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Archiv "Wenig bekannte Arzneimittelnebenwirkungen an der Haut" (19.06.1975)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT Zur Fortbildung .Aktuelle Medizin

KOMPENDIUM:

Wenig bekannte Arzneimittel- nebenwirkungen an der Haut Pharmakologie mit Glukokortikoiden Therapie der

chronischen Polyarthritis Moderne Aspekte,

BRIEFE

AN DIE REDAKTION:

Intimsprays können Candidamykose auslösen Nahrungsfette

und Gefäßkrankheiten

DIAGNOSTIK IN KÜRZE:

Neuroarthritismus Zunehmende Häufigkeit des Diabetes mellitus — eine Quelle der

potentiellen Tuberkulose

Die Eigenschaft von Arzneimitteln, in einem therapeutisch erwünsch- ten Sinne zu „wirken", beinhaltet regelmäßig auch die Möglichkeit der unerwünschten Wirkung. Dabei muß das Nebenwirkungsrisiko in Kauf genommen werden, solange Häufigkeit und/oder Schwere der unerwünschten Effekte gegenüber dem Nutzen eines Therapieverfah- rens als gering anzusehen sind.

Zu Recht ist aber die Notwendigkeit der sorgfältigen Beobachtung und Registrierung auch geringfügig er- scheinender Arzneimittelnebenwir- kungen in den letzten Jahren im-

mer wieder — und besonders auch in dieser Zeitschrift — herausge- stellt worden.

Therapieschäden an der Haut sind bekanntermaßen häufig. Darüber hinaus sind sie morphologisch au- ßerordentlich vielgestaltig und va- riationsreich, was offenbar weniger bekannt oder bewußt ist. So wird nach unserer Erfahrung bei Auftre- ten urtikarieller Eruptionen oder makulöser und makulo-papulöser Exantheme die Möglichkeit eines unerwünschten Arzneimitteleffek- tes von Ärzten aller Fachrichtun- gen beinahe regelmäßig in Be-

Wenig bekannte

Arzneimittelnebenwirkungen an der Haut

Hansotto Zaun

Aus der Hautklinik der Universität des Saarlandes, Homburg/Saar (Direktor: Prof. Dr. F. Nödl) und der Hautklinik der Städtischen Krankenanstalten Bremerhaven (Leitender Arzt: Prof. Dr. H. Zaun)

Die Arzneimittelnebenwirkungen an der Haut sind gekennzeichnet durch eine außerordentliche morphologische Vielfalt und können zahlreiche normalerweise arzneimittelunabhängige Dermatosen täuschend nachahmen. An Hand einer Demonstration wenig be- kannter medikamentös bedingter Hauterscheinungen wird gezeigt.

daß bei allen Hauterkrankungen die Möglichkeit einer Verursa- chung durch Arzneimittel bedacht werden muß.

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Abbildung 1: Das gezeigte Trugbild eines Palmarerythems beobachteten wir bei einem 74jährigen Mann. Es handelt sich um ein ungewöhnliches, in dieser Form bisher nicht beschriebenes fixes Arzneimittelexanthem an beiden Handflächen (und in einem fünfmarkstückgroßen Bezirk auf dem Rücken), das durch phenobarbitalhaltige Medika- mente reproduzierbar ausgelöst werden konnte

Abbildung 2: Das Bild der Livedo reticularis (Cutis mar- morata), eine netzartige zyanotisch-bläuliche Zeichnung der Haut infolge Erweiterung der Gefäße des tiefen sub- kutanen Netzes, ist normalerweise Ausdruck eines thermi- schen Schadens. Ganz gleichartige Erscheinungen sieht man nicht selten bei Patienten. die wegen eines Morbus Parkinson mit Amantadine (Adamantyl-Aminsulfat bzw.

