• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Regenerative Medizin: Erfolge, aber keine Wunder" (30.11.2012)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Regenerative Medizin: Erfolge, aber keine Wunder" (30.11.2012)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 2404 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 109

|

Heft 48

|

30. November 2012

REGENERATIVE MEDIZIN

Erfolge, aber keine Wunder

Die Erwartungen der Bevölkerung an die Regenerative Medizin sind groß.

Einige konnten erfüllt werden, andere nicht. Ein Jubiläumsforum

der Deutschen Gesellschaft für Regenerative Medizin gab einen Überblick.

K

aum ein Gebiet hat sich in den letzten zehn Jahren innerhalb der Biomedizin so rasant entwickelt und ist mit so großen Hoffnungen verknüpft wie das der Regenerativen Medizin. „Taube Rennmäuse hören wieder“, „Schilddrüse für Mäuse gezüchtet“ oder „Gelähmte Dackel laufen dank Stammzellen aus der Nase“ – das sind nur einige der Schlag zeilen der vergangenen Mona - te. Allen beschriebenen Forschungs- ansätzen gemeinsam ist die Devise:

regenerieren statt reparieren.

In der Tat sind die Potenziale der Regenerativen Medizin groß. Doch ihr Weg in die medizinische Versor- gung ist lang. Denn von der Vision, kranke Organe ganz einfach verjün- gen zu können, sei man weit ent- fernt, konstatierte Prof. Dr. med.

Konrad Kohler vom Zentrum für Regenerationsbiologie und Regene- rative Medizin am Universitätsklini- kum Tübingen. Die Regenerative Medizin sei in den letzten Jahren zwar von vielen Erfolgen gekenn- zeichnet gewesen, aber auch von Rückschlägen, sagte er zur Eröff-

nung des Herbstforums „Regenerati- ve Medizin zwischen Realität und Fiktion“ anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Deutschen Gesell- schaft für Regenerative Medizin (GRM) Anfang November in Berlin.

Defizite beim Hautersatz In der klinischen Praxis wurden re- generative Verfahren bereits für den Einsatz an Haut, Knorpel oder Herz angewendet. Doch während vor zehn Jahren die Transplantation von adulten Stammzellen als sehr er- folgversprechendes Einsatzgebiet von Stammzellen zur Verbesserung der Herzfunktion nach einem In- farkt galt, haben große klinische Studien diese Hoffnung inzwischen wieder relativiert.

Ähnlich sieht es beim Hautersatz aus: Trotz intensiver Forschung habe das Tissue Engineering der menschlichen Haut bisher ent- täuscht, erklärte Prof. Dr. med.

Hans-Oliver Rennekampff vom Zentrum für Schwerbrandverletzte der Medizinischen Hochschule Hannover und Wissenschaftlicher

Sprecher der GRM. Trotz kleinerer Erfolge gelinge es noch nicht, die Bildung von Narben zu verhindern, bestehende Narben zurückzubilden oder die „neue Haut“ zu pigmen - tieren, sagte der Chirurg. Künftige regenerative Ansätze sieht er in der Behandlung mit Suspensionen, die mesenchymale Stammzellen des Patienten enthalten, aber auch in der Kombination mit biophysikali- schen Therapien.

Doch es gibt auch Erfolgsmel- dungen: Als Standardtherapie, die Leben rettet, gilt mittlerweile die Transplantation von hämatopoeti- schen Stammzellen bei vielen Leuk - ämien und Lymphomen. „Wir haben inzwischen gelernt, dass die Wech- selwirkung der Stammzellen mit den sogenannten Stammzellnischen das Schicksal der Stammzellen wie Selbsterneuerung, Differenzierung und Alterung bestimmt, erklärte Prof. Dr. med. Anthony Ho, Ärztli- cher Direktor der Medizinischen Klinik V der Universität Heidelberg.

