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Archiv "Den Willen zum Kind stärken" (27.03.1980)

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TBLOTENLESE k. u. k.

Österreich hatte 1878 Bosnien besetzt. Die Bosniaken mach- ten ihrer Empörung durch At- tentate auf höhere Beamte Luft. Um die kritische Lage zu meistern, wurde ein drakoni- sches Gesetz entworfen: „Wer auf den Innenminister schießt erhält zwei Jahre, auf den Au- ßenminister drei Jahre, auf den Kriegsminister vier Jahre schweren Kerker. Auf den Mi- nisterpräsidenten darf über- haupt nicht geschossen wer- den." Dr. Fleiß

Hilfe für Behinderte

derte e. V." (BAG), Kirchfeldstraße 149, 4000 Düsseldorf, herausgege- benen Schriftenreihe. Dieses Heft kann, wie auch alle anderen der glei- chen Reihe, von Interessenten ko- stenlos bei der BAG angefordert werden. Eine ungeahnte Zahl von Möglichkeiten und Quellen, aus wel- chen Darlehen und Zuschüsse zu er- halten sind, ist hier aufgezeigt. Und man könnte sich vorstellen, daß die Schaffung eines solchen Service- hauses für manchen Arzt oder eine Ärztegemeinschaft nicht nur ein Be- tätigungsfeld, sondern auch eine Kapitalanlage sein könnte.

Bereits bestehende Servicehäuser in Düsseldorf, Stuttgart, Frankfurt, München und Krautheim mögen da- für beispielhaft sein. Sie arbeiten al- lerdings auf sehr unterschiedliche Weise, zum Teil befinden sie sich noch im Stadium des Experimentie- rens. Immerhin, die Vorschläge und Empfehlungen der Bundesarbeits- gemeinschaft sind es zumindest wert, ernsthaft geprüft zu werden.

Hier liegt noch manches im argen, und dem Interessierten und Hilfswil- ligen bietet e ich ein reiches Betäti- gungsfeld zum Wohle der behinder- ten Mitbürger.

Anschrift des Verfassers:

Kurt-Gerhard Islar Postfach 13 66 Bad Pyrmont

Aufsätze - Notizen

Die hochkarätige Gesprächsrunde im Kurhaus zu Bad Nauheim war sich nur in einem Punkte einig: In unserer Gesellschaft muß der Wille zum Kind gestärkt werden — eine Forderung, die man wohl eher unter die immateriellen Hilfen subsumiert.

Aber schon die erste Frage, die der als Moderator fungierende stellver- tretende Chefredakteur des ZDF, Volker van Hagen, stellte, erhielt ge- gensätzliche Antworten. Hat die Ge- setzesreform, fragte van Hagen, das Ziel erreicht, ungeborenes Leben zu schützen?

Kardinal Prof. Hermann Volk (Mainz) sagte nein. Kirchenpräsident D. Hel- mut Hild (Darmstadt) meinte „eher nein", Bundesärztekammer-Präsi- dent Dr. Karsten Vilmar verneinte drastisch und wandte sich dagegen, die steigende Zahl der Abtreibungen mit Notlagen-Indikation als Fort- schritt auszugeben. Die rheinland- pfälzische Kultusministerin Dr. phil.

Hanna Renate Laurien (CDU) teilte ihre Antwort bereits: Die Beseiti- gung der früheren Dunkelziffer sei ein Erfolg des Gesetzes, aber das ungeborene Leben sei nicht besser geschützt worden. Nach ihrer Mei- nung gibt es eine Diskrepanz zwi- schen Zielsetzung und Verwirkli- chung der Reform des Paragraphen 218 StGB, die sich darin ausdrückt, daß man darüber diskutiere, wo mehr und wo weniger Abtreibungen nach der Notlagen-Indikation vorge- nommen worden sind.

Die SPD-Landtagsabgeordnete Dr.

med. dent. Haidi Streletz (Heusen- stamm) bejahte ihrerseits v. Hagens Frage mit der Einschränkung „so- weit dies durch ein Gesetz beein- flußt werden kann". Sie erweiterte ihre Antwort auch ins Politisch-prak- tische: „Wenn man bereit ist, das ungeborene Leben zu schützen, muß man auch fragen, wieweit das geborene Leben in unserer Gesell- schaft geschützt wird. Wenn unsere

