Die International Association for the Study of Pain (IASP) definiert Schmerz abgeleitet von Bonicas Arbeit „The need of a taxonomy“ als ein „unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird“ (Bonica, 1979).

Grundsätzlich lassen sich schmerzhafte Wahrnehmungen in akuten und chronischen Schmerz einteilen. Akuter Schmerz stellt ein wichtiges und essentielles Warnsystem des menschlichen und tierischen Organismus dar, ohne das potentielle Schädigungen des Körpers häufig nicht abgewendet werden könnten. Akuter Schmerz hat somit eine wichtige Schutzfunktion im Körper (Mutschler, 2001). Chronischer Schmerz hingegen hat diese Schutzfunktion verloren und existiert häufig auch dann noch, wenn das ursprünglich auslösende Ereignis längst nicht mehr vorliegt. In diesem Sinne ist auch das sogenannte Schmerzgedächtnis von Bedeutung. Erst seit Kurzem ist bekannt, dass es bei chronischen Schmerzen auch zu Umbauprozessen im Gehirn kommt (May, 2008). Diese können dazu führen, dass Schmerzen verstärkt wahrgenommen werden, obwohl sich an der Intensität der auslösenden Reize nichts verändert hat.

Eine weitere Form der Schmerzhaftigkeit ist die sogenannte Hyperalgesie. Die IASP definiert diese folgendermaßen: „Verstärkte Reaktion auf einen Reiz, der in der Regel schmerzhaft ist“. Man unterscheidet zwischen einer primären und einer sekundären Hyperalgesie. Nach einer Gewebeschädigung wird durch verschiedene lokale Botenstoffe im Gewebe eine Nozizeptor-Reserve aktiviert, die dann zu verstärkter Schmerzwahrnehmung im gereizten Gebiet führt. Auch kommt es zu Sensibilisierung der bereits aktivierten Nozizeptoren, was die Schmerzwahrnehmung ebenfalls verstärkt. Nozizeptoren besitzen die Fähigkeit, Neuropeptide (z.B. Substanz P)

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freizusetzen, die zusätzlich die Durchblutung im gereizten Gebiet beeinflussen. Diese Vorgänge werden unter dem Begriff der peripheren Sensibilisierung zusammengefasst und führen zur Entstehung einer primären Hyperalgesie (Brune, 2004). In der vorliegenden Studie wurde die primäre Hyperalgesie mittels Zymosan-A erzeugt.

Hierbei handelt es sich um ein wasserunlösliches Kohlenhydrat aus den Zellwänden von Saccharomyces cerevisiae (Bierhefe). Diese Substanz verursacht subcutan injiziert eine rasch einsetzende Hyperalgesie, die über mehrere Stunden bis hin zu Tagen anhält (Meller und Gebhart, 1997). Auf Grund dieser Eigenschaften kommt Zymosan-A häufig bei Untersuchungen zum Thema mechanische und thermische Hyperalgesie zum Einsatz (Hess et al., 2007).

Bei der sekundären Hyperalgesie kommt es nicht nur lokal im Gewebe, sondern auch an den neuronalen Umschaltstellen (z.B. im Hinterhorn des Rückenmarks) zu Veränderungen (Brune, 2004). Neuronale Botenstoffe (z.B. Substanz P) führen hierbei zur sogenannten zentralen Sensibilisierung, verstärken die Aktivierung der Fortleitung in Richtung Gehirn und erzeugen eine sekundäre Hyperalgesie.

2.3 Schmerzmatrix und Schmerzverarbeitung

Die Schmerzverarbeitung des menschlichen und tierischen Organismus basiert auf einem hoch-komplexen neuronalen Netzwerk aus aufsteigenden und absteigenden Bahnen, die matrixartig miteinander in Verbindung stehen. Beginnend mit einer Reizung der peripheren Nozizeptoren folgt die Weiterleitung via Rückenmark bis zum Gehirn, von wo aus dann eine adäquate Reaktion angesteuert werden kann.

Nozizeptoren befinden sich beim menschlichen und tierischen Organismus sowohl in der äußeren Haut als auch in den meisten inneren Organen und Geweben. Man unterscheidet dabei zwei Gruppen von Fasern: die A-Delta-Fasern (schnell leitende, myelinisierte Fasern) und die C-Fasern (langsam leitende, nicht-myelinisierte Fasern) (Mutschler, 2001). Gelangt ein Reiz wie zum Beispiel eine Temperatur > 45°C an die freien Nervenendigungen/Nozizeptoren der Haut, wird in der Nervenzelle ein Aktionspotential gebildet, das dann in Richtung Zentralnervensystem weitergeleitet wird. Auf ihrem Weg zum Gehirn werden die elektrischen Signale umgeschaltet.

Wichtigster Umschaltort ist hierbei das Hinterhorn des Rückenmarks, wo die Umschaltung von den primären auf die sekundären Neurone geschieht. Via

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Rückenmark gelangen die elektrischen Potentiale ins Gehirn, wo sie eine äußerst komplexe Verarbeitung erfahren. Über den Hirnstamm (z.B. Medulla oblongata und periaquäduktales Grau, PAG) und den Thalamus werden die Erregungen an verschiedene cortikale Bereiche, wie den primären und sekundären somato- sensorischen Cortex (S1/S2) sowie den präfrontalen Cortex (PFC), die höchste Stufe der zentralen Schmerzverarbeitung, weitergeleitet. Hier entsteht zum ersten Mal die bewusste Wahrnehmung des Ereignisses Schmerz. Beim Thalamus unterscheidet man zwischen einem lateralen (LTh) und einem medialen Anteil (MTh). Diese stellen jeweils den Eingang in das sogenannte laterale Schmerzsystem zur Lokalisierung und Differenzierung von Schmerzreizen (Chen et al., 2002; Coghill et al., 1999; Peyron et al., 1999) sowie das mediale Schmerzsystem für die affektive Schmerzverarbeitung dar (Fulbright et al., 2001; Rainville et al., 1997). Der Thalamus spielt somit eine zentrale Rolle bei der Schmerzverarbeitung und wird wegen seiner Funktion als essentielle Eingangsstruktur des Gehirns auch als „Tor zum Bewusstsein“ bezeichnet.

