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Archiv "Schutzimpfungen: Auf Risikoaufklärung verzichten" (05.01.1998)

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A-6 (6) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 1–2, 5. Januar 1998

S P E K T R U M LESERBRIEFE

Schutzimpfungen

Zu dem Beitrag „Aufklärungspflicht aus juristischer Sicht“ von Julia Büti- kofer, Rechtsanwältin, in Heft 26/1997:

Mehrere Sachverhalte vermischt

In der Veröffentlichung von Frau Bütikofer über die Aufklärungspflicht vor der Durchführung von Schutz- impfungen und über die Haf- tung nach möglichen Impf- schäden werden mehrere Sachverhalte vermischt und teilweise unzutreffende Mei- nungen zu diesen Fragen vor- getragen.

Grundsätzlich ist folgen- des festzustellen:

! Nach §§ 51 ff. des Bundes-Seuchengesetzes (BSeuchG) haftet der Staat für Gesundheitsschäden, die durch die – in dem jeweiligen Bundesland – gemäß § 14 Abs. 3 BSeuchG öffentlich empfohlene Schutzimpfung verursacht wurden. Als Impf- schaden wird ein über das Ausmaß einer Impfreak- tion hinausgehender Ge- sundheitsschaden bewertet (§ 52 BSeuchG). Nach § 15 BSeuchG können bei Schutz- impfungen Impfstoffe ver- wendet werden, die vermeh- rungsfähige Erreger enthal- ten, die vom Geimpften aus- geschieden werden und ande- re Personen infizieren kön- nen. Dies trifft zum Beispiel für die orale Polio-Schutz- impfung unter Verwendung von Polio-Lebendimpfstoffen (sogenannte Schluckimpfung) zu.

Diese auf dem Gebiet ärztlicher Maßnahmen ein- maligen Entschädigungslei- stungen aufgrund des Bun- desversorgungsgesetzes beru- hen auf der Feststellung, daß Schutzimpfungen nicht nur einen Schutz des Individuums vor zahlreichen übertragba- ren Krankheiten, sondern – bei den meisten Schutzimp- fungen – auch einen Schutz der Allgemeinheit vor Seu- chen bewirken, da der Geimpfte kein taugliches Glied einer Infektionskette

ist. Um diesen Schutz der All- gemeinheit durch eine mög- lichst breite Anwendung der Schutzimpfungen zu erzielen, haftet der Staat bei sogenann- ten Impfschäden. Keine ärzt- liche Maßnahme – also auch Schutzimpfungen – ist ohne jedes Risiko unerwünschter Nebenwirkungen.

!Unabhängig von dieser Haftung für Impfschäden nach öffentlich empfohlenen Schutzimpfungen haftet der pharmazeutische Unterneh- mer für Fehler bei der Pro- duktion des Impfstoffes, bei der Kennzeichnung des Präparates oder bei der Produktinformation (soge- nannte Gefährdungshaftung nach Arzneimittelgesetz).

!Selbstverständlich muß jeder Impfwillige beziehungs- weise seine Eltern oder Sor- geberechtigten, wie vor jeder ärztlichen Maßnahme, in die vorgesehene Schutzimpfung einwilligen. Diese Einwilli- gung setzt voraus, daß der Impfwillige darüber aufge- klärt ist, worin er einwilligt; es wird auf § l a der Berufsver- ordnung für die deutschen Ärzte verwiesen. Die sich hieraus ergebenden Empfeh- lungen zur Patientenauf- klärung wurden von der Bun- desärztekammer veröffent- licht (DÄ, Heft 16/1990). Vor Schutzimpfungen muß unse- res Erachtens der impfende Arzt unter anderem über die zu verhütende Krankheit, das Fehlen alternativer Schutz- maßnahmen und gegebenen- falls einer Behandlung der Krankheit, über die Indikati- on zur Impfung, die Notwen- digkeit von Wiederimpfun- gen, die Durchführung der Impfung, über zu erwartende Impfreaktionen und mögli- che Impfschäden aufklären.

Bei Anwendung des Polio- Lebendimpfstoffs ist auf die Möglichkeit von Kontaktin- fektionen hinzuweisen und über ihre Vermeidung zu be- raten (auf mögliche Kontakt- infektionen nach oraler Po- lio-Impfung wird unseres Wissens zumindest seit Sep- tember 1983 von dem Her- steller im Beipackzettel hin- gewiesen).