TAGUNGSBERICHT

Umwelt kinderfreundlicher wäre, gä- be es weniger Konflikte." Ministe- rialdirektor Prof. Dr. med. Manfred Steinbach vom Bundesgesundheits- ministerium bejahte die Frage eben- falls und fügte hinzu, daß der Ab- bruch einer Schwangerschaft nach wie vor nicht straffrei sei, sondern nur in Ausnahmefällen. Und da Kar- dinal Volk von der Würde auch des ungeborenen Lebens gesprochen hatte, meinte er, daß auch und gera- de in der Not die Würde des Men- schen nicht vergessen werden dür- fe. Ministerialdirektor Scheuer vom saarländischen Gesundheitsministe- rium antwortete (in Vertretung sei- ner Ministerin Frau Dr. med. Rose- marie Scheurlen, FDP) mit Ja, denn die Abnahme der illegalen Abbrüche sei ein Schutz des ungeborenen Le- bens. Ihm wäre allerdings an einer besser zu handhabenden Formulie- rung der Voraussetzungen einer Notlagen-Indikation gelegen gewe- sen. Damit schnitt er jenen Teil der

§-218-Diskussion an, der der Ärzte- schaft die größte Not macht: die Not- lagen-Indikation. „Wir müssen Indi- kationen auf einem Gebiet stellen, über das wir nicht genug wissen", sagte eine Ärztin aus dem Publikum.

Die Forderung nach einem Katalog von Notfällen und anerkannten Indi- kationen, die BÄK-Hauptgeschäfts- führer Prof. Volrad Deneke tags zu- vor in einem Seminar über das glei- che Thema erhoben hatte, fand bei den Politikern wenig Gegenliebe. Es wurde bezweifelt, daß die Einzelfälle von Gesetzen so eingegrenzt wer- den können, daß keine neuen Unge- rechtigkeiten entstehen.

Als es um die Praxis der Beratung ging, hatten die diskutierenden Frauen das Wort. Frau Dr. Streletz hob hervor, daß es nun möglich sei über Familienplanung zu sprechen in Kreisen, in denen das vor 20 Jah- ren noch unmöglich gewesen sei.

Was an tradierten Vorurteilen abge- baut werden mußte, machte sie an

Den Willen zum Kind stärken

VII. Bad Nauheimer Gespräch über die Auslegung des § 218 StGB

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 13 vom 27. März 1980

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Aufsätze • Notizen

BRIEFE AN DIE REDAKTION

VERSORGUNGSRECHT

Werden wir ein Volk von Schwerbehin- derten?

„Volkserfassung"

Als niedergelassener Orthopäde und Durchgangsarzt bin ich während meiner praxisfreien Zeit in zuneh- mendem Maße durch das Ausfüllen von Formularen des Versorgungs- amtes (Arbeits- und Sozialbehörde) beschäftigt. So erfreulich gerade in meinem Fachgebiet ein solches Durchforsten mit dem Ziel einer ge- rechten Erfassung sogenannter Schwerbeschädigter sein mag, so sinnlos erscheinen dabei großen- teils Aufwand an Zeit und Geld.

Nach meiner Feststellung sind etwa 70 Prozent der Anträge unange- bracht. Gewiß mögen die Vergünsti- gungen eines entsprechenden Aus- weises bei dem Konsumdenken des heutigen Bürgers verlockend sein.

Anders kann ich mir die offenbar unkontrollierte Möglichkeit des An- tragstellens nicht erklären, wenn z. B. der eine Patient eine Schulter- kapselentzündung, der andere einen Hexenschuß oder auch eine Menis- kusoperation durchgemacht hat und sich dadurch schwerbehindert wähnt. Das Durchsehen der Kran- kengeschichte, der Röntgenbilder, das Diktieren bzw. Selbstschreiben und Korrigieren erfordern, soweit man sich exakt an den Vordruck hält, bis zu einer halben Stunde pro Antrag. Das Honorar beträgt 10 bis 20 DM. Legt man sinnlos erschei- nende Anfragen beiseite, erfolgt bald Mahnung. Dabei sollen allein in Hamburg derzeit 10 000 Formulare auf Halde liegen. Ich kann nicht um- hin, nach dem medizinischen Effekt des ganzen Unternehmens zu fra- gen; und obendrein erscheint mir diese Papierflut vom grünen Tisch des Gesetzgebers als ein Politi- kum.

Durch Aushändigen eines Hinweis- bogens an Antragsteller, Sachbear- beiter und Betriebsräte zwecks In- formation über den Begriff der Schwerbeschädigung müßte es doch möglich sein, diese „Volkser- fassung" besser zu steuern und

gleichzeitig dem über uns gekom- menen Parkinson-Gesetz von der Seite des letztlich „schwergeschä- digten" Formularausfüllers her Ein- halt zu gebieten.