Im limbischen System (LS, z.B. Hippocampus) kommt die emotionale Komponente hinzu und vegetative Antworten des Organismus werden vermittelt. Auch innerhalb der cortikalen Anteile des Gehirns (AIns: Anteriore Insula, PIns: Posteriore Insula, Pa:

Parietaler Cortex, CC: Cingulärer Cortex) kommt es zu Verarbeitungsprozessen, was dann schließlich zur Aktivierung verschiedener motorischer Zentren (PremotC:

Prämotorischer Cortex, SMA: Supplementäres motorisches Areal, MotC: Motorischer Cortex) und zu einer motorischen Handlung führt, um dem Schmerz zu entgehen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es sich bei dieser sogenannten Schmerzmatrix (Abb. 2) nicht um eine klar definierte anatomische Grundlage beziehungsweise eine einzelne Struktur handelt, sondern um sehr komplexe Interaktionen verschiedener Gehirnstrukturen, deren vollständige Funktionsweise zum Teil noch nicht abschließend geklärt ist (Ingvar, 1999; Melzack, 1990; Ploghaus et al., 1999; Tracey, 2005). In aktuellen Studien wird postuliert, dass die Schmerzmatrix möglicherweise nicht nur spezifisch auf Schmerz reagiert, sondern auch die Verarbeitungswege für in den Organismus eingehende Signale darstellt, die nicht unbedingt schmerzhafter Natur sein müssen (Iannetti und Mouraux, 2010; Legrain et al., 2011).

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Abb. 2: Schematische Darstellung der Schmerzmatrix

Die grauen Pfeile stellen afferente und efferente neuronale Signale nach einem schmerzhaften Reiz sowie die Vernetzung aller beteiligten Gehirnregionen dar. Die Breite der Pfeile steht hierbei für die Stärke der neuronalen Weiterleitung. Zwischen PFC, CC und LS besteht eine besonders enge neuronale Vernetzung (grauer Balken).

An der Schmerzverarbeitung beteiligte Gehirnregionen: Cb = Cerebellum, PAG = periaquäduktales Grau, Hth = Hypothalamus, MTh = medialer Thalamus, LTh = lateraler Thalamus, LS = limbisches System, CC = cingulärer Cortex, AIns = anteriore Insula, PIns = posteriore Insula, S1/S2 = primärer/sekundärer somatosensorischer Cortex, Pa = parietaler Cortex, PFC = präfrontaler Cortex, PremotC = prämotorischer Cortex, SMA = supplementäres motorisches Areal, MotC = motorischer Cortex (Sergejeva, 2007)

2.4 Schmerztherapie

Pharmakologisch stehen der Human- wie auch der Tiermedizin zur Schmerzbekämpfung zwei Wirkstoff-Hauptgruppen zur Verfügung: die Opiate/Opioide und die nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID`s).

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Als Opiate werden bestimmte Alkaloide bezeichnet, die im Opium, einem Substanzgemisch, gewonnen aus der Schlafmohn-Pflanze Papaver somniferum, vorhanden sind (Löscher, 1991). Beispiele hierfür sind unter anderem Morphin und Codein. Als Opioide hingegen werden alle Stoffe bezeichnet, die morphinähnliche Eigenschaften aufweisen und an Opioid-Rezeptoren im Körper binden können.

Typische unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei diesen Präparaten sind vor allem Obstipationen, eine mögliche Atemdepression und nicht zuletzt die sogenannte

„Down-Regulation“ der Opioid-Rezeptoren, die es bei längerem Einsatz nötig macht, die Dosis zu erhöhen, um eine gleichbleibende Wirkung zu erzielen.

Die nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID`s) stellen eine Gruppe verschiedener Wirkstoffklassen dar, die durch ihre hemmende Wirkung auf spezielle Enzyme im Prostaglandin- und Thromboxan-Stoffwechsel (Cyclooxygenase (COX) 1/2) ihre analgetischen, antiphlogistischen und antipyretischen Wirkungen entfalten. Diese enzymhemmende Wirkung ist auch der Verursacher der häufigen gastrointestinalen Nebenwirkungen dieser Substanzklasse (Löscher, 1991).

2.5 Magnetresonanztomographie und BOLD-Effekt

Das Phänomen der Kernspinresonanz ist schon seit Langem bekannt. Bloch und Purcell erhielten 1952 den Nobelpreis für Physik, nachdem sie im Jahre 1946 unabhängig voneinander dieses Phänomen beschrieben hatten (Bloch, 1946; Purcell, 1946). Das Prinzip der Kernspinresonanz ist die Absorption beziehungsweise Emission von elektromagnetischer Energie durch Atomkerne in einem statischen Magnetfeld nach der Anregung durch ein zweites, externes und hochfrequentes Magnetfeld. Die Magnetresonanztomographie ist ein nicht-invasives Schnittbild- verfahren, das die Kernspinresonanz zur Bildgebung nutzt.

Ein großer Vorteil der Magnetresonanz-Technik besteht darin, dass hierbei nicht wie bei der Computertomographie mit Röntgenstrahlen gearbeitet wird. Stattdessen wird im Magnetresonanztomographen durch die sogenannte Supraleiter-Technologie ein starkes und stabiles Magnetfeld erzeugt, das keine negativen Auswirkungen auf den Organismus zu haben scheint (Hendrix, 2003). Das Verfahren ermöglicht maximalen diagnostischen Erkenntnisgewinn, da Schichten in jeder beliebigen Lage im Körper positioniert werden können.

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2.5.1 Physikalische Grundlagen und Bilderzeugung

Physikalische Grundlage der Magnetresonanztomographie ist der sogenannte Spin der Wasserstoffprotonen, die essentielle Bestandteile des tierischen und menschlichen Organismus sind. Beim Spin handelt es sich um eine rein quantenmechanische Eigenschaft. Die Basis der MR-Bildgebung bildet das kollektive Verhalten aller Spins im Körper. Wird das zu untersuchende Individuum in das dem Tomographen eigene starke Magnetfeld gebracht, kommt es zur Ausrichtung der Spins entlang der magnetischen Feldlinien und zur Magnetisierung des Individuums (Hendrix, 2003).