! Zuletzt hat der Bun- desgerichtshof in einem richtungweisenden Urteil vom 7. Juli 1994 festgestellt, daß durch eine unvollständi- ge Aufklärung ein Scha- dens- und Schmerzensgeld- anspruch eines Impfgeschä- digten begründet wird. In diesem Fall war nach der Impfung eines Kindes mit Polio-Lebendimpfstoff eine Kontakt-Impfpoliomyelitis bei einem Nicht-Familien- angehörigen aufgetreten, der das Kind versorgt hatte; über diese Möglichkeit waren die Eltern des Impflings vom impfenden Arzt nicht aufge- klärt worden.

Die erwähnte Gerichts- entscheidung und weitere, derzeit noch anhängige Ver- fahren haben vor allem Kin- derärzte verunsichert, die weitere Entscheidungen be- fürchten, die sie finanziell rui- nieren könnten. Durch die – nur stichwortartige – Darstel- lung der bei der Vornahme von Schutzimpfungen zu beachtenden Gegebenheiten soll eine Versachlichung der Diskussion ermöglicht wer- den, damit nicht weitere Ärz- te von der Durchführung der Schutzimpfungen abgehalten werden.

Die Veröffentlichung von Frau Bütikofer enthält au- ßerdem hinsichtlich des Auf- klärungsumfangs unrealisti- sche Maximalforderungen, die tatsächlich nicht zu erfül- len sind. Die Behauptung, viele Ärzte ließen Impf- risiken nicht zur Kenntnis der Impfwilligen gelangen, ist durch keine Studien belegt und wirft ein falsches Licht auf die Ärzte, die täglich um ein Vertrauensverhältnis zu ihren Patienten bemüht sind.

Prof. Dr. G. Maass, Bruck- nerstraße 5, 48165 Münster, Prof. Dr. M. A. Koch, Berlin, Dr. A. Nassauer, Berlin

Guter Artikel

Endlich mal ein guter Ar- tikel zum Thema Impfen, der ein ganz wichtiges Thema an- spricht. Ich erlebe es tagtäg- lich im Gespräch mit Eltern,

daß an die Stelle einer um- fassenden sachlichen Auf- klärung zum Thema Risiko und Nutzen eine massive Desinformation durch Ver- ängstigung und Erzeugung von Schuldgefühlen tritt; es gibt sogar Kollegen, die sich bei Fortbildungen zum The- ma Impfen und Impfmüdig- keit so äußern, daß Angst- mache der einzige erfolgver- sprechende Weg zu ausrei- chenden Impfungen sei.

Auf jeden Fall dürfte es extrem selten sein, daß für Eltern nachvollziehbar der wirkliche individuelle Nut- zen für ihr Kind erkennbar wird, der ja auch in fast allen Diskussionen über Sinn und Unsinn von Impfungen ge- genüber den Ideen von

„Ausrottung“ der Erkran- kungen zurücktritt. Ob El- tern die Gesundheit ihrer Kinder solchen unerreichba- ren Zielen unterordnen wol- len, sollten sie wirklich frei von Angstmache selbst ent- scheiden können; das wäre ein wesentlicher Fortschritt zum Abbau extremer Posi- tionen.

Besonders unterstreichen möchte ich die Aussage, daß jede, auch relativ unwahr- scheinliche, Eventualität auf- klärungsbedürftig ist.

Karl Weiß, Herrmannstraße 55, 32756 Detmold

Auf Risikoaufklärung verzichten

Der Artikel von Frau Bütikofer zeigt die er- schreckende Kluft zwischen Anspruch (vertreten durch die Justiz, zum Teil aber auch durch Mediziner „der oberen Etagen“) und machbarer Wirklichkeit (vertreten durch praktizierende Kinderärzte).

Einige Punkte der „anderen Seite“ mögen das Problem verdeutlichen:

! Kein niedergelassener Arzt kann es sich leisten, mehr als 15 (bis maximal 20) Minuten für einen zu impfen- den Patienten zu veranschla- gen. Auch wenn seitens der Justiz argumentiert wird, daß

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finanzielle Erwägungen nicht Richtschnur des Arztes sein dürfen (was für den besonde- ren Einzelfall auch richtig ist), muß dennoch seitens der gleichen Justiz (und „oberen Mediziner-Etagen“) realisiert werden, daß der Gesamtvor- gang einer Impfung derzeit mit 9 bis 13 DM honoriert wird. Das Honorar ver- größert sich nicht, wenn es sich um einen Kombinations- impfstoff (gegen bis zu vier verschiedene Krankheiten) handelt. Das geforderte Maß an Aufklärung vervierfacht sich aber. Die Art der Ge- bührenordnung verlangt, daß ein Arzt (um wirtschaftlich sein zu können) notwendiger- weise eine bestimmte Min- destzahl von Patienten pro Tag versorgen muß. Mehr als eine bestimmte Zeit steht pro Patient im Durchschnitt dann eben nicht zur Verfügung.