Dr. med. Ottmar Bengert Mittelweg 151

2000 Hamburg 13

BASAGLIA

Zu dem Bericht von Walter Burkart:

„Franco Basaglia und die institutionali- sierte Antipsychiatrie" in Heft 44/1979:

Hilflose Patienten

Im Anschluß an die Round-table- Konferenz zum Abschluß bei dem IX.

Internationalen Kongreß über Psy- chopathologie der Ausdrucksfor- men in Verona, vom 5. bis 7. Oktober 1979, trat eine etwa 30jährige jun- ge Frau mit zögernd-verhaltenem Schritt durch das mehrere hundert Zuhörer fassende Auditorium der In- dustrie- und Handelskammer an das Mikrophon und berichtete, daß sie der Tagung drei Tage lang mit Inter- esse gefolgt sei. Sie habe von dem Für und Wider der Erörterungen (um Basaglia) gehört und bitte als psy- chisch Kranke — offensichtlich han- delte es sich um eine intelligente, von Krankheitsdefekten bereits ge- zeichnete Frau mit einem langjährig blande fortschreitenden psychoti- schen Prozeßgeschehen — darum, daß die Nervenärzte ihre Patienten wieder behandeln; denn jetzt irrten sie, hilflos suchend, ratlos durch die Gegend. Psychiater aus den Come- conländern waren im Zusammen- hang mit der Tagung in Verona von ihren sozialistischen Regierungen zum Studienurlaub in die „fort- schrittlichen" Kliniken und die vom

„Zwang befreiten" institutionalisier- ten psychiatrischen Einrichtungen studienhalber geschickt worden. Sie gaben erschütternde Berichte und bezeichneten die Verhältnisse schlicht als „chaotisch".

Dr. med. Dr. phil. Med.-Dir.

Manfred in der Beeck Landeskrankenhaus 2380 Schleswig

Auslegung des § 218

zwei Beispielen aus dem Sprachge- brauch des Bürgertums klar: „das gefallene Mädchen" und „das Kind der Sünde". Heute brauche sich nie- mand mehr in einer Situation der Torschlußpanik in die Illegalität zu begeben. Bei der Diskussion über die Auslegung des reformierten Pa- ragraphen müsse es in erster Linie um die Qualität und die Pluralität der Beratung gehen. „Es muß gewähr- leistet sein, daß Frauen wertneutral beraten werden darüber, was ein Ab- bruch bedeutet und was das Austra- gen des Kindes bedeutet." Die bis- herige Erfahrung der Beratungsstel- len zeige, daß die Notlagen-Indika- tion nur sehr selten ausschließlich aus finanziellen Gründen gewünscht werde, sondern fast ausschließlich wegen des sozialen Umfeldes der Schwangeren. Zur Beratung kämen Mädchen in der Berufsausbildung, Frauen, die noch in Scheidung le- ben und Frauen im Klimakterium.

Im Seminar hatte Frau Haide Halb- leib von der „pro-familia"-Bera- tungsstelle Mainz am Vortag ähnli- ches berichtet, aber auch eine mög- liche finanzielle Notlage geschildert:

Ein Lehrmädchen, das für sich und ihr Kind 442 DM Sozialhilfe pro Mo- nat erhalte, befinde sich wohl in Not.

Auch sie forderte, wie es später wäh- rend des Gesprächs geschah, eine bessere Familienpolitik, die die Be- nachteiligung von alleinstehenden Müttern und Familien mit mehreren Kindern beseitige. Auch die nieder- gelassenen Ärzte hätten nach der Auffassung von „pro familia" einen wichtigen Beitrag zu leisten. Es soll- te ihre Aufgabe sein, die Indikation zu stellen, weil sie die Frau und ihre Familie kennen und deren Vertrauen haben, was „pro familia" erst her- stellen müsse. Leider aber seien die Ärzte dazu nicht ausgebildet und wüßten zu wenig über die Sozialge- setzgebung.

Frau Dr. Laurien wünschte den Be- ratungsstellen mehr Möglichkeiten zu langfristiger Hilfe und sprach sich

— durchaus entgegen der Meinung ihrer Partei — dafür aus, Kontrazepti- va von den Krankenkassen bezahlen zu lassen. „Das ist mir sympathi- scher als die Bezahlung von Abtrei- bungen." pp

850 Heft 13 vom 27. März 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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