Eine weitere wichtige Eigenschaft für die MR-Bildgebung ist die sogenannte Präzessionsfrequenz oder Larmorfrequenz der Protonenspins. Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich hierbei um die Geschwindigkeit, mit der ein Spin um seine äußere Feldrichtung kreiselt. Die Larmorfrequenz ist dabei abhängig von der Stärke des äußeren Magnetfeldes. „Das Wesen der Magnetresonanz besteht darin, die Magnetisierung aus ihrer Ruhelage auszulenken, indem man gezielt das Gleichgewicht der Spins stört“ (Hendrix, 2003). Hierzu verwendet die MR-Bildgebungstechnik den sogenannten HF (high frequency)-Puls, eine zirkular polarisierte Welle, die ein rotierendes Magnetfeld enthält (Hendrix, 2003). Dieser muss, um eine Störung des Magnetfeldes zu erreichen, mit den Spins im Organismus in Resonanz sein, also mit deren Larmorfrequenz übereinstimmen (Resonanzbedingung). So wird durch einen 90-Grad HF-Puls ein Anregungszustand erzeugt. Dieser stellt sich als sogenannte Längs- und Quermagnetisierung dar. Die Längsmagnetisierung ist der Anteil des Vektors entlang des äußeren Magnetfeldes, die Quermagnetisierung der Anteil in xy- Ebene, der um das äußere Magnetfeld rotiert (Hendrix, 2003). Nach Ende des HF- Impulses kehren die Atomkerne wieder zu ihrem Ausgangszustand zurück. Das System muss dabei die Energie, die es durch die Anregung (HF-Puls) aufgenommen hat, wieder abgeben. Es erzeugt dabei ein hochfrequentes Wechselfeld, das als Signal (Resonanzsignal oder FID, free induction decay) gemessen werden kann und so die Grundlage der MR-Bildgebung darstellt (Haacke, 1999). Diesen Vorgang der Erholung nach dem Anregungszustand nennt man Relaxation. Der Wiederaufbau der Längsmagnetisierung dauert eine gewisse Zeit T1 (T1-Relaxation), der Abfall der Quermagnetisierung eine gewisse Zeit T2 (T2-Relaxation). Verschiedene Gewebe-

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arten weisen unterschiedliche Relaxationszeiten auf, was die vielfältigen Bildkontrastmöglichkeiten der MR-Bildgebung erklärt (Hendrix, 2003).

Da das FID-Signal sehr rasch nach dem auslenkenden 90-Grad HF-Impuls abfällt, lässt sich dessen Stärke schlecht messen. Um dieses Problem zu umgehen, wird bei der MR-Bildgebung die sogenannte Echo-Technik verwendet.

Es gibt zwei Möglichkeiten ein Echo des schnell abfallenden FID-Signals zu erzeugen: die Spinecho-Technik und die Gradientenecho-Technik.

Bei der Spinecho-Technik wird mit nachgeschalteten 180-Grad-Impulsen die Phasenreihenfolge der Spins umgekehrt und so ein Echo des ersten MR-Signals erzeugt (Abb. 3). Dies gelingt nur solange die T2-Relaxation noch anhält (Hendrix, 2003).

Abb. 3: Pulssequenz eines Spinechos

Nach dem anregenden 90°-Impuls wird ein 180°-Impuls geschaltet und so ein Spinecho erzeugt.

GS = Schichtselektionsgradient, GF = Frequenzkodiergradient, GP = Phasenkodiergradient, FID = free induction decay, TE = echo time, TR = repetition time (Hendrix, 2003)

Bei der Gradientenecho-Technik wird statt eines 180-Grad-Impulses direkt nach dem 90-Grad-Impuls ein Gradient zugeschaltet, der durch Dephasierung der Kreiselfrequenzen der Spins das FID-Signal wesentlich schneller abfallen lässt, als es normalerweise der Fall wäre (Abb. 4). Im Anschluss wird der Gradient dann umgepolt und so ein Echo des ursprünglichen MR-Signals erzeugt, das sogenannte Gradientenecho (Hendrix, 2003).

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Abb. 4: Pulssequenz eines Gradientenechos

Zuschaltung und Umpolung (-/+) des Gradienten (GF) nach dem anregenden 90°-Impuls zur Erzeugung des Gradienten-Echos.

GS = Schichtselektionsgradient, GF = Frequenzkodiergradient, GP = Phasenkodiergradient, FID = free induction decay, TE = echo time, TR = repetition time (Hendrix, 2003)

Die Zeit zwischen dem Maximum des 90-Grad-Impulses und dem Maximum des ersten Echos wird als TE oder echo time bezeichnet. Die TR oder auch repetition time bezeichnet die Zeit zwischen zwei Anregungsimpulsen (HF-Pulsen).

Die räumliche Zuordnung der einzelnen MR-Signale zu anatomischen Strukturen im Organismus erfolgt durch die Zuschaltung von verschiedenen Gradienten (GS: Schichtselektionsgradient, GF: Frequenzkodiergradient, GP: Phasenkodiergradient), die das Magnetfeld variieren. Dadurch besitzen die Spins unterschiedliche Präzessionsfrequenzen und Phasengänge und machen so eine räumliche Zuordnung möglich (Hendrix, 2003).

Im Messvorgang selbst (Messung der FID-Signale) werden lediglich Rohdaten gewonnen, die erst mittels Computerbearbeitung zu dem eigentlichen MR-Bild umgerechnet werden. Mathematisch wird dieser Vorgang via zweidimensionaler Fourier-Transformation durchgeführt (Haacke, 1999). Die Stärke des FID-Signals ist proportional zu den angeregten Atomkernen und ermöglicht so einen Rückschluss auf die Anzahl der Protonen im untersuchten Gebiet. Im fertigen MRT-Bild werden die

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verschiedenen Protonen-Dichten pro Volumenelement (Voxel) als Grauwerte dargestellt.

2.5.2 Aufbau des Tomographen

Im Allgemeinen besteht ein Magnetresonanztomograph immer aus denselben Hauptkomponenten. Der supraleitende Magnet dient zur Erzeugung eines starken stationären Magnetfeldes, das die Grundlage für die MRT-Untersuchungen bildet. Zur Abschirmung dieses Feldes und somit zum Schutz umliegender Gerätschaften benötigt man einen Eisenkäfig. Mittels eingebauter Shimspulen lässt sich im Vorfeld die Feldhomogenität verbessern, mittels Gradientenspulen wird die Ortskodierung ermöglicht (Hendrix, 2003). Das Hochfrequenzsystem selbst besteht aus einem Hochfrequenzsender, der als eingebaute Sendespule den HF-Impuls ausgibt, sowie aus einem Hochfrequenzempfänger zur Aufnahme des MR-Signals. Mit Hilfe des Spektrometer-Systems können verschiedene Impulse übertragen und detektiert werden. Zuletzt wird ein leistungsstarker Computer für Steuerung, Frequenzsynthese, Bildrekonstruktion und Darstellung der Ergebnisse benötigt.

