der Chemischen Industrie in Frank- furt sieht ebenfalls einen „dringen- den Handlungsbedarf", doch die Er- satztechnologien müßten erst ausge- reift sein. Dabei habe die Bundesre- publik eine „Vorreiterrolle" über- nommen Nader verweist auf die freiwillige Verpflichtung der Her- steller, die Produktion von FCKW bis 1995 einzustellen. Ein Verzicht sei vielleicht sogar schon in zwei Jah- ren möglich, falls Ersatzstoffe zur Verfügung stünden. Auch die An- wendung werde bereits in diesem
Man muß die Zahl „in Worten"
sehen, um ihre volle Bedeutung zu erfassen: Zum zweihundertfünfzig- sten Mal hat in der Krebsnachsorge- klinik Bad Trissl (bei Oberaudorf im oberbayerischen Inntal) die „Klinik- Talkshow" stattgefunden.
Rund 600 Prominente jeglicher Couleur haben im Verlauf von 14 Jahren dem Medizinjournalisten und Talkmaster Dr. med. Georg Schrei- ber Rede und Antwort gestanden, etliche von ihnen mehrfach, einige sogar vielfach. Seit 1964 haben insge- samt 1200 Teilnehmer auf dem Podi- um im Speisesaal der Klinik geses- sen. Für einen Entertainer, der von Hause aus mehr Schreibender als Sprechender war und in das „Medi- um Talk" selbst erst hineinwachsen mußte, ist das eine enorme Leistung, die ohne Wenn und Aber reif ist für das Guinness-Buch der Rekorde.
Das Publikum, für das diese au- ßergewöhnliche und unverwechsel- bare, ebenso einmalig wie einzigartig gebliebene Sprech-Schau veranstal- tet wird — nämlich die krebskranken Patienten, denen nach ihrer Primär- therapie hochqualifizierte klinische Nachsorge zuteil wird (die Klinik Bad Trissl ist „Außenstation" des Tumorzentrums München der bei- den Münchner Medizinfakultäten) — freut sich auf jeden neuen Talk-Ter-
Jahr weiter sinken. Deutschland könnte also im Jahr 1994 praktisch
„FCKW-frei" sein.
Bundesumweltminister Prof. Dr.
Klaus Töpfer (CDU) verwies auf die Erfolge der Bundesregierung zum Schutz der Ozonschicht. Weltweit sollte FCKW bis zum Ende des kom- menden Jahrzehnts nicht mehr pro- duziert und verbraucht werden. Er- satzstoffe und -techniken müßten auch für die Länder der Dritten Welt zugänglich gemacht werden, forderte der Minister. Kli
min, nimmt Anteil an den Gesprä- chen, lacht über Heiteres, wird nach- denklich bei Ernstem und zieht aus dem Miterleben Gewinn für den Kli- nikalltag.
Weil also auf dem Trissler Podi- um in Angebot und Wirkung viel Gu- tes zusammenläuft, weist Dr. Georg Schreiber seiner Gesprächsrunde gern den Effekt zu, „Erste Hilfe aus Zweiter Hand" zu leisten. In die glei- che Richtung deuten seine Marken- zeichen „Mit-Therapie von außen"
oder „Unklinische Visite".
Doch eben diese Slogans haben ihm Kritik von Ärzten eingetragen, vor allem aus den Reihen der Kran- kenhaus-Onkologen. In ihrer Wort- wahl nicht einmal immer akademisch maßvoll, zweifeln Arztkollegen den therapeutischen Wert einer Klinik- Talkshow an. Wie könne, fragen sie, eine Show nennenswerte Wirkungen haben, wenn sie alle fünf Wochen einmal über das Podium geht, die meisten Patienten aber bei durch- schnittlich sechswöchiger Nachsorge nur einmal, allenfalls zweimal daran teilnehmen? Können, so wird weiter gefragt, Einblicke in die Sorgen, Nö- te und Ängste anderer Menschen, wie sie nahezu jede einzelne Talk- show eröffnet, die seelische Bela- stung der zuhörenden Patienten im Sinne der unerläßlichen kontinuier-
lichen psychologischen Führung Krebskranker tatsächlich beeinflus- sen?
Vielleicht würde die Einschät- zung der Talkshow durch Ärzte, die mit der Schwierigkeit dauerhafter seelischer Aufhellung von Krebspa- tienten vertraut sind, etwas weniger skeptisch ausfallen, wenn der Talk- master seinem Publikum nicht schon mehrfach die alte Geschichte erzählt hätte, „daß die Ankunft eines Clowns für die Kranken eines Dorfes besser sei als die Ankunft von drei mit Medikamenten beladenen Eseln". So etwas muß provozieren.
Und durch Schlenker dieser Art, die nicht einmal böse gemeint sein müs- sen, fühlen sich diagnostisch und therapeutisch verantwortlich tätige Ärzte nicht eben ermutigt, Vorbe- halte zu revidieren.
Muß übrigens die Latte des An- spruchs so hoch gelegt werden? Muß die Talkshow gleich „Mit-Therapie"
oder, wie die „Süddeutsche Zeitung"
titelte, „Psychische Medizin" sein?
Genügt es nicht, von Abwechslung, Ablenkung, Zerstreuung oder sum- ma summarum von bester Unterhal- tung zu sprechen? Das würde dem verdienstvollen Unternehmen Kli- nik-Talkshow nichts von seinem Wert nehmen, böte aber weniger Ansatzpunkte für Unverständnis oder Fehlurteile.
Schließlich gehören ja nicht nur Fragegeschick und Schlagfertigkeit, sondern auch viel Einfühlungsver- mögen dazu, einem Publikum Ge- sprächspartner unterschiedlichster Struktur und Herkunft „vorzufüh- ren".
Bayerns Ex-Kammerpräsident Professor Dr. Dr. Hans-Joachim Se- wering, „Gründervater" der Klinik Bad Trissl, würdigt die Leistung und die Ausdauer des Talkshow-Erfin- ders Dr. Georg Schreiber. Dem pri- vaten Träger der Klinik, Senator Hans Hermann Rösner, dankte er dafür, daß er die Talkshow ermög- licht und gefördert habe. Über das Programm für die Zukunft war man sich einig. Es heißt: „Weiterma- chen". Denn auch die 250. Talkshow war nur eine Etappe auf einem lan- gen Weg — wenn auch eine von be- sonders exquisiter Art.
Kurt Gelsner
250. Klinik-Talkshow in Bad Trissl
Reif für das Guinness-Buch der Rekorde
Dt. Ärztebi. 89, Heft 11, 13. März 1992 (43) A1-903