Das sind die erwähnten 15 Minuten.

!Es wäre weltfremd zu glauben, daß die Mutter eines zu impfenden Säuglings in den einkalkulierten 15 Minu- ten nicht zusätzlich zum Impf- problem noch einige andere Fragen an ihren Kinderarzt hat, die sie beantwortet ha- ben möchte (und die also Zeit

„fressen“).

! Die notwendige (gründliche) Untersuchung des (oft nicht „kooperati- ven“) Kindes benötigt Zeit.

Diese (von Frau Bütikofer zu Recht geforderte) Untersu- chung gehört eigentlich nicht zur „Impfleistungslegende“.

Sie wird dennoch nicht zu- sätzlich honoriert.

! Ein wenig Zeit erfor- dert schließlich auch die ei- gentliche Impfung samt Do- kumentation in Impfausweis und Patientenkartei.

! Eine Aufklärung, die mehr als nur ein „Beschwat- zen“ und Augenwischerei sein und den Impfling bezie- hungsweise seine Eltern be- fähigen soll, eine echte Risi- koabwägung vorzunehmen, würde (im Sinne von Frau Bütikofer) ein Ausmaß an Aufklärung über die Krank- heiten, ihre Risiken (auch sel- tenere) und ihre Behand-

lungsmöglichkeiten einerseits und die Impfrisiken (auch sel- tene) und deren Behand- lungsmöglichkeiten anderer- seits erfordern, die die Mög- lichkeiten einer Sprechstunde in jedem Fall grenzenlos übersteigen würde. Würde ein medizinischer Sachver- ständiger vor Gericht bei der Verhandlung eines Impfscha- denfalles das Für und Wider dem Gericht in zehn Minuten darlegen können? Wahr- scheinlich nicht. Und er hat es in einer Weise leichter, da er nur über einen bekannten Schaden referieren muß – wir aber sollen alle Eventualitä- ten beachten. Nur nebenbei soll erwähnt werden, daß sich die medizinischen Sachver- ständigen oft über die Impfri- siken nicht einig sind. Über welche der Ansichten sollte man aber den Impfling auf- klären?

Das außerordentlich be- unruhigende Dilemma läßt sich nur lösen, wenn endlich Juristen und Mediziner einen gemeinsamen, praktikablen Konsens über das Machbare finden könnten. Nötig ist ein neues Verständnis der Auf- klärungsinhalte unter Be- rücksichtigung des Zeitfonds und der realistischen (be- grenzten) Möglichkeiten von Laien, einen komplizierten Sachverhalt (wie die Impf- problematik) tatsächlich im Sinne einer exakten Entschei- dungsfindung verarbeiten zu können.

Ein aus meiner Sicht ver- nünftiger Vorschlag wäre, zu akzeptieren, daß eine bessere und wohlüberlegtere Risiko- abwägung, als sie die STIKO vorgenommen hat, dem ein- zelnen kaum möglich sein dürfte – schon gar nicht ei- nem Nichtmediziner. Man kann eine andere Meinung über Impfungen haben als die STIKO; eine bessere Risiko- abwägung dürfte diese aber nicht darstellen.

Das bedeutet, daß der Staat, vertreten durch die STIKO, das Impfrisiko für vertretbar klein hält. Sofern der Impfling nicht ein Impf- gegner, sondern grundsätz- lich impfwillig ist (was entwe-

der von vornherein klar oder aber schnell zu klären ist), sollte auf eine Risikoauf- klärung im von Frau Bütiko- fer vertretenen Sinn grund- sätzlich verzichtet werden.

Statt dessen sollte der Arzt sich darauf konzentrieren, die Impfindikation und den Gesundheitszustand zu über- prüfen und die Impfung sorg- fältig durchzuführen. Hier kann er tatsächlich sinnvoll das individuelle Risiko mini- mieren (wie auch Frau Büti- kofer als Resümee aus ihrer langjährigen Erfahrung be- tonte). Dies ist in 15 Minuten leistbar . . .