2.5.3 BOLD-Effekt und funktionelle MRT

Der sogenannte BOLD (blood oxygenation level dependent)-Effekt basiert darauf, dass sich die magnetischen Eigenschaften von Hämoglobin abhängig von seinem Oxygenierungsgrad verändern (Ogawa et al., 1990a). Oxygeniertes Hämoglobin enthält kovalent gebundenes Eisen, keine ungepaarten Elektronen und ist daher diamagnetisch. Desoxygeniertes Hämoglobin enthält ungepaarte Elektronen und ist somit paramagnetisch. Dieser Effekt wurde im Jahre 1990 erstmals von Ogawa beschrieben und als BOLD-Effekt bezeichnet (Ogawa et al., 1990a). Nach dieser Entdeckung zeigte sich schnell, welches Potential dieser Mechanismus für die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) haben würde. Die fMRT- Bildgebung dient dazu, physiologische und pathophysiologische Vorgänge im Körper (insbesondere im Gehirn) sichtbar zu machen. Hierbei kann auf Grund des BOLD- Phänomens das Blut selbst als intrinsisches Kontrastmittel verwendet werden. Bei erhöhter neuronaler Aktivität in bestimmten Gehirnstrukturen (z.B. somato- sensorischer Cortex) nach peripherer Stimulation (z.B. thermische Reizung der

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Extremitäten) wird von den Neuronen dort vermehrt Sauerstoff benötigt, der im Blut aus Oxyhämoglobin freigesetzt wird. Durch diesen Vorgang entsteht an dieser Stelle vermehrt Desoxyhämoglobin. Desoxyhämoglobin ist paramagnetisch und führt lokal zu erhöhter Suszeptibilität im Vergleich zur Umgebung. Mit dieser Bildgebungs- Technik können somit indirekt neuronale Aktivitäten sichtbar gemacht werden (Logothetis, 2002; Logothetis und Pfeuffer, 2004; Logothetis und Wandell, 2004).

2.5.4 Mess-Sequenzen

2.5.4.1 Echo-planar imaging (EPI)

In der vorliegenden Arbeit wurde zur Messung des BOLD-Signales eine spezielle Aufnahmetechnik verwendet, das sogenannte echo-planar imaging (EPI) (Mansfield, 1977). Hierbei handelt es sich um eine schnelle MR-Aufnahmetechnik im sogenannten Einzelschuss-Verfahren. Das bedeutet, dass bei dieser Aufnahmetechnik die EPI- Sequenz zur Aufnahme eines ganzen Bildes nur einen einzigen Anregungsimpuls beinhaltet (Hendrix, 2003; Mansfield, 1977). Durch einen bipolar geschalteten Auslesegradienten kann innerhalb des FID ein vollständiger Echozug von ansteigenden und abfallenden Gradientenechos mit wechselnden Vorzeichen erzeugt werden (Abb. 5). Die Anzahl dieser Echos ergibt den EPI-Faktor. Zur Erzeugung der Echos bleiben wegen des raschen FID-Abfalles nur circa 100 ms Zeit, was dazu führt, dass das Auslesen auf eine Matrix von 64 bis 128 beschränkt wird (Hendrix, 2003).

Größter Vorteil dieser schnellen Bildgebungstechnik ist die Minimierung von Bewegungsartefakten und die Möglichkeit, eine Vielzahl von Bildern aufnehmen zu können. Problematisch ist die kurze Aufnahmedauer jedoch für die Bildqualität, da es teilweise zu starken geometrischen Verzerrungen kommen kann. Die Ursache hierfür liegt in einer höheren Empfindlichkeit gegenüber Magnetisierbarkeitsänderungen, die durch die geringe Frequenzbandbreite der ausgelesenen Signale entstehen.

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Abb. 5: Pulssequenz einer EPI-Aufnahme

Der bipolar geschaltete Auslesegradient GF erzeugt einen kompletten Echozug nach nur einem Anregungsimpuls.

HF = high frequency pulse, GF = Frequenzkodiergradient/bipolarer Auslesegradient, FID = free induction decay, TEeff = effective echo time, T2* = effektive T2-Relaxation (Hendrix, 2003)

2.5.4.2 Rapid acquisition with relaxation enhancement (RARE)

Um Referenz-Aufnahmen von Basis-Anatomien der Gehirne aller Versuchstiere zu erhalten, wurde im Anschluss an die EPI-Messungen jeweils eine anatomische Messung pro Tier durchgeführt. Für diese wurde eine sogenannte RARE (rapid acquisition with relaxation enhancement)-Sequenz verwendet (Hennig et al., 1986).

Bei dieser Mess-Sequenz handelt es sich um eine beschleunigte Form der Spinecho- Sequenz, die auch unter dem Namen Turbo-Spinecho-Sequenz (TurboSE) bekannt ist.

Hierbei wird nach einem einzigen 90-Grad-Impuls nicht nur ein Echo, sondern durch eine Serie von 180-Grad-Impulsen eine ganze Reihe von Echos (Echozug) erzeugt (Abb. 6). „Jedes Echo des Echozuges erhält eine andere Phasenkodierung (Gp) und füllt eine Zeile in der Rohdatenmatrix“ (Hendrix, 2003). So kann die Bildaufnahmezeit und damit die gesamte Messzeit deutlich reduziert oder die Auflösung bei gleicher Messzeit verbessert werden. Ein weiterer Vorteil sind die geringeren Suszeptibilitätsartefakte im Vergleich zur herkömmlichen Spinecho- Sequenz. Eingesetzt werden RARE-Aufnahmen vor allem in der T2-gewichteten Bildgebung (Hennig et al., 1986).

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Abb. 6: Pulssequenz einer RARE-Aufnahme

Eine Serie von 180°-Impulsen erzeugt nach dem anregenden 90°-Impuls eine ganze Serie von Echos, den sogenannten Echozug.

T2 = T2-Relaxation, FID = free induction decay, Gp = Phasenkodiergradient, TEeff = effective echo time (Hendrix, 2003)

2.5.5 rCBV-Messungen

Im Anschluss an die vorliegende Arbeit sind weitere Messungen mittels rCBV (regional cerebral blood volume)-Technik geplant. Bei der rCBV-Messung wird als Kontrastmittel eine magnetische Substanz (z.B. Endorem®) benötigt (Belliveau et al., 1991). Endorem® reichert sich in bestimmten Bereichen des Gehirns an und führt als negativer Verstärker zu einem ausgeprägten Signalverlust im Umfeld des Kontrastmittels. Durch eine starke Beschleunigung der Spin-Dephasierung reduziert das Kontrastmittel bevorzugt die T2-Relaxationszeiten der verschiedenen Gewebe.

Ziel dieser funktionellen Messung ist es, herauszufinden, ob eine applizierte Substanz einen Stimulus-unabhängigen Einfluss auf den zerebralen Blutfluss hat. Dieses Verfahren könnte so weitere Hinweise auf direkte zentralnervöse Wirkungen der Zootoxine geben, die mit Hilfe der BOLD-Messungen nicht im Einzelnen untersucht werden können.

