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Archiv "Interview mit Dr. med. Sabine Oestreicher, Ärztin und Medizinische Beirätin des Vereins „Partnerschaft gesunde Welt“: Mit sehr wenig viel erreichen" (27.09.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 39

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27. September 2013 A 1823

Mit sehr wenig viel erreichen

Der Verein „Partnerschaft gesunde Welt“des Klinikverbundes Südwest organisiert seit zwei Jahren karitative Projekte in Entwicklungsländern.

Wie kommt ein Klinikum dazu, eine pri- vate Hilfsorganisation zu gründen?

Oestreicher: Es bestand schon seit längerem eine Partnerschaft mit ei- nem Krankenhaus in Kampala, der Hauptstadt Ugandas. Die war aber eingeschlafen. Einer unserer Mitar- beiter hat diese Partnerschaft vor zwei Jahren mit viel Engagement wiederbelebt. Inzwischen zählt der Verein 184 Mitglieder. Wir finan- zieren uns durch die Mitgliedsbei- träge, Kalenderaktionen in der Vor- weihnachtszeit und auch durch Sponsorengelder.

Wie wählen Sie Ihre Hilfsprojekte aus, und welche Hilfe leisten Sie?

Oestreicher: Die Projekte sollen Sinn ergeben, nachhaltig sein und wirklich helfen. Dem Verein wer- den regelmäßig Projekte vorge- schlagen, und es wird dann bespro- chen, ob sie für uns infrage kom- men. Neulich zum Beispiel hat der Klinikverbund Südwest 38 Betten ausgetauscht. Wir konnten diese noch vollwertigen Betten dann per Container nach Uganda schicken.

Vorher haben wir eine Kosten-Nut- zen-Rechnung gemacht: Werden die Betten tatsächlich benötigt, ist es nicht günstiger, Betten vor Ort zu kaufen, passen die Betten ins ugan- dische Krankenhaus? Schließlich haben wir uns dazu entschlossen, sie zu verschiffen.

Wo leistet der Verein sonst noch huma- nitäre Hilfe?

Oestreicher: Außerdem bekommt ein Landkrankenhaus in Naggala- ma, einem kleinen ugandischen Dorf, Unterstützung von uns. Kürz- lich haben wir ein Hilfsprojekt im Sudan durchgeführt. Wir hatten er-

fahren, dass in einem sudanesi- schen Krankenhaus Zähne mit Zan- gen aus dem Baumarkt gezogen wurden. Ein Zahnarzt aus Deutsch- land erklärte sich bereit, einen kom- pletten Satz an Instrumenten zu spenden. Momentan haben wir drei Krankenschwestern aus Uganda bei uns zu Gast, die hier eine Ausbil- dung zur medizinischen OP-Kraft machen. Außerdem unterstützen wir ein Waisenhaus in Uganda und haben kürzlich Kontakt zu einem Verein in Nigeria aufgenommen, der dort ein Kinderheim unterhält.

Was machen Sie anders als die großen Hilfsorganisationen?

Oestreicher: Wir haben den direk- ten Kontakt zu den Bedürftigen, können ihnen ganz gezielt helfen und haben die Möglichkeit, uns mit eigenen Augen anzuschauen, ob die Projekte funktionieren. Da der Ver- ein rein ehrenamtlich geführt wird, haben wir keinerlei Verwaltungs-

kosten und können sämtliche finan- ziellen Mittel für die karitative Ar- beit verwenden. Regelmäßig fahren Vereinsmitglieder in die jeweiligen Länder, um zu helfen und um Hilfs- güter zu überreichen. Ich war im Februar selbst das erste Mal in Uganda vor Ort und konnte mir per- sönlich ansehen, wie dort die Arbeit aussieht.

Was hat Sie bei der Reise nach Uganda am meisten beeindruckt?