Dr. Thomas Müller, Kinder- arzt, Kietzstraße 13b, 17192 Waren

Schlußwort

Der Reaktion auf mei- nen Aufsatz über die ärztli- che Aufklärungspflicht vor Schutzimpfungen entnahm ich, daß viele Ärzte offenbar immer noch der Meinung sind, daß sie, wenn sie nur in zeitlicher und sachlicher Hin- sicht den Impfempfehlungen der STIKO folgten, ohne Aufklärung über das Impfri- siko impfen dürften; eine Haftung komme für sie nicht in Frage, wenn sie sich keinen ärztlichen Kunstfehler zu- schulden kommen ließen.

Diese Meinung ist zwar weit verbreitet, jedoch eindeutig unzutreffend. Ich kann nur klar nochmals betonen:

Ärzte müssen auch für schicksalsmäßig auftretende Impfschadensfälle haften, wenn die Impfung ohne wirk- same Einwilligung erfolgte.

Bei Impfschäden haftet der Staat nach dem Bundes- seuchengesetz generell, so- fern es sich um eine amtlich empfohlene Impfung han- delt. Freilich sind die Ersatz- leistungen begrenzt, insbe- sondere wird kein Schmer- zensgeld bezahlt.

Bei Verletzung der Auf- klärungspflicht haftet der Impfarzt wegen Vertragsver- letzung und wegen unerlaub- ter Handlung, was zu einem Schmerzensgeldanspruch des

Impflings führt. Zweifel an der Vollständigkeit der Auf- klärung gehen also im Zivil- prozeß zu Lasten des Arztes, im Strafprozeß führen sie da- gegegen zum Freispruch (vgl.

Impfkompendium, herausge- geben von Prof. Dr. Heinz Spiess, Thieme Verlag 1994, S. 33).

Ich bearbeite seit 1971 Impfschadensfälle und weiß, daß lediglich schicksalsmäßig auftretende schwere Impf- schadensfälle sehr selten sind;

sie lassen sich jedoch auch bei aller ärztlichen Sorgfalt nicht ausschließen.

Ein schwerer schicksals- mäßig auftretender Impfscha- densfall bei einer ohne wirk- same Einwilligung durch- geführten Impfung kann für einen Arzt unter Umständen zu einer existenzbedrohenden Haftung führen, wenn die Impfung ohne wirksame Ein- willigung des Zustimmungs- berechtigten durchgeführt wurde. Dies wollte ich den Ärzten deutlich vor Augen führen.

Auch wenn die von mir zi- tierte Rechtsprechung vielen Ärzten nicht sinnvoll er- scheint, sollten sich die Ärzte doch im eigenen wirtschaftli- chen Interesse in geeigneter Form auf diese Rechtspre- chung einstellen.

Die STIKO weist klar auf den Mindestaufklärungsbe- darf vor Schutzimpfungen hin; die Pharmaindustrie si- chert sich rechtlich optimal ab durch die Hinweise in den Beipackzetteln auf mögliche Nebenwirkungen der Impf- stoffe; wenn einzelne Ärzte im Interesse der von ihnen verfochtenen Ausrottungs- theorie von Krankheiten und zur Vermeidung einer Impf- müdigkeit in der Bevölke- rung bewußt auf eine Auf- klärung über das Impfrisiko und damit auf eine eigene rechtliche Absicherung ver- zichten, tun sie dies auf ihr ei- genes – insbesondere wirt- schaftliches – Risiko.

Mehr ist hierzu aus meiner Sicht nicht zu sagen.

Julia Bütikofer, Rechtsan- wältin, Happurger Straße 54, 90482 Nürnberg

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über den prädiktiven Wert der Kresbsfrüherkennungs- untersuchung wird immer wieder auf die vielen Fehler- möglichkeiten, vor allem beim abstrichentnehmenden Frauenarzt, hingewiesen. Das ist zweifellos richtig.

Diese von Ihnen darge- stellte Methode der compu- terunterstützten Auswertung des Krebsvorsorgeabstriches hat eine sehr hohe Zuverläs-

sigkeit. Nicht von ungefähr wurde dieses Verfahren von der FDA als geeignet aner- kannt.