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3 Konzept der Arbeit

Nach intensiver Literaturrecherche wurden der Wirkstoff Crotoxin, isoliert aus dem Gift der Südamerikanischen Klapperschlange (Crotalus durissus terrificus), sowie die Zootoxine von vier noch nicht näher untersuchten Schlangenarten der Familie Elapidae (Naja haje: NhZ; Walterinnesia aegyptia: WaeZ; Notechis ater niger: NanZ;

Pseudonaja affinis: PaZ) für die Studie ausgesucht (Abb. 7).

Im ersten Abschnitt der Arbeit wurden für die vier unbekannten Zootoxine zur Etablierung von intraperitoneal injizierbaren Zootoxin-Konzentrationen Dosis- Bestimmungen durchgeführt. Diese entfielen für das Präparat Crotoxin, da hier bereits aus der Literatur ausreichend Informationen zu Dosis und Wirkung vorlagen (Zhang et al., 2006).

Im zweiten Abschnitt erfolgte die Untersuchung der Wirkung aller fünf Substanzen in Form von vier Verhaltenstests (Hargreaves-Test, Tail-Flick-Test, Rota-Rod-Test und Open-Field-Test), um erste Anhaltspunkte über Antinozizeption, motorische Beeinflussung sowie Koordinations- und Verhaltensänderungen zu erhalten. Auf Grund der Ergebnisse dieser Verhaltenstests (siehe Abschnitt 5.1.4.1 und 5.2.4.2) wurden im Folgenden Crotoxin, Naja-haje-Zootoxin und Notechis-ater-niger- Zootoxin für die Untersuchung mittels funktioneller Magnetresonanztomographie ausgewählt.

Im letzten Abschnitt der Studie wurden die Effekte der drei ausgewählten Substanzen mittels funktioneller Magnetresonanztomographie im Zymosan-Modell (siehe Abschnitt 4.7.1) genauer gehirnstrukturspezifisch untersucht und charakterisiert.

Als Kontrolle für alle Zootoxin-Versuchsgruppen dienten Messungen mit physiologischer Kochsalzlösung. Diese waren nötig, um mögliche Einflüsse von Narkose und Messdauer auf die physiologischen Reaktionen der Versuchstiere auszuschließen.

Im Anschluss sind weitere Messungen mittels rCBV-Technik sowie eine biochemische Charakterisierung und Analytik der untersuchten Zootoxine in Zusammenarbeit mit dem Institut für Biochemie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg geplant (in Abb. 7 grau unterlegt).

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Abb. 7: Konzept der Arbeit

Nähere Erläuterungen im Text (siehe Abschnitt 3).

Cro = Crotoxin, NhZ = Naja-haje-Zootoxin, WaeZ = Walterinnesia-aegyptia-Zootoxin, NanZ = Notechis-ater- niger-Zootoxin, PaZ = Pseudonaja-affinis-Zootoxin, MRI = Magnetic Resonance Imaging, NaCl = physiologische Kochsalzlösung, rCBV = regionales cerebrales Blutvolumen, BOLD = blood oxygenation level dependent

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4 Material und Methoden

4.1 Versuchstiere

Für alle Experimente wurden männliche Wistar-Ratten von CHARLES RIVER Laboratories Deutschland mit einem Körpergewicht von 223 bis 534 g (Verhaltensversuche) und von 285 bis 414 g (fMRT-Versuche) verwendet. Die Haltung der Tiere erfolgte direkt nach Anlieferung gruppenweise zu maximal fünf Tieren in Tecniplast-Typ-4-Käfigen (Grundfläche 55 cm x 32 cm, Höhe 22 cm) auf staubfreier und keimarmer Labortiereinstreu (Firma ABEDD) im geschlossenen Bereich der Tierhaltung des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der FAU Erlangen unter Aufsicht von Versuchstierpflegern. Jedes Einzeltier wurde zur sicheren Identifikation mittels Farbmarkierung an der Schwanzbasis gekennzeichnet. Mit einer konstanten Luftfeuchtigkeit von 55%, einem Tag-Nacht-Rhythmus von 12:12 h sowie einer konstanten Raumtemperatur von 22°C, standen hier für die Tiere optimale Bedingungen zur Verfügung. Die Fütterung (SSNIFF R/M-H, 10 mm, Spezialdiäten GmbH, Soest) und Wasserversorgung erfolgte ad libitum. Je nach Versuchsanordnung (Verhaltensversuche/fMRT-Versuche) wurden die benötigten Tiere in ihren Gruppenkäfigen zu Adaptationszwecken in die neuen Versuchsräume (Verhaltensraum/fMRT-Labor) verbracht. Hier standen für alle Tiere ebenfalls die oben genannten Bedingungen zur Verfügung. Zur Verwirklichung eines ausreichenden environmental enrichment entsprechend den Leitlinien mit Mindestanforderungen für die Unterbringung und Pflege von Tieren, die für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendet werden (2007/526/EG[4]), wurden standardisiert allen Versuchsgruppen pro Käfig jeweils eine autoklavierte Hartplastik- Eckröhre als Versteck, einige trocken sterilisierte Pappröhren und Zellstoff als Nage- und Beschäftigungsmaterial zur Verfügung gestellt.

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4.2 Zootoxine

4.2.1 Auswahl der Zootoxine

Die Basis für die Auswahl der in der Studie verwendeten Zootoxine bildete die intensive Literaturrecherche (siehe Abschnitt 2.1).

Es wurden fünf verschiedene Zootoxine zur Untersuchung ausgewählt:

 Crotoxin (CB-24, 0,4 mg/ml Injektionslösung) aus dem Gift von Crotalus durissus terrificus

Naja-haje-Zootoxin (NhZ)

Walterinnesia-aegyptia-Zootoxin (WaeZ)

Notechis-ater-niger-Zootoxin (NanZ)

Pseudonaja-affinis-Zootoxin (PaZ)

4.2.2 Crotoxin

Crotoxin wurde freundlicherweise von Dr. Paul Reid von CELTIC BIOTECH in Dublin, Irland, zur Verfügung gestellt. Für Crotoxin wurde in Anlehnung an die Literatur eine mittlere Dosis gewählt (45 µg/kg KG ip), die sich in Verhaltenstests bereits als analgetisch erwiesen hat (Zhang et al., 2006). Die Messungen erfolgten jeweils eine Stunde nach Injektion, da aus der Literatur bekannt ist, dass Crotoxin nach einer Stunde seine maximale analgetische Wirkung entfaltet (Zhang et al., 2006).