Oestreicher: Uganda ist ein Land, das bisher kaum vom Tourismus gestreift wurde, und die Leute sind dementsprechend nicht auf Auslän- der eingestellt. Ich hatte den Ein- druck, dass die Menschen dort un- glaublich ruhig, friedlich und zu- rückhaltend sind. Es wird versucht, mit den einfachsten Mitteln zu hel- fen, und es ist schnell spürbar, dass es in dem Land an fast allem man- gelt. Nun ist es aber so, dass für be- stimmte medizinische Behandlun- gen, genau wie in entwickelten Ländern, eine spezielle medizini- sche Ausrüstung benötigt wird. Bei Aidspatienten braucht der Arzt oder anderes medizinisches Personal nun mal sterile Handschuhe, für ei- ne gute Versorgung sind hygieni- sche OP-Räume und saubere OP- Wäsche notwendig. Einerseits ver- fügen die Krankenhäuser über sehr geringe finanzielle Mittel, anderer- seits sollte es dort, alleine schon aus Sicherheitsgründen, ähnlich hygie- nisch wie an deutschen Kranken- häusern zugehen. Da ist schon eine sehr große Diskrepanz zu sehen.

Doch da das Land so arm ist, kann man glücklicherweise auch mit sehr wenigen Mitteln sehr viel errei-

chen. ►

INTERVIEW

mit Dr. med. Sabine Oestreicher, Ärztin und Medizinische Beirätin des Vereins „Partnerschaft gesunde Welt“

Ordensschwester Alex und Vereins- mitglied Sabine Pühl im Kranken- haus in Kampala, der Hauptstadt Ugandas, während eines zehntägigen Besuchs im ostafri- kanischen Land

Foto: privat

S T A T U S

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A 1824 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 39

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27. September 2013 Welche medizinischen Leistungen wer-

den in Uganda am häufigsten in An- spruch genommen?

Oestreicher: Ein ganz großes The- ma ist die Geburtshilfe. Die Frauen bekommen sehr viele Kinder, und es müssen dementsprechend häufig Kaiserschnitte durchgeführt wer- den. Außerdem gibt es sehr viele Malariaerkrankungen, Aidskranke, Verbrennungsopfer, Diabetes, Ver- kehrsunfallopfer und schlecht hei- lende Wunden.

Welches waren Ihre bewegendsten Momente?

Oestreicher: Als wir in Naggalama ankamen, wurde unserer Gruppe aus Deutschland das Landkranken- haus gezeigt. Die Leiterin des Krankenhauses machte uns darauf aufmerksam, dass sich die OP-Wä- sche in der einzigen Waschmaschi- ne zur Reinigung befand. In sol- chen Fällen muss ein Krankenhaus- mitarbeiter in ein anderes Hospital fahren, um dort Wäsche auszulei- hen. Wir haben fünf Koffer voll mit

Hilfsgütern aus Deutschland mitge- bracht, unter anderem OP-Kittel und Abdecktücher. In Zukunft muss also keiner mehr in ein anderes Krankenhaus fahren. Die Freude, die wir damit ausgelöst haben, war mein persönliches Highlight. In deutschen OP-Räumen werden nur noch Einwegutensilien benutzt.

Diese Mehrweggegenstände kön- nen wir an ugandische Krankenhäu- ser verschenken und auf einfache Weise große Hilfe leisten.

Was war Ihre größte Frustration?

Oestreicher: Der medizinische Leiter des Krankenhauses in der Hauptstadt hat mich im Vorfeld der Reise seitenweise E-Mails überset- zen lassen. Ich habe zwei kleine Kinder, bin beruflich sehr einge- spannt und habe dann nachts die Texte übersetzt. Als wir in Kampala ankamen, hat dieser Arzt die Frauen unserer Gruppe vollkommen igno- riert, wollte gar nicht mit uns reden und hat sich so verhalten, wie als würde er mir als Ärztin keine medi- zinischen Kompetenzen zutrauen.

Allerdings kommt so etwas nicht nur in Afrika vor. Letztendlich habe ich versucht, so wenig Zeit wie nur möglich mit diesem Mann zu ver- bringen. Ich bin dann mit anderen Ärzten auf Visite gewesen, habe den Betriebskindergarten des Kran- kenhauses besucht und hatte dort wunderschöne Erfahrungen. Mir ist meine Zeit zu schade, als sie mit diesem Arzt zu verbringen.

