A1460 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 26⏐⏐27. Juni 2008
G E L D A N L A G E
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ei einer Anlageentscheidung spielen viele Kriterien eine Rolle: Risikoneigung, Struktur des bisherigen Vermögens, Anlageziele wie Altersvorsorge und Erzielung von regelmäßigen Zinseinkünften oder bloße Spekulation; natürlich auch die aktuelle Situation an den Börsen, ist der Markt „bearish“oder „bullish“, also geht's runter oder rauf.
Je näher der Jahreswechsel rückt, so fürchte ich, dürften die genann- ten Kriterien eine immer geringere Rolle spielen. Sie werden vielmehr überschattet vom Damoklesschwert
der Abgeltungsteuer. Wenn ich die vielfältigen Angebote und Marke- tingaktionen von Banken und Fi- nanzdienstleistern sehe, wird mir zuweilen angst und bang ob der il- lustren Packung „wider die Abgel- tungsteuer“ und des oft genug dürf- tigen Inhalts. Von einem Anbieter weiß ich, dass er die Anleger zu dem Thema auf ein Kreuzfahrtschiff ein- geladen hat, die Plätze waren binnen kürzester Zeit vergriffen. Wie die Sache letztlich ausgegangen ist, weiß ich freilich auch nicht, aber ein gewisser Butterfahrtcharakter mit deliziösem Anstrich mag sich da schon einstellen.
Es ist in der Tat so, dass bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften ein epochaler Umbruch stattfindet.
Oder anders: Es ist nur noch in die- sem Jahr möglich, sich durch kluge und vorausschauende Maßnahmen für die kommenden Jahre steuer- freie Kursgewinne auf Aktien und Fondsanteile zu sichern. Wer hier
nicht aufpasst oder nicht früh genug reagiert, kann in der Folgezeit leicht Zigtausende Euro verschenken.
Ganz wichtig ist, sich in diesem Zusammenhang genau die Produkte anzusehen, die zuhauf auf die Anle- ger einprasseln. Viele dieser Steuer- sparkonstrukte sind mit der heißen Nadel gestrickt, knapp 600 neue Fonds sind seit Januar 2008 zum Vertrieb zugelassen worden, und bis im Herbst werden es leicht über 1 000 werden, von denen ein großer Teil als Dachfonds konzipiert ist, bei denen wohl eher der Anbieter über zackige Gebühren und Um- schichtungskosten die fette Sahne einstreicht und dem Anleger nur karge Hausmannskost verbleibt.
Aber Achtung! Von diesen steu- eroptimierten Produkten werden et- liche alsbald den Bach runter gehen, weil sie schlicht zu wenig Kapital eingesammelt haben. Die Anbieter haben dann nur die Möglichkeit, weil die Fixkosten zu hoch sind, den Umstieg in einen anderen Fonds zu empfehlen. Mit der fatalen Folge, dass die ehemals propagierten steu- erfreien Kursgewinne im Nirwana verschwinden. Es gilt, auf der Hut zu bleiben. Sehr sogar. I BÖRSEBIUS
Auf der Hut
Börsebius-Telefonberatung „rund ums Geld“
Wie an jedem 1. Samstag des Monats können Sie auch am 5. Juli 2008 in der Zeit von 9 bis 13 Uhr Börsebius (Diplom-Ökonom Reinhold Rombach) anrufen (02 21/98 54 80-17). Die kostenlose Telefonberatung ist ein Service des Deutschen Ärzteblattes für seine Leser.