4.2.3 Rohgift-Entnahme bei Naja haje und Walterinnesia aegyptia

Die Zootoxine von Naja haje (Ägyptische Kobra/Uräusschlange) und Walterinnesia aegyptia (Schwarze Wüstenkobra) wurden in der Gifttierstation der Auffangstation für Reptilien München mit Hilfe der Fachtierärzte für Reptilien Dr. Markus Baur und Dr.

Tobias Friz entnommen. Die Tiere leben dort einzeln oder paarweise in speziell ausgerüsteten Gifttierterrarien, die jeweils eine artgerechte Haltung ermöglichen.

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Zum Einsatz kamen hierbei 2,2,0 (2 Männchen, 2 Weibchen, 0 Jungtiere) Exemplare von Naja haje (Unterart Naja haje haje) sowie 0,1,0 Exemplare von Walterinnesia aegyptia. Da es sich bei allen Tieren um Tierschutzfälle handelte, konnten Herkunft und genauer Fundort nicht ermittelt werden. Alle fünf Individuen waren zum Zeitpunkt der Giftentnahme Paramyxo-Virus positiv, aber ohne Symptomatik.

Zur Zootoxin-Entnahme kamen selbst hergestellte Entnahme-Sets zum Einsatz. Hierzu wurden verschieden große, autoklavierte Bechergläser mit Gummimembranen bespannt, die aus Peha-Soft-Powderfree-Handschuhen der Größe L (Firma HARTMANN) hergestellt wurden. Zur Entnahme wurde das ausgewählte Individuum mittels Schlangenhaken und spezieller Fixationszangen möglichst im Terrarium oder in der Schlupfbox gegriffen und in den Mittelgang der Gifttierstation verbracht. Dort wurde dem Tier dann nach sicherer Fixierung das Entnahme-Gefäß vor die Maulregion gehalten, was in den meisten Fällen zu sofortigen Abwehrreaktionen und zum Verbeißen in die Membran über den Glasgefäßen führte. Nach Abgabe des Giftsekrets in das Gefäß wurde das Tier wieder vom Entnahme-Gefäß befreit und sicher zurück in sein Terrarium gebracht. Nach Entnahme wurde das gewonnene Gift steril in Transport- und Lyophilisations-Gefäße umpippetiert sowie bruchsicher und gekühlt zum Abtransport verpackt. Um den Tieren genug Erholung zwischen den Melkvorgängen zu gönnen und den Stress durch Handling zu reduzieren, erfolgte die nächste Zootoxin-Entnahme erst nach einem Zeitraum von zwei Monaten. Insgesamt wurden alle Tiere zweimal gemolken, um einerseits für die geplanten Versuche genug Ausgangsmaterial vorrätig zu haben und andererseits den Stress bei allen beprobten Tieren möglichst gering zu halten.

4.2.4 Lyophilisation

Die Lyophilisation der gewonnenen Zootoxine erfolgte im Institut für Biochemie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg mit Hilfe einer Gefrier- trocknungsanlage (ALPHA 2-4 LSC Firma MARTIN CHRIST) mit einer Eiskondensator-Temperatur von -85°C. Bei der Lyophilisation oder Gefriertrocknung handelt es sich um ein Verfahren zur schonenden Trocknung empfindlicher Materialien, bei welcher die Eiskristalle direkt und ohne Übergang in den gasförmigen Zustand sublimieren. Nur mittels dieses Verfahrens können die Enzymkomponenten

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der Zootoxine ausreichend lange haltbar gemacht werden, ohne dass sie ihre enzymatische Aktivität bereits kurz nach Gewinnung durch Abbauprozesse verlieren.

Für die weitere Aufbewahrung im lyophilisierten Zustand standen spezielle Plastikröhrchen (Zentrifugen-Röhrchen 50 ml, steril, SARSTEDT) zur Verfügung.

Um mögliche Variabilitäten in der Giftzusammensetzung durch Alter, Geschlecht und Herkunft der beprobten Individuen zu minimieren, wurden die Proben aller Melkvorgänge in lyophilisiertem Zustand nach Spezies gepoolt.

4.2.5 Rohgift von Notechis ater niger und Pseudonaja affinis

Die beiden bereits lyophilisierten Zootoxine von Notechis ater niger (Schwarze Tigerotter) und Pseudonaja affinis (Braunschlange) wurden von VENOM SUPPLIES PTY LTD (Australien) bezogen.

4.3 Versuchsgruppen

Die Zootoxin-Studie umfasste drei Abschnitte:

Zur Etablierung der intraperitoneal injizierbaren Konzentrationen der vier noch nicht näher charakterisierten Zootoxine (NhZ, WaeZ, NanZ, PaZ) wurden als erstes jeweils Vorversuche mit drei unterschiedlichen Zootoxin-Konzentrationen durchgeführt.

Im zweiten Schritt wurden mit den hierbei ermittelten Zootoxin-Konzentrationen Verhaltensversuche durchgeführt, um bereits vorliegende Ergebnisse aus der Literatur zu bestätigen und eine Vorauswahl für die fMRT Versuche zu treffen.

Im letzten Schritt folgten die fMRT-Messungen mit drei ausgewählten Zootoxinen.

Als Kontrolle diente in allen Versuchen die Injektion von physiologischer Kochsalzlösung (NaCl).

Für die gesamte Studie wurden folgende Versuchsgruppen gebildet:

Tab. 1: Anzahl der Tiere in den Versuchsgruppen der Zootoxin-Studie (Abkürzungen siehe Abschnitt 4.2.1)

Cro NhZ WaeZ NanZ PaZ NaCl

Dosis-Bestimmung - 3 3 3 3 3

Verhaltensversuche 5 + 5 5 + 5 5 5 + 5 5 5

fMRT-Messungen 10 10 - 10 - 10 + 10

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Für Crotoxin musste keine Dosis-Bestimmung durchgeführt werden, da für diese Substanz bereits genug Angaben in der Literatur vorlagen (Zhang et al., 2006). Für Crotoxin, NhZ und NanZ wurden alle Verhaltensversuche mit einer weiteren Gruppe wiederholt, um die im ersten Durchgang gewonnenen Daten zu reproduzieren. Mit WaeZ und PaZ wurden keine fMRT-Messungen durchgeführt, da sich diese Substanzen in den Verhaltensversuchen nicht als analgetisch erwiesen.

Sowohl um die Qualität der Messungen zu gewährleisten als auch aus technischen Gründen, mussten die fMRT-Kontrollmessungen mit NaCl wiederholt werden.