Um die Bindung zwischen Stamm- zellen und der Nische zu lösen, wür- den heutzutage Reagenzien wie Ple- rixafor eingesetzt, die dafür sorgten, dass die blutbildenden Stammzellen ihre Nische im Knochenmark verlas- sen und in das Blut ausgeschwemmt werden, wo sie zu Transplantations- zwecken gewonnen werden könn- ten. „Plerixafor ist inzwischen für die Stammzellgewinnung zugelas- sen und stellt ein gutes Beispiel für die Errungenschaften der Mecha- nismenforschung bei der Entwick- lung von Stammzelltech nologien dar“, betonte Ho. Es habe aber mehr als 20 Jahre gedauert, bis die Stammzelltransplantation bei Blut- krebs als Standardtherapie weltwei- te Akzeptanz gefunden habe, und noch weitere zehn Jahre, bis die Be- handlung von den Versicherungs- trägern anerkannt wor den sei, gab Beispiel Urologie:

Autologes Zelltransplantat, hier in Zellkultur - flaschen, soll helfen, Harnröhren zu rekonstruieren und Verengungen zu

therapieren.

Foto: dpa

P O L I T I K

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 109

|

Heft 48

|

30. November 2012 A 2405 der Onkologe zu bedenken: „Rea-

listisch betrachtet stehen wir in der Stammzellforschung für die Rege- nerative Medizin erst am Anfang eines langen Weges.“

Immunmodulation möglich Mit aller Vorsicht berichtete des- halb die Pädiaterin und Diabetolo- gin Dr. med. Katharina Warncke von der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Krankenhaus München-Schwabing und Mitglied der Diabetes-For- schergruppe am Helmholtz-Zen- trum München über immunmodula- torische Verfahren zur adjuvanten Therapie des Diabetes mellitus Typ 1. Kinder würden derzeit im Rahmen einer Studie ihrer Arbeits- gruppe mit Zellen aus dem Blut ih- rer eigenen Nabelschnur behandelt, erklärte sie. Es enthalte sehr viele Zellen, die die falsche Reaktion des Immunsystems korrigieren könn- ten. Ob die Therapie jedoch lang- fristig wirke, könne jetzt noch nicht abgeschätzt werden, sagte Warn- cke. Bisher hätten sie die Kinder jedoch gut vertragen; Nebenwirkun - gen verursache sie nicht. „Die Stu- die ist ein wichtiger weiterer Schritt auf dem Weg zum Verständnis der Toleranzinduktion bei Autoimmun- erkrankungen“, betonte die Ärztin.

Die Unterstützung der Politik bei ihrer Forschung sicherte Prof. Dr.

Martin Neumann den Wissenschaft- lern zu. „Es gibt keine Alternative zu einer Politik, die auf Forschung, Entwicklung und Innovation setzt“, sagte der forschungspolitische Spre- cher der FDP-Bundestagsfraktion.

Unterstützung durch den Gesetz- geber benötigen die Wissenschaft- ler beispielsweise in Bezug auf Biobanken. „Wir müssen bei der gesetzlichen Regelung von Bio - banken die Individualrechte der Spender wahren und gleichzeitig die Forschung fördern“, erklärte Kohler. Problematisch sei, dass ne- ben einigen großen Biobanken noch etwa 10 000 kleine Projekte exis- tierten, bei denen dieselben stren- gen Bestimmungen wie für die gro- ßen Biobanken angesetzt würden.

Die Forscher plädieren daher für ab gestufte Regelungen.

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

„STERBEN IN DEUTSCHLAND“

Leben mit dem Tod

Die meisten Deutschen kennen inzwischen den Begriff

„Hospiz“. Das ist eines der teilweise überraschenden Ergebnisse einer Bevölkerungsbefragung.

D

ass Tod und Sterben nicht mehr tabuisiert werden, da- für gibt es inzwischen viele Belege.

So widmete beispielsweise die ARD im November dem „Leben mit dem Tod“ eine eigene Themen- woche. Dr. med. Birgit Weihrauch, bis vor kurzem Vorstandsvorsitzende des Deutschen Hospiz- und Palliativ- verbands (DHPV), konnte Mitte November beim 92. Aachener Hos- pizgespräch dies auch anhand eini- ger Ergebnisse der repräsentativen Bevölkerungsbefragung „Sterben in Deutschland – Wissen und Ein- stellungen zum Sterben“ des DHPV untermauern. Und diese Ergebnisse seien selbst für den Hospiz- und Palliativverband teilweise überra- schend, betonte Weihrauch.

Alternativen bieten

58 Prozent der Befragten gaben an, dass sich die Gesellschaft mit dem Thema zu wenig befasse. Immerhin 89 Prozent erklärten, dass sie schon einmal vom Begriff „Hospiz“ gehört hätten, und 66 Prozent konnten den Begriff sogar richtig definieren. Das hält Weihrauch für „unglaublich viel“, auch im Vergleich zum Begriff

„palliativ“, den nur 32 Prozent der Befragten richtig zuordnen konnten.