Neuerungen und Fort- schritte wurden und werden skeptisch beurteilt, kritisiert und auch diffamiert. Ich könnte mir vorstellen, daß zy-

tologisch tätige Pathologen diese Methode nicht nur aus methodischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Überle- gungen ablehnen.

Mich verwundert, daß die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshil- fe sowie der Berufsverband der Frauenärzte sich hinter diesen tendenziösen Artikel stellen können . . .

Dr. Manfred Stumpfe, Jesch- kenstraße 13, 82538 Gerets- ried 2

Krankenhaus

Gedanken zur Fehlbelegung von Krankenhausbetten:

Die Politik in die Pflicht nehmen

. . . Wiederholt muß aus ärztlicher Sicht darauf hinge- wiesen werden, daß es auch vom Gesetzgeber fixierte ärztliche Pflicht ist, schon bei Verdachtsfällen von be- stimmten Erkrankungen eine stationäre Beobachtung und Abklärung durchzuführen.

Hingewiesen sei noch- mals auf die nicht selten schwierige Abklärung einer Differentialdiagnostik, deren Grenzen, auch judikativ ge- fordert, an den Horizont un- seres Globus erinnern, der sich, wie auch nur mittel- mäßig Gebildeten bekannt

ist, nie erreichen läßt. Dies sei auch Herrn Dreßler ins Stammbuch der Erkenntnis geschrieben.

Erinnert werden muß auch an die Tatsache, daß Heilung nach Operation und Gesundung von Krankheit allgemein keine Norm und erst recht nicht menschlich erdachte Satzung kennt.

Last but not least (besser:

Zuletzt, im Wert gleichrangig) darf auch das subjektive Be- finden des Patienten nicht ver- gessen werden, das, obwohl weder meßbar noch nachemp- findbar, vom Arzt zu respek- tieren ist. Die vom Arzt gefor- derte (und sicher auch von Herrn Dreßler gewünschte) äußerste fürsorgliche Vorsicht und die exekutiv bestimmte ri- gide Budgetierung der Kosten ärztlicher Pflichten sind eine Contradictio in se.

Die Politiker fordern am grünen Tisch bei Kaffee und Kuchen, fehlen aber bei der Umsetzung ihrer Forderun- gen am Ort der Arbeit und Pflicht, wo die Eisen ihrer Forderungen nach gewünsch- tem Radius gebogen werden müssen. Die Leistungser- bringer – hier die Ärzte – wer- den durch die widersprüchli- chen Pflichtforderungen in ei- ne unerträgliche Überforde- rungsneurose getrieben. Hei- len kann diese Neurose kein Neuroleptikum, sondern nur die Inpflichtnahme der Poli- tik und deren Halfter der Bürokratie für ihre Forde- rungen . . .

Dr. med. Wolfgang Grote, Frohnhofweg 4, 50858 Köln

Personalia

Zum Nachruf auf Prof. Dr. med. Julius Hackethal in Heft 45/1997:

Merkwürdig

Den ausführlichen Nach- ruf auf Herrn Prof. Dr. med.

Julius Hackethal finde ich sehr merkwürdig. Muß ein Arzt dieses Berufslebens eine solche Würdigung erfahren?

Den Schreiber muß wohl am Ende des Artikels selbst Angst befallen haben, als er Der Privatsender RTL 2startet am Donnerstag,

den 15. Januar 1998eine neue Ärzte-Serie mit dem Titel „Notruf California“. Die Sendung läuft täglich montags bis freitags ab 17.05 Uhr.

In einer Programmvorschau des Senders heißt es: Unter dem Notruf „Emergency 9-1-1“ ist eine Spezialeinheit aus Feuerwehrmännern und Ret- tungssanitätern zu erreichen, die immer dann in Ak- tion tritt, wenn die Situation brenzlig wird. Im Mittel- punkt der US-Serie stehen die Assistenzärzte Roy DeSoto und John Gage, die im „Rampart Hospital“

auf ihre Arbeit vorbereitet werden. Es geht um Not- hilfeeinsatz-Aktionen und vieles Drum und Dran bei Notfällen. Die in den USA erfolgreich ausgestrahlte Serie wurde von Jack Webb produziert. EB

TV-Tip

Zytoautomaten

Zu dem Medizinreport „Gynäkologi- sche Krebsvorsorge: Bedenkliches Marketing für Zytoautomaten“ von Dr. med. Vera Zylka-Menhorn in Heft 44/1997:

Niedergelassene Ärzte nicht befragt

Die Einführung des Zyto- automaten „Papnet“ in Deutschland hat zu unter- schiedlichen Reaktionen un- ter den deutschen Zytologen geführt. In Ihrem Artikel zi- tieren Sie vorwiegend die Meinung wissenschaftlich tätiger Zytologen.