4.4 Injektionen und Lösungen

Für alle Injektionen wurden sterile Microlance-Kanülen (BD) der Größe 27 Gauge, sowie sterile 1 ml (SOFT-JECT Tuberkulin, HENKE/SASS/WOLF) und 5 ml- Spritzen (Discardit II, BD) verwendet.

Die Herstellung der Zootoxin-Injektionslösungen erfolgte stets nach dem gleichen Schema (Ausnahme: Crotoxin):

Das Rohgift-Lyophilisat wurde aus dem Gefrierschrank und dem Aufbewahrungs- gefäß entnommen und in ein Mischgefäß eingewogen. Nach einer Stunde Anwärmzeit erfolgte die Lösung und Verdünnung in steril filtrierter und dampfsterilisierter PBS (phosphate buffered saline) – Lösung (Rotistock 10*PBS, pH-Wert 7,4, Firma ROTH).

Für Crotoxin erfolgte die Verdünnung der bereits fertigen Injektionslösung mittels physiologischer 0,9%-iger Kochsalzlösung der Firma BRAUN.

Die tierspezifische Dosis wurde je nach Körpergewicht des Versuchstieres berechnet und in 5 ml Injektionsvolumen gelöst. Das Injektionsvolumen musste deshalb so hoch gewählt werden, da die injizierten Zootoxin-Mengen pro Tier in jeweils sehr niedrigen µ-Gramm-Bereichen lagen. Bei kleineren Injektionsvolumina besteht die Gefahr des Versackens im ventralen Bauchraum, eines nicht ausreichenden Kontakts zum Peritoneum und daraus resultierend die Gefahr einer schlechten Substanzaufnahme.

Die intraperitonealen Injektionen für die Verhaltenstests erfolgten nach Anwärmen der Injektionslösung ohne Narkose bei Fixation durch die Tierpfleger und Technischen Assistenten jeweils auf der rechten Körperseite.

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4.5 Dosis-Bestimmung

Zur primären Etablierung einer intraperitoneal injizierbaren Konzentration der vier noch nicht näher charakterisierten lyophilisierten Rohgifte (NhZ, WaeZ, NanZ, PaZ), wurden vor Beginn der eigentlichen Verhaltenstests Vorversuche mit drei unterschiedlichen Zootoxin-Konzentrationen durchgeführt.

Hierfür wurde jeweils einem Tier eine der drei zu testenden Zootoxin-Dosen verabreicht und dessen Reaktion im Hargreaves-Test (siehe Abschnitt 4.6.1) eine, drei und fünf Stunden nach Injektion gemessen. Während dieser Zeit wurden die Tiere kontinuierlich überwacht, um mögliche Nebenwirkungen der Zootoxine zu erkennen.

Die höchste Dosis (D1) wurde, wie in der Literatur üblich, als Hälfte der LD50

festgesetzt. Die mittlere (D2) und die niedrigste Dosis (D3) wurden jeweils durch Halbieren der nächsthöheren Dosis hergestellt. Für die Zootoxine von Naja haje und Walterinnesia aegyptia stammten die verwendeten intraperitonealen LD50-Werte aus Literaturangaben (http://www.terra-animals.de/LetaleDosis/Serpentes; Download- Datum: 11.08.2009). Die LD50-Werte für Notechis ater niger und Pseudonaja affinis wurden freundlicherweise von VENOM SUPPLIES aus betriebseigenen Untersuchungen zur Verfügung gestellt (Almeida, unpublished data).

Tab. 2: Konzentration der Zootoxine zur Dosis-Bestimmung

(LD = letale Dosis, Abkürzungen siehe Abschnitt 4.2.1, D1 bis D3 siehe Abschnitt 4.5) LD50 ip

(µg/kg)

D1 (µg/kg)

D2 (µg/kg)

D3 (µg/kg)

NhZ 185 90 45 22,5

WaeZ 133 60 30 15

NanZ 400 200 100 50

PaZ 180 90 45 22,5

Bei der Kontrollgruppe wurden dieselben Messungen ein, drei und fünf Stunden nach Injektion von 5 ml physiologischer Kochsalzlösung durchgeführt.

Für alle vier Rohgifte konnte eine verträgliche Dosis ermittelt werden (Tab. 3), die die weitere Grundlage für die Verhaltens- und die fMRT-Messungen bildete (siehe Abschnitt 5.2.4.1). Mit Hilfe des Hargreaves-Tests ergaben sich schon im Voraus

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Hinweise auf analgetische Wirkungen der einzelnen Zootoxine in den verschiedenen Dosierungen, die 1 h p.i. am ausgeprägtesten waren (s. Tab.3 und Abschnitt 5.2.4.1).

Tab. 3: Ermittelte Dosis der Zootoxine und Zeitraum zwischen Injektion und Messung Alle Zootoxine zeigten messbare Effekte 1 h p.i. (Abkürzungen siehe Abschnitt 4.2.1)

Dosis (µg/kg)

Zeitpunkt der Messung nach Injektion in h

NhZ 90 1

WaeZ 60 1

NanZ 200 1

PaZ 90 1

Nach Abschluss der letzten Messung wurden alle Tiere mit CO2 schmerzlos getötet, um mögliches Leiden durch verspätet einsetzende Nebenwirkungen der Zootoxine (Nekrosen im Bauchraum, neurologische Ausfälle, Atemlähmung) zu verhindern.

4.6 Verhaltenstests

Getestet wurden alle fünf Substanzen (Cro, NhZ, WaeZ, NanZ, PaZ) in Gruppen von n

= 5 Tieren. Für die Zootoxine, die zur fMRT-Messung ausgewählt wurden (Cro/NhZ/NanZ), folgte im Anschluss an die statistische Auswertung eine Wiederholung der Messung mit drei neuen Versuchsgruppen (jeweils n = 5), um die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse zu überprüfen (siehe 4.3, Tabelle 1).

Alle Verhaltensversuche fanden in einem speziell dafür vorgesehenen Raum statt.

Tiere, die an Verhaltenstests teilnehmen sollten, wurden bereits sieben Tage vor Beginn der Adaptationsphase in ihren Gruppenkäfigen in die für sie neue Umgebung verbracht, um ihnen eine Gewöhnung an die neuen Geräusche und Störungen zu ermöglichen (Gewöhnungsphase: 7 d).

Die Adaptationsphase erstreckte sich im Anschluss an die Gewöhnungsphase jeweils über drei Tage, an denen die Tiere immer zur selben Uhrzeit (täglich zwischen 9.00 Uhr und 13.00 Uhr) an alle Geräte gewöhnt wurden (Adaptationsphase: 3 d).