Auf jeden Fall gehe aus diesen Er- gebnissen aber hervor, dass sich un- sere Gesellschaft in den letzten 30 Jahren seit dem Beginn der Hospiz- bewegung deutlich verändert habe, was den Umgang mit Sterben und Tod angehe, sagte Weihrauch. Den- noch wüssten viele Menschen im- mer noch nicht, wozu man ein Hospiz wirklich benötige, schränkte Thomas Sitte, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Palliativstiftung in Fulda, ein. „Wir müssen dazu kom- men, dass jeder weiß, dass er sich auf die Hospizbewegung und Pallia- tivversorgung verlassen kann.“

Denn nur dann könne man verzwei-

felten Menschen Alternativen bie- ten. Sitte betonte: „Ich begleite, aber ich will das Sterben nicht beschleu- nigen, sondern nur erleichtern.“ Nie- mand sollte aus Verzweiflung „in die Schweiz fahren wollen“ oder um as- sistierten Suizid bitten.

66 Prozent der Befragten gaben an, zu Hause sterben zu wollen. 18 Prozent wollen in einer Einrichtung zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen sterben. Die tatsächlichen Zahlen sähen aller- dings anders aus, berichtete Weih- rauch. Die meisten Menschen (47 Prozent) stürben nach wie vor im Krankenhaus, rund 30 Prozent in einer stationären Pflegeeinrichtung und etwa 25 Prozent zu Hause.

Weihrauch fordert deshalb, den Auf- bau ambulanter Versorgungsstruktu- ren weiter voranzubringen, um es Menschen zu ermöglichen, dort zu sterben, wo sie dies möchten. Eine zentrale Rolle bei der Betreuung von Menschen in der letzten Lebenspha- se komme dabei dem Hausarzt zu, der auch beim Abfassen von Pa - tientenverfügungen eine beratende Funktion einnehmen könne. Dass Patientenverfügungen zunehmende Bedeutung erlangen, ist ein weiteres Ergebnis der Umfrage. Danach ha- ben 26 Prozent der Befragten bereits eine Patientenverfügung verfasst.

Die Palliativmedizin hat in den letzten Jahren eine beeindruckende Entwicklung genommen. Darin waren sich die circa 250 Teilnehmer der Aachener Hospizgespräche einig.

Dennoch gibt es nach wie vor zahl - reiche Defizite. So forderte der Präsi- dent der Deutschen Ge sellschaft für Palliativmedizin, Prof. Dr. med. Frie- demann Nauck, eine evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage.

Gisela Klinkhammer

@

Die Umfrage im Internet:

www.aerzteblatt.de/122405

P O L I T I K

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Durch Aufheizen der Kathode auf etwa 2 000 Grad Celsius werden Elektronen frei, die durch Anlegen einer Spannung beschleunigt und zur Anode gelenkt werden.. Beim Auf- treffen

Dies widerspiegelt sich auch in Abbildung 1, wo sich etwa 2005, also fünf Jahre nach Austritt aus der obligatorischen Schule, immer noch fast ein Viertel der Kohorte in einer

Ebenso wichtig ist natürlich die Beobachtung des Nettotransports von Was- ser aus den Ozeanen in die Atmosphäre (Verdunstung minus Niederschlag auf die Ozeane), der

Die Frauen suchen nach einem längeren Ausstieg aus dem Berufsleben aufgrund Kin- derbetreuung oder Pflege von Angehörigen einen Weg zurück in ihren bisherigen Beruf bezie-

Wir sind sehr dankbar für alle erfahrene Unterstützung, die es uns möglich gemacht hat, dreißig Jahre lang andere zu unterstützen, damit sie nicht nur ein gutes Sterben, sondern

Nach seinem Rücktritt wird sich Urs Niggli als Präsident von FiBL Deutschland, FiBL Österreich und FiBL Europe weiterhin für die Bioforschung engagieren und sein Know-how auch

In einem Schreiben an seinen russi- schen Amtskollegen Michail Tokarew betonte OB Win- genfeld gleichwohl: „Wir dürfen darauf vertrauen, dass die partnerschaftlichen

Welche Form der Lebewesen wir auch immer betrachten (Pflanzen, Tiere, Menschen), bil- den diese bis heute die Gruppe der Hauptelemente. Ohne diese entstand und existiert auch