Amino Adamantan) behandelt werden

Abbildung 3a (links) und 3b (rechts): Unter Anwendung des zytostatischen Antibiotikums Bleomycin zeigen sich neben viel- fältigen anderen Hauterscheinungen bei etwa 40 Prozent der Patienten eigenartige reversible Pigmentverschiebungen mit unregelmäßig hell- bis tiefbraun melaninbedingten Pigmentierungen und streifenförmigen Aufhellungen

tracht gezogen. Bei den fast gleich häufigen medikamentös induzier- ten akneiformen Hautveränderun- gen wird demgegenüber kaum ein- mal an den Zusammenhang mit Arzneimitteleinnahme gedacht, bei

Hauterscheinungen anderer Mor- phen so gut wie nie.

Unsere Bilddemonstration seltener Arzneimittelschäden an der Haut soll die Vielfalt derartiger Erschei-

nungen in Erinnerung bringen und verdeutlichen, wie notwendig es ist, bei jeder diagnostisch bezie- hungsweise ätiologisch nicht ein- deutig einzuordnenden Hautverän- derung das Vorliegen einer medi-

1870 Heft 25 vom 19. Juni 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Abbildung 4: Als seltene Variante der Arzneimittelurtikaria demonstrieren wir eine „Urticaria bullosa" mit großen Blasenbildungen am Unterarm, ausgelöst durch eine Schmerzmittelkombination (Aminophenazon und Barbitur- säure)

Abbildung 5: Die klinischen Erscheinungen einer Vaccinia inoculata beob- achteten wir bei einer 51jährigen Frau.

Histologisch er- wies sich die Hauterkrankung als multiformes Erythem, und als Ursache konnte eine Phenylbuta- zon-Intoleranz wahrscheinlich gemacht werden

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Abbildung 6: Zum Formenkreis der multiformen Erytheme sind im weiteren Sinne auch die nekrolytischen Exanthe- me zu rechnen, gekennzeichnet durch eine Ablösung um- schriebener — oft großflächiger — Epidermisbezirke in- folge Kolliquationsnekrose bei hochgradiger Hyperergie gegen ein bestimmtes Medikament. Die demonstrierten Hauterscheinungen bei einer 63jährigen Patientin traten nach Einnahme eines Aminophenazon-Barbiturat-haltigen Schmerzmittels auf. Neben der großflächigen Nekrolyse sind die typischen „Kokarden" des Erythema exsudativum multiforme erkennbar

Glücklicherweise selten ist die echte „toxische epiderma- le Nekrolyse (Lyell)" — das Syndrom der verbrühten Haut

—, überwiegend ausgelöst durch Antipyretika, Antiphlogi- stika oder Antibiotika bei vorausgegangenem akuten In- fekt. Schlagartig kommt es im Bereich des gesamten oder fast des gesamten lnteguments zu einer oberflächlichen schlaffblasigen Ablösung der Epidermis wie bei einer uni- versellen Verbrennung zweiten Grades, begleitet von schwerster Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens und gefolgt von septischen Prozessen. Nur sofortige Intensiv- behandlung bietet Aussicht auf Lebensrettung

kamentösen Nebenwirkung in Er- wägung zu ziehen. Das gilt insbe- sondere dann, wenn ein solcher Gedanke zunächst ganz fern zu lie- gen scheint, wie bei Beobachtung eines „Palmarerythems", einer

„Durchblutungsstörung" oder einer

„Verhornungsanomalie" (Abbildun- gen 1 bis 12).

Über die Pathogenese der gezeig- ten Veränderungen herrscht bis

heute nicht in allen Fällen Klarheit.

