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Archiv "Arbeitsrecht: Ein Streikgesetz gibt es nicht" (08.07.2013)

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ARBEITSRECHT

Ein Streikgesetz gibt es nicht

Auch der Marburger Bund hat seit 2006 bereits mehrmals zum Mittel des Streiks gegriffen, um die Interessen der Ärztinnen und Ärzte erfolgreich durchzusetzen.

Ein Artikel über die Grundlagen des Streikrechts

D

as Recht zu streiken, hat Verfassungsrang und leitet sich aus Artikel 9 Absatz 3 Grund- gesetz (GG) ab. Dort ist etwas um- ständlich formuliert: „Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingun- gen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Beru- fe gewährleistet.“ Dieser Artikel garantiert die sogenannte Koaliti- onsfreiheit in zweierlei Hinsicht:

Geschützt ist das Recht, sich ent- weder in Gewerkschaften bezie- hungsweise Arbeitgebervereinigun- gen zu organisieren oder sich eben von solchen Vereinigungen fernzuhalten.

Das typische Gestaltungsmittel zur „Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingun- gen“ ist dazu der Tarifvertrag, in dem unter anderem Vergütungen und Arbeitsbedingungen geregelt werden. Der Staat hat dabei weder

ein Mitsprache- noch ein Mitrege- lungsrecht. Er darf beispielsweise kein Streikverbot verhängen oder einen bestehenden Tarifkonflikt zwangsweise schlichten. Dieser Ausschluss des Staates ist deswe- gen von Bedeutung, weil er häufig selbst Tarifpartei ist, zum Beispiel über seine Bundesländer und die Kommunen in ihrer Funktion als Träger von Krankenhäusern.

Andere gesetzliche Grundlagen gibt es nicht, insbesondere existiert kein „Streikgesetz“. Das Streik- recht wird seit Bestehen des Grund- gesetzes durch Bundesarbeitsge- richt und Bundesverfassungsgericht in verschiedenen Grundsatzent- scheidungen als „Richterrecht“

fortentwickelt. Aus diesen Ent- scheidungen leiten sich folgende Voraussetzungen für einen recht - mäßigen Streik ab:

Ein Streik ist die kollektive Ar- beitsniederlegung und soll dazu

dienen, bestimmte arbeitsrechtliche Interessen oder Ziele gegenüber der Arbeitgeberseite durchzusetzen.

Während der vereinbarten Laufzeit eines Tarifvertrags besteht jedoch eine beiderseitige Friedenspflicht.

Wird der Tarifvertrag hingegen ge- kündigt, fällt die Friedenspflicht mit Ablauf der Kündigungsfrist weg.

Wilde Streiks, die von Beschäf- tigten spontan und ohne Gewerk- schaftsbeteiligung durchgeführt werden, sind rechtswidrig. Erst wenn eine Gewerkschaft einen wil- den Streik „übernimmt“, wird auch dieser rückwirkend rechtmäßig.

Das allerletzte Mittel

Ein Streik darf nur als Druckmittel zur Durchsetzung eines tarifver- traglich regelbaren Ziels eingesetzt werden, also zum Beispiel bessere Arbeitszeiten und höhere Vergü- tung. Dagegen sind „Sympathie- streiks“ zugunsten branchenfrem-

Die Koalitions- freiheit ist in Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz gere- gelt: „Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirt- schaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.“

Foto: dpa

2 Deutsches Ärzteblatt I Heft 27 I 8. Juli 2013

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In Zeiten des Ärztemangels müssen sich die Krankenhäuser als Arbeit- geber bei den Ärztinnen und Ärzten bewerben. Doch welche Faktoren machen ein Krankenhaus zu einem attraktiven Arbeitgeber? Gemeinsam mit Schubert Management Consultants hat der Deutsche Ärzte-Verlag insgesamt 577 Medizinstudierende, Ärzte in Weiterbildung sowie Fach-, Ober- und Chefärzte nach ihren Präferenzen befragt. Projektleiterin Vanessa Bauhüs zu den wichtigsten Ergebnissen der Befragung

Frau Bauhüs, was macht ein Krankenhaus als Arbeitgeber für Ärztinnen und Ärzte attraktiv?

Bauhüs: Sicher ist: Es reicht heutzutage längst nicht mehr aus, allein auf die Reputation des Chefarztes zu setzen, um qualifizierten ärztli- chen Nachwuchs für die Klinik zu erhalten. Soziale Medien wie Face- book und Co. bringen allerdings auch keinen großen Nutzen. Das Teamklima, Weiter- und Ausbildungsmöglichkeiten sowie die Arbeits- zeitgestaltung sind hingegen Schlüsselfaktoren, die die Krankenhäuser und vor allem deren Leitende unbedingt berücksichtigen sollten. Dies belegen die Ergebnisse der Studie „Arbeitgeberattraktivität deutscher Krankenhäuser“, die wir in Kooperation mit dem Deutschen Ärzte-Ver- lag durchgeführt haben.