Die Messphase begann für alle Tiere am ersten Tag mit einer Kontrollmessung unter Injektion von 5 ml 0,9%-iger NaCl-Lösung. Diese Messung ergab für jedes Tier

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individuelle Basiswerte, die dann mit den Werten nach Zootoxin-Injektion verglichen werden konnten. Am zweiten Tag wurden dann jeweils die Zootoxin-Messungen durchgeführt (Messphase: 2 d).

4.6.1 Hargreaves-Test

Beim Hargreaves-Test (Abb. 8) handelt es sich um einen Versuch zur Bestimmung der Schmerzwahrnehmung plantar an den Hinterpfoten der Versuchstiere (Hargreaves et al., 1988). Dafür standen fünf bodenseitig aus Gittern bestehende Einzelboxen mit den Maßen 21 cm x 17 cm x 14 cm sowie eine Infrarot-Apparatur (7370 Plantar Test, UGO BASILE Biological Research Apparatus) zur Verfügung.

Abb. 8: Ratte im Hargreaves-Test

Die Tiere wurden vor Beginn der Messung für eine Stunde aus ihren Käfigen jeweils einzeln in eine ihnen zugewiesene Gitterbox des Hargreaves-Aufbaus gesetzt, um sie an die Situation zu gewöhnen. Während der Experimente mussten die Tiere ruhig und entspannt, jedoch nicht schläfrig sein, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen. Die Messungen wurden dann eine Stunde nach der Injektion durchgeführt. Mittels der Hargreaves-Apparatur wurde ein Infrarotstrahl von unten durch den Drahtboden der Gitterboxen auf die plantare Fläche der Pfoten appliziert. Über einen Spiegel konnte der Untersucher die Bauchseite des Tieres betrachten und den Infrarotstrahl

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punktgenau mittig auf die Hinterpfote platzieren. Jede Hinterpfote wurde dann abwechselnd insgesamt viermal rechts und links stimuliert. Über eine Lichtschranke konnte die paw-withdrawal latency (PWL) bestimmt und am Gerät abgelesen werden.

4.6.2 Tail-Flick-Test

Beim Tail-Flick-Test handelt es sich um einen Versuch zur Bestimmung der Schmerzwahrnehmung ventral am Schwanz der Versuchstiere (D´Amour, 1941). Dazu wurde eine Infrarot-Tail-Flick-Apparatur (7360 (230 Volt), UGO BASILE Biological Research Apparatus) eingesetzt. Zur Fixation und Ruhigstellung der Versuchstiere kam ein selbstentworfener Rattenfixator zum Einsatz (Abb. 9). Dieser wurde aus einer Rotiprotect-Vinyl-Handschuh-Schachtel und einer blickdicht lackierten Wasserflasche hergestellt. Er diente der abgedunkelten und somit ablenkungsfreien Fixation der Versuchstiere während der Durchführung des Tail-Flick-Tests.

Abb. 9: Rattenfixator für den Tail-Flick-Test

Für den Tail-Flick-Test wurden die Tiere 1 h p.i. aus ihren Boxen genommen und mit der Schnauze vor den vorher auf dem Gerät platzierten Rattenfixator gehalten. Um der ungewohnten Situation außerhalb der Box zu entgehen, liefen die Ratten freiwillig in die ihnen angebotene abgedunkelte Röhre, um dort Schutz zu suchen. Nun wurde das Tier leicht mit zwei Fingern der linken Hand in der Röhre fixiert, um ein Zurückweichen zu verhindern. Mit der rechten Hand konnte dann der Schwanz auf der Infrarotlichtquelle der Tail-Flick-Apparatur platziert werden. Gemessen wurde an drei verschiedenen Stellen im mittleren Drittel an der Unterseite des Schwanzes. Via

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Lichtschranke wurde die Zeit bis zum Wegziehen des Schwanzes gemessen und dann als sogenannte tail-withdrawal latency (TWL) protokolliert.

4.6.3 Rota-Rod-Test

Die Rota-Rod-Apparatur (Thyristor TR 50) dient zur Detektion von motorischen Störungen bei den Versuchstieren nach Applikation einer Testsubstanz (Kuribara et al., 1977). Zur Bestimmung der Zeit, die das Versuchstier in der rotierenden Apparatur verbringt, diente eine handelsübliche Stoppuhr.

Jedes Tier wurde 1 h p.i. einzeln auf eine sich mit festgelegter Geschwindigkeit (fünf Umdrehungen/min) drehende Rolle gesetzt (Abb. 10). Durch seitliche Wände konnte ein Abspringen verhindert werden. Mit einer Stoppuhr wurde die Zeit gemessen, die die Ratte in der Apparatur lief. Durch schnelles Auffangen wurde verhindert, dass die Tiere beim Herunterfallen von dem Gerät entkommen oder sich verletzen konnten.

Abb. 10: Ratte im Rota-Rod-Test

4.6.4 Open-Field-Test

Der Open-Field-Test wird verwendet, um das Explorationsverhalten und die Lokomotion der Versuchstiere in einer ungewohnten Umgebung zu beobachten (Prut und Belzung, 2003). Hierfür wurde im Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie eine passende Apparatur gebaut. Diese besteht aus

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leicht zu reinigendem dunkelgrauem Hartplastikmaterial. Über einer 1 m x 1 m großen Plattform mit 40 cm hohen Wänden ermöglichte ein aus weißem Tuch bestehender Baldachin eine indirekte Beleuchtung und optische Abschirmung der Tiere (Abb. 11).

Zur Videoaufnahme kam eine Überwachungskamera der Firma CONRAD zum Einsatz (Auflösung 640 x 480 Pixel). Diese war ausgestattet mit einem SDHC (secure digital high capacity)-Slot sowie mit acht Infrarot-LEDs (light emitting diode). Die Montage der Kamera erfolgte in einer Höhe von circa 1,20 m in einer Aussparung des Baldachins, um die gesamte Plattform überwachen zu können.

Abb. 11: Aufbau für den Open-Field-Test

Jedes Tier wurde einzeln für zehn Minuten in die Versuchsanlage eingesetzt. Seine Bewegungen im Raum wurden kontinuierlich mittels der oben installierten Kamera erfasst. Um optische Störungen zu vermeiden, wurde der Stoffbaldachin verschlossen.

Alle störenden Lichtquellen, außer der diffusen Deckenbeleuchtung, wurden ausgeschaltet. Absolute Ruhe war für die Durchführung des Experiments unerlässlich.

Zwischen den Tests wurde die Plattform jeweils von Kot und Urin des Vorgänger- Tieres gesäubert, desinfiziert und kurz gelüftet, um immer dieselben

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