Nur teilweise können allergische Mechanismen verantwortlich ge- macht werden. Bei anderen Er- scheinungen sind toxische Wirkun- gen oder Einflüsse auf Stoffwech-

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Abbildungen 8a (links) und 8b (rechts): Das klinische Bild des Lichen ruber — solitäre oder zu infiltrierten Beeten aggregierte bläulich-rote polygonale Papeln mit feiner weißlicher Oberflächenzeichnung an der Haut, intensivst juckend, und netzförmige verzweigte zarte weißliche Lei- stenbildungen an der Wangen- und Zungenschleimhaut

— kann in allen Einzelheiten nachgeahmt werden durch die unter einer Rheumatherapie mit Goldsalzen auftreten- den Arzneimittelexantheme

Abbildungen 9a (links) und 9b (rechts): Unter einer Behandlung mit dem antimykotischen Antibiotikum Griseofulvin tritt gelegentlich die gezeigte eigenartige „Verhornungsstörung" mit Vergröberung des Hautleistenreliefs in Erscheinung

sel oder Durchblutung als Auslöser zu vermuten. Bewußt haben wir darauf verzichtet, die teilweise spe- kulativen Anschauungen über die Entstehung der demonstrierten Hautmorphen darzulegen.

Vielmehr sollte an Hand ganz un- terschiedlicher Erscheinungen un- terstrichen werden, daß „Arz-

neimittelnebenwirkungen die der- matologische Differentialdiagnostik schlechthin" darstellen (Korting).

Unter dem Gesichtspunkt, den Pa- tienten vor möglicher weiterer Schädigung zu bewahren, muß an- gestrebt werden, in jedem Einzel- fall durch Einsatz geeigneter Test- verfahren eine eindeutige ursächli-

che Klärung herbeizuführen. Prak- tisch gelingt dies auch mit den dia- gnostischen Möglichkeiten einer großen Klinik nicht immer, insbe- sondere bei sorgfältiger Abwägung des vertretbaren Risikos.

Ist bei klinisch hoher Wahrschein- lichkeit einer Arzneimittelunver- träglichkeit und bei Manifestation

1872 Heft 25 vom 19. Juni 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Abbildung 11: Zu den „vergesse- nen" Nebenwirkungen zählen heute die vorwiegend im Gesicht lokali- sierten- großen braunroten weichen wuchernden Granulationstumoren, die nach überdosierter Zufuhr von Halogenen in Erscheinung treten können (Bromoderma beziehungs- weise Jododerma tuberosum); bei der gezeigten Patientin ausgelöst durch ein bromhaltiges Sedativum

Abbildungen 12a (rechts) und 12b (unten): Mit der Demonstration einer Onychodys- trophie vom Typ der Beauschen Linien als Folge einer Vitamin- A-Intoxikation (70 Millionen Ein- heiten Vitamin A in dreieinhalb Wochen, einge- nommen zur Psoriasisbehand- lung) sowie eines subtotalen Haar- ausfalls (gleiche Patientin) schließen wir unsere Darstel- lung seltener Arzneimittelschä- den ab

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Abbildungen 10a (links) und 10b (rechts): Die Applikation von Steroid-Kristallsuspensionen führt auch bei fachge- recht vorgenommener Injektion — möglicherweise infolge Zurückfließens der Suspension im Stichkanal — bei nicht ganz wenigen Patienten zum Auftreten umschriebener Atrophien des Fettgewebes und der Haut. Neben den häufi- geren Erscheinungsbildern der Lipatrophia beziehungsweise Panatrophia cutis localisata — beides kommt ganz sel- ten auch als idiopathische Erkrankung vor — treten dabei in selteneren Fällen auch streifige Atrophien wie die gezeig- ten auf, die an das Bild einer bandförmigen umschriebenen Sklerodermie oder einer peripheren Nervenlähmung erinnern

schwerer bis bedrohlicher Hautver- änderungen durch In-vitro-Tests und Hauttestungen der Beweis des Zu- sammenhangs nicht zu erbringen, dann empfehlen wir, auf erneute Exposition des verdächtigen Medi-

kaments — auch aus Gründen der Verträglichkeitsprüfung — zu ver- zichten und notwendigenfalls die Verträglichkeit von Arzneimitteln gleicher Wirkrichtung, aber ande- rer Stoffklasse zu erproben.

Anschrift des Verfassers Professor Dr. Hansotto Zaun Leitender Arzt der Hautklinik der Städtischen Krankenanstalten 285 Bremerhaven-Lehe

Wurster Straße 49

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