Der Unterschied zwischen den Einschätzun- gen der leitenden Ärzte und sonstigen der ärztlichen Mitarbeiter ist bemerkenswert:

Von den 86 an der Studie teilnehmenden Leitenden Ärzte schätzen auf einer fünf-

stufigen Skala 79 Prozent das medizinische Leistungsspektrum als

„wirksam“ oder „sehr wirksam“ für die Arbeitgeberattraktivität ein.

78 Prozent geben dem Teamklima eine der beiden Höchstnoten, 76 Prozent den Weiter- und Ausbildungsmöglichkeiten und 74 Pro- zent dem Image der einzelnen Fachabteilungen.

Bei den 256 an der Studie teilnehmenden ärztlichen Mitarbeitern steht das Teamklima an oberster Stelle der Prioritätenliste (89 Pro- zent geben „sehr wichtig“ bis „essenziell“ an), gefolgt von Weiter- und Ausbildungsmöglichkeiten (82 Prozent) und der Arbeitszeitge- staltung (81 Prozent). Das medizinische Leistungsspektrum sehen immerhin 66 Prozent als „sehr wichtig“ bis „essenziell“ an, das Image einzelner Fachabteilungen hingegen nur 36 Prozent.

Sowohl die Leitenden Ärzte als auch die ärztlichen Mitarbeiter beurtei- len die Verfügbarkeit einer Karrierehomepage und den Auftritt in sozialen Medien als am unwirksamsten beziehungsweise unwichtigsten.

FRAGE DER WOCHE AN . . .

Vanessa Bauhüs, Diplom-Psychologin und Beraterin der Schubert Management Consultants GmbH & Co. KG der Arbeitnehmer unzuläs-

sig. Ärzte dürfen also zum Beispiel nicht zugunsten von Lohnerhöhungen für Lokomotivführer streiken.

Auch politische Ziele, etwa der Erlass eines bestimmten Gesetzes, dürfen nicht mit- tels eines Streiks verfolgt werden, weil es sich nicht um eine Regelung in einem Tarifvertrag handelt.

Ein Streik muss geeig- net, angemessen und im Hinblick auf das ange- strebte Ziel verhältnismä- ßig im engeren Sinn sein.

Aus diesen abstrakt for - mulierten Rechtsprinzipien wird abgeleitet, dass ein Streik nur das allerletzte Mittel bei Tarifver- handlungen sein darf, wobei aller- dings sogenannte Warnstreiks zu- lässig sind. Auch darf ein Streik nicht auf die Existenzvernichtung der Gegenseite gerichtet sein. Voll- kommene Betriebsblockaden oder -besetzungen oder gar die Bege- hung von Straftaten sind keines-

falls durch das Streik- recht legitimiert. Als Streikmaßnahmen der Ärzteschaft sind zum Beispiel zulässig die Absage von Operatio- nen und die Beschrän- kung auf die Versor- gung von Notfällen.

Auch das Abmelden vom Notfalldienst ist möglich, soweit ande- re Krankenhäuser zur Verfügung stehen. Pa- tienten können sogar in andere Krankenhäuser verlegt werden. Auch Boykottaufrufe in der Öffentlichkeit sind er- laubt. Allerdings dürfen durch die Streikmaßnahmen keine Patienten zu Schaden kommen.

Eine Urabstimmung ist dagegen keine zwingende rechtliche Voraus- setzung für einen Streik. Gleich- wohl führen Gewerkschaften in der Regel immer eine Mitgliederbefra- gung durch, um sich des Rückhalts ihrer Mitglieder zu versichern.

Liegen die genannten Vorausset- zungen vor, handelt es sich um ei- nen rechtmäßigen Streik. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies, dass er während der Dauer des Streiks nicht zu arbeiten braucht. Dafür braucht der Arbeitgeber in dieser Zeit auch keinen Lohn zu zahlen – das Arbeitsverhältnis ruht und lebt erst nach Ende des Streiks wieder auf. Arbeitsrechtliche Sanktionen des Arbeitgebers, gleich welcher Art, gegen den rechtmäßig Strei- kenden sind unwirksam. Handelt es sich dagegen um einen rechtswidri- gen Streik, droht dem Arbeitnehmer eine Abmahnung, gegebenenfalls auch die Kündigung, wenn der Ar- beitnehmer die Rechtswidrigkeit des Streiks erkennen konnte. In der Regel darf sich ein Arbeitnehmer aber auf seine Gewerkschaft verlas- sen. Dafür drohen dann der Ge- werkschaft gegebenenfalls Unter- lassungs- und Schadensersatzan-

sprüche.

Fenimore Freiherr von Bredow Fachanwalt für Arbeitsrecht Kanzlei Domernicht, von Bredow, Wölke, Köln Die kollektive Ar-

beitsniederlegung soll dazu dienen, bestimmte arbeits- rechtliche Inter - essen oder Ziele gegenüber der Arbeitgeberseite durchzusetzen.

Foto: MAST/Fotolia

4 Deutsches Ärzteblatt I Heft 27 I 8. Juli 2013

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