Wie sind die Pläne für die kommenden Jahre?

Oestreicher: Wir sind gerade in der Planung, Hilfsgüter in die Mongo- lei zu schicken. Mein persönliches Anliegen ist es, dem Krankenhaus in Naggalama wieder auf die Füße zu helfen. Außerdem wäre es wün- schenswert, wenn wir mehr Raum zum Lagern hätten. Bisher bewah- ren wir die jeweiligen Güter in un- seren privaten Kellern auf, und wenn wir die Container zum Ver- schiffen beladen, ist es logistisch oftmals sehr mühsam, die Sachen

zusammenzutragen.

Das Interview führte Philipp Ollenschläger.

Telefonieren im OP

Die außerordentliche Kündigung eines Chef- arztes wegen privater Telefonate im Operati- onssaal während laufender Operationen ohne vorherige Abmahnung ist unverhältnismäßig, wenn der Arbeitgeber zuvor unter den gleichen Bedingungen dienstlich veranlasste Telefonate geduldet hat. Dies hat das Bundesarbeitsge- richt entschieden.

Ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kann nur dann gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Ar- beitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Im Vergleich zu einer außerordentlichen fristlo- sen Kündigung kommen insbesondere als mil- dere Mittel eine Abmahnung oder eine ordent- liche Kündigung in Betracht. Sie sind dann al- ternative Mittel, wenn sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolg- ten Zweck – nicht die Sanktion pflichtwidrigen

Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risi- kos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnis- ses – zu erreichen. Beruht die Vertragspflicht- verletzung auf steuerbarem Verhalten des Ar- beitnehmers, ist grundsätzlich davon auszuge- hen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Be- stand des Arbeitsverhältnisses positiv beein- flusst werden kann. Ordentliche und außeror- dentliche Kündigungen wegen einer Vertrags- pflichtverletzung setzten deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus.

Im vorliegenden Fall hatte der Arzt seine Vertragspflichten in erheblicher Weise ver- letzt, in dem er sein privates Mobiltelefon im Operationssaal auch bei privaten Telefonaten benutzt hat. Sowohl im Hinblick auf seine lei- tende Position als auch auf die gesteigerte Verantwortung für Leben und Gesundheit der Patienten während einer Operation ist er ver- pflichtet, bei Störungen, die die Konzentration aller Mitglieder des Operationsteams beein- trächtigen könnten und die nicht durch Notfäl- le bedingt oder aus medizinischen Gründen erforderlich sind, zu vermeiden. Allerdings ist im konkreten Fall zu beachten, dass im be-

klagten Krankenhaus kein generelles Verbot besteht, während einer Operation zu telefo- nieren. Unstreitig ist vielmehr, dass dienstliche Telefonate während laufender Operationen zumindest geduldet werden. Dementspre- chend ist die Mitnahme von Diensttelefonen in den Operationssaal nicht beanstandet wor- den. Für Fälle dienstlich veranlasster Telefo- nate ist somit billigend in Kauf genommen worden, dass die Konzentration der Mitglieder eines Operationsteams durch Telefonate be- einträchtigt würde, auch ohne dass ein Not- oder Ausnahmefall vorläge. Das vertragswidri- ge Verhalten erscheint nach Auffassung des Gerichts unter diesen Umständen in einem deutlich milderen Licht. Mit privaten Telefona- ten ist keine andere Beeinträchtigung der ärztlichen Konzentration und Gefahr für die Stabilität der Umgebung verbunden als mit dienstlich veranlassten. Sie erhöhen die frag- lichen Risiken nur in quantitativer, nicht in qualitativer Hinsicht. Unter diesen Umständen war vor Ausspruch einer Kündigung eine Ab- mahnung des Arztes erforderlich (BAG, Urteil vom 25. Oktober 2012, Az: 2 AZR 495/11).

RAin Barbara Berner

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