Zytologische Untersu- chungen von Abstrichmateri- al des Gebärmutterhalses im Rahmen der gesetzlichen Kresbfrüherkennung wird in Deutschland nahezu aus- schließlich in zytologischen Laboratorien von niederge- lassenen zytologisch tätigen Ärzten (Gynäkologen, Pa- thologen) erbracht, das heißt, der Sicherstellungsauftrag zur Erbringung zytologischer Leistungen wird im Rahmen der Bedarfsplanung durch niedergelassene Ärzte erfüllt.

Leider haben Sie bei Ihrer Recherche die Meinung der für die Durchführung des Krebs-Früherkennungspro- gramms verantwortlichen zy- tologisch tätigen Ärzte in den Fachlaboratorien nicht mit einbezogen. Die Arbeitsge- meinschaft zytologisch tätiger Ärzte in Deutschland vertritt mit ihren zirka 700 Mitglie- dern etwa 80 Prozent der in Deutschland erbrachten zyto- logischen Untersuchungen . . . Dr. B. Jordan, Arbeitsge- meinschaft zytologisch täti- ger Ärzte in Deutschland e.V., Kirchweg 137, 50858 Köln

Tendenziöser Artikel

. . . Schon seit vielen Jahr- zehnten wird der Versuch ge- macht, die Analyse des Krebsvorsorgeabstriches zu automatisieren. Von allen wis- senschaftlichen Handlungen

Anonym

Die Redaktion veröf- fentlicht keine ihr anonym zugehenden Zuschriften, auch keine Briefe mit fin- gierten Adressen. Alle Le- serbriefe werden vielmehr mit vollem Namen und voller Anschrift gebracht.

Nur in besonderen Fällen können Briefe ohne Na- mensnennung publiziert werden – aber nur dann, wenn intern bekannt ist, wer geschrieben hat. DÄ

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den letzten Satz verfaßte. Ich bin sehr traurig. Ich wünsche mir für die Zukunft, daß ich vor solchen „Vorbildern“ ver- schont bleibe.

Dr. med. Hans-Dieter Wey- goldt, Steinmaate 6, 48529 Nordhorn

Antisemitismus

Zu dem Tagungsbericht „Medizin und Antisemitismus: Verfolgung und Er- mordung jüdischer Ärzte“ von Gisela Klinkhammer in Heft 47/1997:

Welche Zahlen stimmen?

Die Autorin zitiert in die- sem Artikel Dr. Leuschner, der betont habe, daß

„schließlich 22 Prozent aller deutschen Ärzte Mitglieder der SS gewesen seien“. Das wäre fürwahr eine extrem ho- he SS-Mitgliedschaft eines freien Berufsstandes gewe- sen. Allerdings erschien im Novemberheft Nr. 32 von

„Fortschritte der Medizin“

(1997), Seite 42, eine viel ge- ringere Zahl, derzufolge „ins- gesamt 7,3 Prozent der Ärzte SS-Mitglieder waren (Lehrer 0,4 Prozent)“. Immerhin sei- en nach diesem Zitat von M.

H. Kater (1989) doch „26 Pro- zent der Ärzte in der SA ge- wesen (Lehrer 11 Prozent)“.

Nun bestanden ja zwischen SA und SS erhebliche Unter- schiede. Daher ist es meines Erachtens für eine Aufarbei- tung dieser unseligen Ver- wicklungen der deutschen Ärzteschaft auch heute noch wichtig, klarzustellen, ob nun doch 220 von 1 000 oder

„nur“ davon ein Drittel, näm- lich 73 von 1 000 deutschen Ärzten, SS-Mitglieder waren.

Welche Zahlen stimmen denn nun?

Dr. med. Dieter K. Krause, Appellhofplatz 27, 50667 Köln Anmerkung: Laut Michael Kater wa- ren 26 Prozent der Ärzte SA-Mitglie- der. Nach einer regionalen Auszäh- lung für Thüringen (Gerst) für das Jahr 1943 gehörten dort 27,3 Prozent der Ärzte der SA und 5,3 Prozent der SS an. DÄ

Referenzen

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